Lassen Sie mich vorwegnehmen: Wir brauchen keine Demagogie, wir brauchen eine Willkommenskultur, insbesondere hier in Mecklenburg-Vorpommern.
Unser Sozialsystem und unsere Volkswirtschaft brauchen Zuwanderung, um den Bedarf an Arbeitskräften langfristig zu decken.
Es ist mitnichten so, dass wir eine reine Armutseinwanderung hätten, wie Sie es hier nennen. Von diesem Begriff möchten wir uns eindeutig distanzieren.
Die meisten Einwanderer aus den EU-Ländern gehen in Deutschland einer Beschäftigung nach. Die Gewährung von Sozialleistungen für EU-Bürgerinnen und -Bürger bleibt die Ausnahme. Zudem müssen diese Zahlen, die hier gelegentlich kursieren, einmal hinterfragt werden, denn an dieser Stelle wird nicht die gleichzeitige Abwanderung aus der Bundesrepublik Deutschland in andere Länder oder die Rückkehr ins Heimatland berücksichtigt.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Hab ich ihm doch schon letzten Monat erklärt. Er versteht es einfach nicht.)
Insgesamt haben wir ungefähr nur ein Prozent aller Einwanderer Rumänen und Bulgaren. Das entspricht einem Prozent aller Sozialhilfeempfänger.
Und auch der Präsident des Deutschen Städtetages Ulrich Maly, Oberbürgermeister aus Nürnberg, hat in einem Interview mit dem „Deutschlandradio Kultur“ in der letzten Woche davor gewarnt, die Anwesenheit finanziell bedürftiger Rumänen und Bulgaren in Deutschland zu übertreiben. Er antwortete auf die Frage, ob etwa zu viele Rumänen und Bulgaren nach Deutschland kämen: „Nein. In dieser Pauschalität ist die Aussage … völlig unsinnig. Es geht auch gar nicht darum, irgendwas zu skandalisieren oder apokalyptische Visionen zu formulieren. Wir haben unterdurchschnittlich viele Bulgaren, Rumänen, und die meisten von denen sind entweder Studierende oder arbeiten sozialversicherungspflichtig,“
Die momentane Zuwanderung ist vor allem im Vergleich mit den Zuwanderungswellen der 70er- und 90er-Jahre wesentlich geringer, zumal gerade Mecklenburg
Vorpommern keine Zielregion für Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien ist. Unser Sozialsystem steht in keinster Weise vor einem Kollaps. Also malen Sie gefälligst keine solchen Schreckgespenster an die Wand, Herr Petereit!
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von David Petereit, NPD)
Sie erwecken den Eindruck, dass Sie der AfD hier nacheifern und anderen rechtspopulistischen Gruppierungen, um nicht ins vermeintliche Hintertreffen zu geraten,
(Stefan Köster, NPD: Was schnappeln Sie da eigentlich für einen Unfug?! – Zuruf von David Petereit, NPD)
sondern es sich im Grunde wieder um eine gezielte Hetze und Diskriminierung ethnischer Minderheiten wie Sinti und Roma handelt.
Wir brauchen Integration und nicht Ausgrenzung und Populismus. Wir müssen hier mit Augenmaß handeln. Die Kommunen müssen und können etwaigen Missbrauch verhindern.
Wir können und wollen die Freizügigkeit in der EU nicht aufgeben oder einschränken. Dafür ist sie uns ein viel zu hohes Gut.
Und, Herr Petereit, Sie fordern ja auch, unser Land solle sich auf EU-Ebene in diesem Themenbereich stärker einbringen. Allerdings ist es in der Realität nicht so, dass die EU-Kommission hier etwa untätig wäre. Die EUKommission hat bereits reagiert und den Ländern und Kommunen einen Katalog zugearbeitet, um sie bei der Prüfung zur Bewilligung von Sozialleistungen zu unterstützen.
Die Kommission kommt zum Schluss, und ich zitiere wieder wörtlich aus einer Pressemitteilung vom 25. November 2013: „Alle Daten belegen in überwältigender Weise, dass die Mehrheit der EU-Bürger, die ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, dies tun, um dort zu arbeiten. Sie sind tendenziell wirtschaftlich aktiver als Inländer und nehmen Sozialleistungen eher weniger in Anspruch.“
(Stefan Köster, NPD: Die Deutschen sind faul, sagen Sie. Das ist eine Frechheit, was Sie da vom Stapel lassen!)
„In den meisten Mitgliedstaaten leisten die ,mobilen‘ EUBürger einen Nettobeitrag zum Wohlfahrtssystem des Gastlandes.“ Zitatende.
Halten wir fest: Die meisten Zuwanderer sind qualifiziert und gehen in Deutschland einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Sie zahlen also in unser Sozialsystem ein und haben daher auch ein Anrecht auf Leistung.
Es ist außerdem schon 2011, nachdem die vollständige Freizügigkeit für Polen und andere Bürgerinnen und Bürger aus den EU-Mitgliedsstaaten Europas hergestellt wurde, nicht zu einer Einwanderungswelle gekommen, die unser Sozialsystem überfordert hätte. Vielmehr nützt Migration einer Volkswirtschaft, zumal die demografische Entwicklung unseres Landes und gerade MecklenburgVorpommerns eine noch stärkere Migration erfordert, um den Bedarf des Arbeitsmarktes langfristig zu decken.
Das Institut der deutschen Wirtschaft, das IW in Köln, kommt hier in einer Studie aus dem Jahr 2011 zu entsprechenden Schlüssen. Zwar werde es zu Beginn der Liberalisierung zu einer stärkeren Wanderungsbewegung kommen, jedoch, ich zitiere wörtlich: „Langfristig bleibt der Zustrom aber vor allem im Vergleich zu früheren Zuwanderungswellen moderat.“
„Die Zuwanderung aus Osteuropa kann allerdings helfen, die konjunkturell bedingt hohe Nachfrage nach Arbeitskräften, die mit der demografisch bedingten Schrumpfung des heimischen Arbeitskräftepotenzials verbunden ist, zu kompensieren.“ Zitatende. Wir brauchen keine Demagogie, sondern eine Willkommenskultur, um gemeinsam voranzukommen.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinz Müller, SPD: Sehr gut.)
Frau Gerkan, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie Ihre Willkommenskultur angesprochen haben. Ab Januar kommenden Jahres sind die Schleusen nämlich geöffnet und ich wünsche mir, dass Sie dann nicht nur hier in diesem sogenannten Hohen Hause weiter mit Humanphrasen tönen, sondern dass Sie je nach Parteibuch aus internationaler Solidarität