Protocol of the Session on December 15, 2011

Zudem muss daran erinnert werden …

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kommen Sie mal zu Sven Krüger!)

Was hat der mit dem NSU zu tun?

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der hat was mit der NPD zu tun.)

Zudem muss daran erinnert werden, dass die NPD eine Partei mit 16 Landesverbänden ist, die zu jedem Zeitpunkt mindestens 32 stellvertretende Landesvorsitzende hat. Selbst wenn einem davon Straftaten vorzuwerfen wären, ist das noch nicht die Partei. Da könnte man genauso gut und falsch behaupten, die SPD als Partei hätte eine Verbindung zur Kinderpornoszene, und dabei auf den Fall Jörg Tauss verweisen.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Jörg Tauss war in der SPD ein wesentlich höherer Kader als Ralf Wohlleben in der NPD: 1994 bis 2009 SPDBundestagsabgeordneter,

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

2005 bis 2009 SPD-Generalsekretär in Baden-Württem- berg, 2000 bis 2009 im Fraktionsvorstand der SPD im Bundestag,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dass Sie sich nicht schämen, solche Vergleiche hier aufzuführen! Das ist ja entsetzlich!)

rechtskräftig verurteilt zu einem Jahr und drei Monaten mit Bewährung wegen Besitzes von kinderpornografischem Material in 102 Fällen.

(Udo Pastörs, NPD: Ho, 102 Fälle!)

Was hat die SPD als Partei damit zu tun, wenn ein solcher Mann ohne Wissen und Billigung der Parteiführung so vorgeht? Nichts. So sehr ich die SPD auch verabscheue,

(Heinz Müller, SPD: Das beruht auf Gegenseitigkeit.)

muss ich sagen, nichts. Was hätte die NPD als Partei damit zu tun, wenn ein Funktionär tatsächlich in Beziehung zu einer Terrorzelle gestanden hätte, ohne Wissen und hinter dem Rücken der Parteiführung? Auch nichts, wenn es denn diese Terrorzelle in dieser Form überhaupt gegeben haben sollte.

Generalbundesanwaltschaft und BKA verstecken ihre völlige Ahnungslosigkeit und die Selbstsubstanzlosigkeit ihrer Vorwürfe im Augenblick hinter einer lauten, bunten, aber hohlen Medieninszenierung. Das ist Hollywood für Arme, für ganz Arme: schwarze Limousinen, die mit quietschenden Reifen durch Karlsruhe rasen, Hubschrauber mit ratternden Rotoren in Großaufnahme, martialische Festnahmeaktionen, die GSG 9 höchstselbst tritt Türen ein, um einen Verdächtigen zu verhaften, der für die NSU-Leute Wohnungen angemietet haben soll. Daraus ergab sich seine Gefährlichkeit, dass er eine Wohnung angemietet hat, und wegen so was schickt man ein Spezialkommando um 5.00 Uhr morgens los.

Aber mal abgesehen vom Budenzauber: Was weiß man denn im Augenblick mit Sicherheit? Die zwei Verdächtigen Böhnhardt und Mundlos wurden tot aufgefunden. Selbstmord oder Mord, das wissen wir nicht. Die Morde an den sieben türkischen und dem einen griechischen Gewerbetreibenden haben stattgefunden. Auch von den tot Aufgefundenen, die die Täter waren, wissen wir nichts, denn es gab weder Zeugen noch sonst irgendwelche Beweismittel an den Tatorten all die Jahre über. Gleiches gilt für die Banküberfälle. Was die ermordete Polizeibeamtin betrifft, so wird dieser Fall durch einen Bericht des „Stern“ in völlig neue Zusammenhänge gestellt mit der extremistischen Sauerlandzelle zusammen und sogar CIA und Verfassungsschutzbeobachtern bei diesem Verbrechen. Das Schweigen der staatlichen Stellen zu diesem Bericht ist auffallend laut.

Weiterer Fakt: In dem Haus in Zwickau lagen viele Beweismittel, darunter die Tatwaffen wie in einem Museum, vielleicht noch auf Regalen und beschriftet mit Ausleihkarten. Doch wir wissen nicht, wer so zuvorkommend war, all diese Beweismittel dort hinzulegen. Fakt ist, das Haus ist niedergebrannt.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben Sie in der letzten Sitzung schon alles erzählt.)

Frau Zschäpe soll es angezündet haben, was aber eine bloße Behauptung ist. Nachweisen kann man ihr nur, dass sie mit den Tatverdächtigen zusammengelebt hat, was nicht strafbar ist.

In dem Zusammenhang, das habe ich vorher nicht gesagt, wirkt es doch sehr seltsam, dass die Brandruine in verdächtiger Eile blitzartig beseitigt wurde. In jedem normalen Brandfall untersuchen Spezialisten der Versicherung akribisch und lange Zeit die Rückstände, um die Ursache zu ermitteln. Aber hier, in einem hoch politischen Kriminalfall, schneidet man sich diese Möglichkeit einfach mal so ab. Die Fundgeschichte der Beweisstücke ist nicht mehr rekonstruierbar. Wie DVDs zur Verblüffung altgedienter Feuerwehrleute sieben Stunden Großbrand locker überstehen konnten, bleibt immer noch ungeklärt, ein wahres physikalisches Wunder. Das, was BKA und

Bundesanwaltschaft nun als Ermittlungsergebnis hinsichtlich des Brandes präsentieren werden, kann nicht mehr überprüft werden.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Typische Verschwörungstheorie.)

Praktischerweise wurde das wichtigste Beweismittel, die Brandruine selbst, beiseite geschafft. Deswegen haben wir auch einen Dringlichkeitsantrag gestellt, weil genau das zu befürchten war, dass man alles aus dem Weg räumen würde, was nicht ins erwünschte Gesamtbild passt.

Dann gibt es noch das sogenannte Bekennervideo, das kein Bekenntnis enthält, soweit man es kennt. Wer es produziert hat und die anderen neu aufgefundenen feuerfesten Gründer-DVDs und wer sie verschickt hat, das wissen wir auch nicht. Der ganze Sachverhalt strotzt immer noch von Widersprüchen.

Auffällig ist der Gegensatz zwischen einer 13-jährigen, perfekt ausgeführten Verbrechensserie und dem völlig kopflosen Amateurverhalten in Form von Selbstmorden, dem Horten von Beweismitteln und einer verpfuschten Brandstiftung. Das erinnert an das Phantom, die geheimnisvolle Verbrecherin, deren DNA-Spuren man an den unmöglichsten Tatorten gefunden hat. Da passte nichts zusammen. Unser großartiger Sicherheitsapparat produzierte die tollsten Theorien, um das zu erklären, bis sich herausstellte, dass die Wattestäbchen zur Aufnahme von DNA-Spuren kontaminiert waren mit dem Erbgut einer Mitarbeiterin der Firma, die diese Stäbchen herstellte.

Dieser nicht existierenden Serienkriminellen wurde auch jahrelang der Mord an der Heilbronner Polizeibeamtin angelastet, was vertreten wurde mit der ganzen Autorität und dem ganzen Fachwissen der Kriminalpolizei, und nach der neuesten Theorie des vor sich hin stolpernden Sicherheitsapparates soll jetzt aber der NSU diese Tat begangen haben. Bis zur nächsten Theorie wieder was Neues. Viel logischer wäre doch die Annahme, dass die hoch professionellen Täter eine kurze Unterbrechung machen und eine unmaßgebliche auch noch dazu, und dann geht es gleich weiter. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Sehr gut.)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Suhr.

(Zuruf Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es lohnt heute ein Blick in den „Medienspiegel“ des Landtages, in dem ein Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ wiedergegeben ist, der, finde ich, sehr gut in diese Diskussion passt, wenn man sich nur die Überschrift anschaut.

(Tino Müller, NPD: Jetzt bitte nicht die Zeitung vorlesen.)

Doch, ich will aus der Zeitung zitieren, ob es Ihnen passt oder nicht, weil sie, glaube ich, sehr gut wiedergibt,

(Heinz Müller, SPD: Sie entscheiden doch immer noch selber, was Sie sagen.)

wie von Ihrer Crew denn Verschwörungstheorien hier greifen.

Dieser Zeitungsartikel aus der „Süddeutschen Zeitung“ ist überschrieben: „Diese irren Verbrecher“, Untertitel: „Vertreter der NPD versuchen so verzweifelt wie vergeblich, auf Distanz zur Zwickauer Terrorzelle zu gehen“. Das, meine Damen und Herren, ist die Wahrheit

(Dr. Norbert Nieszery, NPD: Haben wir eben erlebt.)

und nicht irgendwelche kruden Verschwörungstheorien.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das erklärt auch, warum Sie offensichtlich in Ihrer Verzweiflung zum wiederholten Mal die gleichen eigenartigen Geschichten hier erzählen, die jeglicher Glaubwürdigkeit entbehren, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

Ich will aus diesem Artikel drei Passagen zitieren, die, glaube ich, deutlich machen, wie nah das Netz von Parteienvertretern, vom Umfeld der Terrorzelle und von Kameradschaften sich dargestellt hat.

(Udo Pastörs, NPD: Erklären Sie das den Ermittlern auch!)

Erstes Zitat: „Im August 1996 etwa“, Zitat „Süddeutsche Zeitung“, „waren Mundlos und Zschäpe“, zwei NSUMitglieder, „dabei, als gut 200 Neonazis durch Worms zogen, vorneweg marschierte der damalige JN-Chef Apfel“, heute bekannterweise NPD-Bundesvorsitzender …

(David Petereit, NPD: Haben Sie vorhin zugehört? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich habe durchaus zugehört. Erzählen Sie mir nicht, da wird nicht miteinander geredet und da kennt keiner keinen!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der NPD)

Da gibt es Zusammenhänge, die deutlich werden an dieser Stelle.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweites Zitat: „Zumindest indirekt …“