Protocol of the Session on November 13, 2013

Herr Backhaus, lassen Sie eine Frage zu?

Ja, eine lasse ich zu.

Ja, schönen Dank, Herr Minister.

Entschuldigung, das müssten Sie nachher tun. Das geht bei der Einbringung nicht. Das habe ich jetzt nicht gewusst.

Ach ja.

(Julian Barlen, SPD: Schade! – Udo Pastörs, NPD: Ach so, das wusste ich auch nicht.)

Aber ich darf weitermachen, ne?

Genau, Sie dürfen weitermachen und ich entschuldige mich noch mal.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Kein Problem.

Also insofern ist es für mich noch mal wichtig, die Biosphärenreservate sind eben nicht nur – und darauf liegt die Betonung –, nicht nur Schutzgebiete, sondern sie sind Modellregionen für zukünftige Ideen und auch Ausrichtungen. Das heißt, auch hier können neue Modelle entwickelt, ausprobiert und in die Tat umgesetzt werden. Ich glaube, man kann das auch heute schon sehr schön an dem einen oder anderen Projekt erkennen, denn gerade die Region am Westrand Mecklenburg-Vorpommerns ist aufgrund ihrer Randlage während der deutschen Teilung natürlich durch eine sehr, sehr, sehr geringe lndustriedichte gekennzeichnet sowie durch Abwanderung, aber auch durch Aussiedlung, Zwangsaussiedlung oder letzten Endes durch das Auspendeln vieler Beschäftigter charakterisiert.

Auf der anderen Seite haben wir jetzt die Riesenchance, mit der Metropolregion Hamburg neue Impulse hinein- zusetzen, und ich nehme zur Kenntnis, dass dieses auch schon der Fall ist – wenn Sie sich da am Wochenende mal informieren wollen. Wir haben – und wir haben bewusst die Universität Würzburg genommen – für das Biosphärenreservat Schaalsee – das hat ja gerade in den Medien auch eine Rolle gespielt – von Juni 2011 bis Mai 2012 eine Befragung durchgeführt, und wenn man sich die Zahl auf der Zunge zergehen lässt, es sind 490.000 Besucherinnen und Besucher in der Schaalseeregion gewesen und haben einen zusätzlichen Umsatz von 7,2 Millionen Euro gebracht. Ich finde das schon bemerkenswert. Ohne das Biosphärenreservat wäre die Region in der Form gar nicht so bekannt geworden. Ich glaube, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Verbände dazu einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet haben.

Auch die Diskussion um den Hochwasserschutz will ich gleich aufgreifen. Wir haben im Gesetzentwurf deutlich gemacht, dass die Menschen, die Region weiterhin vor Extremereignissen zu schützen sind. Das heißt, der Gesetzentwurf ist so gestaltet, dass alles, was einen wirksamen Hochwasserschutz ausmacht und dafür benötigt wird, auch möglich bleibt. Zudem – ich habe das schon angedeutet – wird die Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Lübtheen, die aufgrund ihrer besonderen Nutzungsgeschichte aus Naturschutzgründen eine ganz hervorragende und ganz besondere Wertigkeit besitzt, in das Schutzgebiet mit einbezogen – nicht nur als Suchraum, sondern ich hoffe, dass wir dieses dann auch hinbekommen. Insofern möchte ich darauf nicht weiter eingehen.

Ich glaube, es ist so, dass wir mit dem Gesetzentwurf ein schlankes, an der Sache orientiertes Gesetz auf den Weg gebracht haben. Wir haben rund 140 Stellungnahmen gehabt, die in dem Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Von Ausnahmeregelungen vom Bauverbot bis hin zu Erholungsbereichen, aber auch für die Regelung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Pflegezone haben wir Lösungen gefunden, die das Einvernehmen mit den Landwirten ermöglicht haben. Ich sage hier noch mal in aller Deutlichkeit – es sind ja immer Andeutungen gemacht worden, man würde gegebenenfalls auch zur Enteignung greifen –, ich sage hier und heute, Privateigentümer werden nicht ohne ihr Einverständnis – da gibt es im Übrigen Hinweise, dass Privateigentümer Interesse haben, ihre Flächen in die Kernzone oder in die Pflegezone mit einbringen zu wollen –, ohne das Einverständnis von Privateigentümern wird es keine Flächenausweisung geben.

Ich hoffe insofern, dass dieses Gesetz möglichst schnell dieses Hohe Haus passieren wird. Unser Haus ist gerne bereit, auch die entscheidenden Informationen noch mal weiterzugeben. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Backhaus.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einbringung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zum Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe könnte auch unter der Überschrift stehen: Was lange währt, das kann auch gut werden.

Das Reservat umfasst zurzeit circa 343.000 Hektar in fünf Bundesländern, in denen Teilgebiete schon seit 1979 ausgewiesen und von der UNESCO anerkannt sind. Das jetzt in Rede stehende Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe Mecklenburg-Vorpommern ist zugleich auch Naturpark Mecklenburgisches Elbetal und stellt den mecklenburgischen Teil des länderübergreifenden Biosphärenreservates dar. „Das Ende 1997 von der UNESCO anerkannte … Biosphärenreservat ,Flusslandschaft Elbeʻ ist … das größte im Binnenland gelegene Biosphärenreservat

in Deutschland. Es repräsentiert eine der letzten relativ naturnahen Stromlandschaften Mitteleuropas, in der sich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den ansonsten häufig widerstreitenden Interessen des Naturerhalts und der Nutzung der Natur durch den Menschen bewahrt hat.“ Soweit ein Zitat aus dem Rahmenkonzept für das Reservat aus dem Jahr 2006.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass meine Fraktion ausdrücklich begrüßt, dass jetzt auch in MecklenburgVorpommern die gesetzliche Grundlage für das länderübergreifende Großschutzgebiet geschaffen werden soll. Im Vorfeld des nun beginnenden parlamentarischen Verfahrens waren ja die Gemüter vor Ort stark in Wallung geraten, sodass man am Zustandekommen des Gesetzes durchaus Zweifel haben konnte.

Landwirte sahen sich in ihrer Existenz bedroht, die Jäger hatten zunächst erhebliche Probleme, die Vereinbarkeit des Biosphärenreservats mit dem Hochwasserschutz wurde angezweifelt. Insgesamt wurde das Vorhaben mehr als Bedrohung denn als Chance von den Menschen vor Ort wahrgenommen. Aber Natur- und Umweltschutz soll den Menschen überall, so auch in dieser Region, neue Perspektiven eröffnen, mit der Natur im Einklang zu leben und zu wirtschaften. Nach unserer Auffassung wird der Gesetzentwurf diesem Anspruch gerecht.

Wie andere Mitglieder dieses Hohen Hauses war auch meine Fraktion vor Ort, um sich gemeinsam mit den Beteiligten mit dem geplanten Vorhaben auseinanderzusetzen. Der Weg, den das Umweltministerium bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfes einschlug, nämlich die sehr frühzeitige öffentliche Auseinandersetzung vor Ort, ist für uns der richtige Weg. Natürlich ist es immer ein Risiko, Unfertiges der Öffentlichkeit zu präsentieren, und vor allem für viele Beteiligte vor Ort ist es ungewohnt, aber es heißt ja schließlich „Entwurf“, also man kann noch daran arbeiten.

Trotzdem war es sicherlich auch diesem Umstand geschuldet, dass so große Unruhe und Widerstand vor allem bei den Landwirten entstanden war. Trotzdem hat dieser Weg, oder vielleicht gerade deshalb, dazu geführt, dass die Sorgen und Nöte der Betroffenen wahrgenommen wurden, und nicht nur das, sie wurden in diesem Gesetzentwurf weitgehend berücksichtigt. Dazu ist Mut zur Auseinandersetzung notwendig und dazu kann ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Naturschutzes im Umweltministerium nur gratulieren.

(Beifall Katharina Feike, SPD)

In diesem speziellen Fall war nicht nur Mut notwendig, sondern die Zeit drängt tatsächlich, den mecklenburgischen Teil des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe gesetzlich festzulegen, denn Mecklenburg-Vorpommern ist das letzte der fünf Bundesländer, das über noch keine endgültige Festsetzung von Kern- und Pflegezonen verfügt. Bisher, Ihr Wort in Gottes oder wessen Gehörgang auch immer, hakt es zumindest noch.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Bestrebungen des Landes, den ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen zu erwerben und als Kernzone auszuweisen, sind bisher noch nicht erfolgreich gewesen. Minister Backhaus hat es hier gerade gesagt, er hat gute Hoffnungen, dass das jetzt bei den Koalitionsver

handlungen in Berlin ein Stückchen vorankommt. Das würden wir natürlich sehr begrüßen. Es wird auch höchste Zeit, dass wir in Sachen Flächenübernahme zu einer für das Land tragbaren Lösung kommen. Und wenn es dann doch noch den einen Haken oder die eine Öse gibt, dann sollten auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion ihre Verhandlungspartner in Berlin von den Interessen Mecklenburg-Vorpommerns überzeugen und diese auch etwas nachdrücklicher in Berlin vertreten. Also ich hoffe, dass das tatsächlich gelingen wird.

Zu guter Letzt möchte ich an dieser Stelle ankündigen, dass wir gerne eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf im Agrarausschuss beantragen wollen. Nicht so sehr, weil wir mit dem Gesetzentwurf hadern, sondern ganz einfach, weil wir diese Gelegenheit auch nutzen wollen, um damit noch ein bisschen mehr Öffentlichkeitsarbeit machen zu können. Der Überweisung in den Agrarausschuss stimmen wir natürlich zu. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schlupp von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! MecklenburgVorpommern verfügt über eine hervorragende naturräumliche Ausstattung. Schon deshalb ist es verständlich, dass das Land über drei Nationalparke, drei Biosphärenreservate und sieben Nationalparke verfügt. Allein diese Großschutzgebiete nehmen circa 17,4 Prozent der gesamten Landesfläche ein. Hinzu kommen Landschafts- und Naturschutzgebiete, die circa 25 Prozent der Landesfläche einnehmen. Wenn sich auch einzelne Schutzkategorien überlagern, wird dennoch deutlich, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern seine hohe Verantwortung für den Natur- und Artenschutz in außergewöhnlicher Weise wahrnimmt. Ein Mangel an Schutzgebieten herrscht jedenfalls nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren, zu den Großschutzgebieten des Landes zählt unter anderem das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe, das, wir hörten es schon, 1997 durch die UNESCO anerkannt wurde. Diese Anerkennung wurde aufgrund einer Überprüfung durch die UNESCO infrage gestellt. Die Gründe hierfür liegen in der mangelnden Flächenausstattung und der mangelnden rechtlichen Sicherstellung des Gebietes. Die Landesregierung will mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Abhilfe schaffen. Sie geht davon aus, dass mit dem Gesetz die Region des mecklenburgischen Elbetals weiterentwickelt und die Lebensqualität gestärkt werden kann. Hierzu soll der einzigartige Naturraum erhalten und behutsam weiterentwickelt werden. Diesen Ansätzen kann auch meine Fraktion uneingeschränkt folgen.

Dennoch regt sich vor Ort Widerstand. Nach meiner Kenntnis, und wir haben es ja hier bereits gehört, haben sich die Fraktionen des Landtages vor Ort einen Überblick verschafft. Gerade die Nutzungsverbände haben zahlreiche Bedenken gegen die weitere Ausdehnung des Biosphärenreservates vorgetragen. Deutlich wurde, dass zahlreiche Verbände, aber auch Menschen vor Ort mehr Risiken und Restriktionen als Chancen durch die Erweiterung des Biosphärenreservates sehen. Gerade hier ist meines Erachtens die Verwaltung gefordert.

Erfahrungen mit der Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten haben die Menschen zum Teil misstrauisch gemacht, allzu oft fühlen sie sich durch die Naturschutzverwaltung gegängelt. Ob nun im Müritz-Nationalpark, im Nationalpark Jasmund oder im Biosphärenreservat Schaalsee, es entsteht vor Ort zuweilen der Eindruck, dass Großschutzgebietsverwaltungen und Menschen mehr gegen- einander als miteinander agieren. Da werden Wege gesperrt, das Angeln oder das Kanufahren beschränkt oder das Pilzesammeln verboten, obwohl die einzigartige Natur sich mit dieser Nutzung hat entwickeln können.

Das manchmal zu wenig auf Interessenausgleich gerichtete Agieren der Verwaltung steht den Interessen des Naturschutzes aber entgegen und muss nach Ansicht meiner Fraktion maßgeblich unterbunden werden. Gerade die zahlreichen Regelungen des Gesetzentwurfes, welche der Zustimmung oder der Genehmigung der Biosphärenreservatsverwaltung unterliegen, tragen zur Sorge bei Nutzern und Bewohnern der Region bei, ebenso die im Paragrafen 12 des Gesetzentwurfes festgelegte Verordnungsermächtigung zur Festlegung der Kern-, Entwicklungs- und Pflegezonen. Diese sollte meines Erachtens, wenn möglich, durch den Gesetzgeber erfolgen.

Sehr geehrte Damen und Herren, klar herausstellen möchte ich, dass die Landesregierung bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfes den Belangen der Bewohner und Nutzer maßgeblich entgegengekommen ist. Dennoch halte ich es für notwendig, dass der Gesetzgeber da, wo es möglich ist, klare Regelungen zu normieren, auch klare Regelungen schafft. Dies trägt zum Erhalt des dörflichen Friedens und zur Akzeptanz des Naturschutzes in den betroffenen Regionen bei und kann somit zur Weiterentwicklung der Regionen, zur Verbesserung der Lebensqualität, aber auch zum Erhalt des Naturraumes beitragen.

Insbesondere bin ich der Auffassung, dass die Festlegung der Zonen nicht durch die Biosphärenreservatsverwaltung erfolgen sollte.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Hier sollte meines Erachtens der Gesetzgeber zwingend eingebunden werden. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass mit der gesetzlichen Fixierung des Biosphärenreservates nicht über bestehende Restriktionen im Gebiet hinausgegangen wird. Nutzungseinschränkungen müssen minimiert und da, wo sie unerlässlich sind, durch das Land auch ausgeglichen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, bisher hat noch kein Ge- setz den Landtag so verlassen, wie es in den Landtag gekommen ist – Ausnahmen bestätigen die Regel –, ich bin der festen Überzeugung, dass dies auch mit diesem Gesetz so sein wird. Alle Beteiligten stehen in der Verantwortung, die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu stärken und den Naturschutz und die Lebensqualität der Menschen vor Ort weiterzuentwickeln. Hierbei wünsche ich uns allen viel Erfolg.

Meine Fraktion wird der Überweisung des Antrages in den zuständigen Ausschuss zustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Karlowski von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Flusslandschaft Elbe – der Name des Biosphärenreservates deutet schon darauf hin, worum es hier geht: Um eine großartige Landschaft entlang der Elbe, um die Bewahrung eines Gebietes, das noch einen relativ naturnahen Zustand repräsentiert, den Zustand einer Stromlandschaft. Das ist eine wirkliche Rarität in Mitteleuropa. Dieses länderübergreifende Biosphärenreservat – es ist das größte in Deutschland – beherbergt nicht nur Lokalendemiten, also Arten, die nur an der Elbe vorkommen, wie zum Beispiel die Elbe-Spitzklette oder das Elbe-Liebesgras. Auch der Waldstorch hat an der – allerdings mittleren – Elbe eines seiner Dichtezentren in Deutschland.

Der entscheidende Faktor für diese Vielfalt an Arten und Landschaftstypen ist der jahreszeitliche Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser. Und so finden wir in der Flussaue bis heute Hartholzauenwälder, flussbegleitende Weidengebüsche, Binnendünen, Sandbänke, extensiv genutzte Wiesen, Altwässer und Moore. So entstand diese enorme Vielfalt verschiedener Lebensräume, die von zahlreichen andernorts schon längst verschwundenen Arten besiedelt wird.