Protocol of the Session on March 21, 2013

Frauen werden trotz bester Ausbildung auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf dem Arbeitsmarkt benachtei- ligt, und das ist ein Fakt. Und ob man nun jetzt 20 Prozent oder bereinigte nur – also das ist der reine Hohn –

7 Prozent im direkten Vergleich hier Unterschied hat, das ist vollkommen gleichgültig.

Entstanden ist der Tag für gleiche Bezahlung in den USA. Dort wurde er 1988 bereits eingeführt oder ins Leben gerufen, um auf diese bestehenden Lohnunterschiede, die ja weltweit zu verzeichnen sind, hinzuweisen. In Deutschland hat man diesen Gedanken 2007 aufgegriffen. Und 2008 wurde das erste Mal hier der Equal Pay Day begangen – so nenne ich das mal –, denn von Feiern kann da wirklich nicht die Rede sein bei diesem Trauerspiel.

Es nahmen seinerzeit bereits beim ersten Tag 6.000 Frauen und Männer an rund 40 Aktionen und Veranstaltungen in 25 Städten teil. 2011 waren es bereits über 90.000 Frau- en und Männer in rund 370 Veranstaltungen in 250 Städten und Gemeinden. 2009 wurden die Initiatorinnen dieses Tages in Deutschland, die „Business and Professional Women – Germany“, als Initiatorinnen, wie gesagt, des Tages ausgezeichnet, als Ort im Land der Ideen. Zum Equal Pay Day im letzten Jahr fanden bundesweit bereits mehr als 760 Aktionen statt. Also es ist ein Schneeball, der sich da weiterentwickelt, und man könnte fast vermuten, dass der auch ein bisschen Wirkung zeigt, weil der Equal Pay Day, der errechnet sich seit 2.900 – seit 2009 …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Seit 2009 errechnet sich das Datum des Equal Pay Days aus aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes und ist damit der Tag, bis zu dem Frauen im Schnitt länger arbeiten müssen, um rein rechnerisch genauso viel Geld zu verdienen wie die Männer bereits am Ende des Vorjahres, also was die Männer am 31.12. des Vorjahres verdient haben. Dafür müssen die Frauen im Schnitt einige Monate länger arbeiten. Ursprünglich war für dieses Jahr der 25. März geplant, also das wäre nächste Woche Montag, aber aufgrund aktueller Zahlen konnte er auf den 21. März vorgezogen werden. Man könnte sagen, ein toller Erfolg, aber es ist ja kaum messbar.

Schwerpunkt des Aktionstages 2013 für gleiche Bezahlung für Frauen und Männer ist die Lohnsituation in den Gesundheitsberufen. Das finde ich ganz besonders wichtig. Wir sprechen hier viel über unsere zukünftige Ausrichtung auf dem Gesundheitsmarkt, im Pflegebereich und so weiter. Unter dem Motto „Viel Dienst – wenig Verdienst“ geht es darum, nachhaltige Lösungen für einen Berufszweig aufzuzeigen, der in unserer alternden Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt, dessen überwiegend weibliche Beschäftigte aber nach wie vor am unteren Rand der Gehaltsstatistiken zu finden sind. In der Gesundheitsbranche sind die Verdienstmöglichkeiten für Frauen vergleichsweise schlecht. So arbeiten medizinische Fachangestellte und Altenpflegerinnen beispielsweise für einen wesentlich niedrigeren Stundenlohn als Speditionskaufmänner oder Müllwerker, ja sogar für weniger als ungelernte Straßenfeger.

Alarmierend ist die Situation besonders bei den Hebammen. Das Problem haben wir schon öfter angesprochen. Da gibt es ganz große Bedarfe. 70 Prozent aller angestellten Hebammen werden in Teilzeit beschäftigt und müssen praktisch durch andere Tätigkeiten, also freiberuflich, noch zusehen, dass sie so viel Geld auf Honorarbasis verdienen, damit sie wirtschaftlich einigermaßen über die Runden kommen. Und ich finde, bei der Wichtigkeit dieses Berufs ist das eine sehr traurige Bilanz.

Und selbst im relativ gut bezahlten Arztberuf gibt es geschlechterspezifische Ungleichheiten. Während unter den Chefärzten vor allem Männer zu finden sind, arbeiten Ärztinnen meist als Stationsärztinnen und sehen ungünstigen Entwicklungsperspektiven entgegen, beim beruflichen Aufstieg ebenso wie beim Erwerbseinkommen. Dazu kommt auch noch, dass in den besonders gut dotierten Fachrichtungen überwiegend Männer zu finden sind, während die Fachrichtungen mit hohem Frauen- anteil, wie bei den Kinderärztinnen oder auch Gynäkologinnen, über deutlich schlechtere Honorare verfügen.

Insgesamt ist also tatsächlich zu resümieren, dass zwei Drittel der statistischen Lohnlücken von durchschnittlich 22 Prozent – und wir sprechen hier von den Statistiken und nicht von den bereinigten Lohnlücken – durch die schlechtere Bewertung und Bezahlung frauendominierter Berufe oder den hohen Anteil von Frauen im Niedriglohnsektor natürlich entstehen. Darüber hinaus fehlen Frauen in bestimmten Branchen und Berufen und in Führungspositionen oft vollkommen. Rund ein Fünftel aller erwerbstätigten Frauen sind aber mittlerweile die Familienernährerinnen, sodass das in keiner Weise gerechtfertigt ist und so was von nicht zukunftsweisend ist, wie man das schon kaum noch ausdrücken kann. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Lohnunterschied zwar wesentlich geringer, im direkten Vergleich stimmt das aber auch nicht unbedingt. Auch da haben wir ganz hohe Verwerfungen. Und man muss natürlich bedenken, das liegt insgesamt auch daran, dass wir auf einem relativ niedrigen Lohnniveau uns hier befinden.

In Mecklenburg-Vorpommern ist Gleichstellung eine Querschnittsaufgabe, die sich dieser Problematik in vielfältiger Weise annimmt. Die Arbeitsministerin wird dazu noch ausführlich Stellung nehmen.

Es ist also auch in der Tat ein bisschen Symbolik dahinter, wenn wir diesen Antrag hier heute einbringen – ein Antrag, der diese Aktivitäten und diese Bemühungen der Landesregierung noch verstärken soll. Gute Bildung und eine gute Berufsorientierung von Anfang an sind Grundvoraussetzungen dafür, berufswahlbedingte Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zu vermeiden. Obwohl die Berufswahl das eine ist, ist die Honorierung von Arbeit was ganz anderes, weil wie Arbeit bewertet wird, das ist bei uns manchmal ja wirklich äußerst zweifelhaft. Ich habe vorhin in meinem Beispiel ja schon drauf hingewiesen.

Fachkräften beiderlei Geschlechts steht eine angemessene und gleichwertige Bezahlung ihrer Arbeitsleistung zu, die steht ihnen ganz einfach zu, und das in Ostdeutschland genau wie in Westdeutschland. Und auch die Unterschiede zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland sind nicht gerechtfertigt.

Das Bündnis für Arbeit bei uns im Land ist geeignet, aktiv auf die Arbeitgeberinnen- und Arbeitgeberseite im Land einzuwirken, damit die in einigen Branchen erheblichen Einkommensunterschiede nivelliert werden.

Und nicht zuletzt sind die Weiterbildung und die Qualifizierung von Frauen, gleiche und für beide Geschlechter gerechte Bezahlung sowie eine moderne Familienpolitik, die darauf ausgerichtet ist, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu verbessern, wichtige Bausteine dafür, Mecklenburg-Vorpommern zu einem noch attraktiveren Bundesland zu entwickeln und drohendem Fach

kräftemangel zu begegnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Tegtmeier.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Ritter für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass die Farbe des Equal Pay Days rot ist,

(allgemeine Heiterkeit – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und ich finde es gut, dass die Abgeordneten meiner Fraktion das ebenso sehen. Und ich muss Ihnen auch sagen, ich hätte es auch gut gefunden, wenn wir die beiden Anträge zum gleichen Thema in einer verbundenen Aussprache behandelt hätten – nun gut.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das war nicht gewollt.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich müssten Sie schon auf dem Weg nach Stralsund sein,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, zur feierlichen Vergabe des „Schlusslichts“, das der Landesbezirksfrauenrat ver.di Nord seit 2012 einmal jährlich an Persönlichkeiten des politischen Lebens vergibt, „die...“ – ich zitiere – „in besonderer Weise Verantwortung für die ungleichen Arbeitsbedingungen von Frauen und Männern tragen“, Zitatende. Aber Sie sitzen hier noch seelenruhig, obwohl das „Schlusslicht“ in diesem Jahr an Ihre Chefin geht, nämlich an Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Aber wie ich sehe, wollen Sie diesem feierlichen Ereignis nicht beiwohnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Aber es bleibt ja noch ein bisschen Zeit. Wenn Sie sich beeilen, kriegen Sie es hin und sind um 14.00 Uhr vorm Wahlkreisbüro der Kanzlerin.

Oder wollten Sie etwa die Debatte zum Thema Gleichstellung hier im Landtag noch vollständig mitbekommen? Dann wäre das sehr löblich. Vielleicht können Sie ja noch etwas lernen.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: Lernen. Von Ihnen?!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Kollege Waldmüller, Ihre Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bekommt den von ver.di initiierten Preis, weil in ihrem Wahlkreis auf der Insel Rügen bundesweit die niedrigsten Entgelte gezahlt werden. Fast die Hälfte der vollzeiterwerbstätigen Frauen auf der Insel Rügen erhalten Löhne, die nur knapp oberhalb oder sogar unter der Armutsgrenze liegen.

(Stefan Köster, NPD: Was für ein Parteibuch hat denn die ehemalige Landrätin da?)

Das ist ein trauriger Rekord, meine Damen und Herren. Und es wundert mich eigentlich nicht, dass dieser in einer CDU-dominierten Region zu verzeichnen ist.

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Dass Sie diese unangenehmen Tatsachen gerne verschweigen oder sie sogar noch schönreden, zeigt der vorliegende Antrag.

Im Absatz 2 Ihres Antrags sprechen Sie von der Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern in Mecklenburg-Vorpommern als eine positive Tatsache, weil die Lücke hierzulande ja geringer ist als im Bundesdurchschnitt. Dies so darzustellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist unverantwortlich. Das ist ein Schönreden, das in keinem Verhältnis zur Realität im Land steht.

Die Einkommenslücke in Mecklenburg-Vorpommern liegt bei etwa 7 Prozent und ist damit auf den ersten Blick natürlich geringer als der Bundesdurchschnitt von rund 22 Prozent. Aber Statistiken müssen auch richtig gelesen werden und richtig dargestellt werden. MecklenburgVorpommern ist das Land mit den bundesweit niedrigsten Löhnen. Das erwähnen Sie beiläufig und ohne Wertung am Ende des Absatzes. Die geringere Einkommensschere bedeutet nicht, dass sich die Frauen- und Männergehälter nach oben annähern,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, sie nähern sich nach unten an.)

wie Ihr Antrag zu verstehen gibt, sondern umgekehrt: Die Männer nähern sich auf der Einkommensspirale nach unten den Gehältern der Frauen an. Das ist die Realität in Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

In der Überschrift Ihres Antrages ist die Rede lediglich von Gleichberechtigung. Da kommt einem sofort der Verdacht, dass die Antragschreiberinnen und Antragschreiber nicht verinnerlicht haben, was „Gleichstellung“ und „Gender Mainstreaming“ eigentlich bedeuten. Es vermittelt den Eindruck, dass Sie etwas halbherzig an den Antrag herangegangen sind, und diesen Eindruck bin ich auch bis zum Schluss des Lesens des Antrages nicht losgeworden.

„Gleichberechtigt“, liebe Kolleginnen und Kollegen, heißt eben nicht automatisch „gleichgestellt“. Im besten Fall bedeutet es, jede und jeder hat die Möglichkeit oder das Recht, das Gleiche zu bekommen. Bei unterschiedlichen Voraussetzungen oder Rahmenbedingungen sind die Betroffenen dann aber immer noch nicht gleichgestellt, weil die Nachteile, die meistens im System stecken, damit nicht behoben wurden und eine bloße Gleichbehandlung die Unterschiede nicht beseitigen kann. Das heißt zum Beispiel: Frauen sind gleichberechtigt, in Führungspositionen tätig zu sein. Warum sind sie es dann nicht in einem stärkeren Maße, wenn die Qualifizierung doch stimmt?

Angehenden Studierenden steht es frei, naturwissenschaftliche Fächer an Universitäten zu wählen. Warum wählen aber nur wenige Frauen einen naturwissenschaftlichen Beruf, wenn sie doch die Eignung dafür besitzen und alle Voraussetzungen erfüllen?

Es geht also nicht nur um Gleichberechtigung, sondern um eine aktive Gleichstellung, die Nachteile zwischen Frauen und Männern, Mädchen und Jungen behebt und Geschlechtergerechtigkeit in allen Lebensbereichen

herstellt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Grundsätzlich unterstützen wir, dass Gleichstellung als steter Auftrag begriffen wird. Aber diesen Auftrag hat sich die Landesregierung schon mit der Gleichstellungskonzeption im Jahre 2000 gegeben. Es besteht also keine Notwendigkeit, dies gebetsmühlenartig zu wiederholen oder neu zu beschließen. Es liegt einfach nur daran, dass Sie das immer wieder tun, wenn es darum geht, sich selbst lobzupreisen.

Es ist vielmehr notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen, an der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern zu arbeiten und tatkräftig voranzuschreiten, Ideen zu bringen und diese umzusetzen. Von all dem kann ich in Ihrem Antrag zu diesem Thema nichts finden. Ein ernsthaftes Anliegen bleibt der Leserin und dem Leser verborgen. Der vorliegende Antrag unterstützt Bestehendes wie den Girls’Day. Das tun wir auch.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Allerdings bedarf es dazu keiner Aufforderung im Landtag, zumal die Landtagsfraktion DIE LINKE den Girls’Day seit Jahren kontinuierlich durchführt und dazu Schülerinnen einlädt, was man von all den anderen Fraktionen so nicht immer behaupten kann.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir auch. – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir machen das.)

Ja, ich habe ja keine besonders genannt,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nee, alle anderen.)