Nach den derzeitigen Vorstellungen soll der Verkehrssektor bis 2050 mit einem Rückgang des Energieverbrauches von 40 Prozent bezogen auf das Jahr 2005 zur Energiewende beitragen. Wir müssen aber feststellen, dass zwar der Endenergieverbrauch in Deutschland im Zeitraum von 1992 bis 2010 trotz eines kontinuierlichen Wachstums des Bruttoinlandsproduktes nahezu konstant blieb, gleichzeitig aber sich im selben Zeitraum der Anteil des Verkehrssektors am Endenergieverbrauch trotz Steigerung der Energieeffizienz auch in diesem Bereich von 26 auf 28 Prozent erhöhte. Bereits an diesen Zahlen wird deutlich, wie groß das Gewicht einer nachhaltigen, ökologisch ausgerichteten Verkehrspolitik ist für eine erfolgreiche Energiewende.
Aber diese Zahlen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, machen auch deutlich, eine Energiewende kann
tatsächlich nur dann gelingen, wenn auch eine Verkehrswende gelingt. Und die Verkehrswende, meine Damen und Herren, kann nicht nur eine Fahrzeugtechnikwende sein, sie muss auch den sich verändernden Mobilitätsanforderungen der Zukunft gerecht werden und dabei eine Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger bewirken. Dabei steht ein bevölkerungsschwaches, aber gleichzeitig flächenmäßig großes Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern mit seinen ausgeprägten ländlichen Strukturen anders als urban geprägte Räume wie Hamburg, Berlin oder München vor besonderen Herausforderungen,
Herausforderungen, die durch das Altern unserer Gesellschaft – der Kollege Heydorn hatte heute Vormittag darauf schon hingewiesen –, aber auch die wirtschaftliche Situation vieler Menschen in unserem Land noch verstärkt werden.
Wie soll Verkehr, insbesondere Straßen- und Schienenverkehr, heute und morgen in Mecklenburg-Vorpommern aussehen? Außerhalb der größeren Städte, in den Landkreisen – Frau Kollegin Schwenke hat darauf zu Recht hingewiesen – findet der durch die kommunalen Aufgabenträger organisierte öffentliche Personennahverkehr regelmäßig überwiegend nur noch als Schülerverkehr statt. Wenn keine Schule stattfindet, fährt auch kein Bus, um es mal verkürzt auszudrücken. Und auch der durch das Land bestellte und aus Regionalisierungsmitteln finanzierte Schienenpersonennahverkehr gerät vor dem Hintergrund steigender Kosten, unzureichender Fahrgasteinnahmen und nicht auskömmlich steigender Bundesmittel immer mehr in die Gefahr, aufs Abstellgleis zu fahren. Wir haben darüber heute Vormittag ja auch schon diskutiert.
Gleichzeitig, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ist davon auszugehen, dass bei absehbar weiter steigenden Energie- und Treibstoffkosten auch für die Zukunft deutlich höhere Verkehrskosten für die privaten Haushalte zu erwarten sind. Dabei werden die Menschen in unserem Land nicht überall in gleichem Maße von wachsenden Verkehrskosten betroffen sein. Gerade dort, wo aufgrund der bestehenden räumlichen Strukturen bereits heute die Nutzung des eigenen Pkws am stärksten ausgeprägt ist, und gerade jener Personenkreis mit den niedrigeren Haushaltseinkommen wird regelmäßig am stärksten von steigenden Kosten im Verkehrsbereich betroffen sein. Wenn daher der Anteil der Emissionen im Verkehrssektor zukünftig nachhaltig reduziert werden soll, wenn die Energieeffizienz im Verkehrssektor gesteigert werden soll und wenn Mobilität kein Luxus, sondern auch in Zukunft Grundlage einer modernen Gesellschaft in unserem Land bleiben soll, dann allerdings braucht es nicht nur die Energiewende, dann braucht auch unser Land eine Verkehrswende.
Vor diesem Hintergrund, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie man im Einklang mit den energie- und klimaschutzpolitischen Zielen dieses Landes eine nachhaltige ökonomisch und ökologisch verantwortungsvolle Verkehrspolitik betreiben und gleichzeitig dem sich in Zukunft weiter verändernden Mobilitätsbedarf unserer Gesellschaft gerecht werden kann. Wenn wir uns dieser Frage nicht stellen wollen, dann bleibt nur die Frage offen: Wird die Verkehrspolitik
Ich denke, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht unser Ziel über alle demokratischen Fraktionen hinweg. Ziel einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik muss daher eine umweltverträgliche, effiziente und in- tegrierte Mobilität sein, die auch – und das ist entscheidend – für die Menschen in unserem Land, aber auch für das Land selber und die Aufgabenträger insgesamt bezahlbar ist.
Wie kann ein solcher Wandel einem klassischen Verkehrskonzept hin zu einem Mobilitätskonzept aussehen? Es kann sicherlich nicht so aussehen, dass im Verkehrsbereich grundsätzlich – und auch die Debatte haben wir heute Vormittag geführt – alles beim Alten bleibt, garniert, ich überspitze jetzt etwas, mit ein bisschen Elektromobilität oder zusätzlichen Rent-a-Bike-Anlaufstellen, um das ökologische Gewissen zu beruhigen. Stattdessen ist es erforderlich, dass die Stärken des jeweiligen Verkehrsträgers in einem Gesamtverkehrssystem bestmöglich zur Geltung gebracht werden, um den Klima-, Umwelt-, Energie-, aber auch gerade den mobilitätspolitischen Zielen zum Durchbruch zu verhelfen.
Dabei kann man – und da gebe ich Ihnen völlig recht, Frau Kollegin Schwenke – über alle denktheoretischen Möglichkeiten diskutieren. Letztendlich entscheidend wird der Fahrgast als Kunde sein. Für ihn muss das Verkehrsangebot die attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr sein. Und den Fahrgast, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, als Kunden interessieren im Regelfall weder irgendwelche juristischen Fragen im Hinblick darauf, wer gerade als Aufgabenträger für welchen Verkehr zuständig ist oder aus welchem Finanztopf der jeweilige Verkehr mitfinanziert wird, noch etwaige technische Details der eingesetzten Fahrzeuge.
Drei Punkte sind dabei aus meiner Sicht besonders wichtig, ohne dass, das möchte ich deutlich machen, damit der Anspruch verbunden sein soll, dass diese Punkte alle Facetten und alle Details abschließend benennen:
Entschuldigung. Dann nehme ich das zurück, Herr Kollege Renz, und nehme den Kollegen Reinhardt auch in seinem Wahlkreis.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Vielen Dank, Herr Kollege.)
Wenn wir eine moderne Mobilitätspolitik für die Menschen in diesem Land gestalten wollen, müssen wir uns der Frage stellen, ob die derzeitige Aufgabenträgerstruktur getrennt nach SPNV, für den das Land zuständig ist, und dem sonstigen ÖPNV, für den die kommunalen Gebietskörperschaften die Verantwortung tragen, auch vor dem Hintergrund der weiteren Bevölkerungsentwicklung zukunftsfähig ist.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bereits heute hat Mecklenburg-Vorpommern weniger Einwohner als die Stadt Hamburg und die geringe Einwohnerdichte des Landes wird sich in Zukunft noch verstärken. Eine optimale Vernetzung aller Verkehrsträger setzt zumindest auch ein Überdenken der derzeitigen Organisationsstruktur im Nahverkehr voraus, um im Interesse der Fahrgäste kosteneffiziente Strukturen zu schaffen und damit sowohl die erzielten Fahrgastentgelte, aber auch die aufgewandten Steuermittel bestmöglich einzusetzen.
Trotz aller Bemühungen haben wir auch bei uns im Land beispielsweise immer noch Parallelverkehre zwischen Bus und Bahn. Ich habe da heute Morgen schon im Zusammenhang mit der Südbahn und dem Problem dort darauf hingewiesen. Und die Frage, ob beispielsweise für den Schülerverkehr der SPNV oder aber Busse im ÖPNV genutzt werden, sollte sich eben nicht danach entscheiden, welches der Verkehrsunternehmen auf diese Einnahmen zwingend angewiesen, sondern welches Transportmittel für den Kunden das beste ist.
Gleichzeitig, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir die vorhandenen Kostenvorteile in den je- weiligen Verkehrssystemen heben. Und das bedeutet nicht nur eventuell kleinere, kostengünstigere Busfahrzeuge für bestimmte Linienangebote, so, wie das im Übrigen auch bereits heute durch einige Verkehrsun- ternehmen erfolgt. Auch und gerade im Bahnverkehr haben sich in den vergangenen Jahren erhebliche Potenziale eröffnet. Das bedeutet zum Beispiel konkret für unser Land, dass dort, wo es technisch möglich und verkehrspolitisch sinnvoll ist, zukünftig auf den entsprechenden SPNV-Teilnetzen statt der klassischen Eisenbahnfahrzeuge deutlich kotengünstigere Fahrzeuge auf der Grundlage der Richtlinie für das Verkehren von leichten Nahverkehrstriebwagen, der LNT-Richtlinie, eingesetzt werden.
Ich will das mal an einem Beispiel verdeutlichen für diejenigen, die vielleicht nicht so in der Materie drin sind. Wenn Sie die Presse verfolgt haben, dann ist jetzt gerade gestern oder vorgestern die Meldung rausgekommen, dass im Teilnetz Warnow – das ist der S-Bahn-Verkehr in Rostock – neue Bombardier-E-Talent-2-Züge eingesetzt werden. Diese Fahrzeuge, das stand jetzt nicht in der Pressemitteilung, aber übern Daumen gepeilt kostet wohl ein Fahrzeug dafür ungefähr 4 Millionen Euro. Das können Sie mal so einschätzen. Wenn Sie dieses Fahrzeug, und das ist auf der Strecke durchaus möglich, durch entsprechende LNT-Fahrzeuge ersetzen – und das sind schwere, früher hat man gesagt, schwere Straßenbahnfahrzeuge, sie sehen etwas modifiziert aus, aber es ist für den Kunden im Grunde kein wahrnehmbarer Unterschied –, dann können Sie pro Fahrzeug ungefähr bis zu 1 Million Euro sparen. Bei einem einzigen Fahrzeug! Und wenn Sie sich das mal fürs ganze Land überlegen, dann wissen Sie, was Sie dort auch selbst über einen Verkehrsvertrag von 12 oder 15 Jahren gegebenenfalls einsparen können.
Deswegen: Dort, wo deren Einsatz möglich ist, bieten diese Fahrzeuge die Möglichkeit, den finanziellen Aufwand bei gleichzeitiger Wahrung auch zum Beispiel der Sicherheitsstandards deutlich zu optimieren. Und wenn man über Kostenoptimierung in diesem konkreten Zusammenhang spricht, dann reden wir eben nicht nur über den niedrigen Treibstoff oder Betriebskosten, sondern auch – ich habe es ja eben schon mal dargelegt – im Vergleich zu den derzeit genutzten Schienenfahrzeugen über erheblich niedrigere Anschaffungskosten im Millionenbereich je eingesetzter Bahn, Geld, das dann wieder im System eingesetzt werden kann.
Da die Anschaffungskosten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für die eingesetzten Fahrzeuge wesentlicher Bestandteil der Berechnung der durch den SPNVAufgabenträger zu zahlenden Bestellerentgelte sind, würde solche Kostenoptimierung unmittelbar dem Gesamtverkehrssystem des Landes finanziell zugutekommen und damit auch dessen Attraktivität steigern. Gleichzeitig müssen wir zu einer Entkopplung der Laufzeit der im Schienenverkehr vorgenommenen Vergabe von zwölf Jahren – oder regelmäßig zwölf Jahren – je vergebenem Teilnetz mit der Nutzungsdauer der dort eingesetzten Fahrzeuge kommen.
Eisenbahnfahrzeuge, egal ob klassische EBO-Fahrzeuge, also klassische Eisenbahnfahrzeuge, oder solche Fahrzeuge, wie ich sie eben genannt habe, haben eine regelmäßige Nutzungsdauer von rund 25 bis 30 Jahren. Es macht für das Land und für den hierzu erbringenden Schienenpersonennahverkehr überhaupt keinen Sinn, die betreffenden Fahrzeuge in der Hälfte der Nutzungsdauer über die Bestellerentgelte zu finanzieren. Nur, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da müssen wir auch den Menschen vor Ort offen und ehrlich ins Gesicht sagen, dass sie halt nicht alle zehn, zwölf Jahre mit einer neuen Vergabe eines Teilnetzes komplett neue Fahrzeuge bekommen, sondern dass die dann möglicherweise auch zwischendurch mal modernisiert werden, aber im Stand von vor, ich sage jetzt mal, zehn Jahren bleiben. Das ist aber auf dem europäischen Standard durchaus nichts Ungewöhnliches.
Und die in diesem Bereich zu erhebenden Mittel könnten im Ergebnis genutzt werden, um dort, wo es heute möglicherweise nur ein eingeschränktes oder möglicherweise auch gar kein Nahverkehrsangebot gibt, neue umweltfreundliche Angebote zu schaffen, um damit wiederum mehr Kunden für den öffentlichen Verkehr zu gewinnen.
Letztendlich – und das ist der entscheidende Punkt – wird die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs von seiner Attraktivität für den Kunden abhängen. Die Bereitschaft großer Teile der Bevölkerung, den öffentlichen Verkehr zu nutzen, ist durchaus vorhanden. Hierfür gilt es allerdings – und der Verkehrsminister hat ja in seinem Redebeitrag auch darauf hier hingewiesen –, hierfür gilt es allerdings dann auch, optimierte Angebote zur Ver- fügung zu stellen. Und optimierte Angebote bedeutet auch, möglichst geringe Umsteigepunkte zu haben, denn mit jedem Umsteigepunkt, darüber müssen wir uns auch im Klaren sein, senkt sich das Interesse der Kunden,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Meine Stimme ist auch gleich endgültig weg. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nur wenn es gelingt, die potenziellen Kunden stärker zur Nutzung öffentlicher Verkehrsangebote zu animieren, wird eine Verkehrswende gelingen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen schließt sein kürzlich veröffentlichtes Positionspapier unter dem Titel: „Der ÖPNV: Rückgrat und Motor eines zukunftsorientierten Mobilitätsverbundes“ mit folgender Aussage: „Das Sich-Ergänzen unterschiedlichster Angebote benötigt das Zusammenwirken aller Akteure und die Modernisierung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Die Chancen müssen jetzt gemeinsam genutzt werden.“
Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Aussage gilt gerade dann, wenn wir eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik als wesentlichen Teil einer nachhaltigen Energiewende auch in unserem eigenen Land begreifen wollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Um es vorab zu sagen: Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN wird dem Antrag zustimmen. Wir hoffen auch, dass der Änderungsantrag angenommen wird. Und ich kann auch sagen, warum ich zustimmen werde: Weil ich das Problem einer Großen Koalition sehe – wir werden das wahrscheinlich bald auch auf Bundesebene haben – und ich möchte gerne die Leute unterstützen, die sich innerhalb einer Großen Koalition in einer richtigen Richtung sozusagen einsetzen. Wir werden ja nachher noch die CDU zum Thema hören. Ich bin da ganz gespannt. Ich glaube, das wird da eher schwieriger.
Zu den Themen: Es ist so, dass wir beim Primärenergiebedarf in Deutschland etwa 40 Prozent Primärenergiebedarf im Bereich der Stromerzeugung haben. Deswegen ist es auch aus meiner Sicht richtig, ganz klar den Schwerpunkt auf den Strombereich zu setzen. Aber – und da stimme ich dem Antrag vollständig zu – die Energiewende ist am Ende nur machbar, wenn es auch zu einer Verkehrswende kommt, und natürlich auch im Bereich des Wärmemarktes. Es muss alles umfassen.
Die Frage ist, der Antrag gibt sehr viel Richtiges und Gutes sozusagen wieder, das kann man so sagen. Interessant wären natürlich die Schlussfolgerungen daraus, über die, denke ich, werden wir dann auf Folgesitzungen, wenn es entsprechende Anträge der Großen Koalition gibt, beraten können.
Ich möchte nur so viel sagen: Elektrifizierung ist absolut richtig, das Thema Elektromobilität – ein wichtiges Thema, was oft vergessen wird. Wir haben bereits erhebliche Elektromobilität. Das ist nämlich einmal im Bahnbereich. Aber gucken Sie nach Rostock zum Beispiel oder in andere Städte, wir haben eine Straßenbahn. Auch das ist
eine Form von Elektromobilität. Und in erheblichem Maß wird in Deutschland die Elektromobilität im Bereich der Elektrofahrräder ausgebaut. Die Zahlen liegen inzwischen bei 450.000 neuen Elektrofahrrädern pro Jahr in Deutschland.
Also da sind wir bald weit über diese eine Million. Im Verkehrsautobereich sieht es im Moment noch relativ dürftig aus, aber da gibt es ja einige neue Modelle auf dem Markt oder zum Jahresende. Ich bin gespannt, was da rauskommt.
Ein ganz wichtiger Punkt ist, wenn dieser Antrag ernstgenommen wird, dass sich die Vorteile für ein umweltfreundliches Verkehrsverhalten auch finanziell darstellen müssen.