Protocol of the Session on July 6, 2016

Laut der Studie des Braunschweiger Thünen-Institutes ist in Mecklenburg-Vorpommern der Anteil von Kapitaleigentümern, die nicht vor Ort wohnen, im Ländervergleich am höchsten. In den beiden in Mecklenburg-Vorpommern untersuchten Landkreisen – das waren die Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Rügen – werden 34 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche, die im Besitz von juristischen Personen ist, in Mehrheitseigentum, von nicht ortsansässigen Personen bewirtschaftet. Als besonders besorgniserregend ist zu beurteilen, dass mehr als die Hälfte dieser Flächen im Besitz von Investoren ist, die außerhalb der Landwirtschaft ihre Wirtschaftstätigkeit ausüben. Der Flächenerwerb oder die Anteilsübernahme an einer GmbH, Genossenschaft oder Aktiengesellschaft dient ihnen als Kapitalanlage in der Hoffnung auf Spekulationsgewinne.

Ja, meine Damen und Herren, ganz besonders Mecklenburg-Vorpommern braucht hier dringend wirksame Instrumente, um das an gesunder Agrarstruktur zu retten, was noch da ist, denn in Mecklenburg-Vorpommern findet derzeit der größte Eigentümerwechsel im Bereich der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland statt.

Einen solchen Instrumentenkasten bietet unser Gesetzentwurf. Unser Gesetzentwurf fasst geltende Regeln neu zusammen und führt wirksamere Grenzen ein. Es geht um die Regeln in den Bereichen Grundstücksverkehr, Landverpachtungen und Beteiligungen. Außerdem fordert der Gesetzentwurf eine regelmäßige Berichterstattung zur Agrarstruktur. Ich verweise hier auch auf die Einbringung des Gesetzentwurfes im April 2016.

So wird der Grundstücksverkehr unter Genehmigungsvorbehalt gestellt, um die agrarstrukturell nachteilige Verteilung des Grund und Bodens zu verhindern. Das ist unter Paragraf 8 zu finden. Das Prinzip hier ist, wenn der Gegenwert in einem groben Missverhältnis zum Wert des Grundstücks steht,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

kann dem Kauf nur unter Auflagen oder Bedingungen zugestimmt werden. Ein Faktor für die Festlegung eines solchen auffälligen Missverhältnisses ist entsprechend dem Gesetzentwurf in der Regel, wenn der Kaufpreis den Wert des Grundstücks um mehr als 20 Prozent übersteigt.

Die ebenfalls durch den Gesetzentwurf zu vermeidende „marktbeherrschende Stellung“ tritt in der Regel gemäß dem Gesetzentwurf dann ein, wenn mehr als die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche einer Stadt oder Gemeinde im Eigentum des Erwerbers ist.

(Thomas Krüger, SPD: Ist das dann die Marktgröße?)

Für den Erwerb durch Genossenschaften hat unser Gesetzentwurf Sonderregelungen getroffen. Landverpachtungen oder Vertragsänderungen bei Verpachtungen sind nicht nur, wie bereits jetzt üblich, anzuzeigen, sie können durch die Grundstücksverkehrsbehörde beanstandet werden, wenn die Verpachtung eine agrarstrukturell nachteilige Verteilung der Bodennutzung bedeutet, wenn also die Pacht „nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ertrag steht, der bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig zu erzielen ist“. Eine agrarstrukturell nachteilige Verteilung der Bodennutzung liegt in der Regel dann vor, „wenn die Verpachtung sozialen und ökologischen Kriterien zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht“. Das findet sich im Teil 4 des Gesetzentwurfes.

Teil 5 des Gesetzentwurfes widmet sich den Holdingstrukturen. Wir sagen hier, der Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen wird unter bestimmten Voraussetzungen zustimmungsbedürftig. Ein wesentlicher Faktor ist die Prüfung, ob mit dem Erwerb „ein bestimmender Einfluss auf das Unternehmen“ entstehen würde.

Meine Damen und Herren, am Ende des Gesetzentwurfes schreibt er in Paragraf 42 einen LandesAgrarstrukturbericht vor, in dem die Landesregierung dem Landtag, also uns, alle vier Jahre über die agrarstrukturelle Entwicklung sowie die Umsetzung der Vorgaben in diesem Gesetz berichtet. Dieser Bericht enthält insbesondere eine Statistik über die Anzahl genehmigungspflichtiger und genehmigungsfreier Geschäfte. Einige andere Punkte, die im Gesetz zu finden sind, zum Beispiel die regionale Entwicklung des Kaufpreises und der Pachtpreise,

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

sollten dem Landtag berichtet werden und weiterhin eine Einschätzung der Stärken, der Schwächen, der Möglichkeiten und Gefahren für die agrarstrukturelle Entwicklung im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, zum Schluss meiner Rede erinnere ich noch einmal daran: Die zentrale Folge der dramatischen Veränderungen auf dem Bodenmarkt ist ein sich selbst verstärkender Prozess, der zu stetig wachsenden Bodenpreisen führt. Angesichts dieser Entwicklungen fordern wir ein Agrarstrukturgesetz, mit dem dieser Preisspirale endlich ein Riegel vorgeschoben werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Krüger von der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte ja geglaubt, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Gesetzentwurf hier zurückziehen würde, dass wir nicht noch mal eine zweite Debatte

(Beifall Beate Schlupp, CDU)

zu diesem Gesetzentwurf haben würden, aber gut, das ist Sache der GRÜNEN, zu diesem Gesetzentwurf zu stehen, dann beschäftigen wir uns ein erneutes Mal mit diesem Papier.

Meine Damen und Herren, ich bin enttäuscht von der Einbringungsrede meiner Kollegin Frau Dr. Karlowski, denn ich hatte in der Ersten Lesung eine ganze Reihe von Fragen gestellt. Na gut, nun ist es so in der Debatte, wenn man Fragen stellt, muss man spontan darauf antworten, da kann es natürlich sein, dass man das eine oder andere noch mal nachlesen muss, aber dann in der Zweiten Lesung mit keinem Wort darauf einzugehen, das finde ich schon recht schade, denn die Probleme, die ich hier bei der Einbringung erläutert habe,

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sind nach wie vor nicht weg, die sind nach wie vor da. Darauf nicht einzugehen, heißt nicht, den Gesetzentwurf besser zu machen, heißt nicht, die Regierungsfraktionen davon zu überzeugen, dass wir jetzt zustimmen werden.

Meine Damen und Herren …

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das hätten wir im Ausschuss diskutieren können.)

Wir können das nicht im Ausschuss diskutieren, Frau Dr. Schwenke, und ich will auch deutlich machen, warum nicht. Die Diskussion im Ausschuss macht nur dann Sinn, wenn das Grundansinnen eines solchen Gesetzentwurfes zumindest rechtskonform ist, wenn wir zumindest die Chance hätten als Landtag, hier etwas zu regeln.

Ich will auf Ihren Einwurf gerne eingehen. Ich will zitieren aus einem Schreiben des Bundesjustizministeriums, das sich genau mit dieser Frage auseinandergesetzt hat, und das für mich der eigentliche Grund ist, warum wir das nicht im Agrarausschuss am Ende diskutiert haben. Das

Bundesjustizministerium hat – damals ging es um Sachsen-Anhalt, die ein ähnliches Gesetz erarbeitet hatten – vom 22. Juli 2005 geschrieben, ich zitiere: „Ein gravierender, wohl nicht mehr von einer Ländergesetzgebungskompetenz umfasster Eingriff in das Zivil- und Gesellschaftsrecht wäre, wenn die gewollte Genehmigungspflicht zu echten Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Anteilsübertragung gemacht werden würde.“ Zitatende. Darüber kann man sich nicht hinwegsetzen, das ist einfach dann ein No-Go. Das ist etwas, wo wir als Landesgesetzgeber keine Zuständigkeit haben.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Wir formulieren auch Bedingungen für den Bodenerwerb.)

Frau Dr. Karlowski, wir sind uns einig in Ihrer Analyse. Bei der Analyse des Problems, die Sie gemacht haben, sind wir uns einig. Wir wissen aber, dass von der Ländergesetzgebung das Ganze so nicht gemacht werden kann.

Ich möchte mich aber mit Einzelheiten Ihres Antrages gern noch mal auseinandersetzen, denn ich finde, Sie haben sich Arbeit gemacht und da sollten wir uns hier mit Ihren einzelnen Ausführungen noch einmal befassen.

Sie haben uns hier den Paragrafen 8 vorgelegt. Da steht, dass eine vernünftige Größe landwirtschaftlicher Fläche im Verhältnis zur Zahl der Mitglieder von Genossenschaften stehen soll. Da war meine Frage in der letzten Sitzung: Was ist eine vernünftige Zahl von Genossenschaftsmitgliedern im Verhältnis zum Acker? Vielleicht gehen Sie darauf nachher noch mal ein, denn das steht hier drin. Das ist für mich ein Gummiband, das ist für mich nicht wirklich fassbar, wie viele Genossenschaftsmitglieder da sein müssen pro 100 oder pro 1.000 Hektar. Vielleicht können Sie dazu noch mal Ausführungen machen.

Die nächste Ebene, wo ich keine Antwort bekommen habe, das ist der Paragraf 12. Sie wollen, dass wir in Paragraf 12 als Land das Vorkaufsrecht zu den Bedingungen eines Kaufvertrages übernehmen, wenn kein Landwirt bereit ist, zu diesen Bedingungen zu kaufen. Wörtlich heißt es, Paragraf 12 Absatz 2, ich zitiere: „Das Vorkaufsrecht kann durch das Siedlungsunternehmen auch dann ausgeübt werden, wenn kein Landwirt bereit ist, das Grundstück zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu erwerben.“ Zitatende.

Wir übernehmen also Acker oder Grünland, das kein Landwirt zu den Bedingungen des Kaufvertrages haben will. Bedingung des Kaufvertrages, meine Damen und Herren, davon gehe ich jetzt mal ganz fest aus, ist zuallererst der Preis. Das heißt, kein Landwirt ist bereit, diesen Preis zu zahlen, aber das Land soll einspringen und kaufen. Wir übernehmen also Acker, den wir nicht refinanzieren können. Was machen wir mit diesem Acker? Verpachten wir das? Wir verpachten es dann ja zu einem Preis, der sich nicht refinanzieren lässt. Das heißt, wir werden am Ende als Land dazuzahlen müssen. Das ist eine Frage, die Sie einfach mal beantworten müssen. Ist das Ihre Absicht? Fragen über Fragen!

Eine Zumutung ist für mich der Paragraf 21. Da wollen Sie dem Landwirt vorschreiben, dass er auf der Siedlungsstelle zu wohnen hat. Wenn er ein Haus am Rande der Stadt hat und da wohnen würde, das wäre dann nicht möglich.

Überhaupt nicht gehen würde das, was Sie mit einer „marktbeherrschenden Stellung“ beschreiben. Sie sagen uns, dass, wenn 50 Prozent der Fläche einer Gemeinde durch einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet wird, das dann eine marktbeherrschende Stellung wäre. Die Frage ist ja zu stellen: Was ist der Agrarmarkt an dieser Stelle?

(Vincent Kokert, CDU: Aber nicht nur der Gemeinde.)

Ist der Agrarmarkt die Gemeinde

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Frage hätten wir im Ausschuss klären können, Herr Krüger.)

oder haben Sie schon mal von Warenterminbörsen gehört, von aufgabenteiliger Produktion und ähnlichen Dingen?

Wenn wir uns denn mal die Größe angucken: Im Durchschnitt ist es so, dass Sie die Gemeinden so haben, dass wir die Betriebe auf eine Größe von maximal 900 Hektar begrenzen würden, das sind dann Ihre Vorstellungen. Da müssten Sie natürlich die Siedlungsflächen noch abziehen. Wahrscheinlich sind wir dann bei 850 Hektar. Da wäre für Sie dann der Cut, größer dürften die Betriebe nicht werden. Wir haben aber auch natürlich kleinere Gemeinden, da fallen wir auf 600/700 Hektar runter, natürlich auch hier wieder abzüglich der Siedlungsflächen.

Meine Damen und Herren, das ist nicht das Bild, was ich habe. Ich frage Sie einfach mal: Wenn ich einen Biobetrieb habe in einer solchen kleinen Gemeinde, und der hat 700 Hektar Weideland und hält hier Mutterkuhherden – so etwas gibt es, insbesondere im MüritzNationalpark habe ich mir so was angesehen –, und nun bietet sich die Chance, dass dieser Betrieb zur Futterproduktion 300 Hektar dazukaufen kann, und die will er umstellen auf Bioproduktion und will Biofutter machen, um dann eine schöne Kreislaufwirtschaft daraus zu machen, dann ist das nach Vorbild der GRÜNEN nicht möglich, weil dieser Biobetrieb dann ja eine marktbeherrschende Stellung hätte. Das widerspricht im Übrigen dem, was Sie an Konzepten haben, wo Sie uns immer sagen, wir sollen nach Hamburg, Berlin und Ähnliches liefern, das ist alles miteinander nicht vereinbar.

Meine Damen und Herren, ich lasse hier mal einen ganzen Teil weg. Der Gesetzentwurf ist, das habe ich eingangs erläutert,

(Vincent Kokert, CDU: War bisher sehr richtig, was Sie gesagt haben, Herr Krüger.)

verfassungsrechtlich höchst fragwürdig,

(Vincent Kokert, CDU: Kann ich nur unterschreiben.)

würde zu massiven juristischen Streitfällen führen, Stichwort „Gummiparagrafen“, Herr Kokert.

(Vincent Kokert, CDU: Ich habe Sie gelobt. Ich hoffe, Sie haben das zur Kenntnis genommen.)

Er ist wirtschaftlich kontraproduktiv, …

Ich bin sehr stolz auf Sie, Herr Kokert.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

… schränkt das verfassungsmäßige Grundrecht auf freie Wohnortwahl ein, er ist getragen von Ideologie und nicht von wissensbasierten Entscheidungsebenen.