Protocol of the Session on December 11, 2013

(Regine Lück, DIE LINKE: Völlig richtig. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Der Gleichmäßigkeitsgrundsatz blockiert nämlich eine aufgabengerechte Ausfinanzierung unserer Kommunen,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Eingeführt ist er unter Rot-Rot.)

da er die kommunale Einnahmesituation und zusätzliche Kostenbelastungen weitgehend ausblendet.

Der zentrale Prüfbericht hat bekanntlich im FAG-Beirat keine kommunale Stimme erhalten.

(Heinz Müller, SPD: Das ist sehr schön formuliert bei der Stimmenthaltung.)

Lediglich die Stimmenthaltung durch den Landkreistag hat diesen Bericht zur Grundlage des Gesetzentwurfes werden lassen.

(Heinz Müller, SPD: Warum hat er sich denn enthalten?)

Ohne an dieser Stelle Verschwörungstheorien entwickeln zu wollen, werfen die landkreisfreundlichen Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung zumindest Fragen auf, inwiefern auf eine Stimmenthaltung durch wen möglicherweise hingearbeitet wurde.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh, oh, oh, das sind aber wilde Theorien! Da müssen Sie aber ganz vorsichtig damit sein.)

Für die Zukunft jedenfalls wünsche ich mir ein noch abgestimmteres Agieren der kommunalen Landesverbände, ohne dabei zu verkennen, dass auch Kommunalpolitik kein Krippenspiel ist.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, die zweite Anmerkung bezieht sich selbstverständlich auf die Erstattung beziehungswei- se Nichterstattung der Kostensteigerungen für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskrei

ses. Diese Räuberpistole hat die Gemüter parteiübergreifend erregt. Ich erinnere an den offenen Brief und an den Hilferuf der großen Städte. Und unter anderem bekundeten erst kürzlich auch SPD-Kommunalpolitiker in Schwerin beispielsweise oder CDU-Kommunalpolitiker in meinem Landkreis, dass sie sich den gemeinsamen Positionen der kommunalen Spitzenverbände durchaus anschließen. Der Städte- und Gemeindetag bemühte sogar die geöffnete Büchse der Pandora.

Nun ist dieser Gesetzentwurf sicherlich kein Gefäß, das alle kommunalpolitischen Übel dieser Welt enthält, aber etwas Unheilbringendes für die Kommunen unseres Landes befindet sich dennoch drin. Nach Berechnungen der Landesregierung haben sich die Kosten der von den Kommunen im Auftrag des Landes wahrgenommenen Aufgaben um rund 36 Millionen Euro erhöht. Es ist bereits ausgeführt worden, es handelt sich hier um den übertragenen Wirkungskreis. Diese zusätzlichen Kosten, welche die Kommunen nicht zu verantworten haben, diese Kosten will der Gesetzentwurf nicht durch Landesmittel ausgleichen. Nein, meine Damen und Herren, dieser Kostenausgleich soll zulasten der Schlüsselzuweisungen erfolgen. Der vorgesehene Selbstbehalt von 7,5 Prozent ist dann noch das landespolitische i-Tüpfelchen.

Meine Damen und Herren, wenn ich dann höre und lese, die anderen Länder machen das ähnlich und unsere Kommunen sollen sich mal nicht so anstellen, oder aber auch, wir haben das schon immer so gemacht, aber nicht öffentlich gesagt, dann ist das allein schon ein Grund für die Ablehnung solcher Regelungen. Ich hoffe auf Zustimmung für unseren entsprechenden Änderungsantrag.

Meine Damen und Herren, die letzte Anmerkung zielt auf die anstehende grundlegende FAG-Novelle, auf die derzeit von Opposition und Koalition gleichermaßen mitunter wie auf eine Heilsbringerin verwiesen wird. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag, um dessen Zustimmung ich an dieser Stelle bitte, mit diesem Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, den Entwurf für eine grundlegende FAG-Novelle so rechtzeitig vorzulegen, dass dieser zum 1. Januar 2016 in Kraft treten kann.

Wenn ich die Beratungen dazu im Innenausschuss noch richtig vor Augen habe, kann ich mit breiter Zustimmung rechnen. Neben LINKEN und GRÜNEN erwartet auch die SPD ein neues Gesetz noch in dieser Wahlperiode, zumindest der Innenstaatssekretär hat einen ähnlichen Standpunkt vertreten.

(Heinz Müller, SPD: Der nicht der SPD angehört.)

Man darf also gespannt sein.

Ähnlich haben auch Sie, Herr Müller, sich geäußert, ich erinnere nur an die öffentliche Finanzausschusssitzung beim Landkreistag.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend meine Kritik und meine Erwartungen zusammenfassen: Die Kostensteigerungen im übertragenen Wirkungskreis sind voll auszugleichen. Dies darf nicht zulasten der Schlüsselzuweisungen erfolgen und ein sogenannter Selbstbehalt ist nicht gerechtfertigt. Die grundlegende

Novelle des FAG muss eine aufgabengerechte Finanzausstattung und Finanzverteilung gewährleisten und spätestens zum 1. Januar 2016 umgesetzt sein. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Saalfeld.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst entschuldigen Sie meine Stimme, aber manchmal schlägt die Krankheit zu, ich kann es nicht ändern.

(Heinz Müller, SPD: Das ist der Jahreszeit geschuldet.)

Es begann hoffnungsvoll und endete typisch für diese Große Koalition, nämlich ernüchternd und ungerecht. Auf der Sitzung des Finanzausschusses des Landkreistages erklärten die Vertreter von CDU und SPD noch vollmundig, dass ihnen die Nöte und Sorgen der Kommunen bewusst seien und die Probleme, die dieses FAG mit sich bringt, natürlich auch bekannt seien. Kollege Heinz Müller von der SPD erklärte sogar, dass es natürlich dem Geiste des Konnexitätsprinzips widerspräche,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Der Geist war willig.)

wenn ein Loch von ungefähr 36 Millionen Euro bei den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises klaffe, also eben bei den Aufgaben, die die Kommunen für das Land übernehmen.

Na, das hörte sich doch hoffnungsvoll an und auch die umfangreiche Bestellung von Zahlenmaterial durch die SPD beim Innenminister für den Innenausschuss ließ noch kurz hoffen, doch dann nichts mehr, Schweigen im Walde. Die ganzen Zahlen wurden nicht mal im Ausschuss thematisiert. GRÜNE und LINKE legten im Ausschuss Änderungsanträge vor, doch kein Wort von der Koalition dazu.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Warum auch?!)

Die Anträge wurden kommentarlos abgelehnt, bis eben auf eine minimale Änderung, die die Gewerbesteuereinnahmen aus gemeindefreien Gebieten in Küstengewässern mit einbezieht. Das FAG wurde unverändert durch die Ausschüsse durchgewunken.

In diesem Sinne bin ich ja froh, dass es zumindest hier und heute eine Debatte zu diesem Thema gibt. Ich hatte nämlich schon ein bisschen Angst, dass die Kollegen und Kolleginnen der Koalition gar keine Redezeit für sich beantragen. Es begann also hoffnungslos und endete, wie so häufig, ernüchternd. Ist der CDU eigentlich bewusst, dass sich gerade ihr größter politischer Erfolg in dieser Legislaturperiode in Luft auflöst?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das wollen wir jetzt auch mal hören.)

Das von der CDU der SPD abgerungene 100-MillionenEuro-Soforthilfepaket für die Kommunen

(Vincent Kokert, CDU: Erzählen Sie das bitte weiter, was Sie eben gesagt haben!)

wird durch das 36-Millionen-Euro-Loch im FAG wieder aufgefressen. Da verpufft der große politische Erfolg der CDU,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

und zwar in ziemlich genau dem Zeitraum, für welchen auch das Soforthilfepaket vorgesehen war. Nämlich in den nächsten drei Jahren fressen diese 36 Millionen Euro Ihr Soforthilfeprogramm restlos wieder auf.

(Zuruf von Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also entweder war die Soforthilfe für die Kommunen ein lang angelegter großer Budenzauber der Koalition oder aber das Finanzministerium hat das Innenministerium über den Tisch gezogen. Ich weiß jetzt nicht, was besser wäre.

Wie dem auch sei, wie Sie aus dem vorliegenden Änderungsantrag und der vorliegenden Entschließung der Fraktionen DIE LINKE und GRÜNEN erkennen können, halten wir unabhängig von der Notwendigkeit einer grundlegenden Novellierung des FAG bereits heute einige dringende Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf für notwendig.

Erstens muss das Land die Kostensteigerung der Auf- gaben des übertragenen Wirkungskreises vollständig ausgleichen. Das bedeutet, dass die Finanzzuweisungen des Landes um 36,7 Millionen Euro aufzustocken sind. Warum halten wir das für notwendig? In seinen eigenen Berechnungen kommt das Ministerium auf einen Fi- nanzbedarf nach Paragraf 15 Absätze 1 bis 3 von etwa 216 Millionen Euro, aber es billigt den Kommunen nur eine Zuweisungssumme von rund 200 Millionen Euro zu. Da fehlen 16 Millionen.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Paragraf 15 Absatz 4, den Kosten der Katasterämter. Das Ministerium ermittelt einen Finanzbedarf von 27,4 Millionen Euro, stellt den Kommunen aber nur 25,4 Millionen Euro zur Verfügung. Wieder fehlen 2 Millionen Euro. Noch mal zum Verständnis: Das Land weiß also, dass die Finanzzuweisungen für die Aufgaben, die die Kommunen für das Land erledigen, nicht ausreichen, und lässt die Kommunen damit dennoch im Regen stehen, denn einen vollständigen Ausgleich gibt es nicht.

Dabei bedient sich die Regierung zweier Tricks:

Zum einen wird gesagt, dass das Land einen Selbstbehalt von 7,5 Prozent abzieht, damit die Kommunen die Aufgaben auch wirtschaftlich erledigen würden. Dies sei schon immer so gewesen, sagt die Landesregierung, und sei auch plausibel. Allein konnte von der Landesregierung nicht begründet werden, warum ausgerechnet 7,5 Prozent abgezogen werden. Auch konnten sich die kommunalen Spitzenverbände in ihren Stellungnahmen an ein ähnliches Vorgehen in der Vergangenheit nicht erinnern. Fraglich ist auch, warum 7,5 Prozent für alle Aufgaben für alle Kommunen angemessen sein sollen. Soll das etwa heißen, dass in den Augen des Innenministeriums alle Kommunen gleich unwirtschaftlich arbeiten?

Eine Antwort ist die Landesregierung bis heute schuldig geblieben.

Zum anderen besteht das Problem darin, dass der Vorwegabzug zulasten der Schlüsselzuweisung aufgestockt wird, das heißt, die Kommunen haben die Kostensteigerungen allein zu tragen.

Zur Erinnerung: Es handelt sich um Aufgaben, die für das Land wahrgenommen werden, und dennoch tragen die Kommunen die Kostensteigerungen. Da nützt es auch nichts, darauf zu verweisen, dass das Konnexitätsprinzip nicht greife, da die Aufgaben bereits vor der Einführung des Konnexitätsprinzips in der Landesverfassung im Jahr 2000 an die Kommunen übertragen wurden. Das mag zwar formal korrekt sein, entspricht aber weder dem Geist des Konnexitätsgedankens, wie es der Abgeordnete Heinz Müller so schön beim Landkreistag formulierte, noch wird die Landesregierung der Verantwortung für die Kommunen gerecht. Oder soll etwa, wie gesagt, das jüngste 100-Millionen-Soforthilfepaket als Ausgleich für die gestiegenen Kosten der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises dienen? Dann wäre diese zusätzliche Hilfe aber nach drei Jahren, wie gesagt, aufgebraucht.