Protocol of the Session on January 28, 2016

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Schon mal sehr richtig.)

Für mich würde dazugehören, dass wir dieses Thema nicht unter Zeitdruck diskutieren,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, richtig.)

sondern dass wir dieses Thema in aller Ruhe diskutieren.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wieder richtig. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat auch etwas mit Würde zu tun.)

Ich glaube, am Ende wird dann stehen, dass wir irgendwann einmal – das gehört nun mal zu unserem Geschäft – zu Mehrheitsentscheidungen kommen müssen, dass diese Mehrheitsentscheidungen aber nicht mit „diese Fraktion gegen jene Fraktion“ getroffen werden, sondern dass hier wirklich jeder nach seiner Überzeugung und seinem Ge

wissen abstimmt. So, meine sehr verehrten Damen und Herren, stelle ich mir eine solche Diskussion vor.

Wenn ich mir anschaue, lieber Peter Ritter, was wir auf dem Tisch haben: Der schüchterne Versuch, den ich unternommen habe, hier noch einen gemeinsamen Antrag hinzubekommen, damit wir wenigstens diese Voraussetzung hinbekommen, dass wir gemeinsam Impulsgeber sind, leider war es nicht möglich, dass wir zu einem solchen Antrag kommen. Das ist die erste Voraussetzung, die meines Erachtens nicht erfüllt ist.

Das Zweite ist eine Diskussion ohne Druck, vor allen Dingen ohne Zeitdruck. Wenn ich in dem Antrag lese, wir müssen bis Juni 2016 fertig sein und hier dem Landtag etwas vorlegen – nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, so geht das nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig.)

Wir müssen ohne Zeitdruck diskutieren. Dass der Juni 2016 drei Monate vor einem Wahltermin liegt, das wird man nicht wegdiskutieren können. Man wird auch den Verdacht nicht wegdiskutieren können, dass dieser Termin zielgerichtet gewählt worden ist, um für die Wahlen im September hieraus Gewinn zu ziehen. Nun ist es unser Alltagsgeschäft, als Parteien auf Wahlen zu gucken, um zu schauen, sehen wir da möglichst gut aus. Aber ich glaube, dieses Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren, eignet sich nun wirklich nicht, um parteipolitisch Gewinn zu ziehen. Wir sollten es lassen.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir heute diesen Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen – alles, was ich jetzt sage, können wir nur denken, entscheiden müssen es die Kolleginnen und Kollegen der nächsten Wahlperiode –, dass wir uns in der nächsten Wahlperiode getragen von einer gemeinsamen Zielstellung aller Fraktionen mit diesem Thema auseinandersetzen, dass wir dies in aller Ruhe tun und dass wir, jeder seinem Gewissen folgend, am Ende zu Entscheidungen kommen werden. Den Antrag heute lehnen wir ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Herr Pastörs von der Fraktion der NPD.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ein wahrlich schwieriges Thema. Ich versuche, hier meine persönliche Meinung zu dieser schwierigen Sachfrage zu äußern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aha! Also nicht die Meinung der NPD?!)

Ich habe mir seit jungen Jahren immer auferlegt – ich bin viel um die Welt gereist –, zunächst bei meinen Besuchen immer auch die Friedhöfe anzuschauen, ob das im pazifischen oder asiatisch-pazifischen Raum war, ob das in Europa war, ob das in den Vereinigten Staaten von Nordamerika oder Südamerika war, und habe mir aufgrund der Art der Friedhöfe und aufgrund der kulturellen Einhegung dieser speziellen Plätze versucht, Gedanken zu der Frage zu machen: Wie kommt es dazu, dass wir eine so unterschiedliche Bestattungskultur in der Welt haben? Ich muss Ihnen sagen, dass ich diesbezüglich

den Spruch immer sehr treffend fand, der da lautet: „Ein Volk ist immer so viel wert, wie es sich in seinen Toten ehrt.“

Daran sehen Sie – und da, möchte ich sagen, spreche ich auch für meine Fraktion –,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, sonst nicht?)

dass wir nach unserer Auffassung eine klare Trennung brauchen zwischen einer technokratischen, medizinischen, praktischen Behandlung von Leichen auf der einen Seite und wir auf der anderen Seite nicht vergessen dürfen, dass die größere Dimension – jenseits vom dialektischen Materialismus des Herrn Ritter, was er hier aufgeschrieben hat, das ist alter kommunistischer, überkommener Geist,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ein Quatsch!)

den er hier versucht einzupflegen –,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: So ein Quatsch!)

dass diese metaphysische Ebene, die Glaubensebene, der Schwerpunkt sein muss, wenn man sich mit so einem Thema auseinandersetzt. Da wird es nicht möglich sein, dass wir das hier im Parlament unter uns diskutieren, sondern es wird aus unserer Sicht unabdingbar sein, auch die Leute zu Wort kommen zu lassen, die sich mit religiösen Fragen viel, viel intensiver beschäftigen und auseinandersetzen. Das ist im deutschen Kulturraum in erster Linie die Kirche, die da gehört werden muss, die da etwas zu sagen muss.

Ja, Herr Dr. Nieszery, dass Ihnen das nicht gefällt, dafür kann ich nichts. Das ist meine Auffassung,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich bin im Gegensatz zu Ihnen immer noch Mitglied der Kirche.)

das ist meine Auffassung, wie wir mit dem Thema umzugehen haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, da kennen sich auch noch ein paar mehr Mitglieder mit aus.)

Dass Sie da eine atheistische Einstellung haben, sei Ihnen unbenommen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich bin kein Atheist, ich bin Mitglied der Evangelischen Kirche.)

Ich kann Ihnen sagen, unterschätzen Sie die Dimension der religiösen Kraft

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Machen Sie sich mal keine Sorgen.)

und des religiösen Trostes für die größte Zahl der Menschen hier in Deutschland nicht!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tue ich nicht! Das tue ich nicht!)

Das ist meine Überzeugung.

Und dann schauen wir mal weiter.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ausgerechnet Sie müssen mir das erklären!)

Wir können alles regeln, was ich zuvor genannt habe. Wie machen wir das praktisch? Aber es hört da auf, dass wir hier auf der Grundlage von Gesetzgebung eingreifen in die religiösen Empfindungen von Menschen. Das haben wir zu respektieren, da haben wir die Hände wegzulassen.

Ich darf ein Beispiel geben. Wir haben eine Tradition in Deutschland, eine Bestattungskultur, die Respekt vor anderen religiösen Gruppen traditionell hat. Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Wir hatten während der Kaiserzeit in Europa, in Berlin – Sie sollten sich das anschauen, ich habe mir das angeschaut – als eines der wenigen Länder schon einen Friedhof für Muslime, für Türken damals. Wir hatten eine sehr gute diplomatische Vertretung der Türken in Berlin. Wenn Sie auf diesen Friedhof gehen …

(Heiterkeit bei Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das ist nicht zum Lachen, Herr Dr. Nieszery.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich weiß das, ich weiß das.)

Wenn Sie auf diesen Friedhof gehen und sich anschauen, was da traditionell gestattet wurde, nämlich eine Bestattung in Würde und nach Maßgabe religiöser Einstellung von Menschen, dann sollte uns das ein Beispiel geben.

Und dann noch eins: Für mich gehören jenseits des technokratischen Prozesses als Grundlage des Umgangs mit Toten Ehrfurcht, Achtung,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die haben Sie?!)

und Pietät dazu, vor allen Dingen jenseits der Menschenwürde, denn nach Gesetz und Recht hört der Mensch auf mit dem Tod, dann ist es eine Sache, dann muss die Totenwürde einsetzen, und darüber müssen wir hier sprechen.

Aber ich denke, dass es so einige Monate vor der Wahl ganz offenkundig ist, dass hier der Herr Ritter versucht, ein äußerst emotionales Thema seiner Wahlpropaganda dienbar zu machen. Damit sind wir als Nationaldemokraten nicht einverstanden. Wir werden selbstverständlich so einen Antrag, wie Sie ihn hier formuliert haben, mit Vergnügen ablehnen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was überhaupt nicht interessiert, Herr Pastörs, was Sie machen.)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)