Protocol of the Session on March 12, 2014

Das mit dem Indoktrinieren war früher schon ziemlich schwierig, wie man an den Hunderttausenden von FDJlern gesehen hat, die dann blitzartig weg waren. Die haben sich nur dem Anpassungsdruck ergeben, waren nicht indoktriniert. Aber heute Schüler indoktrinieren zu wollen, die das Internet durch und durch kennen und ihre Lebenswelt aufgegeben haben, schafft kein Lehrer und auch kein Bundeswehroffizier.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gott sei Dank auch kein Nazi!)

Wer im Internet navigieren kann, findet ganz schnell hundert Meinungen und Gegenmeinungen. Und es ist in der Regel der Vater, der den Sohn fragt, wo finde ich im Internet was, und nicht der Sohn den Vater. Der Sohn kann sich im Internet wesentlich schneller orientieren, wesentlich schneller zu einer Meinung gelangen und auch wesentlich schneller Informationen verarbeiten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das sind die Geheiminformationen eines Familienvaters.)

Das ist seine Welt, nicht die der Älteren.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hat Ihnen das Ihr Sohn erzählt, Herr Andrejewski?)

Deswegen: Aufgrund ihrer Kompetenz im Umgang mit der Informationsquelle Nummer eins sollte 16- und 17Jährigen das Wahlrecht noch eher zustehen als Leuten wie Frau Merkel, die verwirrt im Neuland rumstehen und fragen: Wo bin ich hier eigentlich? Das wäre eine Anpassung an die modernen Verhältnisse. Wahlrecht ab 18 ist von gestern.

Die Piraten sind zwar mit ihrer Liquid Democracy untergegangen, aber welche Rolle das Internet und die Digitalisierung im politischen Geschehen spielen, kann man in den USA sehen, die da immer Vorreiter sind. Das wird hier auch so kommen. Daher sollten die abstimmen dürfen, die sich da am besten auskennen. Und das hat sich jetzt eben umgedreht. Es ist eine alte Vorstellung, dass

die Älteren sich besser auf der Welt auskennen, weil sie sich länger auf jener befinden. Aber es gibt auch die digitale Welt und da kennen sich nun mal die Jugendlichen besser aus.

Hinzu kommt, dass aufgrund der massiven Überalterung die Jugend in immer stärkerem Maße gegenüber den Älteren in die Minderheit gerät. Sie kann ihre Interessen kaum noch durchsetzen. Ihr Anteil an der Wählerschaft sinkt. Darin liegt Konfliktpotenzial. Deswegen wäre es klug, wenn man die Jugend ein bisschen stärken würde an der Wahlurne, wenn auch die 16- und 17-Jährigen abstimmen dürften. Und wenn sie es nicht tun sollten und zu Hause bleiben, um Computerspiele zu spielen, sind sie selber schuld, wenn sie von den Rentnern weggestimmt werden. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Drese für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die SPD befürwortet eine Absenkung des Wahlalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ein aktives Wahlrecht mit 16 Jahren wäre ein Gewinn für die Demokratie. Es könnte unserer Ansicht nach das Interesse an Politik fördern. Mit der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre würde den Jugendlichen mehr Teilhabe garantiert, sie erhielten die Möglichkeit, direkt per Wahl auf die Politik Einfluss zu nehmen. Auch würde den Jugendlichen signalisiert, dass sie nicht nur als Objekte der Politik wahrgenommen werden, sondern sich viel mehr verantwortlich mit politischen Themen und Inhalten auseinandersetzen müssen.

Jugendliche sind mit 16 Jahren durchaus politisch entscheidungsfähig.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Immer.)

Sie sind aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer geänderten Lebenssituation sehr wohl in der Lage zu beurteilen, welche Bedeutung Wahlentscheidungen haben.

(Beifall Dr. André Brie, DIE LINKE)

Schließlich ist es jungen Menschen nur schwer zu vermitteln, dass sie an den Kommunalwahlen teilnehmen, sich für eine Religion oder einen Beruf entscheiden können, andererseits bei Wahlen zum Landtag nicht wahlberechtigt sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur das SPDRegierungsprogramm zur Bundestagswahl 2013 sah vor, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken.

(Egbert, Liskow, CDU: 14!)

Auch auf ihrem Landesparteitag im März 2013 hat sich die SPD Mecklenburg-Vorpommern für eine Absenkung des aktiven Wahlrechts für Landtags-, Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre ausgesprochen, wohl wissend, dass eine zeitnahe Umsetzung hinsichtlich des

Landtagswahlrechts in der Schweriner Koalition sehr schwierig sein würde.

(Heinz Müller, SPD: Schade!)

Zuvor hatte der SPD-Parteikonvent im Juni 2012 beschlossen, dass Wahlalter bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen auf 16 Jahre festzulegen. Zwei Monate nach diesem SPD-Parteikonventbeschluss brachten die demokratischen Oppositionsfraktionen die heute zu beratenden Vorlagen in den Landtag ein. Das dürfte kein Zufall gewesen sein. Dass die CDU nicht die gleiche Beschlusslage hat wie die SPD, war natürlich auch der Opposition bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass nach den Regularien von Koalitionsverträgen die Partner eben nicht mit wechselnden Mehrheiten, sondern geschlossen abstimmen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ist es.)

Ich hoffe im Sinne der Sache, dass sich die Opposition nicht ausschließlich vor diesem Hintergrund für die parlamentarische Initiative hier entschieden hat.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, man weiß es nicht genau. – Heinz Müller, SPD: Hoffnung.)

Dass es seinerzeit gelungen ist, die vorliegenden Gesetzentwürfe und den Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen in den Ausschuss zu überweisen, war ein konstruktives Zeichen.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das stimmt.)

Auch die Dauer und Intensität der Beratungen im Ausschuss und innerhalb der Koalition machen deutlich, dass sich beide Regierungsfraktionen sehr umfassend und eingehend mit der Materie befasst haben,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

wobei beide Partner aus ihrer jeweiligen Sicht gute Argumente ins Feld geführt haben. Auch das Für und Wider, das in der vom Europa- und Rechtsausschuss durchgeführten Anhörung zu dem Thema vorgebracht wurde, ist abgewogen worden.

Die CDU-Landtagsfraktion hat sogar eine Meinungsumfrage durchführen lassen mit einem deutlichen Ergebnis. Diese vorherrschende Skepsis in der Bevölkerung sollten alle Befürworter des Wahlalters mit 16 sehr ernst nehmen. Da muss noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Ich bedauere, dass im Ergebnis eine Absenkung des Wahlalters in der Koalition nicht durchsetzbar war, da sich die CDU-Fraktion letztlich dagegen ausgesprochen hat. Ich glaube, nicht zu übertreiben, wenn ich behaupte, etwas anderes hat die Opposition auch nicht erwartet, wenn nicht gar bezweckt. Das legen zumindest Ihre Verlautbarungen in der Öffentlichkeit nahe.

Es kommt immer mal vor, dass die Umsetzung von politischen Programmpunkten eines Partners in einer Koalition nicht realisiert werden kann. Das unterscheidet eben die Regierungskoalition von der Opposition. Nichtsdesto-

trotz, die SPD bleibt bei Ihrer Auffassung, dass Jugendliche mit 16 wählen können sollten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Dass der Meinungsbildungsprozess in einer Koalition nichts mit Unterbuttern, Bettvorlegern oder kleinmütigem Zurückziehen zu tun hat, mag der Denkweise der Opposition nicht entsprechen. Die SPD-CDU-Koalition jedenfalls geht fair und partnerschaftlich miteinander um.

(Zuruf vonseiten der Fraktion DIE LINKE: Oooh! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Dass die Koalition zudem auch erfolgreich regiert, mag der Opposition nicht passen, ändert aber nichts an den Tatsachen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig, Frau Drese.)

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD wird auch weiterhin für eine Absenkung des Wahlalters, für das aktive Wahlrecht mit 16 Jahren werben, und zwar nicht aus Gründen der parteipolitischen Profilierung, sondern der Sache wegen, um der jungen Menschen willen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Drese.

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Drese, ich bin Ihnen für die Argumente, die für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 hier von Ihnen dargestellt worden sind, sehr dankbar. In der Beziehung sind wir uns ja auch einig.

(Stefanie Drese, SPD: Ja. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben in der Sache doch überhaupt keinen Unterschied.)

Allerdings möchte ich an der Stelle sagen, Sie haben vergessen, dass wir das bereits in der 5. Wahlperiode schon mal auf die Tagesordnung gesetzt hatten und es damals auch abgelehnt worden ist. Und Ihre Unterstellung, dass die Opposition das Thema jetzt noch mal behandelt hat,