Protocol of the Session on August 30, 2012

Unterbrechung: 14.02 Uhr

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Wiederbeginn: 14.03 Uhr

Gut, dann eröffne ich wieder die Sitzung.

An der Abstimmung haben insgesamt 63 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein stimmten 58 Abgeordnete, es gab keine Enthaltung. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/1023 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Flurneuordnung als Gestaltungselement im ländlichen Raum, auf Drucksache 6/1045. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1085 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Flurneuordnung als Gestaltungselement im ländlichen Raum – Drucksache 6/1045 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1085 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Feike von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem folgenden Antrag will die SPD- und CDU-Fraktion auf die Bedeutung der Flurneuordnung als Gestaltungselement im ländlichen Raum aufmerksam machen und gleichzeitig mit dem Antrag die Forderung aufstellen, die Instrumente der Flurneuordnung noch effektiver, effizienter und zeitgemäßer zu gestalten.

Doch was bedeutet Flurneuordnung? „Flurneuordnung ist die Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz … sowie die Neuordnung ländlichen Grundbesitzes und die Gestaltung der ländlichen Räume durch Maßnahmen nach dem Flurbereinigungsgesetz, einschließlich von Maßnahmen zur Sicherung eines nachhaltig leistungsfähigen Naturhaushaltes.“ Quelle: Regierungsportal des Landwirtschafts- und Umweltministeriums.

Und auf der Internetseite der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH kann man folgende Wertung zur Flurneuordnung lesen: Sie ist „ein praktikabler Weg, um die Eigentumsverhältnisse an ländlichen Grundstücken neu zu ordnen. In einem solchen Verfahren sind Grundstückseigentümer, Gemeinde, Landwirte u. a. Betroffene gleichmäßig beteiligt.“

(allgemeine Unruhe)

Beiden Erläuterungsansätzen ist gleich, dass sie die Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes und der Gestaltung des ländlichen Raumes formulieren.

Rund 85 Prozent der Landesflächen sind laut Landesentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern dem ländlichen Raum zuzuordnen. Davon sind bis jetzt ein Drittel der ländlichen Gemeindeflächen den Flurneuordnungs- verfahren zugeordnet. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass zwei Drittel der ländlichen Flächen nicht am Flurneuordnungsverfahren teilgenommen haben.

Hierin begründet sich auch unsere Forderung an die Landesregierung, die Instrumente der Flurneuordnung zu überprüfen und weiterzuentwickeln, sodass die Entflechtung der verschiedenen Flächennutzungsansprüche im Flurneuordnungsverfahren noch effektiver als bisher erfolgen kann.

Bis dato können als Instrumente der Flurneuordnung das Bodenordnungsverfahren nach Paragraf 56, der Freiwilli

ge Landtausch nach Paragraf 54 Landwirtschaftsan- passungsgesetz, Ausgleichsmaßnahmen und ländlicher Wegebau aufgezählt werden. Genau diese Instrumente bieten heute gute Standards, um den ökologischen, sozialen und ökonomischen Aufgaben gerecht zu werden. Es sollte bei der Modifizierung der Instrumente überprüft werden, ob nicht Maßnahmen wie Ökokontenregelungen, wasserrechtliche Maßnahmen und strategische Überlegungen in Bezug auf den demografischen Wandel eine direkte Wirkung im Flurneuordnungsverfahren haben könnten.

Das Gesagte zeigt, dass wir bei der Flurneuordnung als Gestaltungsmittel im ländlichen Raum auf dem richtigen Weg sind,

(Udo Pastörs, NPD: Na?)

jedoch zeigt es aber auch, dass zwei Drittel der Flächen im ländlichen Raum noch nicht am Flurneuordnungsverfahren beteiligt sind. Das ist sowohl aus umweltschutzrechtlicher Sicht als auch aus soziökonomischer Sicht unbefriedigend.

(Udo Pastörs, NPD: Soziökonomisch?)

(Udo Pastörs, NPD: Sozio.)

Sozioökonomisch.

(Udo Pastörs, NPD: Sie sagten soziökonomisch. Das ist ein Riesenunterschied.)

Daher muss schnellstmöglich gehandelt werden.

(Heinz Müller, SPD: Sei vorsichtig mit Fremdworten, die kann Herr Pastörs nicht verstehen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Genau. Ja, deswegen habe ich es exakt für Sie noch mal wiederholt.

(Heinz Müller, SPD: Das war sehr lieb.)

Daher muss selbstverständlich schnellstmöglich gehandelt werden. Wir fordern daher die Landesregierung auf, den Landtag bis 2015 über die Reformschritte in der Flurneuordnung zu unterrichten. Wir bitten Sie, dem hier vorliegenden Antrag zuzustimmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

(Stefanie Drese, SPD: Das steht gar nicht drauf. – Heinz Müller, SPD: Was ist denn hier los?!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dörfer, in denen die vielfältigen Maßnahmen der Flurneuordnung begonnen und erfolgreich durchgeführt wurden, leben in der Regel sichtbar auf und entwickeln sich.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist eine Behauptung.)

Diese Bewertung erhielt ich mehrfach von Experten im Lande, die die Flurneuordnung praktisch begleiten und ihre Wirksamkeit einschätzen können. Das ist sicherlich auch die Bewertungsgrundlage für die Koalitionen seit 1990 gewesen, die einhellig die Maßnahmen der Flurneuordnung weitergeführt und in ihre politischen Zielstellungen eingeordnet haben.

Auch DIE LINKE hat sich dafür ausgesprochen, weil über die Verbindung der Klärung der Eigentumsverhältnisse die Infrastruktur im ländlichen Raum entwickelt werden konnte. Die landwirtschaftlichen Betriebe konnten durch gesicherte Bewirtschaftungsverhältnisse Investitionen

planen und durchführen.

(allgemeine Unruhe)

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen der privaten und der öffentlichen Dorferneuerung sind sichtbare Fortschritte im Dorfbild erreicht worden. Der mit der Flurneuordnung verbundene ländliche Wegebau hat bei Einwohnern nach meinen Erfahrungen ein positives Echo gefunden, da dadurch die Fortbewegung im ländlichen Raum entscheidend erleichtert und bei Schlechtwetter überhaupt ermöglicht wurde. Ich denke an die Schilderung bei Fritz Reuter: „Führen Se jo nich dissen Wech, de is gråd utbädert“, so heißt es ja bei ihm einmal.

Aber auch die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen wird wesentlich dadurch erleichtert. Dem einen oder anderen Wegebau sieht man aber auch an, dass in der Planungsphase seinerzeit genügend Geld für einen komfortablen Ausbau vorhanden war oder die Fördergelder ausgeschöpft werden mussten.

Die Forderung einiger Umweltverbände, diesen Wegebau aus Umweltschutzgründen eher aus Kies oder Schotter herzustellen, fand wenig Gehör. Die beteiligten Kommunen und Planer wissen, dass eine solche Art der Wirtschaftswege nicht viel billiger als ein Spurbahnweg in der Herstellung ist, sie aber jedes Jahr mit immensen Kosten neu profiliert und hergerichtet werden müssen.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nach zehn Jahren kippt die Bilanz ins Positive um.)

Im Laufe der Jahre wurde die Arbeit mit dem Instrument Flurneuordnung immer weiter qualifiziert und in enger Verbindung mit anderen Instrumenten zur Entwicklung des ländlichen Raums gebündelt.

In meinem Wahlkreis kann ich das unter anderem am Beispiel des Dorfes Bröbberow, das etwa 20 Kilometer von Rostock entfernt liegt, beobachten. Hier ist nicht nur die Attraktivität des Dorfes gefördert worden, was sich unter anderem im Zuzug neuer Einwohner zeigt, hier hat sich auch im Zuge der Maßnahmen das bürgerschaftli

che Engagement entwickelt. Neue Vereine wurden gegründet und sind aktiv. Das ist für uns auch zugleich der Blick auf die Perspektive der Weiterführung der Förderung nach 2013.

Wir sehen auch, dass noch ein erheblicher Bedarf an der Regelung der Eigentumsverhältnisse besteht. Wir wissen allerdings noch nicht genau, wie die Bedingungen in der neuen Förderperiode sein werden. Aber erkennbar ist bereits, dass weniger Mittel zur Verfügung stehen werden und der Kofinanzierungsanteil des ELER-Fonds 50 Prozent betragen wird. Das wird für die Kommunen die entscheidende Hürde sein, denn nicht nur die EU-, Bundes- und Landesmittel gehen laut Begründung des vorliegenden Antrages zurück, auch die Kommunen haben ein erhebliches Finanzdefizit. Außerdem, auch darauf muss man hinweisen, müssen sie die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent mitfinanzieren.

Die Kommunalfinanzen sind für uns die entscheidende Hürde für die notwendige Weiterführung dieser Förderprogramme. Die Formel für die Zukunft dieser Instrumente für die Entwicklung des ländlichen Raumes muss heißen, mit weniger Mitteln einen höheren Nutzen zu erreichen. Dazu gehört sicherlich, auch nach Möglichkeiten zu suchen, dass sich private Nutznießer in die Finanzierung von Maßnahmen einbringen können. Mehrfach nutzen, planen und organisieren oder – volkstümlich gesagt – mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, das muss das Konzept der Zukunft sein, inklusive der Sicherung des Eigenanteils der Kommunen.

Der Antrag nennt hier auch Handlungsfelder wie zum Beispiel etwas unbestimmt die Begleitung des demografischen Wandels. Ich kann mir hierbei vorstellen, dass künftig sorgsam geplant und vor Ort entschieden werden muss, zum Beispiel in welcher der antragstellenden Gemeinden eines Gebietes die Kita oder der Dorftreff oder die altersgerechten Wohnungen entstehen sollen.