allerdings gleich voranstellen, um entsprechenden Argumenten zu begegnen: Die Weltbevölkerung, die wir angeblich mit unserem Exportfleisch ernähren müssen, braucht dieses umwelttierschutzklimafeindliche Tierhaltungssystem nicht, das sich seit geraumer Zeit EU-weit ausbreitet. Denn dass Deutschland sich nun, wie es die Umweltorganisation Germanwatch formuliert, auch in der Landwirtschaft zum Exportmeister aufschwingt, geht massiv auf Kosten von Klima und Umwelt.
Nach Schätzungen des bundeseigenen Thünen-Instituts für Agrarforschung entstehen drei Viertel der Treibhausgasemissionen der deutschen Landwirtschaft in der Tierproduktion, einschließlich des Futtermittelanbaus. Die Emissionen aus Importfutter wie Sojaschrot sind dabei noch nicht einmal eingerechnet. Die hohen Emissionen des stark klimaschädlichen Lachgases gehen einher mit weiteren Belastungen, wie ein Zuviel an Nitrat im Trinkwasser.
Dessen Konzentration ist vor allem in Regionen mit intensiver Tierhaltung besonders hoch. Zudem machen Fleischexporte aus den subventionierten Erzeugerstrukturen der EU in Entwicklungsländern die dortige kleinbäuerliche Landwirtschaft kaputt.
Das seit Langem EU-weit expandierende Tierhaltungssystem ist also alles andere als die Lösung der Hungerkrise der Welt. Und trotzdem nimmt die Exportorientierung der deutschen Fleischbranche aufgrund des stagnierenden Inlandsmarktes und der weiteren Aufstockung von Schlachtkapazitäten stetig zu.
Erster Punkt: Das ist das Baugesetz. Es ist ein Fehler, das Baugesetz derartig großzügig zu interpretieren, wie es derzeitig getan wird. Demnach wird in der Genehmigungspraxis die gewerbliche industrielle Tierhaltung zu jedem Vorhaben gerechnet, das gerade im Außenbereich privilegiert zulässig ist, also Paragraf 35 Absatz 1 Nummer 4 Baugesetzbuch. Auf diese Weise verwandelt sich der Außenbereich von einem primär landwirtschaftlich genutzten Raum mit wichtigen Funktionen für Natur und Mensch nahezu flächendeckend in einen Standort der industriellen Fleischproduktion.
Dadurch geht der Charakter der Kulturlandschaft verloren. Es kommt zu Umweltschäden und den Menschen, die im Außenbereich wohnen, werden Emissionen und Belastungen zugemutet, die bei Weitem den üblichen und erträglichen Geruch von Stalldung bei traditioneller bäuerlicher Landwirtschaft übertreffen. Die Entwicklung entspricht nicht den Zielen des Baugesetzbuches, mit dem ja gerade der Außenbereich möglichst weitgehend von Bebauung freigehalten und damit sein ländliches Gepräge und die wichtige Erholungsfunktion für die Menschen bewahrt werden soll. Das ist also ein eindeutiger Widerspruch.
Wir fordern, mit der Novelle des Baugesetzbuches die baurechtliche Privilegierung der Tierhaltungsanlagen an verschiedene Kriterien zu knüpfen. So sollte kein Betrieb privilegiert werden, der derart viele Tierhaltungsplätze aufweist, dass er auf Notwendigkeit einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung geprüft werden muss. Auch müssen wir den Kommunen ihre kommunale Planungshoheit zurückgeben. B-Pläne sollten für Tierhaltungsanlagen verbindlich werden, meine Damen und Herren. Das ist eine ganz entscheidende Sache.
In diesen Wochen wird die Novelle des Baugesetzbuches, nachdem sie den Bundesrat passiert hat, im Bundestag diskutiert. Die Landesregierung sollte ihren Einfluss geltend machen, um zu einer weitreichenden Änderung der bisherigen Privilegierungsregelung beizutragen.
Ein weiterer Regelungsbedarf auf Bundesebene betrifft die Korrektur jener Genehmigungspraxis für Tierhaltungsanlagen, wie sie die SPD-CDU-Koalition auf Bundesebene 2007 im Interesse der Tiermastlobby durch- gesetzt hat. Mit dem vor fünf Jahren verabschiedeten Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, so heißt es, waren Schwellenwerte für eine Umweltverträglichkeitsprüfung von Tierhaltungsanlagen nach oben gesetzt worden – mal eben so nebenbei. So ist seither eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Mastanlagen für Schweine halt erst ab 3.000 statt zuvor 2.000 Tierhaltungsplätzen notwendig. Der Schwellenwert für Ferkel wurde gar von 6.000 auf 9.000 Tierplätze und bei Hennen von 42.000 auf 60.000 Tierplätze hochgestuft.
Damit wurden die Genehmigungshürden für die industrielle Tierhaltung gesenkt, und das, obwohl der Zusammenhang von Tierhaltungsanlagen und der schlechten Grundwasserqualität im Umfeld der Anlagen belegt ist. Der Gewässergütebericht von Mecklenburg-Vorpommern 2008 – leider mit den Zahlen von 2003 bis 2006, aktuellere Zahlen liegen uns ja leider noch nicht vor und, Herr Backhaus, wir warten dringend auf einen aktuellen Gewässergütebericht von Ihnen – …
Der Gewässergütebericht von 2008 verweist beispielsweise auf die hohen Nitratbelastungen von über 100 Milligramm Nitrat pro Liter im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, insbesondere im Bereich Hohen Wangelin. Das muss ich wohl später noch mal machen.
Ich gehe auf die Details später noch ein. Ich habe ja noch ein bisschen Redezeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Und als Erster hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es grundsätzlich wirklich gut, dass wir dieses Thema heute wieder auf der Tagesordnung haben, gibt es mir doch die Möglichkeit, auf die speziellen Themen, die Sie hier in Ihrem Antrag, auf den Sie ja im Wesentlichen nicht eingegangen sind, einzugehen und die Grundlagen auch mal darzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt ist es offensichtlich, DIE GRÜNEN haben mit dem Bundeswahlkampf begonnen.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja ein Argument.)
Wenn man sich diesen Antrag anschaut, meine Damen und Herren, dann strotzt er vor Halbwahrheiten oder Unwahrheiten und nicht korrekt auf das Land zugeschnittenen Problemen.
Ich glaube, Frau Gerkan, man darf Ihnen wirklich ein Kompliment machen, nein, nicht Ihnen, sondern denjenigen, die diesen Antrag formuliert haben.
Natürlich nehme ich zur Kenntnis, dass der Antrag im Wesentlichen aus Sachsen-Anhalt abgeschrieben worden ist
(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Beate Schlupp, CDU: Nein, nein, nein! – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und es Querverbindungen dann auch zu Anfragen aus den verschiedenen Fraktionen gibt. Das ist Ihr gutes Recht, aber sagen Sie es doch einfach.
Im Übrigen müssten Sie wissen, dass ich der AKoordinator bin, das heißt, für die SPD-geführten Länder koordiniere ich die Agrarministerkonferenz, die Umwelt- und die Verbraucherschutzministerkonferenz. Da arbeite ich zum Teil mit Ihren Kollegen aus den grün geführten Ressorts hervorragend zusammen. Ich will insbesondere Ulrike Höfken nennen, mit der ich gute und tolle Kompromisse auch hinbekommen habe.
Das will ich hier ausdrücklich sagen. Also lassen Sie das lieber und erkundigen Sie sich mal in den anderen Ländern, die hier zusammenarbeiten. Unterm Strich muss es uns um die Sache gehen und nicht um Ideologie. Damit kommen wir keinen Millimeter weiter. Da sind wir schon mal dran gestrandet.
dann muss man sich natürlich auch mit den ländlichen Räumen in Mecklenburg-Vorpommern wirklich intensiv auseinandersetzen.
Und ich glaube, man darf hier sagen, am Mittwoch, Frau Gerkan, da haben Sie ja auch Ihre Querverbündeten auf der Demonstration deutlich gemacht und haben damit Ihre Maske fallen lassen. Sie nutzen, und das macht mich traurig,
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie sagen doch selber „berechtigte Ängste“. – Zuruf von Jutta Gerkan, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dass wir berechtigte Ängste ins Parlament bringen, ist doch logisch.)