Protocol of the Session on July 7, 2016

(Zuruf von Stefanie Drese, SPD – Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

Aber davon war in den Ausschusssitzungen im Jahre 2011 nichts zu hören. Dort wurde die Einwerbung als Erfolg gefeiert.

Und welche Rolle spielte PwC dabei? Anfangs wies PwC noch in entsprechenden Voten darauf hin, dass es keine geschlossene Finanzierung gebe. Dies sei ein Problem, welches unbedingt gelöst werden müsse. Als es dann ans Eingemachte ging und tatsächlich Verbindlichkeiten eingegangen wurden, ignorierten die Beteiligten diesen Umstand. Das ist schon ein starkes Stück! Aber Selbstkritik hören wir von der Landesregierung oder auch von der Koalition hier überhaupt nicht. Sie waschen Ihre Hände noch immer in völliger Unschuld.

Meine Damen und Herren, wir werden der Beschlussempfehlung beziehungsweise dem Sachstandsbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht zustimmen. Wir kommen in weiten Teilen zu anderen Bewertungen als SPD und CDU.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Aber ohne Beweise.)

Allein die Empfehlungen für die Zukunft sind zustimmungsfähig, hier haben wir einen Konsens gefunden, der uns sehr, sehr wichtig war. Was den Bewertungsteil des Berichtes betrifft, haben wir sicher nichts anderes von SPD und CDU erwartet: einseitig und undifferenziert,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Aber belegt.)

teils gar sonderbar widersprüchlich in ihren Schlussfolgerungen.

Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel geben. SPD und CDU schieben den Schwarzen Peter allein der Werftleitung und dem Geschäftsführer Herrn Dieter Brammertz zu.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist ja gar nicht wahr, Frau Kollegin. – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Unter anderem werden ihm Fehler bei der Geschäftsführung vorgeworfen, weil er keine Risikorückstellungen für aufgetretene Probleme gebildet habe. Ich zitiere: „Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hält es … für höchst fahrlässig, dass – insbesondere beim Bau der Scandlines-Fähren – durch die Geschäftsführung keine Risikorückstellungen gebildet worden sind. Der Bauablauf wurde von allen Beteiligten als anspruchsvoll beschrieben. Bei derartig anspruchsvollen Projekten ist jedoch grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass die Abarbeitung immer problemlos erfolgt.“ Zitatende.

(Jochen Schulte, SPD: Das hat sich ja bei uns gezeigt.)

Ich frage Sie:

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Risikorückstellungen? Ja, wovon denn?

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Die Vertreter der Landesregierung haben immer wieder betont, dass so etwas nicht vorgesehen war. Spielraum? Fehlanzeige. „Bitte nicht so viel Geld“, hat der Ministerpräsident ausgesagt.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Allen war bewusst, es darf nichts schiefgehen, und das in dem Wissen, dass ein solch ambitionierter Sanierungs- und Umstrukturierungsprozess …

Frau Rösler, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

… selbstverständlich Unwägbarkeiten in sich trägt. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(lang anhaltender Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen!

Herr Saalfeld, Herr Holter, ich habe heute Vormittag bei Ihren Redebeiträgen das Gefühl gehabt, ich wäre nicht hier im Plenarsaal, sondern irgendwo in einer Kirche. Ich glaube, ich habe in der ganzen Wahlperiode noch nie so viel gehört von Glauben und Dingen, die man glauben müsste, denen man Gehör schenken müsste.

(Udo Pastörs, NPD: Jetzt beleidigen Sie mal nicht das Christentum!)

Was ich nicht gehört habe, sind Tatsachen, die hier vorgetragen worden sind. Und für Sie, Herr Kollege Saalfeld, gilt in besonderem Maße das Wort: „Wissen ist Macht. Ich weiß nichts. Macht nichts.“

(Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD)

Und, sehr geehrter Herr Kollege Holter, es ist schon bezeichnend. Es ist schon bezeichnend, wenn am Ende eines über dreijährigen Untersuchungszeitraumes die Opposition nicht mehr als Vermutungen, Verdächtigungen, Spekulationen in der Hand hat. Dies ist allerdings dann kein Armutszeugnis für die Arbeit der Landesregierung, sondern Ausdruck der Hilflosigkeit der Opposition. Herr Holter, Sie erklären immer wieder, es bräuchte eine linke Opposition in diesem Landtag. Aber ich bin mir sicher, wenn Sie den Wählerinnen und Wählern nicht mehr anzubieten haben als das, was Sie heute hier vorgetragen haben, wird Ihr Wunsch auch tatsächlich in Erfüllung gehen.

Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuss hat sich in mehr als drei Jahren mit einer Vielzahl unterschiedlicher Fragen beschäftigt: wer wann was wie gesagt, getan oder nicht getan haben könnte, wer möglicherweise etwas gewusst oder nicht gewusst habe, wer verantwortlich wofür gewesen sein mag und wofür nicht. Jede dieser Fragen ist wichtig, jede dieser Fragen ist berechtigt. Aber eine, nein, zwei Fragen stehen letztendlich im Zentrum des ganzen Geschehens und sind ja auch der Kern vieler Redebeiträge heute gewesen. Und diese Fragen sind einfach formuliert: Waren die Werften in Wolgast und Stralsund ohne fremde Hilfe Ende 2009 überlebensfähig? Und was wären die Alternativen zu einem Kredit- und Bürgschaftsengagement des Bundes und des Landes 2009/2010 gewesen?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch die Antworten sind am Ende einfach: Nein, die Werften waren aufgrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, des Zusammenbruchs des weltweiten Handels und des Schiffbaumarktes im zweiten Halbjahr 2009 eben nicht mehr ohne fremde Hilfe überlebensfähig. Und nein, eine Alternative zu dem Kredit- und Bürgschaftsengagement des Bundes und des Landes Ende 2009/Anfang 2010 gab es eben nicht, jedenfalls nicht, wenn man den Menschen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor Ort und ihren Familien nicht von vornherein jede Chance auf eine Zukunft in ihrer Heimat hätte nehmen wollen. Ohne den Überbrückungskredit des Landes beziehungsweise des LFI Ende 2009 wären die Werften in Stralsund und Wolgast bereits da- mals in die Insolvenz gegangen. Und ohne die Bereitschaft des Bundes und des Landes, den durch die Nord/LB und die KfW IPEX bereitgestellten Aval- und Kreditrahmen durch Bürgschaften abzusichern, hätte es eben keine Kredite beziehungsweise Avale durch diese Banken gegeben.

Natürlich kann man im Nachgang darüber diskutieren – denn man ist hinterher immer schlauer –, ob die Finanzkonditionen der Banken angesichts des durch die öffentliche Hand abgesicherten Risikos zu hoch waren, vielleicht am Ende zu hoch für die Leistungsfähigkeit der Werften in Wolgast und Stralsund, aber Tatsache ist, dass diese Banken auch in den Folgejahren tatsächlich nicht bereit waren, mit niedrigeren Finanzierungskonditionen zu arbeiten. Und Tatsache ist auch, dass es andere Kreditinstitute, die bereit gewesen wären, sich zu engagieren, gleichfalls nicht gab.

Die Wahrheit, sehr geehrte Damen und Herren, auch nach mehr als drei Jahren Untersuchungsausschuss, lautet: Ohne das Engagement des Bundes, ohne das Engagement des Landes gäbe es heute weder in Stralsund noch in Wolgast Werftstandorte. Und das, Frau Kollegin Rösler, dürfen Sie dann ja auch mal den Menschen bei sich in Ihrem Wahlkreis sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Es gäbe weder, meine Damen und Herren, ein Engagement von Lürssen noch durch die Genting-Gruppe an diesen Standtorten. Vielmehr gäbe es Industrieruinen anstatt von regionalen industriellen Kernen, die auch für die jeweiligen Zulieferer in den Regionen von Bedeutung sind.

(Udo Pastörs, NPD: Und damit bezahlt werden.)

Und vor allem gäbe es keine Hoffnung mehr, dass dort in Stralsund beziehungsweise Wolgast jemals wieder Schiffe gebaut würden.

Ich finde es – und das muss man an dieser Stelle auch mal sagen dürfen –, ich finde es schon bemerkenswert, dass eine der demokratischen Fraktionen, und zwar die GRÜNEN, anders als alle anderen demokratischen Fraktionen auf der letzten Zukunftskonferenz der hiesigen maritimen Zulieferer eben nicht vertreten waren, denn dann hätten sie genau das dort sich nämlich auch ins Stammbuch schreiben lassen können.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, …

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man kann nicht überall sein als kleinste Fraktion.)

Also, Herr Saalfeld, gerade Ihre Fraktion hat reichlich Abgeordnete, die aus Rostock sind und die wohl einen Weg zur Hansemesse gefunden hätten.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also wenn Sie das nicht mal mehr schaffen, was schaffen Sie dann überhaupt noch in diesem Land?

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein wesentlicher Punkt,

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein wesentlicher Punkt, um den sich die Arbeit des Untersuchungsausschusses drehte – und das ist ja auch heute hier immer wieder Thema, immer wieder im Mittelpunkt der Redebeiträge gewesen –, war das durch die KPMG erstellte Sanierungsgutachten. War diese Sanierungsaussage, die KPMG gegenüber den Werften, gegenüber den Banken und damit unmittelbar auch gegenüber den Bürgen und dem Land abgab, etwa von Anfang an mangelhaft? Nun will ich hier nicht lästern und den altbekannten Spruch, dass KPMG ja nicht mehr ist als die Abkürzung für „Kinder prüfen meine Gesellschaft“, wiederholen, aber gerade im Zusammenhang mit diesem Sanierungskonzept muss man sich vielleicht von dem einen oder anderen Irrtum lösen, Irrtümer übrigens, die gerne auch gegenüber der Öffentlichkeit durch Teile der Ausschussmitglieder gepflegt wurden, weil man ja der eigenen Landesregierung explizit Scheitern oder Anteile an dem Scheitern zuweisen wollte, völlig egal, ob das die Tatsachen hergaben oder nicht.

Tatsache ist vielmehr, sehr geehrte Damen und Herren, dass völlig unabhängig von der Arbeit des Untersuchungsausschusses der Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann zwischenzeitlich das Beratungsunternehmen KPMG auf mehrere Hundert Millionen Euro Schadenersatz verklagt hat, eine Klage übrigens, meine Damen und Herren, die ihrerseits erhebliche Kosten verursacht und für deren Sinnhaftigkeit der Insolvenzverwalter am Ende nicht nur mit seinem guten Ruf einstehen muss. Aber er ist diesen Schritt gegangen und hat KPMG deshalb verklagt und übrigens auch erst verklagen können, weil nach seiner Auffassung das betreffende Sanierungsgutachten nicht nur fehlerhaft in der Erstellung der Sanierungsaussage war, sondern vor allem – und das ist für den Erfolg einer solchen Klage in der Hauptsache entscheidend –, weil nach Auffassung des Insolvenzverwalters KPMG

letztendlich wohl vorsätzlich, zumindest wider besseres Wissen eine positive Sanierungsaussage erstellte, hieran bis zum Ende festhielt und – meine Damen und Herren aus der Opposition, das ist vielleicht auch mal für Sie interessant und entscheidend – Umstände, Erkenntnisse, die hiergegen sprachen, gegenüber den Banken und allen anderen Beteiligten unerwähnt ließ, sie gar verschleierte

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

und KPMG dies letztendlich nach Auffassung des Insolvenzverwalters, …