Ich hoffe, ich habe Ihnen mit dem kurzen Abriss verdeutlichen können, dass die Landwirtschaft und letzten Endes die Landbewirtschaftung bis hin zur Waldlandschaft einen wertvollen Beitrag zum Erosionsschutz leisten. Wir werden alles daransetzen, dass diese Maßnahmen weiter umgesetzt werden, in der Hoffnung, dass wir solche schrecklichen Ereignisse in der Zukunft verhindern können. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor zwei Wochen hat der Landwirtschaftsminister das Erosionskataster Mecklenburg-Vorpommern öffentlichkeitswirksam vorgestellt.
Vor genau fünf Jahren gab es einen schweren Unfall auf der A 19 mit über 80 Fahrzeugen. Dabei kamen acht Menschen ums Leben und 130 wurden verletzt. Neben dem Sandsturm vor Ort ist die Tragödie nach Aussagen der Gerichte auch auf zu hohe Geschwindigkeiten einzelner Fahrzeugführer zurückzuführen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nimmt diesen Jahrestag zum Anlass, um eine Aussprache über den Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern auf die Tagesordnung des Landtages zu setzen. Ich persönlich halte dieses Vorgehen sowohl im Gedenken an die Opfer als auch an deren Angehörige für bedenklich.
Meine Damen und Herren, in keinem anderen Land der Europäischen Union ist der Boden so gut geschützt wie in Deutschland. Sowohl das Bundesbodenschutzgesetz als auch das Landesbodenschutzgesetz von MecklenburgVorpommern legen Verpflichtungen und Maßnahmen zum Schutz des Bodens fest. Für die Landwirtschaft sind weitere Regelungen im Bereich der guten fachlichen Praxis zum Schutz des Bodens fixiert. Hierzu zählen unter anderem die Vermeidung von Bodenverdichtung, Bodenabträgen sowie Bodenerosion, aber auch die Veränderung von Bodenverlusten durch Infrastrukturmaßnahmen oder die gezielte Entsiegelung von bebauten Flächen.
Bereits im März des vergangenen Jahres haben wir hier im Hause einen Antrag meiner Fraktion zum Schutz des
Bodens „Lebensgrundlage sichern/Boden schützen“ debattiert. Damals haben wir festgestellt, dass der Boden in Mecklenburg-Vorpommern durch weitere Maßnahmen geschützt werden soll. Hierbei sollten im Wesentlichen die Bearbeitung der Böden durch standortangepasste Nutzung und die Vermeidung der Bodenerosion durch angepasste Bewirtschaftung beziehungsweise naturbetonte Strukturelemente im Vordergrund stehen.
Mit der Vorlage des Bodenerosionskatasters ist Mecklenburg-Vorpommern bundesweit Vorreiter. Jedem leuchtet ein, dass man zunächst die Daten erheben und auswerten muss, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Weshalb die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Auffassung gelangt, dass der Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern brach liegt, vermag ich nicht nachzuvollziehen. So hat sich meine Fraktion in der Vergangenheit immer wieder dafür eingesetzt, dass die Sanierung devastierter Flächen als Ausgleich für Eingriffe in den Naturhaushalt berücksichtigt werden kann. Des Weiteren haben wir mit der Ökokontierung eine Regelung gefunden, die den Verbrauch von Böden mindert.
Rechtliche Regelungen gibt es unseres Erachtens zur Genüge. Nunmehr gilt es, durch geeignete Maßnahmen Bodenverdichtung während der Bearbeitung der Böden, Bodenabträge durch standortangepasste Nutzung sowie Bodenerosion durch angepasste Bewirtschaftung zu verhindern. Nach Auffassung meiner Fraktion soll auch im Rahmen des Bodenschutzes die Nutzung im Vordergrund stehen. So kann der Boden zum Erhalt der Ernährungsgrundlage, der Artenvielfalt und des Gewässerschutzes beitragen.
Meine Damen und Herren, der Boden ist nach wie vor eine knappe Ressource, die nicht vermehrbar ist. Böden entstehen über lange Zeiträume und der Bodenbildungsprozess schreitet unentwegt voran. Im Schnitt dauert es rund hundert Jahre, bis ein Zentimeter Boden entstanden ist.
Der Bodenbildung stehen Prozesse wie Gewitter, Niederschläge und trockene Winde gegenüber, die in wenigen Minuten bis Stunden imstande sind, große Mengen Boden abzutragen und die natürliche Bodenfunktionalität zu beeinträchtigen. Bodenverdichtung oder eine schleichende Versauerung führen zu weniger offensichtlichen Beeinträchtigungen, aber auch sie sind imstande, die Produktivität unserer Böden nachhaltig einzuschränken.
Gerade vor dem Hintergrund, dass Böden Lebensraum und Lebensgrundlage zahlreicher Organismen sowie Grundlage der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung sind, gilt es, die Böden zu schützen. Böden fungieren als Klimasenke, Wasserfilter und Nährstoffspeicher. Die Böden sind Bestandteil von Stoffkreisläufen, sie haben Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungsfunktionen, kurzum, sie sind Grundlage des Lebens. Umso mehr verbietet es sich, den Erhalt der Böden als Grundlage des Lebens mit der Tragödie vom 8. April des Jahres 2011 medienwirksam in Szene zu setzen.
Schon damals wurde schnell klar, dass die lang anhaltende Trockenheit und der noch fehlende Bewuchs sowohl auf dem Acker als auch an dessen Rändern die Ursache des Sandsturms an der A 19 waren. Völlig fehl am Platze ist es, hier zu versuchen, den Landwirten oder
der Landesregierung den Schwarzen Peter für die damalige Tragödie zuzuschreiben oder zuzuschieben. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aussprache lautet: „5 Jahre nach der A 19-Katastrophe – Bodenschutz in Mecklenburg-Vor- pommern liegt brach“. Gestatten Sie mir zunächst ein paar sehr persönliche Worte zu diesem gewählten Thema.
Am 8. April 2011 ereignete sich eine folgenschwere Massenkarambolage auf der A 19 nahe Kavelstorf. Das ist ganz in der Nähe meines Heimatortes, sozusagen vor der Haustür. Ich habe seinerzeit in wenigen Minuten die schwarzen Rauchwolken gesehen. Acht Menschen starben, mehr als 100 verletzte Menschen waren zu beklagen, mehr als 80 Fahrzeuge fuhren, teils mit sehr hoher Geschwindigkeit, ineinander. Nach meiner Kenntnis war es das schlimmste Unfallereignis in der Geschichte dieses Landes, und das in einer Dimension, die vorher nicht wirklich vorstellbar war. Unermessliches Leid kam über die Familien, die Angehörigen und die Freunde der Opfer.
Einen Bezug zum ungenügenden Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern, diesen kann man sicherlich herstellen. Darüber hatten wir seinerzeit auch an dieser Stelle gesprochen. Für mich persönlich ist der hier eindimensional hergestellte Bezug zwischen dem aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unzureichenden Bodenschutz und der Katastrophe vom 8. April 2011 allerdings nicht akzeptabel. Beim ersten Lesen des Themas kamen mir sofort folgende Gedanken wie „Honig saugen aus einer schlimmen Katastrophe“ oder „abstoßend“ in den Sinn.
Ich möchte ganz klar herausstellen, egal, wie man zum Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern steht – ich habe einiges daran zu kritisieren –, für mich käme eine derartig einseitige Verknüpfung von menschlichem Leid und einer Debatte über durchaus vorhandene Probleme niemals infrage.
So fällt es mir heute schwer, inhaltlich zum Thema Bodenschutz zu reden. Ich werde es versuchen und hoffe, dass mir dabei nicht immer wieder die schrecklichen Bilder vom April 2011 in den Sinn kommen.
Es war seinerzeit auch der Begriff „Agrarwüsten“ in der Presse. Wir hatten hier in diesem Hause auch darüber gesprochen. Im Übrigen war es seinerzeit ein Kartoffelschlag in der betroffenen Agrargenossenschaft und der Wirbelsturm, der zu dieser Katastrophe führte, wäre auch durch eine Hecke, die möglicherweise bis zum Jahre 2008 dort gestanden hat, nicht aufzuhalten gewesen.
Das Thema Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern nahm gerade in dieser Legislaturperiode einen breiten
Raum in vielen Debatten ein. Anträge aller Fraktionen, mit Ausnahme der NPD, mit direktem oder indirektem Bezug zum Bodenschutz, eine Menge Kleiner Anfragen von Abgeordneten quer durch alle Fraktionen und Diskussionen im Agrarausschuss machen dieses deutlich. Es herrscht Konsens darüber, dass der Boden ein wichtiges Gut, um nicht zu sagen, das wichtigste unersetzliche Gut für die Landwirtschaft ist. Boden ist nicht vermehrbar und der Zustand des Bodens und unser Umgang mit ihm sind Themen und Aufgaben, die die Zukunft unseres Landes direkt mitbestimmen. Wir haben hier oft darüber debattiert, wie sich die natürliche Ressource Boden langfristig sichern lässt, zuletzt, das wissen Sie, am gestrigen Tage.
Minister Dr. Backhaus wurde nie müde zu betonen, und wir haben dazu auch heute wieder viel gehört, wie wichtig dieses Thema in seinem Hause, ja, in der ganzen Landesregierung ist. Immer wieder wurde nach bereits erfolgten wichtigen Teilschritten der Weg zum Bodenschutzprogramm für unser Bundesland beschrieben. Aber leider hat sich die Veröffentlichung dieses Programms immer wieder verschoben. Auf der Website des Agrarministeriums heißt es seit Längerem unter Teil 2 „Bewertung und Ziele“ des Bodenschutzprogrammes, ich zitiere: „Teil 2 ‚Bewertung und Ziele‘ befindet sich in der Abstimmung. Ausgehend von einer aktualisierten Zustandsbeschreibung werden die Böden unter Einbeziehung der derzeit geltenden Umweltstandards hinsichtlich der Erfüllung ihrer natürlichen Funktionen, ihrer Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie ihrer Nutzungsfunktionen bewertet. Unter Zugrundelegung dieser Analyse können nachfolgend Qualitäts- und Handlungsziele für eine künftige Sicherung des guten Zustandes bzw. eine notwendige Zustandsverbesserung entwickelt und festgelegt werden.“ Ende des Zitats.
Dasselbe las ich schon im letzten Jahr aus Anlass des Antrages der Koalition „Lebensgrundlage sichern/Boden schützen“, Herr Schütt hat es angesprochen. Minister Dr. Backhaus sagte vor knapp einem Jahr, unser Ziel ist es, die Phase 2 des Bodenschutzprogramms möglichst bis Mitte des Jahres 2015 abzuschließen. Das Ziel ist leider nicht erreicht. Hoffentlich werden die hausinterne Abstimmung und die Ressortabstimmung für die Phase 2 nicht so lange dauern, bis wir eine neue Landesregierung haben.
Wer mit offenen Augen durch unsere Landschaft fährt, wird feststellen, dass sich zwar beim Umgang mit dem Boden einiges positiv geändert hat. Aber es ist sicher ohne Mühe auch feststellbar, dass dies alles noch nicht ausreicht und den großen Ankündigungen endlich mehr konkrete Taten folgen müssen.
Die auftretenden Defizite in Sachen Bodenschutz sind seit vielen Jahren die gleichen. Nach wie vor, und jetzt geht es natürlich über das Land hinaus, haben wir keine novellierte Düngeverordnung des Bundes. Nach wie vor wird der Boden ungenügend vor schädlichem Einfluss durch den Eintrag von Schadstoffen oder zu vielen Nährstoffen geschützt. Nach wie vor, das war ebenfalls bereits angesprochen worden, haben wir einen viel zu hohen Flächenverbrauch durch Verkehrs- und Infrastrukturprojekte in unserem Land, auch wenn wir dort im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt deutlich besser sind. Nach wie vor haben wir aus meiner Sicht viel zu wenig Personal für den Bodenschutz in den öffentlichen Verwaltungen, ob nun bei der obersten Behörde, den oberen
oder den unteren zuständigen Behörden. Nach wie vor ist der Anteil des ökologischen Landbaus in Mecklenburg-Vorpommern trotz seiner Spitzenstellung gegenüber dem Bundesdurchschnitt aus unserer Sicht zu gering. Auch darüber hatten wir in der letzten Landtagssitzung beraten.
Nach wie vor haben wir zu wenige Schutzhecken oder Flurgehölze für winderosionsgefährdete Agrarflächen. Wir wissen aber auch um die bürokratischen Hindernisse und um das Unvermögen des Bundes, uns die entsprechenden Flächen bereitzustellen. Nach wie vor gibt es devastierte Flächen und das vom Land bereitgestellte Geld reicht einfach nicht aus, um hier noch zügiger voranzukommen. Nach wie vor haben wir Aufgaben bei der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, auch ein Thema, das wir hier sehr oft angesprochen haben, und nach wie vor ist in Sachen Biodiversität, gerade auch beim unsichtbaren Leben im Boden, einiges im Argen. Nach wie vor nehmen Städte und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern ihre Verantwortung für den Erhalt und den Schutz des Bodens nicht immer ernst genug. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Industrie oder den Verkehrsbereich.
Wir haben eine Agrarstrukturentwicklung in MecklenburgVorpommern, die nicht optimal ist. Das war das Thema von gestern. Nach wie vor ist der landwirtschaftliche Boden gerade in Ostdeutschland ein Spekulationsobjekt. Auch das gehört meiner Meinung nach zum Thema Bodenschutz dazu.
Ich könnte das durchaus noch eine Weile fortsetzen. Für all das Genannte gibt es eine Reihe von Beispielen. Was ist also zu tun?
Gehandelt werden muss auf allen Ebenen. MecklenburgVorpommern sollte sich aus meiner Sicht für strenge und einheitliche Regelungen auf europäischer Ebene einsetzen. Der Bund muss endlich die Düngeverordnung vorlegen. Die Hängepartie bei der Verlängerung der Glyphosatzulassung durch die Europäische Kommission muss endlich beendet werden. Solange nicht alle Risiken beim Einsatz dieses Totalherbizids ausgeschlossen werden können, muss es verboten werden. Hier im Land müssen die Ankündigungen in Sachen Bodenschutz wahr gemacht werden. Wenn es so weitergeht, werden wir das angepeilte Jahr 2017 für das Bodenschutzprogramm deutlich verfehlen. All das sind Schritte, die sehr schnell umgesetzt werden können und die sehr schnell umgesetzt werden müssen.
Jetzt zum Abschluss einen Blick zurück in die Zeit der rot-roten Koalition. Helmut Holter hat als Minister dieses Landes mal ein Programm aufgelegt, das einen schönen Titel hatte – das sollte genauso in Sachen Bodenschutz für die derzeitige Landesregierung gelten –, es hieß „Einfach anfangen“ oder auch leicht abgewandelt „Einfach handeln“. Tun wir als Politik gemeinsam mit dem Berufsstand etwas, damit sich der Bodenschutz verbessert! – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle teilen miteinander die Betroffenheit über die Ereignisse, die vor fünf Jahren auf der Autobahn gewesen sind, über die Unfälle. Wir wissen, dass Menschen ums Leben gekommen sind, dass Menschen schwer verletzt waren. Angehörige sind hinterblieben, die natürlich auch hinterfragen, was ist seitdem passiert, und das ist auch richtig.
Aus meiner Sicht verbindet BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aber zu Unrecht zwei Themen. Sie sagen: „5 Jahre nach der A 19-Katastrophe – Bodenschutz … liegt brach“. Sie emotionalisieren bewusst und tun so, als könnte man Sandstürme in Mecklenburg-Vorpommern politisch einfach ausschließen.
Frau Dr. Karlowski, Sie hören mir ja sicherlich noch zu? Es ist nett, dass die GRÜNEN-Kollegin, die den Antrag hier gestellt hat, sich jetzt in vertieften Gesprächen befindet und überhaupt nicht will, dass man auf ihre Argumente eingeht. Ich finde das sehr gut. Frau Dr. Karlowski, reden Sie ruhig weiter, ich habe eine ganze Menge Redezeit, wir können das ausdehnen!
Jaja, Sie tun so, als könnte man, wenn nur die GRÜNEN das Sagen hätten, Frau Dr. Karlowski, dass man dann solche Sandstürme verhindern kann. Wir haben es, glaube ich, geschnallt. Das ist nicht wirklich von Wichtigkeit. Aber das passt ja zu dem, was in der vergangenen Landtagssitzung auch war, Anträge, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Wir haben in der letzten Landtagsdebatte den Trend zum Ökolandbau hier gehabt. Da haben die GRÜNEN uns gesagt, wir hätten den Trend zum Ökolandbau verschlafen, obwohl wir flächenmäßig auf Platz zwei in der Bundesrepublik Deutschland sind. Heute sagt man uns, der Bodenschutz in Mecklenburg-Vorpommern liegt brach. Offenbar passt das nicht in Ihr Weltbild, dass eine Regierung, an der die GRÜNEN nicht beteiligt sind, effektiven Umweltschutz und effektiven Bodenschutz betreibt. Wir tun das und das ist auch gut so. Ich werde gleich noch mal näher darauf eingehen.