Es ist nicht ausreichend, die Zahlenbasis aus der Geschäftsführung zu übernehmen, diese allenfalls zu plausibilisieren und zur Grundlage der Gutachten zu machen. Zu verbessern ist hier:
Erstens sollte die Begutachtung der kaufmännischen Belange stichprobenartig die gelieferten Zahlen in der Buchhaltung eigenständig und umfänglich prüfen.
Zweitens sollte dabei erhöhte Aufmerksamkeit der Mittelverwendung zukommen, damit nicht zum Beispiel Gelder zum Bau von Schiffen für die rollierende Finanzierung von anderweitigen Schulden zweckentfremdet werden.
Und drittens sollten die Gewinne und Verluste der einzelnen Bauprojekte direkt durch Vor-Ort-Kontrollen überwacht werden.
Allgemein muss jedoch bei dem erhöhten Prüfungsaufwand darauf geachtet werden, dass die Begutachtung für
den jeweiligen Betrieb nicht unverhältnismäßig teuer wird oder dass die Landesregierung als Bürgschaftsgeber nicht faktisch die Geschäfte des Unternehmens führt. Die Rettung von Arbeitsplätzen muss möglich sein und Risiken lassen sich eben nicht immer vermeiden, aber die öffentliche Hand ist sicherlich nicht der bessere Unternehmer.
Sehr geehrte Damen und Herren, trotz dieser Verbesserungsvorschläge in Bezug auf die Überwachung des Bürgschaftsmanagements ist abschließend festzuhalten, dass die Landesregierung auch in den Augen des Insolvenzverwalters Berthold Brinkmann keine Schuld an der Insolvenz der P+S Werften GmbH trägt. Ich möchte daher mit einem Zitat aus der Zeugenaussage des Insolvenzverwalters enden. Wörtlich sagte Berthold Brinkmann mit Blick auf das Vorgehen der Landesregierung, Zitat: „Und ich kenne keinen unserer Fälle, in dem so sorgfältig mit Gutachtern gearbeitet worden ist, wie hier. … Es ist schwer vorzustellen, dass man noch mehr tun sollte, das darf ich hier sagen. Und ich meine, dass ich dann Ihre Frage dann auch so beantworten kann, dass ich keine Hinweise gefunden habe, die hier auf Versäumnisse schließen ließen.“ Ende des Zitats und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Pleite der P+S Werften im Sommer 2012 ist wohl das größte wirtschaftliche Desaster in der Geschichte von Mecklenburg-Vorpommern seit der Zerschlagung des DDR-Schiffbaukombinats. Noch nie sind so viele öffentliche Bürgschaften in Mecklenburg-Vorpommern verloren gegangen. Auch da kommt die Pleite der Bremer Vulkan nicht heran. Noch nie ist ein so gewaltiger Schaden für die Wirtschaft, insbesondere die Zuliefererindustrie, entstanden, denn immerhin wurde über 1 Milliarde Euro an offenen Forderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter angemeldet. Nach der Zerschlagung des DDR-Schiffbaukombinats ist noch nie ein so großer Standort wie Stralsund seit nunmehr vier Jahren de facto erkaltet. Noch nie musste ein Unternehmen, in das zuvor rund 1.000 Millionen Euro öffentlicher Fördermittel geflossen sind, aus der Konkursmasse für lediglich 5 Millionen Euro verkauft werden.
Wie konnte es dazu kommen? Wer ist dafür verantwortlich? Wer hat davon möglicherweise profitiert und welche politischen und juristischen Konsequenzen müssen daraus gezogen werden? All das sind Fragen, mit denen sich der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE gegen den Willen von SPD und CDU eingesetzte Untersuchungsausschuss beschäftigt hat. Und eines kann ich gleich vorwegnehmen: Es war sehr gut, dass die demokratische Opposition diesen Untersuchungsausschuss eingesetzt und Licht ins Dunkel gebracht hat.
Wir haben aufgedeckt, dass Banken, Gutachter und Wirtschaftsprüfer unter den Augen und mit dem Segen der Landesregierung die Werften wie eine Weihnachtsgans ausgenommen haben und sich an der Sanierung eine goldene Nase verdient haben. Wir haben aufgedeckt, dass
die Landesregierung frühzeitig über die Fehler im Sanierungsgutachten Bescheid wusste, denn es gibt einen handschriftlichen Vermerk von Finanzstaatssekretär Mediger,
(Ministerin Heike Polzin: Sie wiederholen jetzt die Lüge zum vierten Mal! – Zuruf von Jochen Schulte, SPD)
Wir haben aufgedeckt, dass die rot-schwarze Landesregierung zehn Tage vor der Landtagswahl im Jahr 2011 die Pleite der P+S Werften vertuscht hat.
Anstatt die letzte Chance zu nutzen, um die Werften auf das richtige Gleis zu stellen, hat sie sich mit einem zweistelligen Millionenbetrag Zeit für den Wahlkampf gekauft und die offensichtlichen Probleme unter den Teppich gekehrt.
Wir haben herausgefunden, dass die Landesregierung zum Schluss der EU-Kommission den Schwarzen Peter der unausweichlichen Insolvenz im Jahr 2012 in die Schuhe schieben wollte. Wir haben herausgefunden, dass hohe Beamte der Landesregierung zur Kommunikation mit der Werft und den Banken ihre privaten E-MailAdressen genutzt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, der Untersuchungsausschuss hatte seinen Sinn. Aber der Reihe nach.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wirtschaftsprüfer haben meines Erachtens nicht ergebnisoffen, sondern ergebnisorientiert geprüft. Wie anders kann man sich erklären, dass das namhafte Unternehmen KPMG sich beim Verschmelzungsgutachten, beim Sanierungsgutachten, bei über 20 Monatsreportings und bei über 58 Liquiditätsplanungen um eine Lücke von vielleicht 100 Millionen Euro jedes Mal zielgenau herumgeprüft hat? Wie konnte das passieren? Das kann nichts mit Fahrlässigkeit zu tun haben. Da sehe ich Vorsatz, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zehn Tage vor der Landtagswahl im Jahr 2011 kam es zu einem handfesten politischen Skandal, und zwar zu einem politischen Skandal erster Güte. Die Werft war de facto pleite. Die Landesregierung hat eine Begutachtung durch den Gutachter PwC beauftragt. PwC legte am 23. August 2011 ein Gutachten vor und dieses Gutachten hat es in sich. Der Anlass war zwar vielleicht ein Motorplatzer mit einer Liquiditätsauswirkung für die Werft von 8 Millionen Euro, aber Sie finden auf den Folgeseiten dramatische Beschreibungen der Liquiditätsplanung. PwC hat in diesem Gutachten dargestellt, dass in der Bilanz der Werft über 80 Millionen Euro wackelten oder unplausibel sind.
Und das Allerwichtigste: PwC gibt am Ende dieses Gutachtens kein Votum ab, wie die Landesregierung weiter
verfahren soll. PwC gibt am Ende dieses Gutachtens auch keine positive Fortführungsprognose und dennoch gibt das Land 17 Millionen Euro Steuergeld in das Unternehmen und, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit wurden eben die offensichtlichen Probleme in der Bilanz und in der Unternehmensplanung nicht gelöst, sondern unter den Teppich gekehrt, und da ging es offensichtlich nicht nur um die Rettung der Werften, sondern vor allem um die Rettung der Landesregierung. Hier wurde wie gesagt von der Landesregierung die letzte Chance vertan, die Werft auf das richtige Gleis zu stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber die Fehler gingen weiter. Bei der Bemessung der Rettungsbeihilfe im Jahr 2012 hat PwC einen kapitalen Fehler gemacht.
Auch die vollständige Auszahlung der Rettungsbeihilfe hätte nicht gereicht, um die Werft zu retten im Jahre 2012. Das ging aus den entsprechenden Prüfberichten des neuen Wirtschaftsprüfers Roland Berger hervor. Die Landesregierung hätte sozusagen entweder diese Rettungsbeihilfe aufstocken müssen oder erst gar nicht auszahlen dürfen.
Aber die zu gering bemessene Rettungsbeihilfe einfach weiter auszuzahlen, das war ein kapitaler Fehler, denn das Ziel konnte damit nicht erreicht werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen hat sich bei mir der Eindruck eingestellt, dass mit der Konzeptionierung der Rettungsbeihilfe, die nicht groß genug war, eigentlich nur eine Sollbruchstelle für die EU-Kommission geschaffen werden sollte. Man wollte den Schwarzen Peter der EU-Kommission in die Schuhe schieben.
Die EU-Kommission hat diese zu knapp bemessene Rettungsbeihilfe notifiziert und zugelassen und dann kam es zur Auszahlung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Wolfgang Waldmüller, CDU: Auf welcher Veranstaltung waren Sie denn, Herr Saalfeld? – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ende des Liedes kennen Sie: 500 Millionen Euro Schaden bei den Bürgschaften, davon 271 Millionen Euro für das Land. 1 Milliarde Euro Fördermittel im Standort Stralsund seit 1994 mussten für 5 Millionen Euro aus der Konkursmasse verkauft werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der wirtschaftspolitische Ruf für das Land war so ruiniert, dass sich tatsächlich auch windige Geschäftsmänner danach hier die Klinke in die Hand gegeben haben, die teilweise mit Rubinen den Wirtschafts- und Werftstandort P+S Werften in Stralsund kaufen wollten. Ich glaube, das ist ein deutlicher Beleg dafür, wie sehr der Ruf hier gelitten hat und was man in der Welt glaubt, hier für krumme Dinger drehen zu können.
Was hätte man mit den 271 Millionen Euro verlorener Landesbürgschaften in diesem Land alles tun können?
Wir hätten 30 Jahre lang die Krankenhausfinanzierung kleiner Krankenhäuser in der Region sichern können, wir hätten 50 Jahre lang den Betrieb der Südbahn sichern können, wir hätten 80 Jahre lang die Theater ausfinanzieren können.
(Udo Pastörs, NPD: Alles Subventionsgelder! Wo kommen die denn her? Die muss doch irgendjemand erwirtschaften!)
Und das wäre nur der Teil des Landes gewesen, auch der Bund hat ja noch mal 230 Millionen Euro an Bürgschaften verloren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer trägt hierfür nun die Verantwortung? Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung trägt auf jeden Fall eine Mitverantwortung. Viele waren zwar insgesamt verantwortlich, aber nur die Landesregierung wäre in der Lage gewesen, das Ruder noch herumzureißen.
Stattdessen hat sich die Landesregierung auf Banken und Berater verlassen und die Werften wurden von diesen wie eine Weihnachtsgans ausgenommen. Eines der teuersten Finanzierungskonzepte wurde aufgelegt, mit dem die Werften mittelfristig nicht wettbewerbsfähig waren.