Protocol of the Session on July 6, 2016

(Torsten Renz, CDU: Wann war das?)

Das Ergebnis ist bekannt. Es gibt heute leider keine gemeinsame Initiative aller demokratischen Fraktionen. Herr Saalfeld hat es dargestellt.

(Torsten Renz, CDU: Ach so, stimmt ja. Hat mich angeschrien.)

Offenbar hat sich die Finanzministerin, die schon im Dezember 2014 der Bremsklotz bei den Bemühungen um eine Praktikantenvergütung war, erneut durchgesetzt. Dabei beruft sie sich nach wie vor auf Paragraf 6 der Landeshaushaltsordnung, nachdem bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes nur die Ausgaben

zu berücksichtigen sind, die zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig sind. Praktikantinnen und Praktikanten, die freiwillige Praktika oder Pflichtpraktika als Bestandteil einer dem Landesrecht unterliegenden Schul- oder Hochschulausbildung absolvieren, erledigen nach ihrer Auffassung offenbar keine für das Land notwendigen Aufgaben.

Leider, leider gibt es heute auch keine gemeinsame Initiative der demokratischen Opposition. Und da bin ich das nächste Mal baff, denn wie mir mitgeteilt wurde, bekamen wir von Ihnen, Herr Saalfeld, zwar die Mitteilung, dass die GRÜNEN-Fraktion sich aufgrund des Scheiterns der mehrfraktionellen Initiative entschieden habe, keinen Antrag zu stellen, umso erstaunter waren wir dann doch mit Blick auf die Tagesordnung, dass die GRÜNEN-Fraktion einen solchen Antrag gestellt hat. Man hätte auch meine Fraktion fragen können, ob es einen gemeinsamen Antrag der Opposition gibt.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie daher bitten, lieber Kollege Saalfeld, aufgrund dieses Agierens ein bisschen in sich zu gehen.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Natürlich, meine Fraktion ist Ihr politischer Wettbewerber auf der Oppositionsbank, und ja, wir befinden uns mittlerweile im Vorwahlkampf, dennoch sollte ein Mindestmaß an Kollegialität im gegenseitigen Umgang gewahrt bleiben.

Nun, ich neige nicht zu trotzigem Verhalten und will mich daher weiter mit dem inhaltlichen Ansatz des Antrages auseinandersetzen. Ich bin der Meinung, dass die Rückzugsgefechte der Koalitionäre mit Blick auf die Landeshaushaltsordnung schon ein Stück scheinheilig sind, denn neben der Haushaltsordnung gilt der alte Grundsatz, was politisch gewollt ist, wird auch finanziert.

In der Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Foerster auf Drucksache 6/3586 aus dem Januar 2015 teilte die Landesregierung schließlich mit, dass den Praktikantinnen und Praktikanten, über die wir heute reden, ja durchaus eine Vergütung gezahlt werden könne. Es bestehe aber kein Rechtsanspruch. Und, das ist das Interessante an dieser Antwort, die Landesregierung lieferte auch die Lösung für das vermeintlich unüberwindbare haushaltsrechtliche Problem mit.

(Heinz Müller, SPD: Gut.)

Sie teilte mit, es bedürfe einer Modifizierung im Paragrafen 6 Landeshaushaltsordnung und damit der Möglichkeit, zukünftig auch Ausgaben zu planen und zu leisten, obwohl diese nicht zwingend zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig sind. Na, dann machen wir doch einfach das, was uns die Landesregierung empfohlen hat! Schließlich ist der Landtag Haushaltsgesetzgeber und könnte folglich auch Ministerin Polzin aufgleisen und in Sachen Praktikumsrichtlinie für das Land auf den Weg schicken. Da dieser Punkt im Antrag der GRÜNEN fehlt, haben wir uns erlaubt, Ihnen einen Änderungsantrag genau mit dieser Formulierung vorzuschlagen.

Die Haltung der Landesregierung, insbesondere der Finanzministerin, erscheint zudem merkwürdig – auch

das ist hier vom Kollegen Saalfeld schon vorgestellt worden –, wenn man sich vergegenwärtigt, was in der Praktikantenrichtlinie des Bundes vom 1. Januar 2015 geregelt ist. Dort findet sich – ich wiederhole das – neben der Festlegung, dass Pflichtpraktika mit mindestens 300 Euro Aufwandsentschädigung vergütet werden können, auch die Festlegung, dass freiwillige Praktika generell mit Bezug auf den Tarifvertrag für Angestellte des öffentlichen Dienstes zu vergüten sind. Sonst schaut man ja auch gern auf den Bund. Warum macht man es an dieser Stelle nicht?

Dazu kommen Regelungen für die Gewährung von Sachbezügen – auch darüber könnte man ja nachdenken – wie Wohnheimunterbringung, Taxi- oder Essensgutscheine. Auch was die Erstellung von Zeugnissen, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder den Urlaubsanspruch angeht, finden sich wichtige Festlegungen. Was in Berlin beziehungsweise auf Bundesebene möglich ist, das sollte hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich sein? Ich weiß es nicht. Ich kann das nicht glauben und in der heutigen Debatte ist bislang kein nachvollziehbares Argument dagegen aufgeführt worden.

Arbeits-, Bildungs- und Finanzministerium arbeiten ja auch nach dieser Landtagssitzung weiter und sollten die Zeit bis zur Neukonstituierung des Landtages nutzen, um neu zu bewerten, inwieweit die Regelung der Praktikantenrichtlinie des Bundes als Blaupause für eine Richtlinie hierzulande dienen könnte. Wenn dazu der schon erwähnte Paragraf der Landeshaushaltsordnung geändert werden muss, dann sollte es der Landtag beschließen.

(Torsten Renz, CDU: So sehe ich das auch, Herr Ritter.)

Wir können heute sozusagen in Vorleistung gehen. Besser heute als später, aber da sich abzeichnet, dass die Mehrheiten dafür nicht stehen, Kollege Renz, sollten wir spätestens in der neuen Wahlperiode wieder darüber reden, aber nicht nur reden, sondern endlich auch handeln.

(Torsten Renz, CDU: Jawoll!)

Wir werden jedenfalls, das kann ich hier im Namen des Kollegen Foerster versprechen, dranbleiben, denn ein Land guter Arbeit werden zu wollen – das ist auch für den Ministerpräsidenten ja wichtig –, muss ebenso für Praktikantinnen und Praktikanten gelten und schließt eine solche Regelung ein. Bislang haben sich die Ministerien und die Landesverwaltung insgesamt in unserem Land in dieser Sache nicht als vorbildlich erwiesen und eben nicht mit Ruhm bekleckert.

Namens meiner Fraktion bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. In diesem Fall würden wir dem dann erweiterten Antrag der GRÜNEN-Fraktion zustimmen, uns ansonsten enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Gundlack.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, wir haben den Antrag bekommen, alle, und es hat auch dazu

geführt, dass wir die Fraktion der GRÜNEN gebeten haben, den zu schieben, den Antrag, das ist alles richtig, denn wir haben uns in der Zwischenzeit sehr, sehr intensiv mit diesem Thema befasst, und das nicht nur ein Mal.

(Torsten Renz, CDU: Schweißperlen auf der Stirn.)

Na Schweißperlen nun nicht, aber zumindest haben wir uns sehr intensiv damit befasst. Das ist nun mal so und das ist auch gut so.

Aber, meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beinhaltet in gewohnter Weise leider wieder einmal eine pauschale Unterstellung. Der Antrag unterstellt nämlich, dass Praktikantinnen und Praktikanten in der Landesverwaltung grundsätzlich nicht vergütet, also folglich ausgebeutet würden. Der Antrag ist populistisch und soll ein Gefühl der Ungerechtigkeit und Vorteilsnahme der bösen, bösen Landesregierung gegenüber Praktikantinnen und Praktikanten schüren.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie hätten dem Antrag ja eine andere Tonalität geben können, wenn Sie daran mitgearbeitet hätten.)

Dieser Antrag gehört in die Kategorie „Generalkritik an der Landesregierung“ und wird die Wut wahrscheinlich noch ein bisschen anheizen. Aber die Arbeit der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesbehörde, die sich freiwillig und sehr engagiert um Praktikantinnen und Praktikanten kümmern, wird von den GRÜNEN im Landtag diskreditiert. Ich kann es nämlich selber bestätigen, ich habe selbst auf der kommunalen Ebene Praktikanten gehabt, und da muss man sich als Mitarbeiter schon fragen, was für eine Arbeit dieser Praktikant macht. Und wenn er dafür noch Geld bekommt, dann muss ich für mich selber fragen, was habe ich dafür für eine Entlohnung bekommen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er soll doch kein Gehalt bekommen, sondern eine Praktikantenentschädigung!)

Ja, 300 Euro soll er kriegen, das ist auch eine Entschädigung. Das ist Geld.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie bitte?

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verdienen die denn weniger als 300 in der Verwaltung? Ich verstehe das nicht.)

Darum geht es doch jetzt gar nicht! Darum geht es doch gar nicht, Herr Saalfeld! Es geht darum, dass sie eine Entlohnung von 300 Euro bekommen sollen. Da haben wir gesagt, und da sage ich als Mitarbeiter auch, das geht nicht.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dann fragt sich doch der Mitarbeiter, warum er keine 300 bekommt.)

Nee, warum er so wenig bekommt nachher, wahrscheinlich.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Unter 300 Euro bekommt der Verwaltungsmitarbeiter?)

Sie müssen richtig zuhören, Herr Saalfeld, dann verstehen Sie es vielleicht auch.

Aber, meine Damen und Herren, in der Landesverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine „Generation Praktika“ wie in einigen Branchen in der freien Wirtschaft. In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage auf der Drucksache Nummer 6/3586 ist sehr gut herausgearbeitet, dass verschiedene Praktika bereits über den Tarifvertrag (TV Prakt-L) und das Berufsbildungsgesetz (BBiG) vergütet werden. Ich möchte den Sachverhalt kurz darstellen.

Fallgruppe 1. Dieser Tarifvertrag „gilt ausschließlich für“ alle „Praktikantinnen und Praktikanten, die Praktika in bestimmten Berufen absolvieren müssen“,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja.)

„weil diese Praktika gesetzlich oder in den Ausbildungsordnungen vorgegeben sind. Sie sind meist eine zusätzliche Voraussetzung für die staatliche Anerkennung im jeweiligen Beruf.“ Diese Berufsfelder kommen in der öffentlichen Verwaltung eher selten vor. Das würde eventuell auf Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen oder Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten zutreffen. Der Tarifvertrag sieht unter anderem einen Rechtsanspruch auf Entgelt vor.

Die Fallgruppe 2 umfasst die Praktikanten-Richtlinien der TdL. Diese Richtlinien regeln die Verfahren für zwei Fallgruppen, einmal für „Praktikantinnen und Praktikanten, für die § 26 BBiG gilt … Typische BBiG-Praktika sind Vorpraktika, die als Zulassungsvoraussetzung für eine Ausbildung gefordert werden, oder Berufspraktika, die nach Abschluss der schulischen Ausbildung oder des Studiums abgeleistet werden müssen.“ Müssen! „Diese Praktikantinnen und Praktikanten haben nach § 17 BBiG einen Rechtsanspruch auf Vergütung.“

Beide bisher genannten Fallgruppen 1 und 2 gibt es nach Auskunft durch die Landesregierung zurzeit aber nicht in der Landesverwaltung.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, und deswegen reden wir über Praktikantinnen und Praktikanten.)

Diese Praktikantinnen und Praktikanten, die in der Landesverwaltung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut und auf ihre berufliche Orientierung hin unterstützt werden, fallen in die Fallgruppe Praktika außerhalb des BBiG.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)