Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Wesentliches zu Ihrem Antrag. Das Anliegen hatten Sie ja bereits in der Begründung aufgeschrieben, noch mal untersetzt durch die mündliche Rede von Ihnen, Herr Kollege Jaeger. Ich sage gleich zu Beginn: Wir unterstützen Ihren Antrag. Wir teilen das Anliegen und es ist deshalb für uns völlig klar, dass wir dem Antrag auch zustimmen.
Der Überschrift stimmen sicherlich auch alle anderen demokratischen Fraktionen zu. Allerdings, wie sich nun zeigt, eine Zustimmung zum Antrag insgesamt wird es also nicht geben.
Die Feststellungen, die Sie in Ihrem Antrag beschließen lassen wollen unter Punkt 1, kann ich eins zu eins unterschreiben. Auch wir halten die vom Bundesumweltminister vorgeschlagene in der Öffentlichkeit so genannte Strompreisbremse insgesamt für den falschen Weg. Sie verunsichert Investoren, egal ob große oder kleine, und ich habe gelernt, dass das zum Schlimmsten gehört, was man in der Marktwirtschaft tun kann. Wie oft haben wir Kolleginnen und Kollegen der CDU und in der vergangenen Wahlperiode auch von der FDP sagen hören, dass sich das scheue Reh, das Kapital, in solcher Situation zurückhält?!
das braucht gar nicht aufgeknotet zu werden, das muss einfach vom Tisch, weil damit wird die Strompreisbremse der Herren Rösler und Altmaier ganz folgerichtig, auch wenn es einzelne zustimmungsfähige Punkte gibt, zu einer Bremse für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Aber, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es vorhin auch ausgeführt, Herr Jaeger: Wir sind bei Strom bei noch nicht ganz 25 Prozent aus erneuerbaren Quellen, noch gar nicht zu reden vom Wärmesektor oder vom Verkehrssektor. Also es ist einfach fahrlässig, dermaßen auf die Bremse zu treten, wenn das Ziel 80 Prozent im Jahr 2050 erreicht werden soll,
es sei denn, man will sich von den Zielen insgesamt verabschieden. Durch die Bank alle, die in Politik und Wirtschaft etwas zu sagen haben, verneinen das, Herr Rösler auch, wenn er ins Mikrofon oder in die Kameras spricht. Wenn er unter seinen FDP-Kollegen ist und seine Ziele intern verkündet, wird er schon deutlicher. Da rutscht ihm schon mal raus, dass wir nach seiner Auffassung schon genug grünen Strom haben.
Aber nun zum Antrag. Eine Deckelung der EEG-Umlage, wie sie errechnet wird, ohne am System etwas zu ändern, führt dazu, dass sich der Topf der EEG-Umlage leert. Dann gibt es für neue Anlagen keine Einspeisevergütung und es ist sogar zu erwarten, dass es für bestehende Anlagen eng wird mit der Vergütung. Vergütungskürzungen sind ja ohnehin geplant. Ich frage allerdings: Wo bleibt dann der Vertrauensschutz? Und weiter: Welche Bank hat dann noch den Mut, bei solchen Risiken Projekte der Erneuerbaren zu finanzieren?
Statt die Energiewende zu befördern, würde diese zum Erliegen kommen. Und ich prophezeie Ihnen, selbst dann würden die Strompreise nicht sinken. Als Beruhigungspille hat Herr Altmaier im zähen Ringen mit dem Wirtschaftsminister die Abschaffung von Industrieprivilegien in Höhe von 700 Millionen Euro versprochen. Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass es überhaupt so kommen wird, denn die Betroffenen laufen Sturm dagegen. Doch selbst wenn, 700 Millionen Euro sind bei den bisherigen Milliardensummen an Entlastung für die stromintensiven Unternehmen zu wenig.
Arepo Consult, eine Berliner Beratungsfirma, die sich auf Themen der Erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz
und der Klimapolitik konzentriert, befasst sich seit mehreren Jahren mit Analysen zu den Auswirkungen von gesetzlichen Regelungen im Rahmen der Energiewende. Die haben gerade eben eine Studie verfasst mit dem Titel „Befreiungen der energieintensiven Industrie in Deutschland von Energieabgaben“, Abschätzungen für 2013, ein sehr interessantes Material. Ich kann Ihnen allen das nur empfehlen.
Arepo hat errechnet, dass Industrierabatte bei Beibehaltung der gültigen Regelungen circa 16 Milliarden Euro ausmachen. Dabei gehen 39 Prozent zulasten des Bundeshaushaltes, 22 Prozent gehen Kommunen verloren und 39 Prozent müssen die sogenannten nicht privilegierten Stromverbraucher tragen. Allein im EEG liegen die Rabatte bei 5,5 Milliarden Euro. Dagegen sind die 700 Millionen Euro inakzeptabel niedrig.
Wie die GRÜNEN ist DIE LINKE der Meinung, dass die Entlastung der Industrie auf ihren ursprünglichen Zweck zurückgeführt werden muss. Ungerechtfertigte Privilegien gehören ganz einfach abgeschafft. Mehrfachbefreiungen von EEG-Umlage, von Netzausbaubeiträgen, das Eigenstromprivileg und so weiter haben nur eins zur Folge: Die Strompreise für jeden normalen Stromkunden und kleine Unternehmen steigen und steigen. Wer Stromkunden wirklich von hohen Energiepreisen entlasten will, der muss an diese ausufernden Privilegien heran, und er muss auch nach unserer Auffassung an die Stromsteuer ran. Beides hat meine Fraktion während der letzten Landtagssitzung beantragt, das ist abgelehnt worden, auch von Ihnen, die Senkung der Stromsteuer auch, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN.
So sehr ich Ihr Anliegen und die aufgeschriebenen Positionen im Antrag teile, einen Punkt möchte ich trotzdem kritisieren: Die Landesregierung lediglich aufzufordern, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu ergreifen, um sich auf Bundesebene für ein wirksames und solidarisches Konzept zur Umsetzung einer kosteneffizienten Energiewende einzusetzen, das reicht aus unserer Sicht nicht. Der Energieminister und auch der Ministerpräsident – und der Herr Borchert hat das jetzt zum Schluss auch noch mal gesagt – können durchaus behaupten, dass beides jetzt schon gemäß Ihres Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, erfolgt. Denn Ihre Aufforderung ist ja ziemlich allgemein und da kann jeder auch das hineininterpretieren, was er gern möchte.
Erst letzte Woche und heute natürlich ganz aktuell wieder hat der Ministerpräsident sehr deutlich gesagt, was er an der Bundesregierung zu kritisieren hat, was er zögerlich empfindet und wo er die nächsten Baustellen sieht, also ganz im Sinne Ihres Antrages. Der Ministerpräsident scheint ja außerdem auch lernfähig zu sein, wenn er jetzt für eine …
… Senkung der Stromsteuer plädiert, die von uns im Januar beantragt und auch von ihm abgelehnt wurde.
Ihre Vorschläge, Kollege Jaeger, zur Begrenzung der EEG-Umlage, wie sie in der Begründung stehen, unter
stützen wir. Aber warum schreiben Sie die nicht in Ihren Beschlussantrag hinein? Ich gehe davon aus, dass Sie davon überzeugt sind.
Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Vorschläge in der Diskussion in der Branche der Erneuerbaren selbst, die wir teilen. Zum Beispiel der, dass die Errechnung der Umlage so nicht bleiben kann. Kein Mensch versteht, dass mit immer mehr erneuerbarem Strom die Preise an der Börse zwar sinken, aber die Menschen immer mehr zahlen. Das muss verändert werden. Meine Fraktion und ich gehen da noch ein Stückchen weiter. Wir stellen den Sinn der Strombörse insgesamt infrage.
Anfreunden können wir uns auch mit dem Vorschlag, statt EEG-Umlage jeden Stromhändler zu einer anteiligen Abnahme von grünem Strom zu verpflichten. Grüner Strom muss außerdem von der Stromsteuer befreit werden. Stattdessen sind die Abgaben für Strom aus fossilen Energieträgern und Atomstrom deutlich zu erhöhen, einschließlich der grundlegenden Reform des CO2-Zertifikatehandels. Sie werden sehen, wie schnell man zu Lösungen kommt, überschüssigen Strom entweder zu nutzen oder doch in die Netze aufzunehmen, weil Kohlestrom nicht mehr attraktiv und rentabel ist.
Einen Vorschlag von Ihnen, Herr Kollege Jaeger, möchte ich heute aufgreifen und auch eine Meinungsänderung ankündigen. Wir haben den schon mal abgelehnt, nämlich den, die nach Qualität des Standorts berechnete Einspeisevergütung, also weniger Vergütung an sehr effektiven Standorten zu zahlen. Das sehe ich heute auch so.
Möglicherweise könnte die Einspeisevergütung bei Fotovoltaik auch noch ein bisschen stärker als heute vorgesehen degressiv gestaltet werden,
aber über einen längeren Zeitraum gestreckt, nicht mehr wie heute über 20 Jahre, sondern über 30. Das würde auch die Kosten pro Jahr senken. Außerdem hätte das den Vorteil, dass die Anlagen länger laufen als bisher vorgesehen. Das wäre auch aus Gründen der effektiven Ressourcennutzung gut.
Das einstufige Vergütungsmodell für Offshore – auch darüber könnte man reden. Und wir müssen das Prinzip „Strom nutzen geht vor Anlagen abschalten“ durchsetzen. Daraus ergeben sich allerdings auch Aufgaben, die in Angriff genommen werden müssen bei Forschung und Entwicklung, zum Beispiel für die Wärmenutzung oder für die Anwendung im Verkehrsbereich.
Es liegen also zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch, aus der Branche selbst, aus den Parteien, von Ihnen, Herr Kollege Jaeger, von uns. Die alle zu diskutieren, das würde Sinn machen. Ein Konzept, das von der Gesellschaft solidarisch getragen werden kann, das Konzept ist möglich.
Es muss erstens kurzfristige Sofortmaßnahmen enthalten, die sozial Benachteiligte schnell entlasten und nicht mit Stromsperren konfrontieren. Die Senkung der Stromsteuer, effektive staatliche Strompreisaufsicht gehören dazu. Es gehört auf jeden Fall dazu, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache.
Zweitens. Es muss Maßnahmen enthalten, die Kommunen, Genossenschaften, Bürgerinnen und Bürgern Teilhabe ermöglichen. Und dabei gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern selbst noch viel zu tun.
Drittens. Es muss die verschiedenen Aufgaben für das Gelingen der Energiewende mit Ruhe und Solidität angehen, vor allem aber solidarisch. Dazu gehört die Abschaffung aller ungerechtfertigten Privilegien. Dazu gehört die Abschaffung aller Sonderboni im EEG, die viel kosten, aber wenig bis nichts bringen. Man kann auch darüber reden, eine Förderung per Nachteilsausgleich und als Innovationsanreiz zu schaffen. Auf jeden Fall gehören Anreize zum Energiesparen und zur Steigerung der Effizienz dazu.
Steuerliche Lösungen – das habe ich mich sowieso schon immer gefragt, weshalb diese Forderung nicht schon eher kam. Die Energiewirtschaft ist über Jahrzehnte aus dem Steuerhaushalt gefördert worden. Warum soll das jetzt nicht gehen?
Wir wollen die Energiewende bis 2050 weitgehend geschafft haben, nicht morgen. Wir haben noch Zeit für einen Plan, auch wenn sich beim Kollegen Ringguth sicherlich wieder die Nackenhaare aufstellen, wenn ich das Wort „Plan“ sage.
(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Jochen Schulte, SPD: Das ist die Kälte hier. – Rudolf Borchert, SPD: Wir brauchen einen Energiewendeplan. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Ohne Koordinierung, ohne gezielte Anreize, ohne ordnungspolitischen Rahmen wird das Chaos immer größer werden.
Die Herren Altmaier und Rösler reagieren heute inzwischen auf die Kritik über ihre Schnellschüsse und andererseits auch zögerliche Handlungsweise, indem sie die Schuld auf ihre Vorgänger Trittin, Gabriel und Röttgen schieben. Ich muss schon sagen, das Motto „Haltet den Dieb!“ finde ich an der Stelle ziemlich mutig. Die 2001 politisch in Gang gebrachte Energiewende wird gerade seit September 2009 ständig durch hektische Änderungen am EEG und anderen Gesetzen gestört.
Abgesehen von der mehrfach geänderten Haltung zum Atomausstieg jagte eine Novelle die andere. Schnell wurden noch Gesetze für Netzausbaubeiträge gestrickt, die die normalen Stromkunden belasten. Und jetzt gibt es in einigen Bereichen sogar den Rückwärtsgang. So kann das nicht weitergehen. Wir wollen die Energiewende und wir wollen sie sozial und solidarisch. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.