Protocol of the Session on July 7, 2016

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Jetzt weiter- machen mit den Zahlen, Frau Borchardt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vorsitzende des Petitionsausschusses hat Ihnen bereits mitgeteilt, wir stimmen heute über die letzte Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses in dieser Wahlperiode ab, Grund genug, so meine ich auch, etwas Bilanz zu ziehen über unsere geleistete Arbeit in den letzten fünf Jahren, aber nicht im Hinblick auf Zahlen, sondern aus anderen Gründen. Und, meine Damen und Herren, es ist meine letzte Rede in diesem Hohen Haus.

(Torsten Renz, CDU: Oha! – Udo Pastörs, NPD: Oh, ich bedauere das sehr.)

Da werden einige jammern, einige froh sein. Ich sage Ihnen ganz offen, ich bin darüber froh. Meinen Ältestenstand habe ich mir, glaube ich, redlich verdient.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Bevor ich zu einigen grundsätzlichen Fragen komme, gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zu der heute vorliegenden Petition. Festzustellen ist, dass einige Bereiche zum Dauerthema in dieser Legislaturperiode geworden sind,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und auch in dieser Beschlussempfehlung finden Sie die. Dazu gehören die Auseinandersetzung mit dem Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere in Bezug auf die Schaffung von Windeignungsgebieten, alle Fragen im

Zusammenhang mit den Rundfunk- und Fernsehgebühren, der Erhaltung der Theater- und Orchesterlandschaft in unserem Land und zu Fragen der Vermietung von Ferienhäusern.

Leider, und das bedauere ich sehr, haben wir insbesondere bei der Nutzung der Ferienhäuser im Sinne der Petenten fast gar nichts erreichen können. Alle Versuche, Übergangsregelungen bis zur endgültigen Klarstellung zu schaffen, sind aus unterschiedlichen Gründen gescheitert. Bei der Theater- und Orchesterlandschaft sieht es ähnlich aus. Die Koalitionsfraktionen haben sich dazu entschlossen, diese Petition abzuschließen. Ich zitiere dazu aus der Begründung: „Ziel der Landesregierung ist es deshalb, in einem engen Dialog mit den beteiligten Akteuren die Theaterlandschaft im Kern zu bewahren“, und so weiter und so fort.

Die Petition wurde im Jahr 2012 eingereicht und ich hätte es auch verstanden, wenn wir zeitnah den Abschluss vorgeschlagen hätten, aber nicht 2016 festzustellen, dass es diesen Dialog gegeben hat. Ich glaube, wir wissen es alle besser, auch aus den einzelnen Wahlkreisen, zum Beispiel im Wahlkreis Neubrandenburg, Mecklenburgische Seenplatte, wo es diesen Dialog nicht gegeben hat. Tatsächlich wurden den theatertragenden Kommunen Zielvereinbarungen vorgelegt, denen sie abgesehen von kleinen Einwänden zuzustimmen hatten. So etwas nennt man wohl politische und finanzielle Erpressung, aber wohl kaum Dialog.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Herr Dachner, unser Ausschussvorsitzender, hat auf eine besondere Petition hingewiesen, die er ausführlich begründet hat. Ich kann hier nur feststellen, ja, wir haben ein Problem, wir haben nämlich zu wenig Beförderungsstellen. Und da gibt es mehrere Beispiele, sowohl bei der Polizei als auch bei der Justiz, bei den Justizvollzugsbediensteten, die nach langer Tätigkeit in den jeweiligen Berufen kaum eine Beförderung in ihrer Lebensarbeitszeit erfahren.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nun zum Abschluss ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Frage des Petitionswesens. Ich bedauere es sehr, dass es uns gemeinsam nicht gelungen ist, das Petitionsrecht in unserem Land weiterzuentwickeln und den Anforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen oder wenigstens auf den Stand anderer Länder zu bringen.

(Beifall Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht liegt es am Selbstverständnis gegenüber dem Petitionsrecht. Für mich und uns ist das Petitionsrecht nie nur eine Notrufsäule für den kleinen Mann gewesen. Wie oft bedauern Politikerinnen und Politiker die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Aber ist es nicht gerade das Petitionswesen, das dem Bürger die Möglichkeit gibt, am politischen Diskurs teilzunehmen? Ist es nicht gerade das Petitionswesen, das uns Politikerinnen und Politikern die Auswirkungen unserer gefassten Beschlüsse vor Augen hält? Und ist es nicht gerade das Petitionswesen, das uns als Parlament zahlreiche Instrumente zur Kontrolle der Landesregierung ermöglicht? Nutzen wir diese ausreichend? Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht ist da noch viel Luft nach oben.

Leider werden die Petenten so gut wie gar nicht in eine Beratung eingeladen. Sollten wir nicht darüber nachden

ken, dass wir, wenn wir die Regierung in den Ausschuss holen, gleichzeitig den Petenten einladen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau.)

damit er die Möglichkeit hat, auch im Sinne von Moderationen, die entsprechenden Begründungen zur Ablehnung oder Befürwortung oder keine Nutzung von Ermessensspielraum nachvollziehbar mitzubekommen?

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das sollten wir.)

Gleiches gilt aber auch für öffentliche Sitzungen. Wen wundert es, dass der Petitionsausschuss wenig politische Bedeutung hat und auch im Landtag als aus meiner Sicht nachrangig eingeschätzt wird.

Petitionsrecht, meine Damen und Herren, ist Kernstück unserer Demokratie. Hier wird sichtbar, was der Bürger beim Parlament bewirkt. Kann das Parlament gegenüber der Regierung etwas ausrichten oder sind wir hilflos? Mitglieder des Petitionsausschusses – und das habe ich in den letzten zwölf Jahren in meiner Arbeit im Petitionsausschuss wirklich ganz ernsthaft feststellen können – sind zum größten Teil sehr verantwortungsbewusst, schauen mit Augenmaß genau auf die unterschiedlichen Petitionen, nicht im Sinne von Koalition oder Opposition, sondern um im Interesse der Petenten eine Lösung zu finden. Und sie sind mit Leidenschaft dabei gewesen.

Tut das auch der Landtag? Wie oft, meine Damen und Herren, haben Sie sich den Bericht des Petitionsausschusses oder den Bericht des Bürgerbeauftragten durchgelesen? Ich bin schon erfreut darüber, dass wir heute bei der Aussprache so viele Anwesende haben. Das ist auch nicht immer der Fall gewesen. Für mich ist die Arbeit des Petitionsausschusses ein Aktivposten für das Image des Parlamentes und wir sollten gemeinsam – ob nun außerparlamentarisch oder Sie demnächst im Parlament – dafür Sorge tragen, dass das Petitionsrecht, zum Beispiel durch die Einführung einer Onlinepetition, mehr Gewicht bekommt, mehr Aufmerksamkeit bekommt und wir mit den Petenten in den Dialog treten, nicht über ihn in einer Blackbox reden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

Meine Damen und Herren, das ist meine letzte Rede hier im Landtag. Mir hat die Arbeit Spaß gemacht. Ich möchte mich bei Ihnen für viele Stunden der politischen inhaltlichen Auseinandersetzung recht herzlich bedanken. Sollte ich dem einen oder anderen auf die Füße getreten sein,

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Gab es blaue Flecken?)

dann glauben Sie mir, es war absichtsvoll und Ausdruck meiner politischen Überzeugung.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In einigen Fällen geschah es jedoch im Eifer der Auseinandersetzung. Wer sich da ungerecht behandelt fühlte, den bitte ich um Nachsicht.

(Patrick Dahlemann, SPD: Herr Dachner! Herr Dachner!)

Ich wünsche Ihnen und den zukünftigen Abgeordneten des 7. Parlamentes viel Erfolg bei Ihrer Arbeit und ich möchte noch mal darum bitten: Stärken Sie das Petitionsrecht! Gehen Sie auf die Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu! Hören Sie auf ihre Signale und kümmern Sie sich um sie! – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(lang anhaltender Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Borchardt.

Auch wir wünschen Ihnen für Ihren neuen Lebensabschnitt alles Gute! Und ich denke, wir werden auf die eine oder andere Art und Weise von Ihnen hören.

(Heiterkeit bei Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist wohl sicher. – Jochen Schulte, SPD: Massenpetition von Frau Borchardt. – Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Ich rufe auf für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Marc Reinhardt, CDU: Liebe Maika!)

Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu und wir blicken auf eine ereignisreiche Zeit im Petitionsausschuss zurück.

(Egbert Liskow, CDU: Das stimmt.)

Als Mitglied dieses Ausschusses kann ich Ihnen berichten, dass die Arbeit immer hochspannend war

(Udo Pastörs, NPD: Oh Mann!)

und – ich denke, da spreche ich für alle Fraktionen – manchmal auch sehr lehrreich.

Der Petitionsausschuss ist ein wichtiges Element unserer demokratischen Landesverfassung. Kein anderer Ausschuss befasst sich so unmittelbar mit den Wünschen, Sorgen und Bitten der Bürgerinnen und Bürger und kann auf eine so direkte Art und Weise auf das Handeln von Verwaltung und Politik Einfluss nehmen. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes stehen im Petitionsausschuss immer im Fokus.

Um das in uns gesetzte Vertrauen zu würdigen, ist es unsere Pflicht, verantwortungsvoll und gewissenhaft mit den an uns gerichteten Petitionen umzugehen. Eine intensive Beschäftigung mit jedem einzelnen Anliegen hatte für uns daher immer oberste Priorität und Herr Dachner hat ja diese Einzelheiten auch schon genannt. Ich verzichte darauf, das zu wiederholen. Es war immer unser Ziel, eine sachgerechte Prüfung jeder Petition durchzuführen, und wenn einem Anliegen nicht entsprochen werden konnte, dann war es für uns umso wichti

ger, umso bedeutsamer, dem Petenten unsere Entscheidung auch verständlich zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns in dieser Legislaturperiode mit einem großen Spektrum an Themen befasst und schließen mit diesem Bericht noch mal 79 und weitere 72 Petitionen mit dem Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, ab. Das sind noch mal 151, die uns auf einen Missstand aufmerksam machten und uns dazu veranlassten, Initiative zu ergreifen. Sie bewiesen uns immer wieder, dass das Petitionsrecht einen positiven Effekt für die Menschen in unserem Land haben kann. Solch ein Beispiel möchte ich Ihnen gern nennen. Herr Dachner hatte das auch schon angesprochen.

Den Petitionsausschuss erreichte die Petition einer vierfachen, alleinerziehenden Mutter, die im ländlichen Raum lebt und wo das jüngste Kind nunmehr vier Monate alt ist. Zudem wurde bei einem anderen Kind ein Schwerbehindertengrad von 100 diagnostiziert. Um mit dem Kind Arzt- und Therapiebesuche wahrnehmen, aber auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, ist sie auf ein Auto angewiesen.