Das Wort hat jetzt stellvertretend für den Innenminister der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vor- pommern Herr Glawe.
Bevor ich den Wirtschaftsminister zu Wort kommen lasse, mache ich darauf aufmerksam, dass wir uns im Ältestenrat auf eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten verständigt haben. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der LINKEN „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) – ein Jahr Aufklärung in Mecklenburg-Vorpommern öffentlich bilanzieren“ ist ein hehres Ziel. Nur – die Untersuchungen laufen immer noch, die Gremien haben noch keine endgültigen Berichte vorgelegt, Untersuchungsaus
schüsse arbeiten, und das, Herr Ritter, was Sie vorgetragen haben, „Lernen und Schlüsse ziehen“, ist ja selbstverständlich. Aber man kann erst dann Schlüsse ziehen,
wenn man die gesamte Faktenlage auf dem Tisch hat, dann wird sie bewertet und dann wird Aufklärung geleistet, das ist doch völlig klar. Und dann wird auch die Öffentlichkeit hergestellt.
Also Angst und Unsicherheit – es ist selbstverständlich, dass viele Bürger verunsichert sind, da gebe ich Ihnen recht. Nur hilft es jetzt aus meiner Sicht nicht, grundsätzlich alles zu fordern, was man in einem Jahr noch nicht einmal als Berichte vorliegen hat, um sich insgesamt ein Bild über alle Dinge zu machen. Was ich ausschließe, ist, dass alles so weiterläuft wie gehabt. Das, glaube ich, wird nicht der Fall sein und Mecklenburg-Vorpommern wird sich insgesamt bei der Aufklärung zu den NSUAktivitäten natürlich aktiv einbringen.
Sie erheben den Vorwurf, dass der Verfassungsschutzbericht 2011 nicht umfassend über den Aufklärungsstand zu NSU-Aktivitäten in unserem Land sowie abgeleitete Konsequenzen und die ergriffenen Maßnahmen unterrichtet. Das ist ja richtig, nur, der Bericht wurde im Jahr 2011 geschrieben, und Sie wissen, Herr Ritter, dass die Verbrechensserie des NSU dem Verfassungs…,
Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern im No- vember 2011 bekannt wurde. Vor diesem Hintergrund konnte der Verfassungsschutzbericht 2011 nur die bekannten Ergebnisse darstellen. Insoweit ist der Verfassungsschutz des Landes seiner Informationspflicht sehr wohl nachgekommen.
Auch bis zum jetzigen Zeitpunkt verbietet sich eine endgültige Bewertung der Geschehnisse. So hatte der Generalbundesanwalt erst vor Kurzem Anklage gegen Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche Unterstützer und Gehilfen des NSU erhoben. Die Anklageschrift umfasst 500 Seiten. Gegen acht weitere mutmaßliche Unterstützer des NSU laufen staatsanwaltliche Ermittlungen.
Der Generalstaatsanwalt hat im Rahmen einer Presseerklärung vom 8. November 2012 zum Stand der Ermittlungen Folgendes mitgeteilt: „Nach den umfassenden einjährigen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und des Bundeskriminalamts war der ‚Nationalsozialistische Untergrund (NSU)‘ eine aus drei gleichberechtigten Mitgliedern bestehende Gruppierung. Deren wahre Identität und terroristische Zielsetzung war nur einem eng begrenzten Kreis von wenigen Unterstützern und Gehilfen bekannt. Die ‚NSU‘-Mitglieder verstanden sich als ein einheitliches Tötungskommando, das seine Mordanschläge aus rassistischen und staatsfeindlichen Motiven arbeitsteilig verübte. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine Beteiligung ortskundiger Dritter an den Anschlägen des ‚NSU‘ oder eine organisatorische Verflechtung mit anderen Gruppierungen haben die Ermittlungen nicht ergeben.“ – Ich finde, eine klare Aussage.
Vor diesem Hintergrund bewegt sich die Vermutung über eine Unterstützung des NSU in Mecklenburg-Vor- pommern, die gar zum Tatgeschehen beitragen konnte,
Die CDU war damals zwar nicht in der Regierungsverantwortung, aber ich kann Ihnen versichern, dass natürlich alles getan wird, um sämtliche Morde, einschließlich des Rostocker Mordes an Mehmet Turgut aufzuklären.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind bezüglich der Zusammenarbeit mit den Ermittlungen in diesem Fall bisher auch keine Versäumnisse in Mecklenburg-Vor- pommern erkennbar.
(Udo Pastörs, NPD: In alle Richtungen ermitteln. Auch im Bereich des organisierten kriminellen Milieus.)
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da kennt er sich aus, im kriminellen Milieu. – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)
Indem rechtliche und organisatorische Verbesserungen in Zusammenarbeit mit Bund und Ländern erarbeitet wurden, wird dafür gesorgt, dass solche Taten in Zukunft verhindert werden können. Parallel zu den staatsanwaltlichen Ermittlungen, die unter ausschließlicher Leitung des Generalbundesanwaltes stehen, versuchen die verantwortlichen Behörden im Bund und in den Ländern und mehrere Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sowie eine Bund-Länder-Kommission, das Geschehen aufzuklären. Die Frage ist, welche Defizite oder strukturellen Probleme der verantwortlichen Behörden dazu geführt haben, dass der NSU über eine Dekade hinweg im Untergrund leben und unentdeckt Verbrechen begehen konnte.
Die Sicherheitsbehörden des Landes sind unmittelbar in die Aufklärungsarbeit einbezogen. Der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages hat bislang sieben Beweisbeschlüsse an das Land MecklenburgVorpommern gerichtet. Diesen wurde umfänglich, unter anderem auch durch entsprechende Aktenübersendungen Rechnung getragen. Sicherheitsbehörden in Bayern, Sachsen und Thüringen wurden bei ihrer Zusammenarbeit mit den dortigen Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen ebenfalls unterstützt. Auch die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages, Herr Ritter hatte darüber berichtet, wurde über den jeweiligen Sachstand laufend und umfassend informiert.
Unabhängig davon, dass neben der noch notwendigen gerichtlichen Aufarbeitung auch die Untersuchungen
der genannten Ausschüsse und der Bund-LänderKommission noch nicht abgeschlossen sind, wurden in den vergangenen zwölf Monaten eine Reihe von Maßnahmen in die Wege geleitet, die aus meiner Sicht deutliche Verbesserungen in der sicherheitsbehördlichen Zusammenarbeit gebracht haben. Dazu gehört vor allem das bereits im Dezember 2011 eingerichtete Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/Rechts- terrorismus, das den Informationsaustausch zwischen den Polizeibehörden und den Nachrichtendiensten länderübergreifend verbessern soll. Daneben führt seit September 2012 die Rechtsextremismusdatei dazu, dass Informationen über gewaltbezogenen Rechtsextremismus zusammengeknüpft und mit Polizeibehörden und Nachrichtendiensten abgeglichen werden.
Der Bund und die Länder arbeiten zudem gegenwärtig an Lösungen für einen besseren Informationsaustausch und eine bessere Koordinierung der Arbeit der Verfassungsschutzbehörden. Darüber wird im Rahmen der aktuellen Innenministerkonferenz entschieden, also heute. Auch die Ergebnisse und Verbesserungsvorschläge der Untersuchungsausschüsse sowie der Bund-LänderKommission werden selbstverständlich in die weiteren Überlegungen mit einbezogen.
Meine Damen und Herren, im Übrigen wird die BundLänder-Kommission im Rahmen der nächsten Innenministerkonferenz einen weiteren Zwischenbericht zum Sachstand geben. Da werden Sie dann auch in den jeweiligen Gremien, Herr Ritter, mit unterrichtet.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass die allgemeinen Dinge und vor allem die Untersuchungen noch laufen. Von daher kann ich nur warnen, grundsätzlich einen Aufklärungsstand bis zum 31. Januar 2013 einzufordern. Das wird nicht reichen von der Zeit her.
Ja, er muss trotzdem einen Bericht vorlegen, und wenn die Dinge auf dem Tisch liegen, müssen Bund und Länder zu Ergebnissen kommen.
Und dann, denke ich, Herr Ritter, ist die Zeit gekommen, wo die Opposition auch grundsätzlich mit eingebunden wird,
um gemeinsam zu beraten, wie wir im Land Mecklenburg-Vorpommern die demokratische Ordnung sicherstellen, den Verfassungsschutz stärken
und damit eine weitgehende Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger garantieren können. Darum geht es und es geht nicht darum, Angst und Unsicherheit zu verbreiten. Wir brauchen Strategien, um die Lehren aus den NSUMorden zu ziehen und, wenn es geht, auch der NPD das Handwerk zu legen.