Protocol of the Session on April 26, 2013

So, meine sehr geehrten Damen und Herren Katzenhalter, Nichtkatzenhalter, bitte Platz nehmen.

(allgemeine Heiterkeit)

Ja, ich wurde gerade daran erinnert, auch die Vogelbesitzer bitte.

So, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass wir gut gelaunt in den letzten Tag der Sitzungswoche gehen, und begrüße Sie zur 41. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 27: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung und Schließung bestehender Steuerschlupflöcher, auf Drucksa- che 6/1740. Hierzu liegen Ihnen zwei Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 6/1814 und 6/1815 vor.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung und Schließung bestehender Steuerschlupflöcher – Drucksache 6/1740 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1814 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1815 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Eifler für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Guten Morgen!

(Zurufe aus dem Plenum: Guten Morgen!)

Als der Ihnen vorliegende Antrag vor gut zwei Wochen der Landtagspräsidentin zuging, konnte wohl niemand ahnen, dass die Diskussion um Steuerhinterziehung, Steueroasen, Steuervermeidung eine weitere, für uns alle überraschende neue Facette hinzugewinnen würde.

(Michael Andrejewski, NPD: Facette ist gut!)

Das ist erfreulich und bedauerlich zugleich.

(Stefan Köster, NPD: Ihre Kumpels.)

Erfreulich ist, dass wir heute im Landtag ein sehr aktuelles, beinahe tagesaktuelles Thema diskutieren. Bedauerlich ist, dass wir diese Debatte überhaupt führen müssen, denn wir alle sind uns sicher darin einig, dass es besser wäre, wenn niemand seine Steuern hinterziehen oder jeder darauf verzichten würde, Steuern zu vermeiden, wo es nur geht.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Debatte, das führen uns die Medien jeden Tag vor Augen, ist dabei ausgesprochen vielschichtig. Es geht nämlich um zumindest zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, aber zum selben Ergebnis führen. Das eine ist eine Straftat, das andere ist das geschickte Anwenden von Gesetzen. Das Ergebnis ist in beiden Fällen, dass die Steuerlast gedrückt wird. Die rechtliche und auch die moralische Bewertung ist aber jeweils eine andere.

Sehr geehrte Damen und Herren, was ist Steuerhinterziehung im juristischen Sinne? Ich könnte Ihnen jetzt den Paragrafen 370 des Strafgesetzbuches vorlesen, darauf verzichte ich aber und fasse ihn kurz zusammen: Wer das Finanzamt über die Höhe seines Einkommens anlügt, der hinterzieht Steuern. Das ist eine Straftat und ich betone das an dieser Stelle besonders, weil Steuerhinterziehung in der öffentlichen Diskussion mitunter nur den Stellenwert einnimmt wie etwa Falschparken. Tatsächlich steht Steuerhinterziehung im strafrechtlichen Sinne ungefähr auf einer Stufe mit Diebstahl oder Körperverletzung, und das zu Recht.

Wer Steuern hinterzieht, schadet dem Staat, unserem Gemeinwesen. Dies ist nicht hinnehmbar. Etwas anderes hingegen ist die legale Steuervermeidung oder Steuerumgehung. Hier nutzen Findige die Lücken im deutschen Steuerrecht, vor allen Dingen nutzen sie aber die Möglichkeit internationaler Konzernverflechtungen. Das ist nicht verboten, aber es führt letztendlich dazu, dass der Staat auf wichtige Einnahmen verzichten muss, auf die er zur Finanzierung seiner Aufgaben und zur Unterhaltung des Gemeinwesens angewiesen ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, viele der geschätzten Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen dieses Landtages nutzen die sogenannten lüfterlosen Lesegeräte.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jawoll.)

Der eine oder andere hat solch ein Gerät vor sich auf dem Tisch liegen. Die meisten von uns verwenden ein Gerät von einem sehr bekannten Hersteller. Ich nehme mich da gar nicht aus, auch mein Lesegerät und mein Mobiltelefon sind von diesem Hersteller.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wissen Sie, wie viel Prozent Steuern dieser Konzern auf seinen Auslandsgewinn bezahlt? Ich sage es Ihnen: Es sind insgesamt nur 1,9 Prozent. Dieser Konzern ist kein Einzelfall und er handelt, soweit ich informiert bin, völlig legal.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in dem Antrag, der Ihnen vorliegt, werden beide Tatbestände genannt, die Steuerhinterziehung und die legale Steuervermeidung. Leider, und das wissen Sie ebenso gut wie ich, gibt es kein einfaches Rezept, um Steuerhinterzieher dingfest zu machen, ebenso wenig wie legale, aber unerwünschte Steuervermeidung zu begrenzen. Solange es Staaten gibt, die offensiv mit niedrigen Steuern oder verschwiegenen Banken locken, haben wir in Deutschland kaum eine Chance, das Problem nationalstaatlich zu lösen.

Dass Datendiebe Steuerhinterzieher beim Fiskus anschwärzen, führt zwar dazu, dass zufällig einzelne Sün

der auffliegen, dauerhaft kann sich ein Rechtsstaat solch ein Vorgehen aber nicht leisten. Wir müssen daher auf staatlicher Seite das tun, was wir tun können, um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Wir müssen uns zugleich aber auch darüber im Klaren sein, dass die wirklichen Schlachten auf internationaler Ebene geschlagen werden.

Ein einfaches, nachvollziehbares Steuerrecht, das Steuerschlupflöcher in Deutschland schließt, ist daher meines Erachtens ein ebenso richtiger Schritt wie das Einrichten einer Bund-Länder-Task-Force, die vorhandenes Wissen über illegale Steuervermeidungsstrategien in Deutschland bündelt und vernetzt. Eine solche Task-Force könnte zum Beispiel beim Bundeszentralamt für Steuern angedockt werden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zugleich muss auf internationaler Ebene alles dafür getan werden, dass sogenannten Steueroasen das Leben schwer gemacht wird und Konzerne weniger Möglichkeiten bekommen, ihre Steuerlast zu drücken, und dies mit gutem Grund. Deutsche Unternehmen, die davon profitieren, dass der Staat für Sicherheit sorgt, Infrastruktur bereithält und jungen Menschen eine erstklassige Ausbildung zukommen lässt, haben zumindest eine moralische Pflicht, in diesem Land auch in angemessener Höhe Steuern zu bezahlen. Wer dies bislang legal vermeidet, handelt zwar nicht ungesetzlich, ich bin mir aber sicher, dass dieser Zustand nicht ewig andauern wird. Wenn die heutige Debatte einen Beitrag dazu leistet, wäre schon viel gewonnen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Eifler.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Heike Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einerseits bedauere ich, dass ich heute zu diesem Antrag sprechen muss, denn es ist schon traurig, dass er überhaupt gestellt werden muss. Aber leider gibt es immer noch eine nicht unbedeutende Anzahl von Vermögenden, gefühlt eine wachsende Anzahl, die sich der Solidargemeinschaft entzieht, indem sie ihr Geld in sogenannte Steueroasen verlagern.

Daher freue ich mich andererseits auch, dass die Koalitionsfraktionen mit diesem Antrag gemeinsam ein klares Zeichen für die konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung setzen. Denn eine Gemeinschaft kann nur funktionieren, wenn die Lasten gerecht verteilt werden. Durch Steuerhinterziehung und Steuergestaltung entgehen dem Staat nach seriösen Schätzungen jedes Jahr Einnahmen in Milliardenhöhe. Womöglich könnten wir uns sogar die Debatten um die Wiederbelebung der Vermögenssteuer sparen, wenn alle Vermögenden aufrecht wären und ihren Teil zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten würden.

Doch als lebenserfahrene Frau habe ich mittlerweile die Hoffnung verloren, dass es reicht, in diesem Punkt an die Moral zu appellieren, denn während seit Jahren die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, entzieht sich ein Teil der Vermögenden nach wie vor seiner Verantwortung durch Steuerflucht. Und damit meine ich jetzt keineswegs nur die illegale Steuerhinterziehung, sondern auch legale Modelle, die beschönigend mit dem Begriff „Steueroptimierung“ belegt sind.

Besonders perfide dabei ist, dass bei diesen Modellen auch die Banken helfen, die zuvor mit dem Geld von ehrlichen Steuerzahlern gerettet wurden. Und daher halte ich es auch für gerechtfertigt, dass es Möglichkeiten gibt, mit denen dieses zutiefst unmoralische Verhalten sanktioniert werden kann. Im äußersten Fall auch durch Entziehung der Bankenlizenz. Wichtig ist hierbei vor allem die Zusammenarbeit.

Wenn die internationalen Beziehungen im Bereich der Finanzverwaltung ähnlich gut wären wie im Journalismus, dann müssten wir heute nicht über diesen Antrag diskutieren. Nur durch die weltweite Kooperation konnte die Masse an Daten überhaupt zielgerichtet verarbeitet werden. Daher will ich mich an dieser Stelle bei den Medien, in diesem Fall ausdrücklich beim NDR und der „Süddeutschen Zeitung“, bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch ist es allerdings so, dass die Recherchen nicht mehr gebracht haben, als erneut auf ein bestehendes Problem hinzuweisen. Daher hoffe ich auch, dass die Medien mit den Behörden zusammenarbeiten und uns die Daten zur Verfügung stellen. Die Landesregierung wird sich jedenfalls im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten dafür einsetzen, an diese Informationen zu kommen, um den Straftätern, und nichts anderes sind Steuerhinterzieher, beizukommen.

Ich habe es gerade angesprochen, internationale Kooperation muss in der Finanzverwaltung der Weg sein, um den Steuerkriminellen auf die Spur zu kommen. Der zwischenstaatliche Informationsaustausch …

(Ministerin Heike Polzin hustet.)

Entschuldigung! Das war ansteckend, Herr Ringguth.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, tut mir leid. Tut mir leid.)

… muss national und international effektiver gestaltet werden. Ein erster Schritt wäre es, die europäische Zinsrichtlinie auf alle Kapitaleinkünfte und alle natürlichen und juristischen Personen auszudehnen. Steuerhinterzieher müssen jederzeit mit der Gefahr rechnen, überführt zu werden. Der automatische Auskunftsaustausch im Bereich der Finanzanlagen muss daher weltweit zum Standard werden.

In ihrer Abschlusserklärung haben die G-20-Finanzmi- nister am vergangenen Wochenende ein solches Vorgehen angekündigt. Die Landesregierung kann dieses Vorhaben nur unterstützen.

Als Finanzministerin begrüße ich ausdrücklich eine wei- tere Ankündigung von Bundesfinanzminister Wolfgang

Schäuble. Vor wenigen Tagen hatte er erklärt, in Steuerabkommen mit anderen Ländern künftig Regeln festschreiben zu wollen, die eine Gewinnverlagerung in Steueroasen erschweren. Ein entsprechendes Musterabkommen ist in seinem Haus bereits erarbeitet worden. Allerdings reicht es meiner Meinung nach bei Weitem nicht aus, nur zukünftige Besteuerungsabkommen derart zu regeln. Auch die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen müssen neu verhandelt oder gegebenenfalls ausgesetzt werden, wenn Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werden soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider ist das noch Zukunftsmusik. Ankündigungen haben wir schon manche gehört, nun muss es auch getan werden. Ich hoffe, dass auf Bundesebene durch die aktuellen Enthüllungen weiter Bewegung in diese Richtung kommt. Solange dies nicht der Fall ist, sehe ich die Länder weiter in der Pflicht, alles zu unternehmen, um Steuerhinterziehung aufzudecken. Dazu gehört ganz klar auch der Ankauf von Steuer-CDs.