Protocol of the Session on January 28, 2016

Jetzt will ich nicht immer nur irgendwelche Raser genannt wissen, sondern wie wir wissen, gibt es auch viele ältere Leute, da kann auch mal was passieren. So ist das im Leben. Ich glaube, dann ist es gut, wenn eine Straße zunächst sehr verkehrssicher ist, denn ich bleibe dabei: Politik gestalten heißt in erster Linie, Prioritäten zu setzen.

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Und auch nach Maßgabe des Alleenschutzes – ich hatte Ihnen die Formulierung aus der Landesverfassung vorgelesen – bleibt die Straße zunächst einmal ein Bauwerk, das dem Verkehr dient. Ich wage mal die Aussage: Sie ist nicht in erster Linie ein schattenspendender Unterstand für umweltpolitische Träumer,

(Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU)

sondern sie bleibt eine Verkehrsanlage. Insofern, auch bei der Erhaltung des für Mecklenburg-Vorpommern sehr wichtigen Landschaftsbildes – keine Frage – bleibt die Priorität bei Mobilität,

(Beifall Heino Schütt, CDU)

für Sicherheit und Durchlässigkeitsfähigkeit der Straßen als Verkehrsanlage. Das ist der Grundsatz.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Ja, das können Sie ruhig sagen. Das ist auch völlig in Ordnung. Ich kann mich gut erinnern. Damit ist, glaube ich, fast mal eine Wahl gewonnen worden.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern will ich Sie auch noch mal daran erinnern, die Alleen – das steht auch in dem Bericht drin, sehr zutreffend, finde ich, dass daran noch mal erinnert wird – sind im Wesentlichen entstanden, also diese Altalleen, Mitte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Da kamen dann die Autos gerade so auf. Das ist natürlich ein ganz anderer Zustand gewesen. Dort herrschten ganz andere Bedingungen, als sie heute herrschen. Insofern – ich glaube, das ist aber auch unbestritten – ist ein schrittweiser Umbau der Alleen erforderlich. Das gilt insbesondere für Bundes- und Landesstraßen.

Meine Damen und Herren, bevor ich vielleicht noch irgendwie angegangen werde, will ich gleich mal ein Beispiel zur Prioritätensetzung aus der Praxis liefern. Ich war selbst mal gefragt in meiner Zeit als Landrat von 2001 bis 2005, eine Genehmigung zu erteilen für die

Abnahme von, ich glaube, an die 270 Straßenbäumen an der Straße von Waren nach Sietow, das ist die B 192, weil die Propeller immer größer wurden im Mecklenburger Metallguß und man nicht mehr durch die Straßen kam. Dort war eine Entscheidung zu treffen und die haben wir so getroffen, dass diese Bäume – natürlich gegen Ersatzpflanzungen – gefällt werden müssen. Das ist nun zehn Jahre her. Jetzt können Sie an der Straße entlangfahren, da sind wunderschöne Eschen gepflanzt worden, das sieht ganz ordentlich aus. Insofern muss man vor einer solchen Entwicklung auch nicht immer gleich zusammenzucken, wenn eine solche Entscheidung mal ansteht.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal erwähnen, dass die Straßenbauverwaltung sehr verantwortungsvoll mit dem Alleenumbau umgeht. Die Dinge wurden alle schon genannt: das Baumkataster bis hin dazu, dass ja tatsächlich jeder Baum gekennzeichnet ist. Ich hätte noch mal einen Vorschlag zu dieser Baumkennzeichnung. Wenn man diese kleinen Plaketten vielleicht mal in einem Material herstellen könnte, das nicht ganz so glitzert, dann wäre das vielleicht etwas besser. Mir geht es immer so, ich zucke da manchmal richtig zusammen, weil ich glaube, ich bin jetzt geblitzt worden, weil das dermaßen blitzt.

(allgemeine Heiterkeit)

Vielleicht können Sie das mal ein bisschen anders machen.

(Zurufe von Stefanie Drese, SPD, und Jochen Schulte, SPD)

Ja, gut, war ja nur mal ein Versuch.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann will ich den Alleenfonds noch mal anführen – 5 Millionen, glaube ich –, einmalig in Deutschland, gibt es nur bei uns. Insofern will ich es da bei der Aufzählung belassen.

Der Bericht verweist auf die zukünftigen Dinge, also auf die sogenannte Alleen-AGENDA der Straßenbauverwaltung. Da sind genannt die Fortführung des Baumkatasters, Alleenstatistikmodul – das muss der Minister erklären, da weiß ich nicht, was es ist –, Alleenkarten, Alleensicherungsprogramm, das Planungshandbuch „Alleen“. Ich bin geneigt zu sagen, manchmal könnte vielleicht auch etwas weniger mehr sein, aber das sage ich nur an dieser Stelle ganz zart.

Fazit: Die Kulturlandschaft unterliegt einem Wandel durch Nutzungsänderung und veränderte Umweltbedingungen. In geeigneten Bereichen sollte durchaus das historische Alleenbild konserviert werden. Mir fällt da eine Allee sofort ein – ich kenne die Straßennummer jetzt nicht –, aber die Straße von Bad Doberan nach Heiligendamm. Das ist eine Allee, da müssen wir sicherlich alles tun, um die in der bisherigen Art und Weise zu unterhalten.

(Stefanie Drese, SPD: Genau.)

Man muss eben sehen, was man da tun kann.

Es gibt auch in dem Bericht ein Bild, wo der Tourismusverband eine Werbung macht, das ist richtig. Aber wenn

Sie da hinsehen, dann wirbt der auch nicht mit der Bundesstraße, sondern das ist in dem Fall, ich weiß nicht, eventuell ländlicher Wegebau gewesen oder vielleicht sogar ein Fahrradweg, wo eine sehr schöne Allee steht. Das ist auch sehr schön, keine Frage, nur man muss die Dinge oder man darf die Dinge am Ende nicht überdrehen.

Insofern noch einmal: Ich glaube, in MecklenburgVorpommern wird die Verantwortung für Landschaft und Natur sowie Artikel 12 der Landesverfassung in entsprechender Weise wahrgenommen, sodass wir hier grundsätzlich sagen können, man könnte manches besser machen, aber wir sind ganz gut auf dieser Strecke. Das möchte ich schon festgestellt wissen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wahr, in Mecklenburg-Vorpommern wird einiges getan für unsere Alleen. Da zeichnen wir uns auch gegenüber fast allen anderen Bundesländern aus. Und die heutige Debatte über den Alleenbericht der Landesregierung bietet eine weitere gute Gelegenheit, um über Erfolge beim Schutz und Erhalt von Alleen genauso wie über die Defizite auf den verschiedenen Ebenen zu diskutieren.

Alleenschutz steht in einem Spannungsfeld, und das nicht nur in unserem Land. Alleen genießen bei uns den Schutz der Verfassung, sie sind ein Marketingfaktor für die Touristiker, sie entspannen beim Reisen – wer fährt nicht gerne durch einen grünen Tunnel, ich jedenfalls tue das –, sie haben eine wertvolle Funktion für funktionierende Biodiversität, sie schützen vor Sonne und Wind und damit auch vor Humusabtrag, sie verbessern bei Nebel und Dämmerung die Orientierung und erleichtern das Schätzen von Entfernungen. Das Wurzelwerk der Alleenbäume festigt die Fahrbahnen und schützt Wege auch vor Erosion und Verschlammung. Sie reinigen das Grundwasser, filtern Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft. Sie sind, wenn sie dicht genug sind, ein natürlicher Schallschutz. Sie bereichern unser Bundesland und sind ein Schatz, um den uns viele beneiden.

Das alles wissen wir und es war uns so wichtig, dass wir den Erhalt der Alleen in eine Aufgabe mit Verfassungsrang erhoben haben. Andererseits ist durch die Alleen das Risiko von Unfällen mit Sachschäden, Verletzungen oder gar tödlichem Ausgang deutlich erhöht. Noch immer ist die Zahl der verletzten und getöteten Menschen nach Baumunfällen trotz sinkender Zahlen deutlich zu hoch.

Gerade tagsüber kann bei dem, was wir so schätzen, beim Fahren durch Tunnel von lichtdurchfluteten Baumkronen mit häufigen und schnellen Wechseln zwischen grellem Sonnenlicht und Schatten, die Sicht im Straßenverkehr behindert sein. Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume sind reale Gefahren bei Sturm oder Schneebruch. Die meisten von uns haben auch schon mal eine Kastanie bei voller Fahrt auf die Windschutzscheibe bekommen. All das ist nicht neu und kam auch schon in unserer Debatte am 2. Juli 2014 zur Sprache, als es ebenfalls um den Alleenschutz in MecklenburgVorpommern ging. Über Schäden durch Baumaßnahmen an den Straßen hat der Minister ausführlich gesprochen.

Alleen eignen sich also hervorragend dazu zu polarisieren. Und nicht zuletzt der Redebeitrag von Herrn Minis- ter a. D. Seidel hat das gezeigt.

(Egbert Liskow, CDU: War aber toll!)

Na, das ist Ihre Meinung, Herr Liskow.

(Heiterkeit bei Egbert Liskow, CDU)

Es sind eben eigentlich sich widersprechende Schutzziele. Trotzdem muss Ziel sein, unsere Alleen – ob an Bundes-, Landes- oder auch Kommunalstraßen – möglichst in vollem Umfang zu erhalten oder sogar zu mehren und gleichzeitig Baumunfälle zu vermeiden. Es geht also darum, sowohl Leib und Leben der Menschen zu schützen als auch Alleen zu schützen, zu erhalten und zu mehren.

Nun kann niemand dem Alleenbericht vorwerfen – und das tue ich auch nicht –, dass all dies nicht benannt wird. Im Gegenteil, schädliche Einflüsse aller Art auf unseren Alleenbestand werden ebenso benannt wie Unfallstatistiken und rechtliche Grundlagen. Auch um Defizite zum Beispiel bei den Neuanpflanzungen und vor allem bei den Ersatzpflanzungen macht der Bericht keinen Bogen. Es wird deutlich, dass wir vor vielen Herausforderungen gleichzeitig stehen.

Da sind einerseits die unterschiedlichen Zuständigen, je nachdem, in welchen Verantwortungsbereich eine Straße fällt. Das macht es nicht leichter, gerade wenn es um Verantwortlichkeiten der kommunalen Ebene geht. Also, es ist so, wir müssen uns auch Sorgen machen. Ein großer Teil unserer Alleebäume ist in die Jahre gekommen, mit anderen Worten, sie sind an das Ende ihrer Lebenszeit gekommen und müssen gefällt werden. Der Minister hat es schon gesagt.

Allerdings kann ich mich manches Mal auch des Eindrucks nicht erwehren, dass ohne Rücksicht auf Verluste gefällt und Straßenbau betrieben wird. Das wird mir immer dann deutlich, wenn ich eine völlig gesunde Baumscheibe auf der Seite liegen sehe. Fakt ist, dass die Lücken in den Alleen immer größer werden, insbesondere an kommunalen Straßen, aber auch an Landes- und Bundesstraßen. Die Maßnahmen, den Alleenbestand zu erhalten und zu mehren, stagnieren. Und da nützen auch die 6.000 mehr gepflanzten Bäume nicht.

Die Forderung, wegen der Verkehrssicherheit den Abstand vom Fahrbahnrand bis zum neuen Baum deutlich zu vergrößern, kann die Bäume schützen, aber es tauchen andere Probleme auf. Da geht es dann wieder um Eigentumsfragen, um Entschädigungen. Ziel muss es sein, für jeden Baum, der gefällt werden muss, unverzüglich eine Ersatzpflanzung zu planen. Gegebenenfalls müssen die Mittel im Alleenfonds des Landes für ausreichende Pflege und Neuanpflanzungen aufgestockt werden. Schließlich genießt der Alleenschutz bei uns Verfassungsrang. Es ist ein Staatsziel.

Die zur Chefsache erklärte Evaluierung des Alleenerlasses aus dem Jahr 2002 ist immer noch nicht erfolgt, zumindest habe ich keinen neuen Erlass gefunden. Auf dem Alleentag in Güstrow wurde angekündigt, dass er kurz vor einer Neuauflage steht. Wo bleibt sie? Es reicht nicht, festzustellen, dass das Erscheinungsbild des Alleenbestands in Mecklenburg-Vorpommern heute einer fortlaufenden Veränderung unterzogen ist. Es reicht

nicht, zu beklagen, dass die das heutige Bild prägenden Alleenbestände deutlich zurückgehen. Es reicht nicht, festzustellen, dass künftige Generationen ein heute an die Funktion des Straßennetzes angepasstes Alleenbild später als historisch gewachsen wahrnehmen werden.

Mein Fazit für den Alleenbericht lautet daher: Es ist zu er- kennen, dass die Landesregierung durchaus dem Schutz und dem Erhalt der Alleen einen Stellenwert beimisst. Aber es ist auch zu erkennen, dass es keine Einigkeit zwischen den zuständigen Ministerien gibt, da jedes seine Priori- täten anders gewichtet. Und es ist festzustellen, dass es bis heute nicht gelungen ist, die kommunale Ebene in ihrer Gesamtheit zu mehr Alleenschutz zu bewegen.

Die Unterschiede in den Regionen sind immer noch gewaltig. Zunächst einmal wäre es erforderlich, herauszufinden, warum das so ist. Liegt es nur am Geld oder am Personal? Haben wir die dafür erforderliche Sensibilität der Straßenbaubehörden? Wir müssen endlich schneller und einheitlicher vorankommen, wenn wir das Ziel der Landesverfassung mit Leben erfüllen wollen, Alleen zu schützen und zu mehren. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

So, ich schließe die Aussprache.

Kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 6/4207 verfahrensmäßig für erledigt erklären? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kriminalität effektiv bekämpfen – Strafverschärfungen als Mittel der Kriminalprävention ablehnen, Drucksache 6/5072. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/5131 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Kriminalität effektiv bekämpfen – Strafverschärfungen als Mittel der Kriminalprävention ablehnen – Drucksache 6/5072 –