Meine sehr geehrten Herren von der NPD, offensichtlich zeigen Sie hier sehr deutlich, was Sie von der Haus- und Geschäftsordnung dieses Landtages halten.
Das ist ja nun für uns nichts Neues, aber ich mache Sie an dieser Stelle noch mal darauf aufmerksam, dass Sie sich hier so zu verhalten haben, dass die Würde dieses Hohen Hauses gewahrt bleibt.
Und wenn Sie sich dazu nicht in der Lage sehen, dann steht es Ihnen frei, den Sitzungssaal zu verlassen.
Herr Andrejewski, Sie erhalten den dritten Ordnungsruf. Ich entziehe Ihnen das Wort. Und ich ermahne Sie, sollten Sie sich jetzt noch einmal fehlverhalten, werde ich Sie des Saales verweisen.
Diese Menschen – ich meine jetzt nicht die Menschen von der rechten Seite, ich rede über die Menschen, die Flüchtlinge –, diese Menschen werden sowohl in ihren Heimatländern als auch in Libyen als Kollaborateure diskriminiert, ins Gefängnis gesteckt und gefoltert. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen berichteten darüber. In Libyen wurden sie in großen überwachten Lagern außerhalb der Städte festgehalten.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in welcher prekären, bedrohlichen Situation sich die Betroffenen befinden. Den Menschen bleibt nur eine Lösung, und zwar, auf einem äußerst gefährlichen Weg zu flüchten, weil es keinen anderen Weg beziehungsweise Ausweg gibt. Auf die Frage an einen tschadischen Flüchtling, warum er diese Gefahr auf sich nimmt und flieht, sagte er: „Ich habe nichts zu verlieren.“
Meine Kollegin Cornelia Ernst, Mitglied des Europa- parlaments, besuchte im Mai 2011 Lampedusa. Sie sagte, ich zitiere: „An einem Tag kamen circa 1.200 Menschen an. Sie wurden von den italienischen Behörden in Lager verfrachtet, die daraufhin hoffnungslos überfüllt waren. Bereits am nächsten Tag war ein großer Teil dieser Menschen wieder zurück in Tunesien. Und diejenigen, die aus Libyen kamen, warteten auf ein Schiff nach Sizilien, wo Strafverfahren wegen illegaler Einreise auf sie warteten.“ Ende des Zitats.
Meine Fraktion und die Linksfraktion GUE/NGL im Europaparlament sind gegen die Einsätze der Grenzschutzpolizei Frontex, gegen ihre Reform und gegen das Nachfolgeüberwachungssystem Eurosur. Wir sind gegen das misslungene Asylpaket, bei dem es um Seenotrettung, Inhaftierungen und Dublin-Abkommen geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen in Europa eine humane Asyl- und Migrationspolitik, aber auch einen Neuanfang in der Entwicklungspolitik, um das Leben in den Herkunftsländern zu verbessern. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die EU-Ministerinnen und EU-Minister weiterhin systematisch Menschenrechte verletzen und den Tod von Flüchtlingen billigen, um die EU in eine militarisierte Hochsicherheitszone zu verwandeln. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen von außen entrechtet und kriminalisiert werden. Wir müssen auch die Kommunen stärken, damit sie ihrer Aufgabe bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen gut nachkommen können.
Sehr verehrte Damen und Herren, Europa ist leider nicht gewillt, die Abschottungspolitik zu beenden. Das sieht man in den Beschlüssen des Europarates vom 24. Oktober 2013, sprich, 20 Tage nach der Katastrophe von Lampedusa. Aus ihnen geht hervor, dass die Grenzschutzpolizei Frontex moderner ausgerüstet werden soll, damit die Flüchtlinge schnell abgefangen und zu einem
angeblich sicheren Hafen in Libyen oder Tunesien eskortiert werden können. Das heißt, sie kommen nicht mal in die EU. In den südeuropäischen Staaten wie Griechenland und Italien werden viele Flüchtlinge umgehend inhaftiert, sogar Kinder, und ohne vorherige Prüfung des Falls. Sie werden nicht oder mangelhaft über ihre Rechte aufgeklärt und sind teilweise großen Schwierigkeiten bei der Beantragung von Asyl ausgesetzt. Mit dem Dublin-II- beziehungsweise Dublin-III-Abkommen ist es ihnen nicht möglich, woanders als im Ersteinreiseland auf europäischem Boden einen Asylantrag zu stellen. Damit bleibt der Luftweg als einzige Fluchtalternative in die Sicherheit.
Nun frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das frage ich mich auch: Was leistet Deutschland im Rahmen der Menschenrechte an Schutz für Asylsuchende, die es aufgrund der EU-Bestimmungen gar nicht bis Deutschland schaffen? Ich frage Sie und mich auch: Können wir es mit unserem Gewissen vereinbaren, Schutzsuchende in südeuropäische Staaten, wie Griechenland, Italien und die Türkei, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, zurückzuschieben?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Grundprinzip des Flüchtlingsschutzes ist völkerrechtlich. Es geht um gute Aufnahmebedingungen und Betreuung der Flüchtlinge, was das Dublin-Abkommen regelrecht ignoriert. Das Zuständigkeitsprinzip muss beendet werden. Es muss eine neue Regelung geben, die eine freie Wahl des EUMitgliedslandes gewährleistet,
Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte, ich zitiere: „Europa muss endlich anerkennen, dass es ein Einwanderungskontinent ist, und seine Gesetze entsprechend ändern.“ Ende des Zitats.
Abschließend lassen Sie mich Folgendes bemerken, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn wir weitere Tragödien an den europäischen Außengrenzen vermeiden wollen, dann muss sich die Landesregierung auf Bundes- und EU-Ebene für ein einheitliches Asylverfahren beziehungsweise Asylsystem mit menschenwürdigen Prinzipien einsetzen.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lorenz Caffier, CDU: Das haben wir ja.)
Aus diesem Grund stimmen wir dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der aktuellen Ausgabe „Aus Politik und Zeitgeschichte“, einer Beilage der Zeitung „Das Parlament“, …
… ist dieser Tage zu lesen gewesen: Die Diskussion der europäischen Migrationspolitik ist gekennzeichnet von „polarisierten Kontroversen“. Und nach der bisherigen heutigen Debatte, die wird ja sicherlich noch durch unsere geschätzte Kollegin Gajek fortgesetzt, kann ich auch nur diese Feststellung unterstreichen.
Ich habe mich am 3. und 4. Oktober dieses Jahres rein zufällig in Warschau befunden und auch ganz zufällig bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Ich hatte somit Gelegenheit, persönlich, hautnah, aktuell und auch in allen Details von dieser Flüchtlingskatastrophe informiert zu werden, und sie wird nicht umsonst von vielen Kommentatoren als eine der größten Katastrophen in der Seegeschichte, so nenne ich sie mal, eingeschätzt.
Und sie ist mehr als tragisch, Kollegin Gajek, auch da kann ich nur die Worte meiner Vorredner unterstreichen, denn immerhin sind weltweit 45 Millionen Menschen auf der Flucht. Allein aus Syrien sollen es inzwischen nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks 3 Millionen Menschen sein. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich. In Syrien ist es der Bürgerkrieg, in anderen Regionen der Welt sind es Armut, Folter, politische Verfolgung, Naturkatastrophen.
Mit ihrem heutigen Antrag nimmt die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN den tragischen Tod der 334 Flüchtlinge von Lampedusa zum Anlass und fordert die Europäische Union auf, ihre Flüchtlingspolitik zu verbessern und neu auszurichten. Damit unterstellt allerdings die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Europäischen Rat, dass er auch nach dieser Katastrophe keinen Anlass für eine grundlegende Veränderung der europäischen Flüchtlingspolitik sehe.
(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Über die Veränderungen hat Frau Tegtmeier ja gesprochen.)
Ja gut, Sie können unterschiedliche Standpunkte haben und ich gestehe auch der Kollegin Tegtmeier ihre Position zu, aber jetzt stehe ich gerade hier und stelle meine Position dar, Frau Dr. Karlowski.
Insbesondere beziehen Sie sich auf die Beschlüsse des Europäischen Rates vom 24. und 25. Oktober dieses Jahres. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht das erste Mal, dass Sie etwas behaupten und letztendlich den Beweis dafür schuldig bleiben. Gerne zitiere ich Ihnen aus dem Protokoll des Europäischen Rates, dort heißt es:
„Der Rat bekundet seine tiefe Trauer angesichts der jüngsten Ereignisse, bei denen Hunderte von Menschen auf dramatische Weise im Mittelmeer ums Leben gekommen sind und die alle Europäer erschüttert haben. Ausgehend von dem dringenden Erfordernis der Vor- beugung und des Schutzes“, menschlichen Lebens – habe ich in Klammern gesetzt –, also das menschliche Leben steht schon in der ersten Erklärung des Rates im Mittelpunkt, „und geleitet vom Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten sollten konsequente Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass Menschen auf See ihr Leben verlieren und dass sich solche menschlichen Tragödien wiederholen. …
Der Europäische Rat unterstreicht, wie wichtig es ist, dass die eigentlichen Ursachen der Migrationsströme bekämpft werden, indem die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern – auch durch eine an- gemessene EU-Entwicklungsförderung … – verstärkt wird. Er fordert zudem eine engere Zusammenarbeit mit den einschlägigen internationalen Organisationen in den betreffenden Drittländern“, besonders „mit dem“ UN-Flüchtlingshilfswerk „und der Internationalen Organisation für Migration.“ Das ist immer noch das Zitat. „Ferner ruft der Europäische Rat dazu auf, die Aktivitäten von Frontex im Mittelmeer und an den südöstlichen Grenzen der EU zu verstärken.“
„Die rasche Einführung des neuen europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) durch die Mitgliedstaaten wird entscheidend dazu beigetragen, dass Schiffe und illegale Einreisen entdeckt werden, was dazu beiträgt, dass Menschenleben an den Außengrenzen der EU geschützt und gerettet werden.“ Ende des Zitats.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, anders, als die Bündnisgrünen behaupten, hat Europa längst die richtige Richtung eingeschlagen.