Protocol of the Session on April 22, 2016

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Wirklichkeit habe ich attestiert.)

Nein, nein, Sie haben im Endeffekt mir vorgeworfen, ich würde mit meiner Pressemitteilung Wahlkampf machen wollen. Dann frage ich mich aber: Wer hat zuerst einen Antrag mit diesem Thema hier auf die Tagesordnung gebracht? Das war meiner Meinung nach die Fraktion der GRÜNEN.

(Regine Lück, DIE LINKE: Dürfen die jetzt keine Anträge mehr stellen, oder was?)

Außerdem möchte ich hiermit noch einmal darauf hinweisen, dass die Pressemitteilung zuerst die Ihrige war, auf die wir dann geantwortet hatten.

(Heinz Müller, SPD: Ach, guck einer an! – Rainer Albrecht, SPD: Aha! – Zurufe von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir hier im Plenum vielleicht Gespräche führen wollen, ist das eine Sache, aber wenn wir uns jetzt fast nur noch über Pressemitteilungen unterhalten, dann kann ich von meiner Seite aus sagen: Wahlkampfgetöse!

Nun aber zum Thema: Worüber reden wir denn hier eigentlich?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist die Frage.)

Der Semesterbeitrag des Studentenwerks Rostock soll von jetzt 45 auf 60 Euro steigen. Ich habe mal durchgerechnet: Das wären 15 Euro mehr, wohlgemerkt für ein ganzes Semester.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das mit dem Durchrechnen hat geklappt.)

Das wären 2,50 Euro im Monat.

(allgemeine Unruhe – Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie viel?)

Für den einen oder anderen Studierenden ist dies sicher viel Geld.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was haben Sie jetzt gesagt?)

So lange ist ja unsere Studentenzeit auch noch nicht her. Stimmts, Herr Saalfeld?

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich spreche hier wahrscheinlich für alle im Hause, und da bin ich mir auch sicher, wenn ich sage, dass unsere Studierenden im Lande finanziell so wenig wie möglich belastet werden sollen. Aus diesem Grund haben wir auch immer die Studiengebühren abgelehnt und tun dies auch künftig.

Glauben Sie im Ernst, lieber Herr Saalfeld, dass sich auch nur eine Studieninteressierte oder ein Studieninte

ressierter von einem Studium in Rostock abhalten lässt, nur weil er nun 8 Cent pro Tag mehr an Semesterbeitrag leisten muss?

(Rainer Albrecht, SPD: Bestimmt.)

Das glauben Sie nicht wirklich, oder?

(Manfred Dachner, SPD: Natürlich glaubt er das. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Er möchte es uns glauben machen.)

Aber warum eigentlich erhöht das Studentenwerk Rostock die Semesterbeiträge gerade jetzt?

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der neue Geschäftsführer begründete dies allein mit den seit 2009 nicht mehr gestiegenen Landeszuschüssen. Dies ist nicht ganz richtig, denn für die Haushaltsjah- re 2012 und 2013 wurde der Zuschuss der Studierendenwerke Rostock und Greifswald erhöht, weil die Abgeordneten der Koalition damals das Signal bekamen, dass es einen temporären Mehrbedarf geben würde. Während der letzten Haushaltsdebatte haben weder ich noch einer meiner Kollegen ein solches Signal bekommen. Erst vor gut einem Monat haben wir das erste Mal davon gehört.

(Katharina Feike, SPD: Man versteht nichts. – Torsten Renz, CDU: Dichter ans Mikro!)

Aber jetzt ist der Doppelhaushalt 2016/2017 ja bereits beschlossen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir werden natürlich die Studentenwerke nicht alleinlassen. Der Minister Brodkorb hat es bereits ausgeführt, es wird nächste Woche auf unserer Landesdelegiertenversammlung einen entsprechenden Beschluss geben

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wow!)

und ich bin mir ganz sicher –

(allgemeine Unruhe)

einen Antrag geben, Entschuldigung –, aber ich bin mir ganz sicher, dass dieser Antrag auch eine breite Mehrheit finden wird.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für was ist das Programm? Für den Wahlkampf?)

Zum vollständigen Bild – und zur ganzen Wahrheit übrigens – bei der Semestergebührenerhöhung gehört auch, dass das Studentenwerk von seiner neuen Möglichkeit Gebrauch macht und die psychologische Beratung ausbauen will. Dies ist gut, aber dieses zusätzliche Angebot muss natürlich ebenfalls über Beiträge finanziert werden.

Nun möchte ich mich auch noch mit dem zweiten Punkt Ihres Antrages beschäftigen, jedenfalls dem, den Sie hier vorgetragen haben. Das Finanzamt Rostock hat wie andere Finanzämter bundesweit auch seine Ansicht bezüglich des Mehrwertsteuersatzes für Studierendenwerke geändert. Danach sollen jetzt Bedienstete der Universitäten und Hochschulen statt wie bisher den ermäßigten

Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent den für Kantinen ansonsten üblichen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zahlen.

Nun möchte ich noch ein bisschen erklären, wie so eine Kalkulation funktioniert. Sie, Herr Saalfeld, hatten es ja auch schon angedeutet. Die Bediensteten bezahlen schon jetzt einen Essenspreis, mit dem das Studierendenwerk einen kleinen Gewinn erwirtschaften kann. Zusammen mit dem Gewinn aus den Umsätzen durch Gastesser – denn es gibt auch Gastesser – werden die Essenspreise der Studierenden teilweise mitfinanziert und dadurch gering gehalten. So weit, so gut, aber eben nicht für die Studierendenwerke, denn wenn die Essenspreise für die Bediensteten um zwölf Prozent steigen oder aber wenn eine Preiserhöhung ausbleibt, wird der Gewinn aus diesen Einnahmen durch die Bediensteten geringer. Das ist ein kalkulatorisches Problem, welches das Studentenwerk lösen muss.

Den Grundgedanken, dass Bedienstete ebenso wie Gäste 19 Prozent Mehrwertsteuer aufzubringen haben, teile ich im Übrigen. Es ist für mich schwer nachvollziehbar, warum das Essen für Fabrikarbeiter und Fabrikarbeiterinnen im Nestlé-Werk hier in Schwerin mit 19 Prozent besteuert werden soll, aber das Essen eines Professors nur mit 7 Prozent. Ich kenne die Qualität des Essens, die Vielfalt der Essensauswahl und die Preise des Studierendenwerkes sehr genau. Dass die Bediensteten nun einen großen Bogen um Rostocker Mensen machen, nur weil die Mahlzeit jetzt mit 19 Prozent besteuert werden soll statt mit dem für Studierende geltenden ermäßigten Satz von 7 Prozent, kann ich mir nicht wirklich vorstellen und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das wirklich auch Ihre Meinung ist, Herr Saalfeld.

(Unruhe bei Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Passen Sie auf, Herr Saalfeld!

(Patrick Dahlemann, SPD: Frau Wippermann redet mit Ihnen!)

Ich mache mal ein Beispiel, extra für Herrn Saalfeld. Das habe ich extra für Sie herausgesucht.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Heute gab es in der Mensa Südstadt eine vegane Nudelpfanne mit Gemüse für 3,49 Euro. Der Studierende bezahlt übrigens für die gleiche Nudelpfanne 1,87 Euro.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das ist ja das subventionierte.)

Wenn der Steuersatz jetzt wie gefordert auf 19 Prozent steigt, würde der Landesbedienstete, Professor, wie auch immer, 3,86 Euro für dieses gesunde und schmackhafte Gericht bezahlen. Glauben Sie wirklich, dass er sich das nicht leisten kann? Ich finde, es kommen da keine weiteren Fragen mehr auf.

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was also wollen Sie mit Ihrem Antrag erreichen? Sie versuchen hier mal wieder, einen Missstand zu konstruieren,

der keiner ist. Der neue Geschäftsführer ist erst seit einigen Wochen im Amt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass er zusätzliche Bedarfe sowie ein Finanzloch sieht. Außerdem sieht er bei den Semesterbeiträgen noch Spielräume, da diese seit 2010 nicht mehr erhöht wurden.

Mir scheint es, als wenn Sie mit diesem scheinheiligen Angriff in Wirklichkeit von einem Ihrer Versäumnisse ablenken wollen, denn bei allen Themen, die Sie sonst so beackern – Hundestaffel, Polizeihubschrauber oder unsere Werften –, haben Sie in den Haushaltsberatungen ganz vergessen, einen Antrag zur Erhöhung der Landeszuschüsse an die Studierendenwerke zu stellen. Wir von der SPD-Fraktion werden uns an diesen Spielchen nicht beteiligen, wir werden das Problem der Landeszuschüsse vernünftig lösen,

(Rainer Albrecht, SPD: So kennt man uns.)

und unser erklärter Wille ist es, diese ab 2017 zu dynamisieren. Wir lehnen Ihren Antrag ab.