Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will das noch an einem dritten Punkt deutlich machen und das soll es
dann auch gewesen sein. Wenn man auf der einen Seite sagt, Herr Kollege Kokert, dass man mehr Tourismus mit mehr SPNV ins Land holen will, dann muss man sich natürlich auch mal fragen, welche Bedarfe denn tatsächlich da sind. Die Bedarfe, gerade für den touristischen Verkehr, sind ja eben nicht Schienenpersonennahverkehrsangebote. Ich glaube, ich gehöre zu denjenigen hier im Haus, die wenigstens hin und wieder mal den Zug benutzen.
Ich weiß, wovon ich rede. Es sind Fernverkehrsangebote, wo die Leute auch zumindest ihren Koffer unterbringen können.
Wer einmal mit einem Regionalverkehrszug gefahren ist, weiß, wie schwierig das ist. In der ersten Klasse geht es noch, da sind einige von uns ja auch privilegiert, dass wir das so machen können,
das halte ich schon gelinde gesagt – das werfe ich Ihnen nicht vor, Ihnen sowieso nicht, Frau Gajek, aber auch nicht dem Kollegen Jaeger – für fragwürdig. Das ist fragwürdig an diesem Gutachten, das muss man dazusagen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, man muss hier natürlich – und da gebe ich dir, lieber Johann-Georg, völlig recht – zum Beispiel auch über die Frage der Fahrzeuggestellung diskutieren. Ich weiß, dass wir das in diesem Haus schon getan haben, und ich weiß auch, dass ich da durchaus offen für diese Vorschläge bin. Aber dann muss man sich das auch ehrlich angucken.
Ich komme noch mal auf den Antrag, den wir, den Sie heute vorgelegt haben, zurück. Man kann nicht auf der einen Seite fordern, dass bei Ausschreibungen die Verwendung von gebrauchten Fahrzeugen mit einem Wertungsmalus versehen wird, was tatsächlich hier im Lande der Fall ist, und auf der anderen Seite sagen, es ist im Endeffekt völlig egal, welches Modell ich wähle, denn die Grundüberlegung – Herr Minister Pegel hat ja eben schon darauf hingewiesen – bei Fahrzeugpools oder auch anderen Finanzierungsmodellen ist ja genau der Punkt, die einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen aus dieser Situation, dass sie nur 15 Jahre den Vertrag haben, die Fahrzeuge aber doppelt so lange abgeschrieben werden, rauszubringen. Das bedeutet im Endeffekt, das macht nur Sinn, wenn ich über die 15 Jahre hinaus dieses Fahrzeug auch benutze, denn was mache ich sonst damit, wenn der Verkehrsvertrag über 15 Jahre abgelaufen ist. Ich hole mir vielleicht jemand anderen rein im Wettbewerb, das wollen wir ja alle, und der sagt dann Nein, aber wenn
ich jetzt das alte Fahrzeug nehme, das ihr da stehen habt, dann kriege ich hinterher noch weniger Geld rein.
Und wenn wir schon beim Punkt Geld sind, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da habe ich allerdings eine grundlegend andere Auffassung als die, die hier im Antrag in den Fokus gestellt wird, die übrigens auch in dem Gutachten in den Fokus gestellt wird. Man kommt immer wieder auf dieses doch etwas defizitäre Gutachten zurück. Die grundlegende Frage ist, wenn wir mehr Geld im System haben wollen – und jetzt lasse ich mal die Frage beiseite zum Schienenverkehr, der eigentlich vom Bund geleistet werden müsste, in welcher Form auch immer, ob als Fernverkehr, das will ich mal außen vor lassen –, ich rede nur über den wirklich hier im Land zu erbringenden originären Schienenpersonennahverkehr, da muss doch unser aller Interesse sein, dass die Verkehrsunternehmen unter Wettbewerbsbedingungen das bestmögliche Angebot abgeben. Und das bestmögliche Angebot heißt dann immer auch, wir müssen Interesse daran haben, dass die Erlössituation bestmöglich ist, nämlich für sie selbst. Wie soll ich ein Angebot optimieren, wenn derjenige, der es eigentlich erbringen muss, sich hinstellt und sagt, mir ist das völlig egal, ob da einer mitfährt oder hundert am Tag, ich kriege das gleiche Geld. Das ist dann tatsächlich eine Situation, die gerade typisch ist für die Bruttoverträge, die hier angefordert werden in dem Gutachten, wo es demjenigen, der die Leistung erbringt, eigentlich egal sein kann, wie viele das Fahrzeug oder das Verkehrsangebot nutzen, und …
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ach, das glaube ich Ihnen aber nicht, Herr Schulte! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Frau Kollegin Schwenke, es ist in diesem Land tatsächlich so, dass wir eine Mischung aus den verschiedensten Eisenbahnverkehrsverträgen haben. Wir haben Bruttoverträge, wir haben Nettoverträge mit Erlösanreizen, so, wie das hier auch angesprochen worden ist.
Wir haben Verträge, die im Grunde mit Wettbewerbs- oder mit Bewerbungsmaßnahmen verbunden sind. So einfach können Sie sich das nicht machen!
Aber, Herr Kollege Jaeger, lassen Sie mich auf den Punkt zurückkommen, um den es eigentlich geht. Wenn wir mehr Wettbewerb und mehr Effizienz im System haben wollen, dann geht das nur mit den Unternehmen und dann geht das nur darüber, dass diese Unternehmen auch tatsächlich ein Interesse daran haben, mehr Leistungen zu erbringen. Und nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich das so deutlich sage: Das ist gut gemeint gewesen und ich weiß, dass aus Ihrer Fraktion die Intention mit diesem Antrag verfolgt wird. Ich habe mich ja nicht nur mit Ihnen, sondern auch mit anderen unterhalten, dass das durchaus lobenswert ist, aber der Antrag leidet wie gesagt an der Qualität Ihres Gutachtens und wir werden ihn deswegen einfach nur ablehnen können. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde jetzt gern die Kritik des Verkehrsministers hier in der Luft zerreißen.
Ich sehe ja viele kritische Punkte genauso an dem Gutachten und es tut mir auch ein Stück weit für den Gutachter leid,
bei dem ich mir vorstelle, der guckt sich das im Internet an und klopft immer mit dem Kopf auf den Tisch und sagt, Mensch, hätte er nicht dies und jenes noch mal erwähnen können.
Aber die Idee, zu sagen, hier kommt eine innovative Idee, die sollten wir uns im Verkehrsausschuss anhören
und dann die Leute von der Verkehrsgesellschaft einladen, den Gutachter da gern grillen und sagen, was ist da dran, wenn wir mal die Luft rauslassen – also alle die Argumente, die du auch angeführt hast, würde ich ihm gern direkt in der Ausschusssitzung bringen, und dann kämen wir weiter.
Jetzt kommen wir mal zu den positiven Sachen. Die positive Sache ist, das haben Sie ja auch richtig erkannt, dass das Gutachten nicht einfach sagt, wir machen mit dem gleichen Geld ein bisschen Zauber und dann geht die Post ab im Bahnverkehr. Da sagt ja auch der Gutachter, nee, ohne eine richtige Initiative, ohne richtig Geld in
die Hand zu nehmen, werden wir im Land die Abwärtsspirale mit dem Nahverkehr weiter nach unten sehen. Und ich sage mal voraus, am Ende haben wir noch zwei Bahnlinien,
das ist die Bahnlinie von Hamburg kommend über Schwerin–Rostock–Stralsund–Greifswald–Pasewalk nach Berlin runter, und das andere ist die Direktverbindung von
Der Rest steht so ein bisschen auf Kippe. Das ist unser Problem und das wollen wir nicht akzeptieren und sagen, die Bahn hat eine Zukunft im Land Mecklenburg-Vor- pommern. Wir können mehr Leute dahin bewegen, das zu machen, und die Bahn ist auch eine Chance, das haben wir immer wieder betont beim Thema Südbahn, eine Chance für die Räume mit demografischer Herausforderung, zu sagen, wir müssen in diese Richtung gehen, dass wir gerade diese Bahnlinien stärken, diese Siedlungsstrukturen stärken, sodass wir ein Angebot machen können und sagen, an dieser Strecke kannst du auch alt werden, du kommst von hier in die Ballungszentren, du kommst in Richtung Kultur und du musst nicht, wie es momentan der Fall ist, wenn du älter wirst, sagen, dann ziehe ich nach Schwerin, Rostock, Greifswald oder Stralsund,
wo ich irgendwie noch Kulturangebote mitnehmen kann. Ich muss mich ja auf eine Zeit vorbereiten, wo ich mal nicht mehr Auto fahren kann. Das sind Ideen, über die wir, finde ich, nachdenken sollten.
Jetzt kommen wir noch mal zur Karniner Brücke. Das ist ja durchaus auch von der Bürgerinitiative kritisch gesehen worden, dass da plötzlich 100 bis 250 Millionen Euro anstehen. Sollte das nicht alles viel, viel billiger gehen? Ich habe den Gutachter das gefragt und der hat gesagt, wir müssen hier ein Stück weit konservativ rangehen. Es hat doch keinen Zweck, da reinzuschreiben, das kriegen wir für 100 Millionen hin, wenn es am Ende deutlich teurer werden könnte.