Ich habe mir, als ich die Einbringungsrede von Herrn Koplin gehört habe, die Frage gestellt, ob ich hier den falschen Antrag auf dem Tisch liegen habe. Das lief so ein bisschen nach dem Motto „Von hinten durch die Brust ins Auge“.
Auf dem Antrag steht „Tag der Menschen mit Behinderungen“ und Sie reden hier darüber, was Ihrer Meinung nach beim Thema „Hilfen für Menschen mit Behinderun
gen“ durch die hiesige Koalition nicht umgesetzt worden ist. Das hätten Sie dann auch in Ihren Antrag schreiben können. Man muss hier nicht irgendwie Anträge tarnen
und kommt dann mit einer Argumentation um die Ecke, die aus dem Antrag überhaupt nicht zu erkennen ist.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Die SPD ist nicht gegen einen Tag der Menschen mit Behinderungen, um Gottes willen! Aber mein Kollege Schubert hat ein Stück weit versucht, auf die Probleme aufmerksam zu machen.
Sie ziehen selbst Parallelen zum Altenparlament. Das Altenparlament ist eine Delegiertenveranstaltung, wo Vereine und Verbände Delegierte hindelegieren, die dann bestimmte Themen beraten. Wie soll das laufen am Tag der Menschen mit Behinderungen? Soll das auch eine Delegiertenveranstaltung werden oder ist das dann für alle geöffnet?
Und natürlich ist die Frage berechtigt, wo das stattfinden soll. Auch ich erinnere mich an die Diskussionen, die im Vorfeld des Entstehens des 1. Tages der Menschen mit Behinderungen stattgefunden haben. Da gab es nämlich die Forderung, aus Sicherheitsgründen, in erster Linie aus brandschutztechnischen Gründen, ihn nicht im Schloss durchzuführen. Da gab es ganz, ganz großen Widerstand durch die Betroffenen gegen diese Geschichte. Die haben gesagt, wenn das Schloss für alle anderen möglich ist, dann muss das auch für uns möglich sein,
wo, wie gesagt, diejenigen, die für Brandschutz und Rettung verantwortlich sind, stark dagegengesprochen haben. Das ist doch eine wichtige Geschichte, damit muss man sich doch auseinandersetzen.
Und dann kommt immer auch der Aspekt der Inklusion, der von Ihnen vorgetragen wird. Ich finde, wir müssen uns erst mal darauf verständigen, welche Geschwindigkeit wir denn beim Thema Inklusion wollen und was letztendlich dort machbar ist. Also ich will darauf noch mal kurz eingehen. Inklusion heißt ja, es gibt keine Barrieren in den Menschen oder bei den Menschen, sondern die Barrieren sind das Umfeld der Menschen. Das ist ja ganz was anderes als das Thema Integration, wo jemand quasi integriert wird.
Wenn man diesen umfassenden Begriff von Inklusion wirklich umsetzen will, dann muss man sich auch mal ehrlich machen und die Frage beantworten,
was das letztendlich alles bedeutet für bestehende Gebäude, zum Beispiel also auch für dieses Schloss oder für alle Schulen, für Kindertagesstätten, was das im personellen Bereich bedeutet beim Thema Einsatz von Fachkräften, und letztendlich auch die Frage klären, was das denn kostet und wer derjenige ist, der diese immensen Kosten mit aufbringen könnte. Das wird man – das werden Sie mir zugestehen, Herr Koplin – nicht mit einem Tag der Menschen mit Behinderung lösen können,
sondern da muss man, denke ich, anders rangehen, und dafür ist letztendlich der Tag der Menschen mit Behinderung auch nicht wirklich hilfreich.
Und dann vielleicht noch ein Aspekt: Wir haben jetzt die vorletzte Landtagssitzung. Wir treffen uns morgen noch mal – es ist die letzte Landtagssitzung morgen in dieser Legislaturperiode –, und ich finde, so kurz vor Toresschluss jetzt mit so einem wichtigen Antrag zu kommen,
(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Sie können ja zustimmen. – Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ihnen fällt aber wohl auch kein Argument mehr ein. – Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war aber jetzt ein Eigentor. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
(Stefan Köster, NPD: Sozialdemokraten raushängen lassen und Kapitalisten spielen. – Jörg Heydorn, SPD: Besuchen Sie Ihren Kollegen mal in seiner Sozialwohnung! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf erst mal feststellen, dass die Fraktion der NPD zu diesem Thema nicht gesprochen hat
Ich will ganz gern noch mal für den Antrag werben und auch für die Gründe – das knüpft an das an, was Herr Heydorn gesagt hat –, warum das jetzt sozusagen am vorletzten Beratungstag in dieser Legislaturperiode auf dem Tisch liegt. Wir haben, wie Sie alle, Bilanz gezogen und gesagt, was ist uns gut gelungen, welche Themen haben wir aufgeworfen, was haben wir gemacht. Wir haben festgestellt, hierzu haben wir uns in der letzten Legislaturperiode nicht verhalten, wir haben uns dazu nicht ausgetauscht. Wir werden das also nicht mehr organisieren können. Wir können aber ein Signal an die Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode senden, und darum ging es uns.
Jetzt bin ich doch schon reichlich verblüfft, welche Argumente herhalten müssen. Also, Herr Heydorn, es ging nicht um das, was Sie hier teilweise konstruiert haben, sondern es ging um die Strukturen, die wir aufgeworfen haben. Und wenn Sie über Inklusion sprechen – da sind wir uns ja völlig einig, dass es ein komplexes Thema ist, und dass das durch einen Tag der Menschen mit Behinderungen nicht gelöst werden kann, ist auch klar –,
hier ging es uns aber um etwas anderes, nämlich um den Rahmen für Beteiligung und Einflussnahme der Betroffenen in eigener Sache.
Nun haben Sie, Herr Schubert – Herr Schubert, Sie kriegen das immer wieder wunderbar hin, zu verblüffen, mit welchen Argumenten Sie da um die Ecke kommen –,
Sie haben uns ja aufgefordert, wir sollen mal sagen, wie die Vereine und Verbände das sehen. Die Anregung, sich des Themas anzunehmen, kam aus einem sehr kritischen Beitrag. Wir laden uns in unsere Veranstaltungen nicht nur diejenigen ein, die unsere Position bestätigen, sondern in hohem Maße die, die uns kritisch gegenüberstehen und uns auf die Füße treten. Einer von denjenigen war im vergangenen Herbst Peter Braun vom Allge
meinen Behindertenverband – Sie kennen ihn alle – und der war damals, Sie können sich gut erinnern, der Vorsitzende. Er hat gesagt: Wie ist es denn eigentlich? Der erste Tag hat stattgefunden. Es gab die Verabredung, wir wollen uns weiter mit dem Thema beschäftigten. Wir werden ernst genommen, das war die Botschaft, die wir damals empfangen haben, und Sie kümmern sich gar nicht weiter darum. Wir wollen uns gerne mit dem Thema weiter befassen, und zwar mit der Landespolitik gemeinsam.