Protocol of the Session on January 28, 2016

Da bin ich dicht bei Ihnen. Das hilft uns aber leider immer nicht, wenn es eintritt.

Fahren diese dann auch noch dicht an den Bäumen entlang, können Äste beschädigt und Wurzeln, beispielsweise beim Pflügen, herausgerissen werden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Auch der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln kann sich negativ auf die Entwicklung gerade junger Alleebäume auswirken.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Na, na, na, na, na! – Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Pestizide!)

Daneben gibt es noch Einflüsse, die sich aus dem Standort der Alleen ergeben. Bis 1990 waren die Straßen und Alleenbestände kaum einer intensiven Motorisierung und den Folgen eines hohen Schwerlastverkehrs ausgesetzt, zumindest deutlich weniger als heute. Noch 1990 wiesen etwa 48 Prozent der Fern- und 60 Prozent der Bezirksstraßen den ursprünglichen heute zu schmalen Fahrbahnquerschnitt aus. Nach 1990 erhöhte sich durch den raschen Anstieg des Pkw- und Lkw-Verkehrs der Druck auf eben dieses bestehende Straßennetz. Aufgrund der sprunghaft gestiegenen Anforderungen des Verkehrs an die Straßen hat durchgängig und umfassend ein grundhafter Ausbau des Straßennetzes stattgefunden. Die Fahrbahnen wurden – ein bisschen überspitzt formuliert – an die Alleebäume herangebaut und dann sind wiederum die benötigten Lichtraumprofile ausgeschnitten worden, was auch im Kronenbereich entsprechende Verletzungen herbeigeführt hat.

Im Übrigen, neben dem Fahrzeugverkehr, für den ich miteinstehen muss, hat auch die massive Verlegung von Versorgungsleitungen Anfang der 90er-Jahre erheblich und teilweise radikal in den Straßenrandbereichen in das Wurzelwerk der Straßenbäume eingegriffen und dieses gekappt. Unter diesen Bedingungen kann ein Baum dann nicht das Lebensalter, das er unter guten oder optimalen Waldbedingungen erreichen kann, schaffen. Die vor 1990 gepflanzten Altalleen haben deshalb ein häufig überaltertes Erscheinungsbild und sind häufig abgängig.

Schließlich machen auch Klimawandel und Krankheiten – die SVZ hat heute Morgen für jede Baumart wunderbar die typischen Schädlinge aufgeführt – den Alleen deutlich zu schaffen. Auch im Übrigen lang anhaltende Trockenperioden, die wir in den letzten Sommern und zum Teil auch in den Wintern immer häufiger hatten, führen zum Vitalitätsverlust.

Es lässt sich also feststellen, dass vielfältige Einflüsse eine Herausforderung für den Erhalt und die Entwicklung der Alleen darstellen. Die überragend wichtige Aufgabe unserer Straßenmeistereien ist es dann, die Sicherheit der Menschen im Straßenverkehr zu gewährleisten, und das führt angesichts der stark abnehmenden Vitalität der Bäume regelmäßig zu durch Abwägung zu lösenden Konflikten mit dem Alleenschutz.

Was muss, was kann also hier getan werden, um aktuell zu bleiben? Diesem Thema haben wir im Alleenbericht

einen ganzen Teil 5 gewidmet, in dem Lösungsvorschläge zum Erhalt und zur Entwicklung der Alleen angeboten werden. Um Entwicklungsperspektiven abzuleiten, muss man jedoch erst mal wissen, wie ist der Istzustand? Um das herauszufinden, werden durch die Straßenbauämter des Landes gründliche Sichtkontrollen der straßenbegleitenden Bäume im Kronen-, im Stamm- und im Wurzelbereich vom Boden aus durchgeführt. Die Baumkontrolle wird nach Beendigung der Jugendphase des Baumes – nach circa 15 Jahren Standzeit – mindestens einmal jährlich abwechselnd im belaubten und im unbelaubten Zustand durchgeführt.

Dann hat die Straßenbauverwaltung, darauf hatten Sie eben dankenswerterweise schon hingewiesen, mittels einer speziellen Software – allerdings für die Bundes- und Landesstraßen, damit wir da kein Missverständnis haben – ein Baumkataster aufgebaut, in dem alle Straßenbäume an unseren Landes- und Bundesstraßen mit exakter Standortangabe, die kann zum Teil sogar Nummernschilder haben, verzeichnet sind. Für jeden Straßenbaum werden darin die Anzahl der erfolgten Kontrollen und das Kontrollergebnis, zum Beispiel auch dabei festgestellte Baumschäden oder Baumkrankheiten, aktenkundig gemacht.

Nach Auswertung der Kontrollergebnisse wird über den Handlungsbedarf und dessen Dringlichkeit entschieden und es werden entsprechende Maßnahmen veranlasst. Wird also bei so einer Regelkontrolle ein Baum als auffällig festgestellt, wird dabei allerdings keine Gefahr im Ver- zug angenommen, wird eine Baumschau zusätzlich anberaumt unter Einbeziehung einer Vertreterin oder eines Vertreters der unteren Naturschutzbehörde, bei der dann gemeinsam festgelegt wird, welche Maßnahmen zur Erhaltung der Verkehrssicherheit erfolgen müssen.

Ich will aber deutlich sagen, beim Großteil der Bäume, die abgenommen werden müssen, erfolgt dies aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht. So mussten im Berichtszeitraum 2008 bis 2013 an unseren Bundes- und Landesstraßen von den vorhin genannten 26.591 gefällten Bäumen allein 22.199, das entspricht knapp 83 Prozent, aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht von der Straßenbauverwaltung gefällt werden.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn es keine anderen Gründe gibt?!)

Um dennoch eine Entwicklung der Alleen zu gewährleisten – das ist ja auch ein Teil des Auftrages an uns –, sollte an den eben schon genannten neuralgischen Punkten angesetzt werden. Das tut der Bericht.

Es ist deshalb erstens ein Mindestpflanzabstand zur Fahrbahnkante einzuhalten, der größer ist als früher.

Zweitens. Die Eignung der Baumart für den Pflanzstandort wird künftig noch stärker berücksichtigt werden als bisher.

Und drittens. Ein Sicherheitsabstand der Leitungen der Versorgungsträger, das ist mit ein Problem, zu den Bäumen ist erforderlich. Wir versuchen, das bei künftigen Genehmigungen entsprechend einzuhalten.

Schwierigkeiten ergeben sich leider häufig auch beim erforderlichen Grunderwerb von meist landwirtschaftli

chen Nutzflächen, die gebraucht werden, um überhaupt Alleen anzulegen, nämlich jetzt mit der größeren Straßendistanz

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bodenordnung.)

oder um einen größeren Pflanzabstand sicherzustellen. Sie hatten vorhin angesprochen: Warum macht er nicht mehr? Genau das ist eines der Probleme: Ich brauche Grund und Boden, auf die ich die Bäume stellen kann. Hier ist dann das Mitziehen der Landwirtschaft erforderlich, um einen wichtigen Beitrag zum Alleenerhalt leisten zu können.

Aber Sie haben vollkommen recht, im Bericht im Übrigen angesprochen, Lösungsansätze bieten sich neben diesem freiwilligen Grunderwerb auch in der Realisierung von Baurechtsverfahren oder bei der Beteiligung an Bodenordnungsverfahren, die in der Tat genutzt werden. Sie finden aber eben nicht ständig und überall statt, sodass man dann auch den Zufall nutzen muss, wenn es denn stattfindet.

Ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt unserer Alleen ist im Übrigen der Alleenfonds, ebenfalls angesprochen. Die Straßenbauverwaltung hat in den Jahren 2008 bis 2013 für Baumentnahmen insgesamt 1,4 Millionen Euro in diesen Alleenfonds eingezahlt. Darüber hinaus wurde für bis Ende 2013 angefallene und nicht realisierbare Nachpflanzungen für bereits erfolgte Fällungen aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht von knapp 10.000 Bäumen sowie weitere ausstehende Ersatzgeldzahlungsverpflichtungen zwischen Energie- und Landwirtschaftsministerium gemäß bisheriger Alleenerlasslage eine Abgeltungszahlung von – in mehreren Raten – 4,9 Millionen Euro in den Alleenfonds vereinbart.

Mit dem Geld sollen Neuanpflanzungen von Alleen und einseitigen Baumreihen finanziert werden, aber auch die Finanzierung von Schutz- und Pflegemaßnahmen in be- sonders wertvollen Alleen und einseitigen Baumreihen können hieraus bezahlt werden. Die Mittel sind darüber hinaus auch für andere dem Alleenschutz dienende Maßnahmen sowie für Flächenankäufe oder Ausfallentschädigungen für die Landwirtschaft zu verwenden, die Sie eben kritisiert haben. Diese Ausfälle dienen dem Baumschutz eben dieser Alleen und deshalb bezahlen wir das aus dem Alleenfonds, denn Schäden müssen auch von der Ackerseite, nicht nur von der Straßenseite aus vermieden werden. Und dem Ziel dient dann der Einsatz des Alleenfonds eben auch für solche Ausfallentschädigungszahlungen an Landwirte.

Unabdingbar für den effektiven und effizienten Einsatz von Finanzmitteln und Ressourcen sind überörtliche und örtliche Planungskonzepte, welche in eine landesweite mittel- und langfristige Strategie eingebettet sein sollen. Auch das werden Sie im Bericht finden. Für den Alleenschutz erörtert die Landesstraßenbauverwaltung die Entwicklung einer Alleenstrategie. Als Grundlage dafür soll dann – deswegen war es auch wichtig – das schon genannte Baumkataster zumindest für die Bundes- und Landesstraßen dienen.

Darauf aufbauend wird ein Konzept zur Sicherung des Alleenbestandes, ein Alleensicherungsprogramm, durch unser Haus erarbeitet werden, welches Maßnahmen sowohl zum Schutz des vorhandenen Baumbestandes

wie auch zur Gewährleistung von Nach- und Neupflanzungen in Alleenstrecken beinhalten soll.

Zudem sollen in Abstimmung mit den für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Landesbehörden in einem Planungshandbuch „Alleen“ Planungshinweise für die Alleen des Landes entwickelt werden, die bei Neuanpflanzungen generell und bei Neubau-, Umbau- und Er- haltungsmaßnahmen an Bundes- und Landesstraßen mit Alleenbestand zu berücksichtigen sein werden.

Jetzt bin ich bei Ihrem Wermutstropfen, da bitte ich aber um Nachsicht: An kommunalen Straßen empfehlen wir diese Anwendung, wir sind da aber eben nicht in der Verfügungsbefugnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund der genannten Einflüsse und Strategien sind die Alleen im Wandel. Dieser Entwicklung trägt wiederum der Teil 6 des Berichtes „Alleenbild der Zukunft“ Rechnung. Das Erscheinungsbild des Alleenbestandes in Mecklenburg-Vorpom- mern ist heute einer fortlaufenden Veränderung unterzogen, denn obwohl durch erhebliche Pflanzanstrengungen der tatsächliche Alleenbestand insgesamt erweitert worden ist – noch mal: von 26.000 gefällten Bäumen haben wir 32.000 ersetzt –, gehen die das heutige Bild prägenden Altalleenbestände deutlich zurück.

Diese Alleen wurden im Wesentlichen in zwei kurzen Perioden angelegt. Durch die erheblichen Belastungen aus dem modernen Straßenverkehr erreichen die Bestände derzeit das Ende ihres verkürzten Lebenszyklus beziehungsweise nähern sich diesem Abgang deutlich an. Die Wirkungen der Neu- und Nachpflanzungen, die wir jetzt vornehmen, werden jedoch erst in circa 40 bis 50 Jahren landschaftsbildwirksam werden und dann im wahrsten Sinne des Wortes „erfahrbar“ sein. Kronenschluss und dichter Abstand zum Fahrbahnrand, wie noch im alten Alleenbestand für uns prägend, sind dann nicht mehr in dem Maße prägend, wie sie das heute sind. Wenn wir die weiter von der Straße weg pflanzen, werden sie eben nicht mehr die gleiche Dichte über der Straße erreichen. Alleen werden also künftig anders aussehen, aber – da bin ich ganz guter Dinge – dafür dann auch ein Stück weit gesünder, weil sie ein bisschen weiter weg stehen.

Der letzte Teil 7 des Berichtes widmet sich schließlich dem Thema Vermarktung. Hier wird festgestellt, dass Alleen als landschaftsbildprägendes Element bereits vielfach als Standortfaktor und touristisch als Faktor beworben werden. Diese Vermarktung soll nach dem Berichtswunsch ausgebaut werden.

Lassen Sie mich zum Abschluss, ein Stück weit auch an Sie anschließend, einen herzlichen Dank für die tägliche Arbeit in den Alleen, aber auch für die konstruktive und zielführende Diskussion bei der Optimierung unseres Alleenerlasses an die Kolleginnen und Kollegen der Naturschutzbehörden und der Straßenbauverwaltung, eben- so an die Kolleginnen und Kollegen des Landwirtschafts- und Umweltministeriums und unseres Hauses richten, aber – und da bin ich dicht bei Ihnen – gerade auch an Gesprächspartner/-innen in Naturschutzverbänden, und hier ist insbesondere der BUND angesprochen, an die allesamt ich meinen herzlichen Dank richte.

An Sie richte ich zum Abschluss meinen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche eine erfolgreiche Debatte. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Seidel von der Fraktion der CDU.

(Andreas Texter, CDU: Na jetzt wollen wir aber was hören. – Torsten Renz, CDU: Gibt es etwas, was wir bisher noch nicht gehört haben?)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe wohl richtig in der Annahme, Frau Dr. Karlowski, dass wir zum späten Abend jetzt noch mal ein Thema gefunden haben, was nicht so furchtbar streitig ist. Ich hatte bei Ihnen das Gefühl, dass Sie das so sehen,

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

und will da versuchen, auch meinen Beitrag diesbezüglich zu leisten, weil ich schlichtweg glaube, es gibt ja im Leben den Spruch, man kann alles besser machen, das ist sicherlich richtig, aber wir haben, was Alleenschutz betrifft, in Mecklenburg-Vorpommern wirklich viel erreicht, und da müssen wir uns auch vor den anderen Ländern gar nicht verstecken. Wer mit offenen Augen, und das sollte man ja immer machen, wenn man im Auto sitzt,

(Heiterkeit bei Minister Christian Pegel und Wolfgang Waldmüller, CDU)

durch das Land fährt, dann sieht man durchaus – zum Beispiel mal im Vergleich zu Sachsen-Anhalt, aber Sie können selbst nach Bayern gehen –, dass wir da ganz andere landschaftliche Situationen haben. Und daran haben alle die einen großen Anteil, die hier schon mehrfach genannt wurden. Dem Dank kann ich mich uneingeschränkt anschließen.

Meine Damen und Herren, „Land, Gemeinden und Kreise schützen und pflegen die Landschaft mit ihren Naturschönheiten, Wäldern, Fluren und Alleen, die Binnengewässer und die Küste mit den Haff- und Boddengewässern.“ Das ist der Text – einen Satz lasse ich jetzt mal weg – des Artikels 12 Absatz 2. Und ich glaube, auch das ist im Übrigen von der rechtlichen Regelung her in Deutschland etwas Besonderes. Ich weiß jetzt nicht, ob es einmalig ist, aber es haben, glaube ich, nicht sehr viele eine solche Regelung in ihrer Landesverfassung.

Herr Minister sprach die Daten aus dem Bericht an, die will ich also nicht wiederholen. Ich will nur mal den Saldo bilden, wenn ich mir das erlauben darf: Also es sind tatsächlich allein von 2008 bis 2013 6.257 Bäume mehr gepflanzt worden, als gefällt wurden. Es gibt dann sicherlich auch noch Zahlen bis heute, also könnte man das hochrechnen. Ich weiß jetzt nicht, aber der Trend – das kann man, glaube ich, sagen –, der ist ähnlich. Insofern, was das betrifft, kann man da auch nichts grundsätzlich Negatives sagen, um es mal so mit den Worten der Opposition jetzt auszudrücken.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, dass der Pflanzabstand vom Straßenrand so gestaltet wird, dass man bei Landes

straßen, habe ich jetzt gelernt, 3,5 Meter hat und bei Bundesstraßen 4,5 Meter. Das schont sicherlich die Bäume.

Aber jetzt will ich mal einen anderen Aspekt noch einführen: Ich glaube, es schont auch die Verkehrsteilnehmer, weil am Ende, glaube ich, die Straße in erster Linie – das hat der Minister gesagt – der Verkehrssicherheit dient. Und wenn die Bäume vor dem Graben stehen, ist das immer ein bisschen schwierig, falls mal etwas passiert. Und das ist ja auch die Situation in MecklenburgVorpommern: Wenn keine Barrieren dort aufgebaut wurden, dann wird es eben sehr dramatisch für den, der von der Straße abkommt.

Jetzt will ich nicht immer nur irgendwelche Raser genannt wissen, sondern wie wir wissen, gibt es auch viele ältere Leute, da kann auch mal was passieren. So ist das im Leben. Ich glaube, dann ist es gut, wenn eine Straße zunächst sehr verkehrssicher ist, denn ich bleibe dabei: Politik gestalten heißt in erster Linie, Prioritäten zu setzen.