Protocol of the Session on March 10, 2016

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Das ist die Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Investitionsprogramm „Barrierefreies Bauen 2017 – M-V für alle“, Drucksache 6/5203.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Investitionsprogramm „Barrierefreies Bauen 2017 – M-V für alle“ – Drucksache 6/5203 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht von ungefähr bringt meine Fraktion heute diesen Antrag ein. Wir wollen die Arbeit der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ unterstützen, indem neben der Formulierung von Handlungsempfehlungen auch konkrete Anregungen zu deren Umsetzung gegeben werden, und natürlich haben wir die UN-Behindertenrechtskonvention im Blick, die es umzusetzen gilt, wovon wir leider aber noch weit entfernt sind. Wir haben uns umgeschaut und sind in Sachsen fündig geworden, denn im Gegensatz zu Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, schauen wir auf Inhalte, unabhängig davon, wer es vorschlägt oder wer es umsetzt.

(Heinz Müller, SPD: Das ist ja sehr interessant. Gut, dass Sie uns das so erläutern. Da habe ich wieder was gelernt. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

In Sachsen gibt es eine investive Förderung von Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Im Rahmen dieser Eingliederungshilfe werden unter anderem auch die barriere

freie Gestaltung bestehender öffentlich zugänglicher Gebäude und baulicher Anlagen gefördert. Umgesetzt wird das durch ein erstmals im Jahr 2014 aufgelegtes Investitionsprogramm „Barrierefreies Bauen“. Es heißt „Lieblingsplätze für alle“. Das ist doch, meine ich, ein schöner Titel.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, hört sich gut an.)

Mit den Programmen 2014 und 2015 konnten über 400 Lieblingsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Wegen der großen Nachfrage wurde auch für 2016 ein solches Programm aufgelegt. Die Idee ist einfach und gut. Meistens sind nur kleine Veränderungen notwendig, um allen den Zugang zu den Lieblingsplätzen zu erleichtern. Davon profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern natürlich alle.

Dieses Programm bietet ein breites Förderspektrum. Gefördert werden kann im Gesundheits-, Bildungs-, Kultur- und Freizeit-, aber auch im Gastronomiebereich. Antragsberechtigt sind Eigentümerinnen und Eigentümer, aber auch Pächterinnen und Pächter und Inhaberinnen und Inhaber. Die Förderung erfolgt an Private, aber den Nutzen hat die Allgemeinheit. Deshalb begrüßen wir LINKE dieses Programm und fordern ein solches Programm auch für unser Land. Hauptanliegen ist der gleichberechtigte Zugang zu öffentlich zugänglichen Gebäuden für Menschen mit Behinderung. Es bleibt unbenommen, Prioritäten festzulegen. So sollten Arztpraxen und Apotheken ganz oben auf der Agenda stehen, auch wenn wirkliche Lieblingsplätze eher im Bildungs-, Kultur-, Freizeit- und Gastronomiebereich liegen dürften.

Ich will noch einmal herausheben, dass es bei diesem Programm nicht um die Förderung von Kommunen oder kommunalen Einrichtungen gehen soll. Vielmehr sollen Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Therapeutinnen und Therapeuten bis hin zu Betreiberinnen und Betreibern von Kinos, Cafés, Restaurants einen Anreiz bekommen, vorhandene Gebäude barrierefrei erreichbar und nutzbar zu machen. Das kann eine Rampe, ein barrierefreies WC oder auch eine AudioguideAusstattung sein. Kreative Ideen und Lösungsansätze sind gefragt. Es sollen Einzelmaßnahmen sein, die mit relativ kleinem Aufwand umgesetzt werden können. Die Kosten sollen vollständig förderfähig sein und als Zuschuss ausgereicht werden.

In Sachsen beträgt das Programmvolumen 2,5 Millio- nen Euro pro Jahr. Einen einheitlichen Sockelbetrag davon erhalten alle Landkreise und die kreisfreien Städte. Das Zusatzbudget für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt richtet sich nach der Anzahl der Menschen mit Schwerbehinderung. Wir halten das für eine sehr praktikable Lösung.

Bei dem von uns beantragten Programmvolumen von 3 Millionen Euro jährlich könnten pro Jahr mindestens 120 Maßnahmen gefördert werden. Das ist nicht viel, setzt aber zumindest Akzente.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wir haben dabei im Blick, dass beispielsweise viele der Ärzte und Apotheker schon älteren Semesters sind und oft einen Umbau scheuen. Die Landesbauordnung greift nur für den Neubau bei größeren Umbaumaßnahmen sowie bei Umnutzung. Ansonsten gilt: Bestand ist Be

stand. Es kann also niemand verpflichtet werden zu handeln. Wir sind zudem sicher, dass ein solches Programm eine gute Ergänzung zur Förderung von finanzschwachen Kommunen auf der Grundlage des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes wäre.

Mecklenburg-Vorpommern erhält vom Bund in den kommenden drei Jahren rund 79 Millionen Euro, davon 50 Millionen für den Breitbandausbau. Mit den übrigen gut 29 Millionen Euro sollen unter anderem der alten- gerechte Umbau und der Abbau von Barrieren gefördert werden. Ein solches Programm könnte beispielsweise das sogenannte Aufzugsprogramm über das Wirtschaftsministerium und die Förderprogramme für barrierefreie Haltestellen oder für barrierefreie ÖPNVFahrzeuge über das Energieministerium ergänzen.

Das von uns geforderte Programm könnte ein weiterer Baustein des Maßnahmeplans der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen „Mecklenburg-Vorpom- mern auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft“ sein. Dieser Maßnahmeplan ist kein abgeschlossenes Dokument und muss in Kürze auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt werden. Andere Länder, wie beispielsweise Baden-Württemberg, Hamburg oder Bremen, machen das über einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention. In Sachsen wird ein solcher Aktionsplan gerade erarbeitet.

Kurzum: Barrierefreier Wohnraum, ein barrierefreies Wohnumfeld und ein barrierefreier ÖPNV allein können die Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder altersbedingt eingeschränkter Menschen im sozialen Nahraum nicht sichern. Neben der Erreichbarkeit von lebensnotwendigen Einrichtungen zur Pflege und Gesundheit oder für Dienstleistungen und Nahversorgung machen gerade barrierefreie und inklusive Freizeit- und Kulturangebote die Lebensqualität aus. Dazu gehört ausdrücklich der Besuch eines Restaurants oder der Besuch eines Cafés. Deshalb halten wir es für richtig, das Programm auch für diese Maßnahmen zu öffnen.

Die Landkreise und kreisfreien Städte sollten die Priori- täten und Schwerpunkte selbst setzen, gemeinsam mit der oder dem Behindertenbeauftragten beziehungsweise den kreislichen Behindertenbeiräten. So wird es auch in Sachsen praktiziert. Am Geld dürfte das Programm nicht scheitern. Bei 220 Millionen Euro Überschuss im Landeshaushalt allein im Jahr 2015, einem Polster von 1,5 Milliarden Euro

(Egbert Liskow, CDU: Noch mehr!)

und etlichem Sondervermögen müsste sich bei gutem Willen

(Rainer Albrecht, SPD: Sie geben das Geld anders aus. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Geld finden lassen.

(Rainer Albrecht, SPD: 10 Milliarden Euro Schulden.)

Bei Programmstart ab 2017 bleibt genügend Vorbereitungszeit, zumal – wie immer wieder betont – von Sachsen vieles übernommen werden könnte. Zudem dürfte

eine Förderung von Privaten doch im Interesse auch der CDU in unserem Land liegen. Oder täusche ich mich?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Mit Sicherheit!)

Sie können in der Debatte Ihren Standpunkt dazu sagen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Weil die Förderung von Privaten in diesem Falle sehr der Allgemeinheit nützt und gesellschaftlich geboten ist, dürfte es nicht schwer sein, sich für das geforderte Programm zu entscheiden. Wenn wir Glück haben – das sage ich, das ist eine persönliche Bemerkung von mir –, können wir auch noch eine Auszählung machen. Vielleicht haben wir Glück mit diesem Antrag.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Lück.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister Herr Glawe, der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Lück, der Tourismus ist natürlich eine gute Sache. Sie haben selbst zugegeben, dass Sie den Antrag von Sachsen abgeschrieben haben. Ich dachte aber, dass Sie sich das für einen Wahlkampfbaustein lassen, den Sie ab 2016 im September den Bürgerinnen und Bürgern vorstellen wollen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wahlkampfbausteine stellen wir hier vor, nicht erst ab September.)

Ja, ja, ja, ja, Herr Ritter, hören Sie doch erst mal zu!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da ist dann der Koalitionsvertrag, wo sich das wiederfindet.)

„Lieblingsspielplätze für alle“ ist ein Thema, das in Sachsen zugegebenermaßen seit 2014 aufgestellt worden ist.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Bis zu 25.000 Euro können gefördert werden. Was Sie jetzt wieder gemacht haben, haben wir gerade am Beispiel erlebt. Sie haben die Landesüberschüsse von 220 Millionen schon wieder verteilt und versuchen, hier Dinge auf den Weg zu bringen, die Sie in der Haushaltsdebatte nicht umsetzen konnten. Ich will nur darauf hinweisen: Bewahren Sie sich die Kraft für den Wahlkampf, da können Sie die Themen dann gut platzieren.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Wir haben als Große Koalition ganz entscheidende Dinge vorangebracht. Einmal …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach was?! Ach was?! – Egbert Liskow, CDU: Weiter, Herr Ritter!)

Ja, Herr Ritter, hören Sie zu!

Städtebauförderung ist ein entscheidendes Thema für Mecklenburg-Vorpommern,

(Rainer Albrecht, CDU: Jawohl, ganz wichtig.)