Protocol of the Session on March 21, 2013

Und auch, wenn es draußen so aussieht, als wenn wir uns um Neujahr bewegen, es ist so, dass wir mittlerweile März haben, und so viele Tage mehr müssen Frauen arbeiten,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

um am Ende genauso viel zu haben wie Männer. Und deshalb gibt es diesen Equal Pay Day, um auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Und es wurde ja schon von den Rednern der demokratischen Fraktio

nen, auch Rednerinnen, gesagt, der Unterschied in der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beträgt deutschlandweit 22 Prozent. Die Lohnlücke ist in Ostdeutschland wesentlich geringer als in Westdeutschland, was auch damit zu tun hat, dass die Möglichkeiten in Ostdeutschland, Beruf und Familie zu vereinbaren, die Möglichkeiten für Frauen überhaupt, mehr zu arbeiten, das hat damit zu tun, das ist was Positives. Aber es gibt auch Schatten. Denn der Unterschied zwischen Männern und Frauen in Ostdeutschland ist in der Lohnlücke auch deshalb nicht so groß, weil eigentlich beide schlecht verdienen. Das gehört zur Wahrheit dazu.

In meinen Augen gibt es drei Problembereiche, warum diese Lohnlücke von 22 Prozent so groß ist. Der eine Problembereich ist, dass Frauen immer noch weniger arbeiten als Männer, weil sie weniger die Möglichkeit haben durch deutschlandweit noch nicht optimale Betreuungs- und Bildungsangebote für ihre Kinder. Es sind eben die Frauen, die im Zweifel zu Hause bleiben, die Kinder erziehen. Es sind im Zweifel die Frauen, die zu Hause bleiben und aussteigen wegen pflegebedürftiger Angehöriger. Und wenn Frauen arbeiten, dann sind sie eher diejenigen, die Teilzeit arbeiten, als die Männer, die eher vollzeitnah arbeiten. Und dadurch entsteht schon strukturell ein großer Unterschied zwischen Frauen und Männern.

Und dann gibt es halt noch die zweite Säule als Problembereich. Das ist das, was auch schon angesprochen worden ist, dass der Beruf, in dem Frauen arbeiten, eher schlechter bezahlt wird als bei Männern. Klassisches Beispiel: Erzieherinnen, Pflegeberufe sind sehr frauendominiert, Verkäuferinnen, die werden schlechter bezahlt als die Männer, die im Industriebereich, zum Beispiel bei uns in den Werften, arbeiten, obwohl doch alle beteuern, dass gerade die Berufe von Erziehern und Pflegern so wichtig sind.

Und die dritte Säule ist für mich so eine Art Blackbox. Das sind die verbleibenden 7 Prozent von den 22 Prozent, wo das Deutsche Institut für Wirtschaft auch sagt, dafür gibt es keine rationale Erklärung. Für diese 7 Prozent gibt es also nicht die Erklärung, dass Frauen die Möglichkeit haben, weniger Stunden zu arbeiten oder schlechter bezahlt werden in Berufen, sondern das ist der echte Unterschied. Und der kommt dadurch zustande, dass es das gibt in Deutschland, dass Frauen weniger bekommen trotz gleicher Qualifikation und gleichen Jobs.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und gerade in Berufen, wo man über Gehalt frei verhandelt, kommt das vor. Und wenn man zum Beispiel mit Frauen, die selbstständig sind, spricht, zum Beispiel habe ich letztens mit einer Frau gesprochen, die Veranstaltungen moderiert, die sagt, sie weiß, weil sie hinterher ehrlichkeitshalber von ihren Mitstreitern, den männlichen Moderatoren, gesagt bekommen hat, was die bekommen, dass ihr Honorar einfach kleiner verhandelt worden ist. Das gibt es. Und deswegen, glaube ich, muss man mit verschiedenen Instrumenten ansetzen, um alle drei Säulen sozusagen möglichst kleinzuhacken, dass die Lohnlücke sich irgendwann schließt.

Und wie kann man das machen? Das Erste ist vollkommen klar. Wir brauchen so gute Infrastruktur, dass die Möglichkeit besteht für Männer und Frauen, Beruf und

Familie zu vereinbaren und möglichst vollzeitnah zu arbeiten. Und dazu braucht man eine gute Infrastruktur. Die haben wir in unserem Land, wir haben darüber gestern gesprochen. Und das ist auch der Grund, warum die Lohnlücke in Mecklenburg-Vorpommern noch mal auch unter ostdeutschem Schnitt liegt, nur bei vier Prozent, weil einfach bei uns die Frauen die Möglichkeit haben, Beruf und Familie zu vereinbaren.

(Stefan Köster, NPD: Weil die Löhne generell sehr niedrig sind in Mecklenburg-Vorpommern.)

Und ich habe es gestern gesagt, Mecklenburg-Vor- pommern ist bundesweit Spitzenreiter, wenn es darum geht, dass wir eben auch Ganztagsangebote machen. Davon sind andere Bundesländer weit entfernt.

Und, lieber Herr Ritter, ich bin völlig bei Ihnen,

(Udo Pastörs, NPD: Bei Ihnen.)

dass wir auch um die Randzeitenbetreuung, -bildung kämpfen müssen. Ich finde, es gibt unheimlich gute Beispiele. Beispiel der Landeshauptstadt Schwerin, die ja mittlerweile deutschlandweit bekannt ist, ist die sogenannte 24-Stunden-Kita. In Bayern, bei der CSU, muss man immer noch mal klären, dass die Kinder nicht 24 Stunden in die Kita gehen, das ist vollkommen klar, sondern dass es darum geht, für die Ärztin, die sich entschieden hat, aus Österreich nach Schwerin zu ziehen und hier am Klinikum zu arbeiten, dass es für die dadurch möglich ist, den Schichtdienst zu absolvieren, genauso wie für den Altenpfleger oder für Branchen, die eben einfach Schichtdienste erfordern, gegen die wir auch nichts tun können und wollen, denn, ich glaube, wir sind uns einig, dass Pflege und medizinische Versorgung rund um die Uhr stattfinden müssen.

Allerdings kommen wir an Grenzen. Und da sage ich auch ganz klar als Arbeits- und Familienministerin: Nicht nur die Familien müssen immer flexibler werden, sondern die Arbeitswelt muss familienfreundlicher werden. Deswegen müssen wir auch ganz vorsichtig damit sein zu sagen, wir müssen mit Betreuungsangeboten sicherstellen, dass wir ungefähr alle rund um die Uhr für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Ich sehe das zum Beispiel im Verkäuferbereich sehr kritisch. Ich finde nicht, dass Läden bis 22 Uhr und sonntags aufhaben müssen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Jochen Schulte, SPD)

Da sollten die Familien füreinander Zeit haben. Deswegen müssen wir da in einen guten Spagat gehen.

Ich habe jedenfalls vor, die Frage von Randzeitenbetreuung weiter zu fördern. Das sind Pläne, die wir derzeit überlegen, zum Beispiel über den europäischen Sozialfonds. Da gab es ja Kritik vom Unternehmerverband, was ich nicht ganz verstanden habe, weil die Unternehmen selbst uns bitten, so etwas zu unterstützen. Sie kennen ja die Kritik von Herrn Trepte. Und ich war sehr enttäuscht, dass, nur um blind wieder mal gegen die Landesregierung zu schießen, gerade Herr Foerster die Kritik aufgenommen hat.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das ist falsch.)

Ich bin sehr stolz darauf, wenn ich Kritik erhalte, dass wir zu viel für Beruf und Familie tun. Ich glaube, das kann nicht schlecht sein. Insofern, wenn es Ihnen am Herzen liegt, Herr Ritter, wäre es schön, wenn Ihre Fraktion diese Bemühungen mit unterstützt.

Ein weiterer wichtiger Punkt, hier wird ja immer infrage gestellt, wie läuft das mit der Finanzierung. Ich will sagen, dass das Land für die Ausstattung, die finanzielle Ausstattung, zehn Stunden durchfinanziert. Und das, denke ich, ist ein gutes Zeichen, dass es uns darum geht, Ganztagsplätze anzubieten. Insofern tragen auch die Vorwürfe, dass diese Sachen nicht ausfinanziert wären, nicht. Es kann aber auch sein, dass die Leute, die hier einen Vorwurf machen, es gar nicht wissen, wie wir das überhaupt finanziell unterlegen.

Also, wichtige Botschaft: Vereinbarkeit Beruf und Familie weiter stärken. Das tun wir. Wir haben das insbesondere noch mal in dieser Legislaturperiode untersetzt mit der Elternentlastung. Und dazu will ich was sagen. Warum ist es so wichtig? Nicht, weil es um Wahlgeschenke für Mütter und Väter ging, die Krippengebühren um 100 Euro zu senken, sondern weil, und darauf hat unser Ministerpräsident schon als Sozialminister hingewiesen, es einfach in unserem Bundesland so ist, dass die Löhne kleiner sind und dass spätestens dann, wenn ich alleinerziehende Mutter bin und in der Tourismusbranche arbeite oder jedenfalls einen Job habe, wo ich vielleicht 900, 1000 Euro mit nach Hause bringe, wenn ich alleinerziehend bin, und denn auch noch die Krippengebühren von 250 Euro plus 50 Euro Essengeld bezahle, dann habe ich unterm Strich fast so wenig, als wenn ich gar nicht arbeiten gehen würde. Und da haben wir einfach gesagt, da wollen wir uns anstrengen, Sie wissen alle, am liebsten gebührenfrei, aber es muss Geld für Qualität und Vereinbarkeit geben. Deswegen haben wir gesagt, da, wo die Leute wieder in den Beruf nach der Elternzeit einsteigen, wenn dann ihr Kind zur Tagesmutter oder in die Krippe geht, da wollen wir noch mal diese Gebühren absenken, damit einfach der Anreiz und der Fleiß, den die Leute mitbringen, sich anzustrengen, arbeiten zu gehen und das alles unter einen Hut zu kriegen, dass das honoriert wird.

Und wenn dann diese Elternentlastung gerade von denen, die hier immer für mehr Unterstützung für Frauen stehen, wie Frau Gajek oder auch die Linkspartei, Frau Bernhardt, ich nehme Ihnen das persönlich ab, aber wenn gerade Sie, nur um irgendwas rumzukritteln, diese Elternentlastung kritisieren, einmal Frau Gajek …

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Habe ich gestern gar nicht gemacht, Frau Schwesig.)

Ich rede ja nicht nur über gestern. Um gestern geht es gar nicht, das war ja alles sehr harmlos.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist die Befürchtung, dass das Geld bei den Eltern nicht ankommt.)

Wenn Sie so viel Respekt vor Frauen haben, dann lassen Sie mich doch einfach ausreden.

Wenn Frau Gajek im Sommer letzten Jahres behauptet hat, na ist ja schön, dass man da für Eltern Wahlgeschenke verteilt, aber wir müssen in die Qualität investieren, und wenn Frau Bernhardt tatsächlich einen Besuch

macht bei der Volkssolidarität und dann geschrieben wird, ein Problem sei die Elternbeitragssenkung für Krippenkinder im Jahr 2012, diese Beitragssenkung empfänden die Erzieherinnen als Geringschätzung ihrer Arbeit, dann muss ich sagen, Sie haben nicht verstanden, um was es geht.

Diese Elternbeitragsentlastung, nur weil sie nicht von Ihnen kommt,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich habe die Meinung der Erzieherinnen wiedergegeben, Frau Schwesig. Gehen Sie doch mal raus und fragen Sie bei den Erzieherinnen nach! Ich war da und habe nachgefragt.)

sondern weil sie von der Großen Koalition kommt, schlecht- und kleinzureden, ist höchst peinlich. Worum geht es denn bei diesen 100 Euro? Dass Eltern Beruf und Familie vereinbaren können und wir wollen, dass die Erzieherinnen besser verdienen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Also nein!)

Und wenn sie besser verdienen, werden die Gebühren steigen. Und mit unseren 100 Euro werden wir dagegenwirken.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wie viele sind denn da noch übrig von der Elternbeitragssenkung? 50 Euro, 60 Euro?)

Das ist ganz praktische Politik für die Frauen in unserem Land. Und wenn es Ihnen um die Frauen geht, dann unterstützen Sie die Politik und reden Sie sie nicht immer schlecht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Da muss ich ganz ehrlich sagen, zwischen SPD und CDU gibt es viele Meinungsverschiedenheiten,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

wie weit man auch gesetzlich die Entgeltgleichheit unterstützen soll. Und da vertritt die CDU die Auffassung, mehr freiwillige Vereinbarungen, Tarifautonomie. Wir vertreten eher als A-Seite sozusagen, auch in der Regierung und in der Fraktion, nein, wir brauchen klare gesetzliche Regelungen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist aber legitim. Darüber kann man streiten.

Aber ich muss mal eins sagen: Wenn es um die Frage geht, Vereinbarkeit, dann habe ich manchmal das Gefühl, dass die CDU eher über ihren Schatten springt und sagt, wir sind bereit, mit den Sozis was zu machen, weil es den Leuten dient, als GRÜNE und Linkspartei, nur weil es Ihnen um ein bisschen parteipolitisches Gezänk geht. Das finde ich ehrlich gesagt oberpeinlich.

(Beifall Rainer Albrecht, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und deswegen bedanke ich mich bei den Regierungsfraktionen, denn die Lohnlücke bei uns ist so klein, weil

wir in dieser Frage Vereinbarkeit ganz vorne stehen. Und ich finde, dass wir das auch positiv herausstellen müssen, Herr Ritter,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dann tun Sie das!)

denn wir haben doch deutschlandweit derzeit eine total peinliche Debatte, wenn es um das Betreuungsgeld geht. Da geht es doch wieder darum, dass uns andere einreden wollen, wir, die hier in der DDR sozialisiert sind, würden unsere Kinder einfach nur irgendwie abgeben wollen,

(Udo Pastörs, NPD: Nicht wollen, sondern müssen. Das ist das Schlimme. Müssen!)