Protocol of the Session on June 9, 2016

die Höchstgrenzen von zwei Stunden pro Tag werden häufig nicht eingehalten. Das sagen Schülerinnen und Schüler, das sagen Eltern und das sagt vor allem auch der aktuelle Bericht des Bürgerbeauftragten.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hören Sie mal auf den Bürgerbeauftragten!)

In einer der Studien werden Schüler von fünf Gymnasialstandorten in Vorpommern befragt, und zwar alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7, 10 und 12. 50 Pro

zent von ihnen gaben an, zwischen fünf und sechs Uhr aufstehen zu müssen, manche sogar zwischen vier und fünf Uhr. Ich glaube, Sie wissen aus eigener Erfahrung, wie schwer es Jugendlichen fällt, zu dieser frühen Tageszeit aufstehen zu können.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht nur Jugendlichen.)

Manche Schüler verzeichneten Wegezeiten von vier Stunden am Tag. Schon ein Fünftel der befragten Siebentklässler kommt mit Unterricht, Lernen und Schulwegezeiten auf eine 50-Stunden-Woche und mehr.

Ein hoher Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler empfindet die Situation als belastend oder sogar sehr belastend. Am Gymnasium Bergen, der Schule mit den längsten Anfahrtswegen, gaben über 70 Prozent der befragten Lehrkräfte an, dass sie einen Zusammenhang zwischen der Wegelänge und der Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler bemerkten.

(Torsten Renz, CDU: Wir brauchen uns nicht mit den Folgen zu beschäftigen, wenn die Bestandsanalyse schon falsch ist.)

Den Jugendlichen fehlt die Zeit zur Regeneration, sie schlafen im Durchschnitt weniger, es fehlt Zeit für die Familie, Zeit für den Sport und es fehlt Zeit für das Ehrenamt. Deswegen müssen wir alle Maßnahmen ergreifen und Ansätze entwickeln, die diese schwierige Situation mit einem verhältnismäßigen Kostenaufwand verbessern. Die Senkung der Schülermindestzahlen auf Bundesniveau ist aus unserer Sicht verhältnismäßig.

Es gibt eine Reihe weiterer Möglichkeiten, hier schnell Verbesserungen zu erreichen. Zum Beispiel wäre es ein Leichtes und ohne große Zusatzkosten machbar, die kostenlose Beförderung zur nächstgelegenen Schule zu gewährleisten, denn in Mecklenburg-Vorpommern sind die örtlich zuständigen Schulen zum Teil eben nicht die nächstgelegenen. Es gibt Fälle, da müssen Schüler 70 Minuten bis zu ihrer örtlich zuständigen Schule fahren, obwohl die nächste Schule nur 20 Minuten entfernt ist. Die lange Fahrt ist kostenlos, die monatlich anfallenden 70 Euro für die nächstgelegene Schule müssen jedoch die Eltern übernehmen. Das versteht kein Mensch und solche Beispiele gibt es viele, insbesondere an den alten und auch an den immer noch aktuellen Kreisgrenzen.

Es darf nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler sinnlos durch das Land kutschiert werden, weil es keine kreisübergreifenden Kooperationen im Schülerverkehr gibt

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und weil das Schulgesetz solche Kooperationen auch noch untergräbt. Jeder Schüler muss das Recht haben, die nächstgelegene Schule zu besuchen, ohne die Fahrkosten bezahlen zu müssen. Damit wäre schon vielen im Land geholfen.

Sie sehen, es gibt viele bezahlbare Möglichkeiten, zur deutlichen Verkürzung der Schulwege zu kommen und vor allem die stetige Verlängerung der Wege zu stoppen: Erhalt der Schulstandorte, Senkung der Mindestschülerzahlen auf das Bundesniveau, Überarbeitung der Schul- einzugsbereiche, kostenlose Beförderung zur nächstgelegenen Schule, mehr kreisübergreifende Kooperationen,

bessere Fahrrad- und Fußwege und Optimierungen im Schülerverkehr.

(Torsten Renz, CDU: Bessere Fußwege! – Andreas Butzki, SPD: U-Bahn- Verbindungen vor allem!)

Schulwege von zwei Stunden und mehr pro Tag im ländlichen Raum dürfen nicht der Normalfall in MecklenburgVorpommern sein.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Herr Renz, hätten Sie den Bericht des Bürgerbeauftragten aufmerksam gelesen,

(Marc Reinhardt, CDU: Hubschraubereinsatz! – Torsten Renz, CDU: Pilot Saalfeld dann. Pilot Saalfeld. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

wäre Ihnen aufgefallen, dass es gerade an der Sicherheit der Schulwege im Bereich der Fuß- und Fahrradwege mangelt.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Dazu gab es einige Petitionen.

(Torsten Renz, CDU: Ich komm gar nicht zu Wort bei dem Quatsch.)

Vielen Dank.

Herr Renz, ich bin gespannt auf Ihren Redebeitrag.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Berger.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Mathias Brodkorb.

(Torsten Renz, CDU: Aber jetzt nicht so wissenschaftlich, dass wir es nicht verstehen! – Andreas Butzki, SPD: Einfache deutsche Sprache!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum gibt es diesen Antrag? Ich glaube, die Antwort fällt nicht schwer: Die GRÜNEN munitionieren sich auch für ihren Wahlkampf und sind hier in der Wahlkampfkurve schon mal relativ weit fortgeschritten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Andreas Butzki, SPD – Andreas Butzki, SPD: Ja, genau. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist das.)

Es ist ja schon paradox genug, Frau Berger,

(Vincent Kokert, CDU: Die sitzen auch im ländlichen Raum, ja.)

dass Sie die Fragen der Kollegen, die Ihnen zugerufen wurden, nicht beantwortet haben.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Natürlich, alle!)

Die Gäste, die heute hier im Landtag sind, haben das vielleicht nicht gehört, gefragt wurde:

(Andreas Butzki, SPD: Da stelle ich aber mal klar, das ist meine Besuchergruppe.)

Frau Berger, wie viele Schulen sind denn in den letzten vier, fünf Jahren, in dieser Legislaturperiode, geschlossen worden?

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 120 in den letzten zehn Jahren.)

Wie viele,

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 120 in den letzten zehn Jahren, Herr Minister.)

wie viele Schulen sind in den letzten fünf Jahren geschlossen worden? Frau Berger hat sich vor der Antwort gedrückt. Ich kann auch nachvollziehen, warum. Ich persönlich kann mich nicht an eine erinnern,

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klar, sind alle schon geschlossen. – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Damshagen.)

jedenfalls wenn wir mal die aktuelle Schulentwicklungsplanung ausklammern.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum ist das so? Das ist ganz einfach, Frau Berger hat es auch gesagt, die Schülerzahlen steigen,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, so einfach ist das.)

und zwar seit Jahren, und sie werden auch in den nächsten Jahren steigen.

Das finde ich wirklich absurd, Frau Berger, auch wenn es Ihnen vielleicht für den Wahlkampf nützt, die Menschen mit einer Debatte über die Schließung von Schulen zu verunsichern, wenn wir steigende Schülerzahlen haben und mit diesem Thema eigentlich in dieser Legislatur