Herr Saalfeld, Sie mussten ja selbst etwas schmunzeln, als Sie von den Höhen des OECD-Berichts und der Frage, wie der Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Bildungserfolg ist, bis zum Mensaessen runter kamen,
(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ganzheitlicher Ansatz. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
denn die Überlegung, dass jemand sein Studium nicht schafft, weil er vielleicht 20 Cent mehr für sein Essen bezahlen muss,
das ist, glaube ich, vielleicht nicht unmöglich zu begründen, aber dafür braucht man doch eine ziemlich große metaphysische Theorie, um das hinzukriegen.
Ich glaube, die OECD-Berichte funktionieren ein bisschen anders. Die funktionieren ja nicht so, dass man sagt, je mehr jemand isst, desto erfolgreicher ist er in der Bildung, oder je preiswerter das Essen, sondern in diese Indikatoren fließen vor allem der Bildungshintergrund der Eltern et cetera, solche Indikatoren ein, wo es dann auch Korrelationen mit dem Einkommen gibt. Also eigentlich geht es eher um die Frage, welche Bildungsressourcen gibt es in einer Familie, die natürlich, wie gesagt, mit einem Einkommen korrelieren können.
Der entscheidende Punkt ist aus meiner Sicht allerdings, noch mal festzuhalten, was im Studierendenwerksgesetz steht. Da steht, die Studierendenwerke sind für die Studierenden da, nicht für die Beschäftigten. Sie haben recht, dass die Essensversorgung auch der Beschäftigten natürlich einen Anteil daran hat, dass Fixkosten getragen werden für die Einrichtung insgesamt, das ist evident, aber ich muss schon sagen, man kann doch zumindest diskutieren, ob ein W3-Professor, der in der Mensa sein Essen einnimmt, eine Mehrwertsteuerermäßigung von zwölf Prozent nötig hat,
oder auch andere Beschäftigte, denn soweit ich weiß, gilt diese Regelung für andere Beschäftigte in diesem Lande, die zum Mittag irgendwo hingehen, nicht, die werden nicht mehrwertsteuerbefreit
oder profitieren nicht von einem erniedrigten Mehrwertsteuersatz. Und da wir alle wissen, dass die Einkommen im öffentlichen Dienst nun nicht gerade die Armutseinkommen sind im Verhältnis zu dem, was hier sonst an Löhnen im Lande gezahlt wird, finde ich es, Herr Saalfeld, sozialpolitisch durchaus begründungsbedürftig, warum wir im Zweifel eine Situation aufrechterhalten sollen, bei der Professoren eine solche Steuervergünstigung bekommen, auch wenn das nicht viele sein mögen, die das in Anspruch nehmen,
oder auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, während Geringverdiener, die in ganz anderen Jobs unterwegs sind, ihre 19 Prozent zu zahlen haben, wenn sie irgendwo ihr Mittagessen einnehmen.
Und wenn Sie darauf hinweisen, dass es schon lange diese Regelung gibt – das mag so sein, ich bin ja auch kein Steuerrechtsexperte –, dann ist das noch kein Argument dafür, etwas, was vielleicht auch bedenklich sein könnte, gerade sozialpolitisch, fortzusetzen. Deswegen glaube ich, dass diese Diskussion nicht wirklich weiterführt. Natürlich gibt es ein Interesse daran, möglichst viele – auch Beschäftigte – als Konsumenten in den Mensen zu halten, aber unter dem Aspekt der Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger und mit Blick darauf, dass das Studierendenwerksgesetz die Studierenden als zu Fördernde in den Vordergrund rückt,
und das sind zum Glück Studierendenwerksgesetze, auch wenn Sie vielleicht die Essensversorgung wieder für alle organisieren und fördern wollen, staatlich, ist es doch vielleicht etwas schwierig. Also da haben wir unterschiedliche Auffassungen.
Dann zu dem Essenszuschuss: Es ist in der Tat so, dass wir bisher bei dieser Sache zurückhaltend waren dahin gehend, dass wir gesagt haben, es gibt in den Studierendenwerken auch noch das eine oder andere Effizienzpotenzial, das man heben kann. Das kann man beispielsweise auch negativ dadurch beeinflussen, dass immer mehr Cafeterien, Cafés und so weiter eröffnet werden. Wenn ich mich recht entsinne, ist es in Rostock so, dass die eine oder andere Cafeteria oder ein Café eröffnet wird, selbst in einem studentisch geprägten Viertel, wo es sehr viele gastronomische Einrichtungen gibt, und wenn dadurch natürlich, ohne dass es einen Versorgungsengpass an Cafeterien oder Cafés gibt, zum Beispiel in der KTV, der Finanzzuschuss des Staates steigt oder umgekehrt das Defizit des Studentenwerkes droht, dann, finde ich, kann man schon die Frage stellen, ob das zu den Regelaufgaben eines Studierendenwerks gehört.
Am Ende ist eine Essensausreichung immer defizitär, sonst bräuchten wir keinen Essenszuschuss zu gewähren,
Das heißt, man muss sich das Ganze schon, finde ich, genau anschauen und sowohl der Frage nachgehen, wo werden Angebote so ausgeweitet, dass am Ende, weil es ein defizitärer Bereich ist, auch die Zuschussbedarfe erhöht werden – das muss man sich kritisch angucken, ob das alles immer erforderlich ist, das glaube ich nicht in jedem Fall –, und die zweite Frage ist, wenn wir einen stabilen Essenszuschuss haben, Herr Saalfeld, und die Annahme, dass man durch Effizienz und das Erschließen von Effizienzreserven auch noch mit dem Geld auskommen kann, dann ist das natürlich logisch, dass man irgendwann auch an einen Punkt geraten kann, wo das nicht mehr geht. Und nach allem, was wir jetzt sehen, ist dieser Punkt offenbar erreicht,
Man muss allerdings, finde ich, noch zwei Dinge dazu sagen. Wenn ich das richtig sehe, steigen überall die Löhne und auch die Nahrungsmittelpreise, und wenn ich das richtig sehe, hat die schwarz-rote Koalition auf Bundesebene das BAföG aus diesem Grund erhöht.
Es ist ja nicht so gedacht und es ist ein allgemeiner Preisindex erhoben worden, anders kann ich mir das jedenfalls bei meiner Kollegin Wanka nicht vorstellen. Das heißt, wir haben zwar höhere Kosten, wir haben aber auch ein erhöhtes BAföG, und dann kann ich erhöhte Kosten auch decken.
… das finde ich sozusagen kontraintuitiv oder antiintuitiv, weil ich auf der einen Seite mehr BAföG bekomme
und auch die Einkommen steigen – so habe ich es verstanden, dann ist das vielleicht nicht ganz so –, dann ist es ein bisschen schwierig.
Und wenn man auf die bisherige Situation schaut, dann ist das doch so, dass beispielsweise in Rostock der Semesterbeitrag bei 45 Euro liegt im Moment
Ich glaube nicht, dass in Berlin, Heidelberg oder in Hamburg geringere Mieten zu leisten sind von Studierenden als in Rostock, Greifswald oder Wismar. Das kann mir nun keiner erzählen.