Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute verabschieden wir ein Gesetz, das in der Bundesrepublik Deutschland bisher einzigartig ist. Ich persönlich hoffe, dass es nicht so bleibt. Ob dies nun Rechtsgeschichte wird oder Rechtsgeschichte ist, wird die Zukunft zeigen. Das vorliegende Gesetz, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, soll Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, sich an Windparks zu beteiligen. Um dies zu ermöglichen, haben wir in den zurückliegenden Monaten den Gesetzentwurf der Landesregierung beraten, verfassungsrechtliche Bedenken abgewogen, eine Anhörung durchgeführt und letztendlich die vorliegende Beschlussempfehlung abgegeben.
Ich bin der Auffassung, dass mit dem vorliegenden Gesetz die finanzielle Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Kommunen an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend gewährleistet ist. Klar ist, dass mit einer Beteiligung nicht gleichzeitig eine Akzeptanz zu erreichen ist. Dennoch glaube ich, dass durch die Beteiligung die Akzeptanz deutlich gesteigert werden kann. Gerade deshalb ist es notwendig, dass Einnahmen aus der Beteiligung an Windkraftanlagen nicht im Rahmen der Amts- oder Kreisumlage oder durch eine geringe Berücksichtigung bei der Zuweisung durch das Innenministerium infrage gestellt werden. Deshalb haben wir entsprechende Festlegungen getroffen, dass die Ausgleichsabgabe für Kommunen oder die Mittel aus der direkten Beteiligung am Windpark lediglich zum Ausgleich von Beeinträchtigungen durch Windparks innerhalb der jeweiligen Kommune verwandt werden dürfen. Dies, meine Damen und Herren, ist ein wesentlicher und bedeutender Schritt zur Akzeptanzsteigerung vor Ort.
Sehr geehrte Damen und Herren, zahlreiche Bedenken hinsichtlich des Bundesverbandes Windenergie, aber
auch von Windparkbetreibern hinsichtlich des Mehraufwandes und der Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit wurden im laufenden Gesetzgebungsverfahren vorgetragen. Auch deshalb hoffe ich, dass andere Bundesländer dem Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns folgen und ähnliche Gesetze umsetzen. Nur so kann erreicht werden, dass bundesweit die gleichen Rahmenbedingungen für Investoren gelten und es zu keiner Benachteiligung der Investoren in unserem Land kommt. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie sich das Modell der Beteiligung vor dem Hintergrund der Neuausrichtung des EEG auf Bundesebene bewähren wird. Auch aus diesem Grunde haben wir die Evaluierung des Gesetzes bereits nach drei Jahren vorgesehen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nur im Rahmen eines dynamischen Prozesses, wie er gerade beim Erneuerbare-Energien-Gesetz vollzogen wird, kann auch eine Bürger- und Kommunalbeteiligung systemgerecht erfolgen. Die Proteste gegen die Errichtung von Windkraftanlagen und die Gründung von Bürgerinitiativen haben in den zurückliegenden Jahren in unserem Land stark zugenommen. Die Menschen sind nicht mehr bereit, auf Lebensqualität zu verzichten, und befürchten gesundheitliche Auswirkungen und die Wertminderung ihrer Immobilien durch Windkraftanlagen. Die Ängste werden nicht allen Menschen mit dem vorliegenden Gesetz genommen. Hier gilt es, einen geordneten Ausbau der Windenergie in Mecklenburg-Vorpommern umzusetzen.
Mit der Fortschreibung der regionalen Raumentwicklungsprogramme sollen hierfür die Voraussetzungen ge- schaffen werden. Gerade im Interesse der Menschen ist es notwendig, die Kriterien für Ausschlussgebiete konsequent anzuwenden, und das nicht nur beim Artenschutz. Gesagt werden muss aber auch, dass die jüngste Rechtsprechung vom Bundesverwaltungsgericht verdeutlicht hat, dass die Privilegierung von Windkraftanlagen gemäß Paragraf 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches nur dann infrage gestellt werden kann, wenn im Rahmen der Raumordnung ein schlüssiges gesamträumiges Planungskonzept vorliegt.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden und um den Abwägungsvorgang sicherzustellen, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Beweggründen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern muss auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraumes von Windenergieanlagen aufzeichnen. Allein diese Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes führt dazu, dass in Mecklenburg-Vorpommern weitere Eignungsräume für Windkraftanlagen ausgewiesen werden können. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass die Ausweisung von neuen Windeignungsgebieten nach klaren Kriterien und für die Bürgerinnen und Bürger des Landes transparent und nachvollziehbar erfolgen muss.
Der vorliegende Gesetzentwurf, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Mosaikstein, um die Akzeptanz für Windenergieanlagen in Mecklenburg-Vorpommern zu steigern. Er bietet den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Kommunen in unserem Land die Möglichkeit zur Teilhabe am Ausbau der Windenergie. Dennoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Ausbau der Windenergie in Mecklenburg-Vorpommern auch weiterhin zu Konflikten führen wird. Gerade deshalb ist ein geordneter Ausbau, der mit der Entwicklung der Netze und der Speichertechnologie einhergeht, notwendig.
Der Ausbau der Windenergie in Mecklenburg-Vorpom- mern wird also neben der nunmehr möglichen finanziellen Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger und der Kommunen unseres Landes mehr Akzeptanz finden, wenn er transparent, nach klaren Kriterien und nachvollziehbar erfolgt.
Die Möglichkeit der Beteiligung, welche mit dem vorliegenden Gesetz geschaffen wird, begrüßen wir deshalb ausdrücklich. Aus diesem Grund wird meine Fraktion – Frau Schwenke, geschlossen, auch wenn es bei uns in der CDU-Fraktion keinen Fraktionszwang gibt –
(Beifall Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Ritter, DIE LINKE: Was?! – Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach?!)
(Torsten Renz, CDU: Da macht jeder, was er will. – Heinz Müller, SPD: Jeder macht, was er will, keiner macht, was er soll. – Heiterkeit und Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben keinen Fraktionszwang.
Aber jetzt zum Gesetz: Mecklenburg-Vorpommern hat inzwischen, und zwar wird es in diesem Jahr 2016 zum ersten Mal eintreffen, 150 Prozent seines Strombedarfs rechnerisch regenerativ erzeugt, das heißt, wir sind das Vorläuferland in der Bundesrepublik Deutschland, was die Energiewende angeht. Deswegen ist es auch richtig, dass sich das Land Mecklenburg-Vorpommern darüber Gedanken macht, wie wir die Akzeptanz der zum Teil umstrittenen Projekte erhöhen können. Weil wir diesen Ansatz im Gesetz erkennen können, werden wir uns zum Gesetzentwurf trotz mehrerer Kritikpunkte, die ich vortrage, enthalten.
Was ist unsere Kritik an einem Gesetz, das doch eigentlich die Akzeptanz steigern will und das wir für gut halten? Der erste, ganz grundsätzliche Punkt ist, wir haben nicht nur Akzeptanzprobleme mit Windkraftanlagen, wir haben Akzeptanzprobleme im landwirtschaftlichen Bereich, wir haben Akzeptanzprobleme beim Autobahnbau und bei Bahntrassen, die neu gebaut werden, oder bei Bahnhöfen und was weiß ich, wo wir überall Akzeptanzprobleme haben.
Der grundsätzliche Ansatz zu sagen, immer dort, wo es ein Akzeptanzproblem gibt, muss der wirtschaftliche
Das ist ganz grundsätzlich so. Wir entscheiden in der Politik und in der Gesellschaft insgesamt, welche Belastungen wir Menschen zumuten. Das trifft übrigens auch für einen Flughafen Laage zu, wo Leute sich darüber beschweren, dass sie den Lärm zu ertragen haben, damit andere Menschen in den Urlaub fliegen können oder damit die Landesverteidigung zu sichern ist. Dieses grundsätzliche Problem kriegen wir nicht einfach weg. Da müssen wir in die Diskussion gehen und müssen sagen, welche Belastungen wir den Menschen zumuten und wie wir sie möglichst klein halten können. Am Ende wird es Belastungen geben.
Aber dieses Gesetz sagt jetzt, 20 Prozent – ich sage voraus, es ist deutlich mehr –, 20 Prozent des theoretischen Gewinns eines Windparks werden an die Menschen und an die Gemeinden vor Ort gegeben. Das haben wir ausdrücklich akzeptiert, haben über diese Summe und die Höhe nicht diskutiert und haben immer zu diesen 20 Prozent gestanden. Unsere Änderung ist eine ganz einfache, und zwar folgende: Wir sagen, wenn es eine feste Summe gibt – und die Summe von 20 Prozent ist am Ende fest, nehmen wir ein Beispiel, sie sei 100.000 Euro –, dann ist es ein Unterschied, ob ich diese Summe auf 50.000 Menschen, auf 5.000 Menschen oder auf 500 Menschen verteile. Da kann jeder am Taschenrechner sehr schnell dahinterkommen.
Es ist auch ein Unterschied, ob ich eine Zahlung an die Gemeinde auf drei Gemeinden oder auf acht Gemeinden verteilen muss, Das erscheint mir völlig logisch. Das heißt, eine Gemeinde, deren Gebiet – es geht noch nicht mal um die Gemeinde als Gemeinde, wo viele denken, da ist das Dorf gemeint, sondern das Gebiet der Gemeinde – in einen 5-Kilometer-Radius hineinragt, wird gleichberechtigt beteiligt mit der Gemeinde, die sozusagen in 1.000 Metern Entfernung von dem Windpark liegt und die diesen Windpark erträgt.
Die Wirkung des Gesetzes – das werden wir in der Evaluierung, die ja zum Glück relativ zügig beginnen soll, schnell mitbekommen – ist einfach so, weil demjenigen, der den Windpark betreibt, praktisch 20 Prozent abgezogen werden und weil der Gewinn natürlich um diesen Betrag gemindert wird. Das führt auch dazu, dass die Gewerbesteuer kleiner ausfallen wird, was logisch ist. Das betrifft die Standortgemeinde direkt, die dadurch natürlich etwas weniger Gewerbesteuer bekommt.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wenn sie denn da Gewerbesteuer zahlt. Wenn sie die Gewerbesteuer zahlt.)
Wir hoffen, dass die Ausgleichszahlung das ausgleichen kann. Unsere einfache Rechnung ist, dass wir sagen, wir ziehen einen 1-Kilometer-Radius um den Windpark – und ganz Schlaue sagen jetzt, da wohnt ja gar keiner, aber darum geht es nicht –, wir sagen, ein Kilometer um den Windpark und alle Gemeinden, die darin einen Anteil haben, sind im Spiel.
Das sind in der Regel zwei bis vier Gemeinden, um die es da noch geht. Allein diese Gemeinden kriegen diese 20 Prozent. Jetzt werden viele sagen, okay, aber wir hatten gedacht, wir kriegen dann einen billigen Stromtarif oder wir kriegen Zahlungen auf unser Sparbuch,
da sagen wir, das ist nicht ausgeschlossen, das wird in der sozialen Gemeinschaft der Gemeinde miteinander besprochen, was mit dem Geld gemacht wird.
Und dann kann man genau solche Stromtarife einführen, Energiesparaktionen machen oder eben auch Kindergärten unterstützen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wir haben das aus Dänemark. Die Dänen praktizieren das Prinzip schon seit Jahren, und das hat sich bewährt.)
So, und jetzt kommt der nächste Punkt, das hat auch der Minister behauptet, es sei doch lange genug freiwillig möglich gewesen und warum sie es denn nicht gemacht hätten. In der Anhörung hat es Jochen Schulte sogar deutlich gesagt, es gab den Fall, dass der Staatsanwalt bei diesen Projektentwicklungen im Haus stand,
weil ausdrücklich gesagt wurde, die Gemeinden, die solche Zahlungen vorher vereinbaren, obwohl sie für die Genehmigung zuständig sind, lassen sich ein Stück weit ihre Hoheit abkaufen. Das waren die Vorwürfe der Gegner.
Deswegen ist es auch aus unserer Sicht richtig und sinnvoll, ein solches Gesetz zu machen, weil es die Möglichkeit bisher nicht gab. Zum Glück sind einige Projektentwickler dieses Risiko eingegangen und haben schon solche Zahlungen geleistet, aber genügend Leute hatten Kontakt mit dem Staatsanwalt, weil das umstritten war. Wir brauchen also eine gesetzliche Regelung. Da sind wir an diesem Punkt zumindest beieinander.
Wir haben also jetzt diese Regelung. Ich habe erklärt, warum wir sagen, statt fünf Kilometer einen Kilometer Radius. Ich komme noch mal zu den Bürgerinnen und Bürgern zurück. Die Regelung sagt jetzt: grundstücksscharf fünf Kilometer. Diejenigen, die bei 5.000 Metern liegen, kriegen noch die Möglichkeit zur Beteiligung, diejenigen, die bei 5.001 Metern liegen, sind draußen. Da sagt der Minister, sorry, irgendwo gibt es eine Grenze,
Unsere Theorie hätte ja gesagt, die Gemeinde ist die betroffene und damit alle Bürger/-innen, egal, wie weit sie von dem Projekt entfernt wohnen. Diejenigen, die ein Teil dieser Gemeinde sind, profitieren insgesamt und nicht danach: „Wir vermessen die Grundstücke“, was auch einen gigantischen bürokratischen Aufwand erfordern wird.
Deswegen glaube ich, und das erhoffe ich mir von der Evaluierung, dass Sie am Ende diese Ideen aufgreifen. Wir wollen nichts sparen an den Zahlungen, zu denen wir stehen, sondern wir wollen, dass Sie sagen, wir wollen die am Ende so verteilen, dass die Menschen wirklich etwas davon haben. Aber dass es nur diejenigen sind, die zufällig Geld haben, sich an einem solchen Projekt zu beteiligen, oder sich ein Sparbuch nehmen, das ist mir schlicht zu wenig. Ich möchte, dass diese Diskussion in der Gemeinde gar nicht stattfinden muss, sondern dass man sich gemeinschaftlich einigt, wie man das Geld in der Gemeinde zum Wohle aller einsetzen kann.
Das Gesetz geht davon aus – und das ist ein ganz wichtiger Punkt, den man verstehen muss, das ist ja auch in den Anhörungen deutlich geworden, eigentlich sagen das sogar alle –, die Gemeinde ist für uns der erste Ansprechpartner, aber wir brauchen die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, um darüber die Gemeinde gesetzlich mit ins Boot zu holen. So ist die Theorie. Das Gesetz an sich, und da hat Herr Dr. Nieszery völlig recht, schreibt Rechtsgeschichte. Zum ersten Mal wird Unternehmern in Deutschland vorgeschlagen, dass sie per Zwang andere, ob Gemeinden oder Einzelpersonen, zu beteiligen haben. Es wird ihnen dann ein Ausweg gewährt, aber das ist der Grundansatz des Gesetzes. Das ist rechtlich absolutes Neuland. Ich bin auch sehr gespannt, wie das verfassungsrechtlich hält. Aber vor dem Hintergrund, dass man dieses Risiko eingegangen ist, hätte ich gesagt, Leute, dann macht das, was ihr für richtig haltet, und stellt die Gemeinde nach vorne, schreibt das einfach rein in das Gesetz und kassiert unter Umständen die gleichen Prozesse vor dem Bundesverfassungsgericht zu diesem Thema, denn dann wären wir genau bei der Sache gewesen, die wir alle zusammen wirklich wollen.
Ich glaube, dass das Gesetz unterm Strich ein wichtiger Hinweis an die Bundesregierung ist zu sagen, wenn Mecklenburg-Vorpommern ein solches Gesetz erlassen hat mit all den Bedenken, die ich ja auch vorgetragen habe, dann sollten wir uns eine solche Idee – aus meiner Sicht, in besserer Form – zu eigen machen und grundsätzlich eine bessere Beteiligung der Gemeinden, die direkt von dem Projekt betroffen sind, organisieren und im EEG gesetzlich festschreiben. Das wäre aus meiner Sicht die sauberste Lösung. Dieses Gesetz ist zugegebenermaßen ein wichtiger Zwischenschritt.