Protocol of the Session on December 6, 2012

Wir sind fassungslos, auch weil der Paketverkauf ohne Einbeziehung der ostdeutschen Länder und der betroffenen Kommunen erfolgte. Und wir sind wütend, weil man dem Antrag der LINKEN im Bundestag am vergangenen Freitag zuvorkam, den Verkauf in letzter Minute doch noch zu stoppen. Die Vertragspartner schafften Tatsachen. Klammheimlich unterzeichneten sie den Notarvertrag. Und danach – heute vor einer Woche – meinte Herr Elgeti, Vorstandsvorsitzender der TAG Immobilienaktiengesellschaft, im Polit-Talk bei Maybrit Illner sinngemäß,

(Torsten Renz, CDU: Keine Werbung hier! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

sinngemäß: Wohnen in Deutschland ist viel zu billig, aus Wohnungen ist noch viel mehr rauszuholen. Das zeigt meiner Meinung nach das wahre Gesicht dieses Käufers.

Kolleginnen und Kollegen, wir LINKEN haben eine mieten- und wohnungspolitische Offensive gestartet.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Auf einer wohnungspolitischen Bundeskonferenz am 15. Dezember in Göttingen untersetzen wir diese Offensive fundiert und legen unsere Positionen dar. So treten wir dafür ein, dass Mieterhöhungen bei Mieterwechsel nur in Höhe der Inflation zulässig sind. Und hätten Gebäudeeigentümer/-innen einen Rechtsanspruch auf Fördermittel und die Verpflichtung zu deren Inanspruchnahme, könnte die Modernisierungsumlage ganz entfallen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Bündnisgrünen, zu Ihrem Änderungsantrag: Weil die Forderungen der LINKEN weiter gehen als die Bundesratsinitiativen, haben wir auf Zahlen in dem Antragstext ganz bewusst verzichtet. Wir haben nämlich damit gerechnet, je moderater wir es sozusagen formulieren, werden auch die Koalitionspartner sich daraufsetzen. Unsere Aufzählung ist zudem nicht abschließend, das impliziert das Wort insbesondere. Aber wir verstehen das Anliegen. Auch wir wollen, dass bei der Vergleichbarkeit der Mieten die Beschaffenheit des Gebäudes oder der Wohnung stärker herausgestellt wird, und fordern einen Betriebskostenspiegel.

Die Anforderungen an den Wärme-, aber auch an den Schall- und Brandschutz haben sich im Laufe der Zeit verändert oder sind durch Sanierung und Modernisierung auch verbessert worden. Auch wollen wir, dass eine Modernisierungsumlage nur erhoben wird, wenn wirklich ein Nutzen für die Mieterinnen und Mieter dabei herauskommt, etwa mehr Barrierefreiheit und weniger Heizkosten.

Daher werden wir um der Sache willen dem Änderungsantrag zustimmen, bitten jedoch, noch mal darüber nachzudenken, das Wort „barrierearm“ sozusagen durch „barrierefrei“ zu ersetzen, weil das meiner Meinung nach sonst eine Doppelung auch im Antrag ist.

Ich beuge mich dem Zeitdiktat und kürze meine Rede ab.

Ich erwarte von der Landesregierung, dass Sie sich für ein sozial ausgewogenes Mietrecht starkmachen im Bund, dass Sie auch Bündnisse für das Wohnen unterstützen, so, wie es auch gestern geschehen ist, durch die Arbeitsgemeinschaft gefordert wurde, und drittens aktiv zu werden, dass ab sofort wieder auch Heizkosten beim Wohngeld berücksichtigt werden. Denn Sie wissen ja, die, die nicht alle in dem Geschäft drinstehen, dass die Heizkosten aus dem Wohngeld herausgestrichen worden sind. Und genau das muss wieder verändert werden.

Ich bitte also um Zustimmung zu unserem Antrag und schla- ge eine getrennte Abstimmung zu den drei Punkten vor.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Vielleicht könnte, bevor wir in die Abstimmung eintreten, der Antragsteller noch mal präzisieren, inwieweit die Abstimmung erfolgen soll.

(Regine Lück, DIE LINKE: Getrennte Abstimmung.)

Weitere Wortmeldungen liegen mir also nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1421 abstimmen. Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Änderungsantrag in zwei Punkten, die einzelnen Ziffern des Änderungsantrages getrennt abzustimmen.

Ich rufe also zunächst auf den Punkt 1 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1421 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Punkt 2 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1421. Wer diesem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist Punkt 2 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1421 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksa- che 6/1356 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1356 mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU und NPD, bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Leben schenken durch Organspende, Drucksache 6/1368. Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/1417 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1422 vor.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD Entschließung: Leben schenken durch Organspende – Drucksache 6/1368 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1417 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1422 –

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Barlen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mei- ne Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich etwas zumindest für mich Ungewöhnliches tun,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na?)

nämlich Franz Beckenbauer zitieren,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Och!)

und das ist tatsächlich sehr ungewöhnlich für mich. Der sagt von sich, Franz Beckenbauer, der sagt von sich: „Als Organspender bin ich selbst am Ende meines Lebens noch reich, denn ich kann einem anderen Menschen das Leben schenken.“

(Vizepräsidentin Regine Lück übernimmt den Vorsitz.)

Ich finde, diese Aussage von Kaiser Franz, die ist auch für Nichtfußballfans beziehungsweise für Sportmuffel eine sehr bedenkenswerte Aussage.

Und genau hierum geht es uns im vorliegenden Antrag: Wir möchten den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Mut machen, aktiv darüber nachzudenken, ob sie ihre Organe zu einem späteren Zeitpunkt spenden möchten, und wir möchten Mut machen, genau diese Frage dann konkret zu entscheiden. Und wir möchten Mut machen, diese Entscheidung dann entsprechend auf einem Organspendeausweis zu dokumentieren.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dort gibt es dann mehrere Möglichkeiten. Man kann nicht entweder nur mit „Ja“ oder „Nein“ entscheiden, sondern

man kann sich „dafür“ entscheiden, man kann sich „mit Ausnahmen dafür“ entscheiden, man kann sich selbstverständlich – auch das ist wichtig – auf diesem Organspendeausweis „dagegen“ entscheiden oder man kann die Entscheidung definierten, also benannten Angehörigen überlassen.

Anlass für diese Entscheidung gibt es leider genug. Rund 12.000 Patientinnen und Patienten warten aktuell auf eine Organspende und pro Jahr sterben etwa 1.000 Menschen, die mit einem passenden Spenderorgan gegebenenfalls hätten weiterleben können.

Meine Damen und Herren, dem entgegen steht die Tatsache, dass laut repräsentativen Meinungsumfragen eine sehr große Zahl von Menschen in Deutschland grundsätzlich zur Organspende bereit ist, allerdings wird diese grundsätzliche Bereitschaft in aller Regel nicht in einem Organspendeausweis dokumentiert, nur 18 Prozent der Menschen tun dies.

Umso begrüßenswerter ist die durch das Transplantationsgesetz auf Bundesebene Anfang November dieses Jahres in Kraft getretene Entscheidungslösung für alle Versicherten. Diese Entscheidungslösung hat zum Ziel, möglichst alle krankenversicherten Menschen der gesetzlichen, aber auch der privaten Krankenversicherung mit der Frage „Organspende“ zu konfrontieren und dafür zu gewinnen, ihre Bereitschaft zur Organspende auf einem Spenderausweis zu dokumentieren.

Wir halten das für eine gute Lösung, denn auch wenn die Entscheidung über die eigenen Organe eine zutiefst private und sehr persönliche Angelegenheit ist, ist es in Anbetracht des Leids vieler Menschen, die auf eine Organspende warten, und in Anbetracht der am Lebensende eines Angehörigen oftmals mit dieser Frage überforderten Verwandten legitim und unserer Meinung nach sachlich geboten, wertfrei über die Organspende zu informieren, den Menschen zu helfen, einen eigenen Standpunkt zu finden, und diesen eigenen Standpunkt dann auch dokumentiert zu wissen.

Durch die Novelle des Paragrafen 291a im Fünften Buch Sozialgesetzbuch sind alle Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, über 16 Jahre alte Versicherte regelmäßig anzuschreiben und aufzufordern, sich zur Organspende zu erklären. Viele Krankenkassen erfüllen diesen Auftrag schon heute sehr vorbildlich, sehr umfassend. Aber auch jene Krankenkassen, die, aus welchen Gründen auch immer, noch zögerlich sind, möchten wir bei dieser Gelegenheit auffordern, möglichst rasch aktiv zu werden und ihre Versicherten mit den notwendigen Informationen auszustatten.

Die Kassen können sich im Prinzip selbst entscheiden, wann sie ihre Informationskampagne beginnen. Uns ist vor allem wichtig, dass es alle tun. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Skandale ist eine breite Information wichtig. Die in letzter Zeit publik gewordenen Unregelmäßigkeiten und Manipulationen bei Wartelisten in den Transplantationszentren in Göttingen, in Regensburg und München haben nämlich nicht nur die zuständigen Staatsanwaltschaften und die Bundesärztekammer zu Ermittlungen veranlasst, diese Skandale haben leider auch das Vertrauen in und die Bereitschaft zur Organspende äußerst negativ beeinflusst. Und das ist insbesondere für alle Menschen, die sehr dringend auf eine Spende hoffen, ein ganz schlimmer Zustand.

Wir fordern in diesem Zusammenhang ganz eindeutig: Alle Manipulationen in Transplantationszentren müssen lückenlos aufgeklärt werden und ebenso müssen die Verantwortlichen für diese Manipulationen berechtigte Angst vor straf- und berufsrechtlichen Konsequenzen haben, bis hin zur Schließung von Transplantationszentren. Darüber hinaus setzen wir uns für die Einführung eines deutschlandweiten wissenschaftlichen Registers zur Qualitätskontrolle ein. Wir setzen uns für eine Reform des Bonussystems für Transplantationsärzte und eine Begrenzung der Zahl der Transplantationszentren ein. In diesen Prozess müssen selbstverständlich auch alle Expertinnen und Experten aus unserem Bundesland zu jeder Zeit einbezogen werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns heute auch vom Landtag Mecklenburg-Vorpommern ein Signal für eine sachliche Auseinandersetzung mit der eigenen Bereitschaft zur Organspende aussenden. Wir unterstützen die Landesregierung ausdrücklich bei allen diesbezüglichen Bemühungen und appellieren an die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, sich aktiv mit der Frage „Organspende“ zu beschäftigen,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Mut zur eigenen Haltung zu haben und diese eigene Haltung dann auch in einem Organspendeausweis deutlich zu machen.

Auch wenn die Erarbeitung eines gemeinsamen Antrages am Ende leider nicht geklappt hat, bitte ich Sie doch sehr herzlich um breite Zustimmung zu dem Antrag in der Ihnen vorliegenden Form. – Herzlichen Dank.