Protocol of the Session on January 30, 2014

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber es gibt doch die Strukturen, die werden doch angeboten.)

eigenständigen und gesunden Erwachsenen aufzuwachsen. Dort müssen wir ganz besondere Hilfestellungen bieten. Und insofern suchen wir gemeinsam nach den besten Lösungen, diesem Anspruch dann auch Rechnung zu tragen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Es geht doch darum, Doppelstrukturen zu vermeiden.)

Meine Damen und Herren, wenn wir in diesem gesamten Kontext Kinder- und Jugendgesundheit über die Zahngesundheit sprechen, muss ich ganz ehrlich sagen, das ist auch in fast allen Reden zum Ausdruck gekommen, insbesondere, wenn man an die eigenen Kinder denkt, dass ich schon das sprichwörtliche Plaque – das hat, glaube ich, ein bekannter Bruder aus einem entsprechenden Haus eines Privatsenders gesagt – bekomme, wenn ich sehe, dass Kinder im Kinderwagen sitzen, die noch nicht mal laufen können, aber eine Tüte Chips links haben und rechts die Mezzo-Mix-Pulle am Hals und dann entsprechend dieses süße Zuckerzeug in sich reinlaufen lassen, und niemand der anwesenden Erwachsenen hat damit in irgendeiner Art und Weise ein Problem. Und das sieht man leider häufiger, das ist kein absoluter Einzelfall.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau diese Kinder haben eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, später eben nicht mit einem strahlenden Lachen glänzen zu können. Das wirkt sich auf deren ganz individuellen Chancen mit Sicherheit aus. Insofern besteht, da sind wir uns einig, selbstverständlich weiter Handlungsbedarf, auch wenn die statistischen Daten – und die muss man sich zu Gemüte führen – in der Folge einer insgesamt gut funktionierenden Prophylaxe und einer insgesamt guten Gesundheitserziehung glücklicherweise darauf hinweisen, dass Karies und andere Erkrankungen im Mund- und Kieferbereich deutlich auf dem Rückmarsch sind.

Wenn wir also wie im vorliegenden Antrag gefordert jetzt darüber reden, wie wir die zahnärztliche Früherkennung gegebenenfalls weiter verbessern können, dann entspricht es einer zunächst mal seriösen Herangehensweise, sich zu vergegenwärtigen, welche Angebote und Regelungen es bereits gibt. Und da das hier, finde ich, in ausreichendem Maße bereits vorgetragen wurde, verzichte ich darauf, im Einzelnen darauf einzugehen, und nenne sie nur noch einmal:

1. Gruppenprophylaxe nach Paragraf 21 SGB V in Ver

bindung mit Paragraf 16 ÖGDG M-V

2. die Untersuchungen nach der Richtlinie des Bundes

ausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen über die Früherkennungsuntersuchung auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, also kurz die zahnärztliche Früherkennung gemäß Paragraf 26 Absatz 1 Satz 2 SGB V

3. wie bereits dargelegt, die Kindergesundheitsziele mit

den untergliederten Maßnahmen

4. die allgemeinen U-Untersuchungen nach Paragraf 26

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

die ihre Ausgestaltung in den Kinderrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen finden

Für die U-Untersuchungen sind ja bereits heute Maßnahmen der zahnärztlichen Früherkennung geregelt. Los geht es zwischen dem 3. und dem 10. Lebenstag U2. Weiter geht es im Rahmen der U5 6. bis 7. Lebensmonat, U6 10. bis 12. Lebensmonat, U7a 34. bis 36. Lebensmonat, U11 9. bis 10. Lebensjahr.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und da werden immer der Zahnstatus sowie Zahn-, Mund- und Kieferanomalien begutachtet. Und für die U5, die U6 und die U7a greift ja schon heute die Änderung nach Paragraf 15b ÖGDG.

Meine Damen und Herren, diese Reihe von Regelungen hat in der Vergangenheit ganz sicher dazu beigetragen, dass sich die Zahngesundheit insgesamt verbessert hat. Und wenn wir jetzt darüber reden, wie möglicherweise die Teilnehmerrate an den oben genannten Früherkennungsuntersuchungen durch beispielsweise eine Angliederung an das im ÖGDG geregelte Änderungssystem weiter erhöht werden könne, gilt es erneut etwas zur Kenntnis zu nehmen, nämlich dass wir genau dieses Gesetz gestern nach Erster Lesung in den Sozialausschuss überwiesen haben. Frau Stramm hat es ja selbst sozusagen gesagt und offensichtlich wahrgenommen.

Bei den das ÖGDG betreffenden Regelungen geht es ja gerade ganz konkret um die Ausweitung eines in unseren Augen äußerst erfolgreichen Erinnerungssystems. Auch wird – so viel ist schon heute klar, weil im Zusammenhang eines wirklich zügigen Beratungsverfahrens ja die Vorbereitungen für die Anhörung im Ausschuss sozusagen auf Hochtouren laufen – Bestandteil eben dieser Anhörung sein, mit den Experten aus den Reihen der Kinderärzte, der Zahnärzte, der Krankenkassen und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes über weitere Verbesserungsmöglichkeiten bei der zahnheilkundlichen Früherkennung zu reden. Und da geht es dann beispielsweise um eine mögliche Ankopplung an ein Erinnerungssystem oder an die Möglichkeit, über ein Bonusheft, was früher greift, etwas zu regeln. Da würde ich mich dann aber auch freuen, wenn wir beispielsweise über den Verzicht auf Vitamin-B-Pillen sprechen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Tja, da gibt es einige.)

Das ist ein erbitterter Streit zwischen der Zahnheilkunde und der Kinderheilkunde. Stichwort: Tablettenabhängigkeit. Bringe ich Kindern vom 1. Lebenstag an bei, du nimmst eine Pille und es geht dir gut, dann ist der Nutzen umstritten. Lassen Sie uns bitte darüber reden! Da geht es auch darum, welchen Zusammenhang es eigentlich gibt zwischen Zahngesundheit und schädlichem Nuckelverhalten und der Frage von Stillfreundlichkeit von Krankenhäusern und der Stillförderung. Das sind Dinge, über die wir in diesem Rahmen reden müssen.

Ich schlage daher vor, dass wir heute, da sind wir uns einig in der Koalition, keinen Schnellschuss wagen, sondern dass wir die Dinge in Ruhe im Ausschuss diskutieren, und dementsprechend findet der Antrag der Fraktion DIE LINKE in diesem Sinne unsere Zustimmung nicht. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Kollege, es ist beantragt worden, zu überweisen, und nicht in der Sache abzustimmen. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Also die Debatte hat wirklich schon teilweise groteske Züge, muss ich sagen. Herr Schubert, der gestern schon von uns verlangt hat, dass wir uns in Demut üben

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

und ganz verschämt unseren Antrag zurückziehen – da muss ich wahrscheinlich jetzt noch mal die Chronologie der Ereignisse aufzählen.

(Manfred Dachner, SPD: Das kann niemandem schaden, Demut, oder?)

Wir haben in dieser Legislaturperiode im August 2012 das erste Mal das Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst angefasst und Sie haben es dann noch mal gemacht im vergangenen Spätsommer im August/September vergangenen Jahres. Bereits damals haben wir darauf hingewiesen, dass die verbindlichen Vorsorgeuntersuchungen mit Meldeverfahren ausgeweitet werden sollten. Das haben Sie abgelehnt. Sie haben gesagt, wir behandeln jetzt erst mal nur formale Fragen und alles andere kommt zum Jahresende 2013. 2013 zum Jahresende passierte aber nichts.

Daraufhin haben wir diesen Antrag, der jetzt gerade hier diskutiert wird, geschrieben und abgegeben. Er war abgegeben in dem Moment, als die Sozialausschuss- sitzung jüngst lief, wo wir – auch zu unserer Verwun- derung – gleichwohl zu unserer Freude von der Ministerin erfahren haben, dass justament am Vortage das Kabinett entschieden hat, die Novelle des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst nun für diese jetzige Landtagssitzung auf die Tagesordnung zu setzen.

Und natürlich haben wir uns die Frage gestellt: Holen wir das jetzt noch mal schnell zurück? Und dann haben wir gesagt, nein, machen wir nicht. Es passt doch inhaltlich zusammen, was wir da wollen. Und deswegen ist es nur gut und richtig, wenn man es denn auch im Verbund diskutiert, was zur Konsequenz hat, dass man unseren Antrag hier würdigt und überweist, genauso wie der Gesetzentwurf überwiesen wurde.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Dass Sie uns nun auffordern, das zurückzunehmen, und sagen, ja, wir haben doch in der Anhörung, die jetzt vorgesehen ist zum ÖGDG, dann entsprechend auch Experten eingeladen – wissen Sie, Herr Schubert und Herr Barlen, diese Experten sind nur eingeladen worden, weil wir das Thema gesetzt haben.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Ja, aber selbstverständlich.

(Zuruf von Julian Barlen, SPD)

In der Abstimmung der Anzuhörenden und der Fragen haben wir darauf gedrungen, dass die Zahnärztekammer eingeladen wird und die Kassenzahnärztliche Vereinigung. Das waren unsere Vorschläge. Dass das dazugehört, Zahngesundheit und alle anderen Fragen, die wir gestern diskutiert haben, dass das ganz einfach systematisch zusammengehört, das liegt doch wohl völlig auf der Hand.

Ich möchte mich jetzt mit einigen Argumenten auseinandersetzen, die also geradezu auch putzig waren.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Julian Barlen, SPD: „Putzig“ passt gut in dem Zusammenhang. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: „Putzi“ ist eine Zahncreme.)

Werbung – also darauf falle ich gar nicht rein.

Ich möchte mich gern auseinandersetzen mit den Argumenten der Sozialministerin. Sie haben gesagt, es gibt wirksame Maßnahmen und haben drei davon aufgezählt, und mit denen möchte ich mich auseinandersetzen.

Sie haben dann, genauso wie Herr Barlen, Zitate und Verweise auf das Gesetz getätigt, und da muss ich sagen, das ist die Theorie. Das ist unwidersprochen, was hier zitiert wurde. Das steht niedergeschrieben. Aber das Problem ist, dass es in der Praxis anders aussieht.

Als wir diesen Antrag geschrieben haben, Herr Schubert, haben wir ihn, als er noch ein Rohling war, zum Beispiel an die Zahnärztekammer gegeben und gesagt: Schaut doch mal drauf! Treffen wir mit dem, was wir wollen, den Nerv? Ist es das, was benötigt wird?

Und ich zitiere die Zahnärztekammer wörtlich: „Wir sehen Defizite bei der gruppenprophylaktischen Betreuung“, die gerade hier hochgelobt wurde, „weil nicht flächendeckend, aber auch weil keine verbindliche Rückmeldung

erfolgt, ob dem Hinweis zur zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchung gefolgt wurde.“ Zitatende.

Und Sie haben es, Herr Schubert, gerade auch in Ihrem Redebeitrag noch mal unterstrichen und haben hier ein Kärtchen hochgezeigt oder einen Ausweis und gesagt, also das haben wir. Und Sie sagten, das Problem ist aber – und in der Tat ist es das Problem –, es gibt keine Verbindlichkeit.

Ja, wenn das so ist, dann ist doch unser Antrag gerechtfertigt und dann ist es nur zu gerechtfertigt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat Herr Schubert doch gezeigt, dass es nicht gerechtfertigt ist. – Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)