Und ich will an dieser Stelle auch noch mal die Landwirtschaft ansprechen. Glauben Sie wirklich im Ernst, dass ein verantwortungsbewusster Landwirt das Wertvollste, was er hat, nämlich den Grund und Boden, derart behandelt, dass er in der Zukunft nicht mehr nutzbar ist?
Deswegen sollten wir ausdrücklich, ausdrücklich an die Industrie und selbstverständlich auch an die vier Großkonzerne appellieren – es gibt ja nur noch vier große Konzerne weltweit –, die sollten langsam zu der Erkenntnis kommen, dass sie auch andere Themenstellungen, nicht nur Gewinnmaximierung, sondern den vorbeugenden Gesundheitsschutz und auf der anderen Seite selbstverständlich ein Nachsorgeverfahren zu entwickeln haben.
Und da nehmen wir zur Kenntnis, dass das im Übrigen auch zu erheblichen Mehrkosten führen wird und letzten Endes damit der Landwirtschaft tatsächlich ein wichtiges Instrument zur Gesunderhaltung der Kulturen genommen wird.
Insofern glaube ich auch noch mal sagen zu dürfen, Sie fangen wieder an – das hängt natürlich auch mit dem Wahlkampf zusammen, das ist mir vollkommen klar –, Sie haben wieder angefangen, die Landwirtschaft (in Klam- mern: konventionell) unter Generalverdacht zu stellen. Ich mache das nicht. Wir brauchen die Landwirtschaft in Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern zum Leben.
(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Sie, Herr Backhaus, nicht um die Landwirtschaft.)
Und ich glaube, in dieser Situation, in der ganz angespannten, schwierigen Lage, in der wir uns befinden,
ist es notwendig, dass man auch der Landwirtschaft den Rücken stärkt, und zwar wissensbasiert und nicht ideologiebasiert. Damit kommen wir nicht weiter. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN suggeriert, dass entweder die Frage zu den Risiken von Glyphosat kurzfristig zu klären wäre oder für eine entsprechende Prüfung unbegrenzte Zeit zur Verfügung stünde. Beides ist nicht der Fall.
In den vergangenen Jahren – und es sind genau drei Jahre gewesen – wurden 343 Studien zur Neubewertung des Wirkstoffes Glyphosat vorgelegt, wonach es bei ordnungsgemäßer Anwendung des Wirkstoffes und von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln keine gesundheitlichen Risiken für Anwender oder unbeteiligte Dritte gebe. Sowohl das Bundesamt für Risikobewertung, das Umweltbundesamt und die EFSA erklären, dass von Glyphosat keine Gefahren ausgehen.
Im Widerspruch dazu stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung Glyphosat in die Risikogruppe 2A „wahrscheinlich karzinogen“ ein, im Übrigen zusammen mit rotem Fleisch, offenen Kaminen, Mate und Schichtarbeit.
Aus meiner Sicht wird eine kurzfristige und vor allem eine von allen akzeptierte abschließende Beurteilung der Wirkungen von Glyphosat – auch wegen bisher fehlender repräsentativer Langzeitstudien durch die IARC – nicht möglich sein. Obwohl auch die Schichtarbeit im Verdacht steht, wahrscheinlich krebserregend zu sein, denkt zumindest nach meiner Kenntnis niemand darüber nach, sie zu verbieten. Es hat also einen weitgehend jenseits einer öffentlichen Debatte geführten Abwägungsprozess mit diesem Ergebnis gegeben, der allgemein akzeptiert zu sein scheint. Beim Glyphosat hingegen findet dieser sehr kontrovers geführte Abwägungsprozess schon lange in der Öffentlichkeit statt.
Fakt ist, die Gefährlichkeit von Glyphosat wird von der IARC weit unter dem Gefahrenniveau zum Beispiel von alkoholischen Getränken, Wurst und Schinken oder Holz und Lederstaub eingestuft. Fakt ist, beim Verbot von Glyphosat wäre eine pfluglose Bodenbearbeitung unmöglich. Die pfluglose Bodenbearbeitung trägt aber nachhaltig zum Klimaschutz bei, da durch verringerte Umsätze im Boden weniger klimaschädliche Gase freigesetzt werden. Der Druck von Unkräutern und Ungräsern ist aufgrund des Einsatzes von Glyphosat zurückgedrängt worden. Sollte sich dies in den kommenden Jahren ändern, wäre ein vermehrter Einsatz von anderen Wirkstoffen beziehungsweise eine verstärkte mechanische Bearbeitung der Flächen notwendig. Beides ist meines Erachtens nicht zielführend.
Des Weiteren würde bei einem Verbot von Glyphosat die Qualität des Erntegutes, aber auch die Menge zurückgehen. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einem Rückgang der arbeitskostenfreien Leistung von bis zu 40 Prozent pro Hektar und Jahr, je nach Fruchtfolge.
Trotzdem plädiert auch meine Fraktion nicht für ein Ignorieren der Diskussion. Vorsorglich haben wir beispielsweise – und das wurde heute schon angesprochen – im federführenden Agrarausschuss gemeinsam beschlossen,
dass die Landesregierung sich für ein Anwendungsverbot in Kleingärten und öffentlichen Bereichen sowie die Untersagung des genehmigungsfreien Verkaufs an Nichtlandwirte einsetzen soll. Insgesamt ist es für meine Fraktion jedoch nicht verständlich, dass gerade das Bundesumweltministerium, dessen nachgeordnete Behörde, das Umweltbundesamt, die Unbedenklichkeit von Glyphosat bestätigt hat, diese Beurteilung infrage stellt. Das geht zulasten der ohnehin gebeutelten Landwirte und schürt Ängste bei den Verbrauchern.
Meine Fraktion steht nach wie vor für die Zulassung von Glyphosat auf wissenschaftlicher Basis. Sollte es zukünftig belastbare Erkenntnisse geben, dass Glyphosat auch bei sachgemäßer Anwendung tatsächlich krebserregend ist, muss sicherlich eine andere Entscheidung getroffen werden. Jetzt gilt es aber, eine Entscheidung zu treffen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußt und sowohl die Interessen der Landwirte als auch der Verbraucher und der Umwelt berücksichtigt. Wir lehnen deshalb den vorliegenden Antrag ab.
(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Das war eine tolle Rede. Endlich mal Ehrlichkeit!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute geht es also wieder einmal um den Dauerbrenner Glyphosat. Allein in dieser Legislaturperiode gab es dazu mehrere Anträge namens der Fraktionen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und meiner Fraktion sowie mehrere Kleine Anfragen. Daneben spielt dieses am meisten angewandte Totalherbizid in der öffentlichen Debatte um die Art und Weise, wie in Deutschland, in der Europäischen Union und in der ganzen Welt Landwirtschaft betrieben wird, eine herausragende Rolle.
Was dabei oftmals auf der Strecke bleibt, ist die Sachlichkeit. Ausnahmen bestätigen auch in diesem Fall die Regel, wenn es zum Beispiel um die vielen Diskussionen hier im Landtag geht. Meiner Meinung nach haben wir fast immer – fast immer! – versucht, bei diesem Thema Sachlichkeit und Fachlichkeit walten zu lassen oder, wie Minister Backhaus zu sagen pflegt, eine wissensbasierte Debatte zu führen.
Seinerzeit brachte meine Fraktion einen Antrag in den Landtag ein, den Einsatz des Wirkstoffes Glyphosat zu beschränken. Trotz öffentlicher Anhörung und vieler sachlicher Argumente, die sich für eine deutliche Begrenzung aussprachen, wurde der Antrag abgelehnt. Es gelang auch nicht, eine einigermaßen befriedigende Entschließung zu erarbeiten.
Allerdings waren damals die unterschiedlichen Bewertungen der verschiedenen Unterorganisationen der Vereinten Nationen noch nicht bekannt, die sich scheinbar
widersprechen. Einerseits hat die Internationale Krebsforschungsagentur IARC geurteilt, Glyphosat sei vermutlich krebserregend beim Menschen. Andererseits kamen jedoch die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA ebenso wie Fachleute der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Welternährungsorganisation FAO zum Schluss: Eine krebserregende Wirkung ist unwahrscheinlich, wenn das Mittel – und darauf lege ich jetzt sehr viel Wert – bestimmungsgemäß angewendet wird.
Seither tobt der Kampf um die Deutungshoheit über diese Studien und Einschätzungen. Zuletzt hat das Thema Glyphosat einen veritablen, bis heute nicht gelösten Koalitionsstreit in Berlin ausgelöst. Dieser war der Haupt- grund dafür, dass es bisher zu keiner langfristigen Verlängerung der Zulassung dieses Mittels in der Europäischen Union kam. Und das ist, denke ich mal, gut so.
Am Montag wurde nun im zuständigen EU-Ausschuss über einen neuen Vorschlag der Kommission abgestimmt. Sie – die Kommission – plante eine Verlängerung der Zulassung für das möglicherweise krebserregende Glyphosat um bis zu 18 Monate, um die Ergebnisse eines Gutachtens der Europäischen Chemikalienagentur ECHA mit Sitz in Helsinki abzuwarten. Dieses Ergebnis ist gewissermaßen typisch europäisch: Es ist immer noch keine Entscheidung getroffen. Damit wird eine weitere Abstimmung in einem Vermittlungsausschuss nötig. Falls diese wiederum ohne Ergebnis bleibt, entscheidet die EU-Kommission. Allerdings – das sollten wir auch beachten – verliert Glyphosat Ende dieses Monats die Zulassung in der Europäischen Union.
Meine Kollegin und Parteifreundin, die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Dr. Kirsten Tackmann, bemerkte dazu, ich zitiere: „Während Bundes- agrarminister Schmidt und Union nach wie vor das Mantra der Unbedenklichkeit von Glyphosat vor sich hertragen, zeigt der neue Vorschlag der EU-Kommission, dass sie Zweifel an dieser Bewertung unterdessen anerkennt. Allerdings bleibt die Kommission inkonsequent. Denn aus Sicht der LINKEN heißt Vorsorgeprinzip: Im Zweifel gegen eine weitere Zulassung“, Ende dieses Zitats.
Das trifft es, wie ich finde, genau auf den Punkt. Eine befristete Lösung kann zwingend nur unter der Voraussetzung, dass unverzüglich bestehende Zweifel geklärt und Kenntnislücken geschlossen werden, überhaupt zielführend sein. Und zwar muss das unabhängig von Einflüssen der Agrar- und Chemielobby und ausschließlich im Interesse des Schutzes von Mensch und Umwelt erfolgen.
Unabhängig von der künftigen Entscheidung in Brüssel bleibt DIE LINKE bei ihrer Forderung nach längst überfälligen Sofortmaßnahmen zur Risikoreduzierung. Dazu gehört die Verhinderung des Eintrags in die Lebensmittelkette, zum Beispiel durch ein konsequentes Verbot der Vorerntebehandlung – das hatten wir seinerzeit auch mit in unserem Antrag – oder von Anwendungen im Klein- gartenbereich sowie auf privaten und kommunalen Flächen. Nichts anderes forderten wir in unserem Antrag im Jahre 2013.
Ich hoffe, dass auch bei den Befürwortern von Glyphosat die Erkenntnis reift, dass dieses Totalherbizid nicht risikolos eingesetzt werden kann und dass es die Aufgabe der Politik ist, solche Risiken für unsere Bevölkerung und für die Umwelt auszuschließen beziehungsweise wenigstens
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in dieser Landtagswoche von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zwei Anträge, die sich mit landwirtschaftlichen Themen beschäftigen. In beiden Anträgen geht es darum, Pflanzenschutzmittel zu verteufeln. Ziel der GRÜNEN ist 100 Prozent Bio.
Es stellt sich die Frage: Was heißt es denn, wenn wir 100 Prozent Bio haben? Zuallererst heißt es, meine Damen und Herren, dass die landwirtschaftliche Produktion um 50 Prozent sinkt.
Dann könnte man ja sagen: Gut, dann sind das alles Bioprodukte, wir haben entsprechend höhere Preise und damit ist die Wertschöpfung immer noch gegeben. Und genau das, meine Damen und Herren, ist falsch. Wir sehen es gerade bei der Milch. Wenn man am Markt vorbei produziert, gehen die Preise in den Keller. Das Nachsehen hätten die Landwirte. Was es für eine Gesellschaft heißt, wenn man am Markt vorbei arbeitet, das habe ich erlebt in meiner Jugendzeit. Das ist etwas, was ich so nicht mehr möchte. Ich bin ein Freund von Märkten. Allerdings sage ich auch ganz klar, dass Märkte Regeln brauchen, die ihnen vorgegeben werden – dafür ist die Politik zuständig –, aber eben trotzdem noch Märkte mit einem typischen Marktverhalten.