Die dritte Botschaft liegt uns LINKEN ganz besonders am Herzen. Sie lautet: Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr. Damit verbunden ist der Anspruch, perspektivisch alle Neubauten barrierefrei zu gestalten, Haustürbedienung, Halten auf Wunsch und Bedarfshalte zu ermöglichen sowie Haltestellenkataster mit dem Ziel zu erarbeiten, Bedarfe zu erkennen und an künftig notwendigen Haltepunkten Barrieren weitestgehend abzubauen. Eine etwaige Förderung hierfür soll es auch dann geben, wenn die DIN-Norm nicht erreicht werden kann.
Wir freuen uns, dass sich die demokratischen Fraktionen unserem Vorschlag zu einem Gebot, die Belange mobilitätseingeschränkter und älterer Menschen bei jeglicher Verkehrsplanung zu berücksichtigen, angeschlossen haben. Eingang in die Empfehlung fand auch unsere Idee von einer weitergehenden streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung vor allgemeinbildenden Schulen, Kitas sowie Alten- und Pflegeheimen.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit Blick auf die Zukunft gibt es kaum eine größere Herausforderung für unser Land als die Gewährleistung einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Versorgung und Pflege. Neben der allseits bekannten Veränderung der Anzahl und der Struktur der Bevölkerung und der steigenden Lebenserwartung erleben wir gegenwärtig sich deutlich wandelnde Bedarfe medizinischer Versorgung aufgrund sich verändernder Krankheitsbildung und Multimorbidität, also das Phänomen, dass Patientinnen und Patienten jeweils zugleich an mehreren Erkrankungen leiden. Prägend für die Gegenwart ist auch der kulturelle Wandel in der Gesellschaft hin zur Interkultur mit all den Konsequenzen für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung. Und wir erleben den sich rasch vollziehenden medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritt mit all den wunderbaren Chancen auf Genesung beziehungsweise Gesunderhaltung, aber auch den Gefahren der Entfremdung und Entpersönlichung, wenn die Zeit für menschliche Zuwendung fehlt.
Wenn wir also Gesundheit und Pflege durchaus als einen als Zeitenwende zu bezeichnenden Prozess wahrnehmen, so stellt sich die Frage, wie wir ihm begegnen, ja mehr noch, wie wir ihn aktiv und vorausschauend gestalten wollen. Vornan steht aus unserer Sicht Prävention. Sie ist wegen ihrer Bedeutung für ein möglichst langes selbstbestimmtes Leben und wegen ihrer langfristig gesehen kostensenkenden Wirkung der wichtigste Bereich innerhalb von Gesundheit und Pflege. Prävention kennt kein Alter. Sie beginnt mit familienzentrierter aufsuchender Arbeit in der Kindheit, teilweise auch schon schwangerschaftsbegleitend, also vor der Kindheit, und soll lebensbegleitend bis ins hohe Alter sein. Wir wollen, dass im Rahmen einer Präventi
onsstrategie künftig massiv und gezielt in jede Form von Präventionsmaßnahmen investiert wird. Hierbei wird die Landesregierung klar in der Pflicht gesehen. Von ihr müssen Impulse für die gesellschaftliche Aufgabe Prävention ausgehen. Konkret geht es uns in diesem Zusammenhang unter anderem um Aktivitäten zur Gesundheitserziehung, gesunden Ernährung, Bewegungsförderung und Suchtvorbeugung.
Die Enquetekommission hatte keine Scheu, heiße Eisen anzufassen. Ein solches ist die Beantwortung der Frage nach der Zukunft der Krankenhäuser im Land. Wir haben uns klar für ein stabiles Netz der stationären Grund-, Regel- und Maximalversorgung ausgesprochen. Die kleinen Krankenhäuser sehen wir als Versorgungsanker der gesundheitlichen Versorgung in der Fläche. Während auf Bundesebene auf den Abbau von stationären Kapazitäten hingearbeitet wird, gehen wir einen anderen Weg, den Weg von Kooperation der Krankenhäuser über Trägergrenzen hinweg, den Weg zunehmender Vernetzung mit den Angeboten der ambulanten Versorgung und den Weg der medizinischen Spezialisierung. Auf diese Weise entwickeln sich Krankenhausstandorte zu lokalen Gesundheitszentren.
Die Enquetekommission hat auf unseren Vorschlag hin auch die Überlegung zur Rekommunalisierung von Krankenhäusern in die Handlungsempfehlungen aufgenommen. Gleiches gilt für die Harmonisierung der Notfallversorgung, also das Beschreiten korrekter Versorgungspfade, einer angemessenen Struktur und einer kompatiblen Ausstattung von Leitstellen und landesweit einheitlichen Standards zur Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Leitstellen. Gleiches gilt für die Versorgung und Betreuung demenziell erkrankter Menschen und Gleiches gilt für die Telemedizin.
Übrigens, was dies betrifft, so hatte sich in der vergangenen Woche der Finanzausschuss vor Ort von der Kooperation zwischen der Uniklinik Greifswald mit dem Sana Krankenhaus in Bergen überzeugen können. Bekannt ist auch das um die Hochschule Stralsund aufgebaute Radiologienetzwerk, welches 16 Radiologen, ein MVZ und mehrere Krankenhäuser umfasst. Von sich reden gemacht hat auch das Telemedizinnetz der POMERANIA. Sie alle sind jedoch lediglich Insellösungen. Mit großen Erwartungen sehen wir deshalb dem von der Enquetekommission empfohlenen Zukunftsprogramm Telemedizin entgegen, geht es doch hierbei um weiterführende Forschung und wissenschaftlichen Austausch, geht es doch um telemedizinische Netzwerke der Notfallversorgung und nicht zuletzt um den Einstieg von Hausärzten in die vernetzte digitale Behandlung.
Mit Blick auf die zunehmend älter werdende Bevölkerung sind natürlich auch die Bereiche Geriatrie und Palliativmedizin sowie die hausärztliche Versorgung von besonderer Bedeutung. So soll unter anderem die geriatrische Komplexbehandlung künftig flächendeckend bedarfsgerecht und wohnortnah eingerichtet werden. Das Medizinstudium muss stärker als bisher die Bereiche Allgemeinmedizin und Geriatrie umfassen und das praktische Jahr soll zeitweise bei einem niedergelassenen Arzt in der Fläche absolviert werden. Und auch die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege muss durch attraktive Arbeitsbedingungen und eine gute soziale und kulturelle Infrastruktur unterstützt werden. So würden sich zugleich junge Fachkräfte für Mecklenburg-Vorpommern entscheiden, meinen wir.
In der Pflege sprechen wir uns für eine flächendeckende Versorgung auch im ländlichen Raum aus. Dies kann gelingen unter anderem durch neue Modelle des Zusammenwirkens von medizinischer Versorgung und Pflege, sowohl ambulant als auch stationär. Abgestimmt hiermit gehören auch Rettungsdienste und andere Hilfsorganisationen in das umfassende Netz der künftigen Pflegelandschaft.
Sehr geehrte Damen und Herren, aufmerksam machen möchte ich auf das Sondervotum der LINKEN zum Themenbereich „Gesundheit und Pflege“. Die von allen demokratischen Fraktionen getragenen Handlungsempfehlungen sind derartig anspruchsvoll, dass sie nur verwirklicht werden können, wenn dreierlei vorausgesetzt werden kann: engagierte Akteure in allen relevanten Bereichen von Gesundheit und Pflege,
eine sich den Handlungsempfehlungen verpflichtende ambitionierte Landespolitik und eine adäquate bundespolitische Rahmensetzung. Was diese betrifft, so haben wir in unserem Sondervotum noch einmal deutlich gemacht, dass DIE LINKE für eine solidarische Gesundheitsversicherung plädiert, die die Pflege mit einschließt. Wir haben auch deutlich gemacht im Sondervotum, was wir darunter verstehen.
Wichtig war uns, in dem Sondervotum darüber hinaus noch mal den Zusammenhang von Armut und Gesundheit zu thematisieren. Hierzu haben wir uns geäußert und im Sondervotum auch deutlich gemacht, warum dies so ist, und das mit Fakten untersetzt.
Ein dritter Punkt, der uns sehr am Herzen lag und liegt – deswegen hat er auch Eingang gefunden in das Sondervotum –: Wir hatten beim Durchsehen des Pressespiegels auch dieser Tage, vorgestern, einen Bericht dazu von der Barmer, von der Kassenärztlichen Vereinigung, die darauf hingewiesen haben, dass circa 49 Prozent der Arztpraxen im Land barrierefrei sind.
In der Meldung, die uns dann vorlag, ist darauf hingewiesen worden, dass das bundesweit ein Spitzenwert ist. Also das mag unbestreitbar so sein, aber wenn man sich die Zahlen anschaut, ist mehr als die Hälfte eben nicht barrierefrei. Und wenn man bedenkt, dass wir eine freie Arztwahl haben, die selbstverständlich sein soll in unserem Gesundheitssystem, in unserer Gesellschaft, dann ist davon auszugehen, dass angesichts dieser Zahlen diese freie Arztwahl für mobilitätseingeschränkte, für ältere Menschen, für Menschen mit Handicap so nicht realisiert werden kann. Deshalb haben wir uns dazu auch mit Verweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention und Artikel 25 im Sondervotum geäußert.
Und last, but not least, haben wir im Sondervotum deutlich gemacht, wir hatten unter den demokratischen Fraktionen einen Dissens, was der Einsetzungsbeschluss, also „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“, umfasst. Gehört dazu auch, die Situation von Heranwachsenden, von Kindern und Jugendlichen mit in den Blick zu nehmen? Wir haben das bejaht,
weil das eine mit dem anderen natürlich zusammengehört. „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ umfasst ja alle hier lebenden Menschen und insofern haben wir Fragen der Kindergesundheitsziele und die Notwendigkeit der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen auch zum Gegenstand unseres Sondervotums gemacht.
Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend möchte ich ganz gern noch mal etwas sagen zu einer Initiative, die wir im vergangenen Sommer gestartet haben. Wir hatten seitens der LINKEN den Vorschlag gemacht, bereits vor Abschluss der Arbeit der Enquetekommission mit der Umsetzung, mit der Einführung von Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen, die bereits beschlossen wurden, zu beginnen, und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Das bot sich förmlich an, weil wir ja gerade Ende des vergangenen Jahres noch den Haushalt, den nunmehr laufenden Haushalt behandelt haben. Leider fanden wir hierfür keine Mehrheit, gleichwohl wäre es aus unserer Sicht nach wie vor angebracht, die Idee einer Implementierungsphase, darum ging es dabei, weiterzuverfolgen, da viele Handlungsempfehlungen – der Vorsitzende hat es gesagt – im Konsens entstanden sind, letztendlich hier ein Votum gefunden haben und hoffentlich heute auch, davon gehen wir aus, Bestätigung finden. Sie verdienen es, zeitnah umgesetzt zu werden und in Angriff genommen zu werden. Und das Gute an der Sache ist, wir müssten uns an dieser Stelle nicht mehr lange streiten,
Wir würden also nicht mehr über das Ob streiten, sondern über das Wie, und das ist doch schon mal eine gute Voraussetzung.
Schließen möchte ich mit der Erkenntnis, dass Pessimisten in jeder Chance ein Problem sehen, Optimisten hingegen sehen in jedem Problem eine Chance. Die Enquetekommission bewies und beweist Optimismus. Demografischer Wandel, den es im Übrigen immer gegeben hat, ist als eine Chance zu begreifen. Lassen Sie uns also Optimisten sein! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der Vorstellung des letzten Zwischenberichtes der Enquetekommission sind nun knapp anderthalb Jahre ins Land gegangen. Das zeigt vor allem eins: Die Gespräche, insbesondere zu den Handlungsempfehlungen, die aus vielen Anhörungen und Expertisen resultieren, waren
sehr zeitaufwendig. Zunächst mussten Grundlagenexpertisen erarbeitet und Anhörungen in der Kommission ausgewertet werden. Das hatte Gespräche auf Arbeitsebene zur Folge und aus ihnen resultieren dann Handlungsempfehlungen. Bei einigen solcher Handlungsempfehlungen wurden sich alle Fraktionen sehr schnell einig. Das Lift- und Aufzugsprogramm, das 2013 von der CDUFraktion initiiert wurde
(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorsicht, Vorsicht! Immer schön bei der Wahrheit bleiben! – Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)
Und es gibt Handlungsempfehlungen, bei denen der kleinste gemeinsame Nenner aller Fraktionen herausgearbeitet werden muss.
Wir werden darauf heute vor allem im Bereich der Empfehlungen zu Alter, Gesundheit und Pflege, aber auch hinsichtlich der Sondervoten zu sprechen kommen.
Auch ich möchte heute eingangs die Gelegenheit nutzen, um mich bei der Arbeitsebene der Fraktionen zu bedanken, bei den Externen, beim Enquetebüro und auch bei den Referenten, die uns durch die umfangreichen Berichte, Stellungnahmen und deren Fußnoten manövriert haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte ein wenig ins Detail gehen, aufgezählt wurde ja schon einiges.
Die in der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgestellte Expertise der HGC, der Hamburger GesundheitsConsult GmbH, zur Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft in Mecklenburg-Vor- pommern hat für viel Verunsicherung im Land gesorgt. Die CDU-Fraktion hat am Tag der Befassung der Kommission mit eben diesem Gutachten darauf hingewiesen, dass selbst die effizienteste Neubestimmung der Krankenhauslandschaft die soziale Funktion von Krankenhäusern nicht ersetzen kann.
Klar ist zunächst eins: Dem Ausscheiden vieler Fachkräfte im medizinischen und pflegerischen Bereich steht ein wachsender Bedarf an medizinischen und pflegerischen Leistungen in einer älter werdenden Bevölkerung gegenüber. Vor allem aufgrund des demografischen Wandels ändert sich zudem die Nachfrage nach medizinischen und pflegerischen Leistungen. Sicherlich machen diese
Entwicklungen mittel- und langfristig auch eine Neubestimmung zum Beispiel der kleinen Krankenhäuser notwendig. Das bedeutet, es wird nicht mehr in jedem Krankenhaus jede Spezialisierung vorgehalten werden können, aber für uns ist dennoch wichtig, dass alle Klinikstandorte, wie auch immer sie dann heißen mögen, in unserem Land erhalten bleiben und wir somit eine flächendeckende Versorgung sicherstellen. Regionale Kooperationen, also das Miteinander und nicht das Gegeneinander, können hier hilfreich sein. Die Kooperation zwischen dem Ludwigsluster Helene von Bülow Klinikum und den Helios Kliniken in Schwerin im Bereich der Kardiologie sei hier als Beispiel genannt. Solche Kooperationen müssen unterstützt werden.
Die Expertise aber nannte das in Dänemark eingeführte Konzept der Superkrankenhäuser in Ballungsräumen als zukunftsweisend, um den finanziellen Herausforderungen zu begegnen. Hier werden dann möglichst viele hochwertige Behandlungen unter einem Dach ausgeführt. Das ist ohne Frage ein Extrembeispiel, aber es veranschaulicht sehr gut, in welche Richtung die Gedankengänge zu verorten waren. Nun ist die Enquetekommission dafür da, solche Ideen zu diskutieren. Ich befürchte aber, dass solcherlei Ideensammlungen kaum auf die Realität unserer Krankenhauslandschaft übertragen werden können. Das haben wir in den Diskussionen zu den Handlungsempfehlungen auch deutlich gemacht, denn klar ist doch, dass insbesondere dieses Konzept, sagen wir, eine Konzentration auf zwei oder drei Häuser – vielleicht Greifswald, Rostock und Schwerin –,
hier im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern die Grund- und Regelversorgung im ländlichen Raum gefährdet. Wir wollen aber, dass die Grund- und Regelversorgung in jeder Region des Landes und nicht nur in den Oberzentren gewährleistet bleibt.