Protocol of the Session on September 6, 2013

Das ist die derzeitige Situation

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man kann sich aber dafür einsetzen. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und insofern denke ich, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit dem entsprechenden Erlass, wie es derzeit alle Länder in Deutschland tun, einen großen Schritt in die Richtung getan hat, um hier syrischen Flüchtlingen zu helfen. Das ist auch unsere Pflicht, aber wir sollten auch in der Lage ein einheitliches Handeln in Deutschland weiter gewährleisten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Al-Sabty für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die UNOrganisationen schätzen die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien auf 6 Millionen Menschen. Nun stellen Sie sich vor, liebe Kolleginnen und Kollegen, 6 Millionen von 22 Millionen. Das entspricht ungefähr 27 Prozent der gesamten Bevölkerung. 4,2 Millionen sind Binnenflüchtlinge. 2 Millionen sind Menschen, die inzwischen das Land verlassen haben. Mehr als 750.000 Kinderflüchtlinge sind unter 11 Jahre alt. Der große Teil der Flüchtlinge befindet sich in Jordanien, im Libanon, in der Türkei, und das hat Frau Kollegin Gajek auch ausgeführt.

In den letzten Wochen gab es einen starken Zustrom aus den nordsyrischen Kurdengebieten in den Irak. Nach Angaben der UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay fielen dem Bürgerkrieg in Syrien bereits 7.000 Kinder zum Opfer. Das ist ein trauriger Alltag, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Kinder und Jugendliche sind vom Bürgerkrieg am stärksten betroffen. Die Kinder, die aus ihrer Umgebung und vielleicht aus ihren Familien gerissen und mit schrecklichen Erlebnissen konfrontiert werden, sind hoffnungslos und ohne Perspektive. Viele Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer kamen in den vergangenen Wochen und Monaten aus Syrien in die Bundesrepublik und ersuchten Asyl. In Mecklenburg-Vorpommern halten sich derzeit etwa 300 Menschen aus Syrien auf.

Die Bundesrepublik hat im März 2013 erklärt, wie Herr Minister ausgeführt hat, 5.000 besonders schutzbedürftige syrische Flüchtlinge vorwiegend aus dem Libanon aufzunehmen. Auf diesem Wege werden per Verteilerschlüssel in den nächsten Wochen circa 105 Flüchtlinge nach Mecklenburg-Vorpommern kommen können.

Die syrischen Flüchtlinge erhalten im Rahmen des Kontingents eine Aufnahmezusage und eine Aufenthaltserlaubnis. Etwa 0,25 Prozent, liebe Kollegen, und ich wiederhole das noch mal, 0,25 Prozent der Flüchtlinge, die sich bereits im Ausland befinden, können über das Kontingent in Deutschland aufgenommen werden. Es ist die Zahl der Menschen, die derzeit an einem Tag Syrien verlassen. Es sind ungefähr so viele Menschen, wenn man so vergleicht, wie im Schweriner Stadtteil Schelfstadt leben, oder fast die doppelte Einwohnerzahl der Insel Poel. Und das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf das gesamte Bundesgebiet verteilt.

(Udo Pastörs, NPD: Tja.)

Die gesetzlichen Möglichkeiten der Aufnahme und des Schutzes von Bürgerkriegsflüchtlingen sind damit aber bei Weitem nicht ausgeschöpft. Neben der Aufnahme von Kontingentflüchtlingen aus Syrien gibt es auf Grundlage des Aufenthaltsgesetzes auch die Möglichkeit des Familiennachzuges. Dafür wurde am 25. Juni 2013 im Bundestag der Beschluss gefasst, den Bundesländern das notwendige Einvernehmen hierfür zu erteilen. Die rechtliche Grundlage bietet Paragraf 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes. Das hat Frau Kollegin Gajek in ihrer Rede geschildert.

Der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat hierzu am 3. September, sprich am letzten Dienstag, über die Presse mitgeteilt, dass er für MecklenburgVorpommern eine Aufnahmeanordnung für den Zuzug von Familienangehörigen erlassen hat. Das begrüßen wir, Herr Innenminister. Die Bedingungen dieser Anordnung sind allerdings so streng, dass sie nur wenigen helfen können, denn die Aufnahmeanordnung ist an eine sogenannte Verpflichtungserklärung zur Übernahme sämtlicher Kosten durch die Angehörigen gebunden. Da sind aber ein paar Probleme.

Die Situation der Syrerinnen und Syrer in MecklenburgVorpommern sieht so aus, dass sie entweder Studenten oder selbst Flüchtlinge sind und über ein zu geringes Einkommen verfügen, um eine Übernahmeerklärung für die Kosten unterschreiben zu können. Problem zwei: Für jede nachzuholende Person muss eine gesonderte Erklärung unterschrieben werden. Das schließen die meisten Angehörigen wieder aus, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wenn durch eine Aufnahmeanordnung tatsächlich eine wirkungsvolle Hilfe erzielt werden soll, müssen die Bedingungen anders gestellt werden. In Paragraf 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes ist eindeutig formuliert, dass die Anordnung unter der Maßgabe erfolgen „kann“ – und das hat Frau Gajek gesagt und das ist eine Kannbestimmung –, dass eine Verpflichtungserklärung gemäß Paragraf 68 des Aufenthaltsgesetzes abgegeben wird.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist die Forderung, die im Antrag steht.)

Dies ist keine Bedingung. Das Land könnte demnach darauf verzichten und darauf hinwirken, dass auch andere Länder von der Verpflichtungserklärung absehen.

Gemäß Paragraf 23 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes haben die einreisenden Personen das Recht, einer Beschäftigung nachzugehen. Wir wissen aber alle, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt besonders für Migrantinnen und Migranten nicht so leicht ist.

(Udo Pastörs, NPD: Für Deutsche auch nicht.)

Mit einer entsprechenden Förderung kann der Arbeitsmarktzugang aber erleichtert werden. Dem dürfen wir uns nicht verschließen.

Wir, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und meine Fraktion, haben aufgrund der aktuellen Ereignisse einen Änderungsantrag vorgelegt und fordern das Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern auf, den Familiennachzug syrischer Flüchtlinge unabhängig vom Einkommen der hier lebenden Angehörigen zu ermöglichen. Es geht in unserem Antrag darum, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien Aufnahme und Schutz zu bieten. Es geht um einen humanitären Akt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern hat die Situation in Syrien in einer Presseerklärung vom Dienstag selbst als „besorgniserregend“ bezeichnet. Die Situation habe sich aber sehr „verschlechtert“. Und es stand dort zu lesen, ich zitiere: „Wir sind in der Pflicht, den täglich mehr werdenden Bürgerkriegsflüchtlingen zu helfen.“ Ende des Zitats. Tun Sie das, lieber Herr Minister Caffier! Er ist leider nicht da.

(Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch, er sitzt da auf der anderen Seite.)

Tun Sie das! Ich bitte Sie auch darum: Tun Sie das mit allen möglichen Mitteln! Und ich bitte die Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, dass sie unserem Antrag zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Al-Sabty.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „‚Syrien ist zur großen Tragödie dieses Jahrhunderts geworden – eine beschämende humanitäre Katastrophe mit Leid und Vertreibung in einem in der jüngeren Geschichte beispiellosen Ausmaß‘, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres. ‚Der einzige Trost ist die Menschlichkeit, die benachbarte Länder aufbringen, indem sie so viele Menschen aufnehmen und damit deren Leben retten.‘“ Das ist ein Zitat aus der „tageszeitung“ vom 04.09. unter der großen Überschrift: 6 Millionen Syrer auf der Flucht. Innen- und Außenflüchtlinge, die Zahlen haben wir eben schon gehört.

In der Tat, es ist eine große humanitäre Katastrophe, bei der man eigentlich nur konstatieren kann, dass die Staatengemeinschaft bislang auf ganzer Linie versagt hat. Und

wenn wir dann noch konstatieren, dass der G-20-Gipfel scheitern wird in der Frage, eine militärische Intervention Ja oder Nein, wird die Lage immer bedrohlicher, immer bedrohlicher. Und wenn wir hier von 6 Millionen Menschen reden und wissen, dass es 22 Millionen staatsangehörige Syrer überhaupt nur gibt, dann kann man sich diese Riesendimension mal so richtig vor Augen führen.

Einen Hinweis hat der Innenminister in diesem Zusammenhang schon gemacht, wir sprechen hier nicht über Asylpolitik Deutschlands oder Asylanten, Asylsuchende, sondern wir sprechen hier über Bürgerkriegsflüchtlinge und wir sprechen darüber, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Kontingent für gerade diese besonders schwer betroffenen Menschen aufgelegt hat, das bei Weitem nicht ausreicht, um der großen Herausforderung irgendwo gerecht zu werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen aber auch konstatieren, dass man nur innerhalb oder mit der Bundesrepublik Deutschland insgesamt weiterkommt. Wir können als ein Bundesland in diesem Gefüge viel wollen, wir müssen aber eine Einigung auf Bundesebene hinbekommen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und wir kriegen immer den Hinweis zu hören, dass ja nur so wenige Leute bis jetzt ankommen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist keine Erklärung. Das ist beschämend.)

Wenn man natürlich mal in Länder hineinguckt, wo die Flüchtlinge zuerst ankommen, nämlich die Nachbar- länder, dann kann man sich die Frage schnell beantworten, warum schaffen die es nicht, dann auch hier in Deutschland anzukommen und diese Kontingente auszuschöpfen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das liegt bestimmt an den Sozialdemokraten.)

Und ich glaube mal, das wird sich ändern. Es wird sich ändern in der nächsten Zeit und dann wird dieses Kontingent ganz schnell ausgeschöpft sein und dann wird auch ganz schnell darüber diskutiert werden müssen oder entschieden werden müssen, dass wir einen Schritt weitergehen müssen, dass wir wirklich einen Schritt weitergehen müssen.

Wir müssen uns zunächst darauf konzentrieren, dass wir wollen, oder vielmehr, wir bekennen uns dazu, natürlich wollen wir, dass wir möglichst vielen syrischen Flüchtlingen helfen können. Die Familienzusammenführung primär ist erst mal vollkommen richtig. Wir müssen zusehen, wenn die Leute hier ankommen, dass sie vernünftig behandelt werden, dass sie die Angebote bekommen, die sie brauchen, damit sie integriert werden können.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Und wir müssen auch in Richtung Europa, allerdings im Großen gedacht, tatsächlich zu gemeinsamen Lösungen, von denen der Innenminister vorhin gesprochen hat, kommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die sind unabdingbar.)

Das Beispiel Schweden, ich finde, das ist ein gutes Beispiel, da sind wir leider meilenweit von entfernt, meilenweit. Und ich fürchte, diese Öffnung werden wir nicht hinbekommen,

(Udo Pastörs, NPD: Hoffentlich nicht.)

nicht hinbekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Wir hoffen, dass es nicht kommt.)

Ich vermisse auch die, ich vermisse auch in Richtung G 20 und Amerika und Obama und Putin die Vermittlungsfunktion der Kanzlerin. Ist mir bis jetzt noch nicht wirklich aufgefallen. Sie ist aufgefordert worden,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Duckt sich.)

dieser Funktion und dieser Aufgabe verstärkt nachzukommen. Sie scheint es sehr verhalten zu tun. Man merkt da nichts von. Ich würde mir da wirklich,