Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sich mit den Vergabekriterien der zu verpachtenden landeseigenen landwirtschaftlichen Flächen zu beschäftigen, halten wir für sehr sinnvoll. Mit diesen Kriterien sollten damals ja Weichen gestellt werden für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, in der Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden und in der ökologische Kriterien ein immer größeres Gewicht haben sollten. Das ist unsere Meinung dazu.
Mecklenburg-Vorpommern ist als Standort für den ökologischen Landbau prädestiniert. Diesen weiter zu fördern, ist ja auch das erklärte Ziel der Landesregierung. Die Kopplung der Verpachtung landeseigener Flächen an ökologische Kriterien wäre jetzt heute hier ein ideales Instrument, das das Land endlich nutzen sollte, zumal die bisherigen Vergabekriterien in unseren Augen für verheerende Missstände gesorgt haben. Die einseitige Fokussierung auf die Steigerung des Tierbestandes im Land – wir haben es jetzt gerade mehrfach wieder gehört – hat für die Ansiedlung einer Vielzahl von industriellen Tierhaltungsbetrieben geführt.
Pachtverträge für landeseigene landwirtschaftliche Flächen werden nur dann verlängert, wenn der jeweilige Betrieb in Tierhaltungsanlagen investiert, das haben wir gerade auch noch gehört.
Für einen Betrieb, beispielsweise mit 1.000 Hektar – rechnen wir mal die 0,4 um –, bedeutet das in der Praxis, zum Beispiel 270.000 Hähnchen oder 400 bis 500 Rinder mästen zu müssen.
Diese Zahl spiegelt aber damit nicht etwa wider, wie viele Tiere mit dem entsprechenden Land genährt werden könnten – im Gegenteil, das Futter wird zugekauft. Es geht einzig und allein um das äußerst fragwürdige Ziel, den Tierbestand zu erhöhen.
Das zweite im Jahr 2002 beschlossene Vergabekriterium, nämlich die Investition in arbeitsintensive Produktionszweige, spielte bei diesem Kriterium, das dem ja widerspricht, offensichtlich keine große Rolle. Die Zunahme der industriellen Tierhaltungsanlagen halte ich und halten wir Bündnisgrünen für unverantwortlich aus Gründen des Tierschutzes und aus Gründen des Umweltschutzes. Wir wollen auch keine Zersiedelung und weitere Zerschneidung der Landschaft. Wir wollen keine Belastung der Dorfbevölkerung mit schädlichen Stäuben, Lärm und Gestank. Wir möchten stattdessen wieder mehr Tiere auf der Weide sehen, Betriebe, in denen Rinder das Gras unseres grünen Landes in Milch und Fleisch umwandeln. Das sind Veredlungsbetriebe im Sinne des Wortes Veredlung.
Sie schaffen darüber hinaus auch lebens- und erlebenswerte Landschaften statt Industrielandschaften, die für unser vom Tourismus stark abhängiges Land von enormer Bedeutung sind.
Wobei wir jetzt endlich auch beim Punkt „Schaffung von Arbeitsplätzen“ angekommen sind. Eine Studie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kommt zum Ergebnis, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe gegenüber vergleichbaren konventionellen Betrieben einen um 30 Prozent höheren Arbeitskräftebesatz haben, weil sie eben mehr Lohnarbeitskräfte beschäftigen.
Durch die höhere Arbeitsintensität im ökologischen Landbau sehen wir hier das Potenzial, wirklich zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.
Ein anderer Aspekt ist der Klimawandel. In der Landwirtschaft sind nun nicht nur die Folgen des Klimawandels zu spüren, hier werden auch dementsprechende Weichen gestellt. Importe von Futtersoja aus Südamerika, wie sie in der konventionellen Tierhaltung üblich sind, heizen den Klimawandel einfach weiter an. Ökologisch wirtschaftende Betriebe, die das Futter für ihre Tiere selbst erzeugen, leisten einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz.
Wir Bündnisgrünen sind für einen begrenzten Anbau von Energie- und Rohstoffpflanzen durchaus, begrenzt deshalb, da wir weder den Anbau von Nahrungsmitteln beschneiden noch eine Verarmung der Landschaft durch monotonen Anbau von Energiepflanzen wollen. Auf gar keinen Fall wollen wir nun – wie vom Kollegen Dr. Nieszery in der Pressemitteilung angedeutet wird –, dass sich die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zukünftig verstärkt als Rohstofflieferant für die Energiewirtschaft versteht.
Die Verpachtung des landeseigenen Agrarlandes zukünftig an eine Ausweitung des Agrospritanbaus zu koppeln, wie das da durchschimmert, wäre jedenfalls die nächste agrarpolitische Fehlentwicklung, die es unbedingt zu verhindern gilt.
Nicht nur die Verpachtungskriterien müssen demnach dringend bewertet werden, sondern die Verpachtungspraxis, bei der bestehende Betriebe und die damit verknüpften Arbeitsplätze gefährdet oder gar vernichtet werden, indem einseitig auf das Ziel der Tierbestandserhöhung Wert gelegt wird,
offensichtlich ohne die gravierenden Folgen auch für Umwelt, Siedlungsstruktur, Lebensqualität oder Tourismus und damit wiederum für Arbeitsplätze für diesen Bereich zu berücksichtigen.
Wir fordern nun die Landesregierung auf, bei den Vergabekriterien der landeseigenen Flächen insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:
zenfruchtfolge einzubinden und unabhängig vom Tierbestand zu verpachten, Herr Dr. Backhaus, nicht auf 0 und nicht auf 0,4 einfach das Kriterium fallen lassen,
50 Kilogramm pro Hektar Landwirtschaftsfläche nachzuweisen per Hoftorbilanz, das ist also eine Bilanz, ohne den Abzug der Ammoniakimmissionen,
Meine Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag eingereicht, da unter Punkt 1 ein auch für uns interessanter Prüfauftrag erteilt werden soll, der jedoch durch Punkt 2 im weiteren Verlauf eine Einschränkung und Ausrichtung erfährt, die wir so nicht mittragen wollen. Deswegen werben wir für den eingebrachten Änderungsantrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.