Protocol of the Session on January 27, 2016

(Rainer Albrecht, SPD: Mit Landesförderung! Nicht vergessen!)

Dazu hätte es jedoch dieses Antrages und auch der Unterrichtung so nicht bedurft. So kann beispielsweise bei städtebaulichen Maßnahmen an öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen, Grünanlagen sowie Spiel- und Parkplätzen eine Förderung von Kunst im öffentlichen Raum erfolgen. Bis zu fünf Prozent der auf den Quadratmeterpreis anrechenbaren zuwendungsfähigen Ausgaben sind förderbar. In vielen, insbesondere touristisch geprägten Orten unseres Landes sind die Ergebnisse auch gut sichtbar.

Das Ausmaß der Auslegung der schwammig formulierten Richtlinie für den Landesbau erstaunt mich und wird deutlich in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 6/4841 von Frau Kollegin Berger. Von wegen, diese Richtlinie sei direkt verpflichtend! „Direkt verpflichtend“ heißt für die SPD und CDU offenbar: „ist im Zweifelsfall zu vernachlässigen“. Ganze drei Prozent der 378 Hochbaumaßnahmen des Landes seit 2009 erhielten oder erhalten überhaupt Geld für Kunst am Bau. In keinem Fall wurde die mögliche Höchstförderung ausgereizt. Beispielsweise für den Neubau des Physikinstitutes der Uni Rostock wurden für Kunst am Bau 44.000 Euro ausgegeben. Das ist die höchste Ausgabe von allen elf hier bereits erwähnten Baumaßnahmen, bei denen überhaupt Kunst am Bau gefördert wurde. 50.000 Euro hätten es laut Landesrichtlinie maximal sein dürfen. Wie wenig das ist …

(Rainer Albrecht, SPD: Man muss es ja nicht ausgeben.)

Nein, man muss es nicht ausgeben. Aber ich will es mal deutlich machen: Die Zahlen, aus denen sich letztendlich eine Relation ablesen lässt, sprechen ja auch Bände. Bei einer Bausumme von 49 Millionen Euro sind eben 44.000 Euro, Herr Kollege Albrecht, weniger als 0,1 Prozent.

Ich halte es für gerechtfertigt, dass unter Umständen beim Austausch eines Heizkessels, bei Energieeinspar- oder bloßen Instandhaltungsarbeiten Kunst am Bau weniger in Betracht kommt,

(Rainer Albrecht, SPD: Ja.)

aber bei Neu- oder Erweiterungsbauten, bei Freiflächen sowie generell öffentlichen Gebäuden in Landeseigentum

mit einem erheblichen Besucherverkehr sind für mein Dafürhalten Ausgaben für Kunst am Bau zwingend mit einzuplanen. Zumindest das hätte Ergebnis der Prüfung und Unterrichtung sein müssen und zumindest hier hätte man die Äußerungen des Landeskulturrates berücksichtigen sollen. Deshalb würde mich brennend interessieren, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob Zweck und Bedeutung der Baumaßnahme eine Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern rechtfertigen oder eben nicht rechtfertigen. Es scheint mir beim Durchsehen der 378 Baumaßnahmen bisweilen willkürlich entschieden worden zu sein, ob Ausgaben für Kunst am Bau eingeplant wurden.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich zitiere: „Will man den Sumpf austrocknen, lässt man nicht die Frösche darüber abstimmen“, sagte einst der deutsche Journalist und sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Bruno Schönlank. Das Finanzministerium …

(Rainer Albrecht, SPD: Ja, da hat er recht.)

Wenn er recht hat, lässt sich das womöglich auch übertragen. Das Finanzministerium darüber entscheiden zu lassen, ob Mehrausgaben für Kunst am Bau erfolgen sollen oder nicht, ist ähnlich gelagert und, wie wir sehen, von – in Anführungsstrichen – „Erfolg“ gekrönt.

Die mit dem Antrag erfolgte Empfehlung des Landtages an die Kommunen, diese Richtlinie für den Landesbau auch für kommunale Hochbaumaßnahmen entsprechend anzuwenden, dürfte wohl angesichts der schwierigen Finanzlage der Kommunen ins Leere laufen. Oder würde der Innenminister Herr Caffier ein Auge bei der Haushaltskonsolidierung zudrücken, wenn dafür eine Förderung von Kunst am Bau ermöglicht wird? Aussagen dazu finden sich in der Unterrichtung nicht.

Eine Auflage, dass private Bauherren Ausgaben für Kunst am Bau bei Bewilligungen öffentlicher Gelder für Baumaßnahmen mit einzuplanen haben, wird es mit dieser Landesregierung nicht geben. Das ist die Kernaussage der Unterrichtung.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Eine generelle Verpflichtung könnte Private abschrecken, überhaupt zu investieren, heißt es darin sinngemäß. Zudem verschanzt sich die Landesregierung dahinter, dass bei den meisten Förderprogrammen die EU und der Bund die Regeln bestimmen. So finden Vorgaben zu Kunst am Bau als Fördervoraussetzung in diesen Regelungen keine gesonderte Berücksichtigung. Damit hat sich der Antrag erledigt. Die Landesregierung zeigt nicht auf, wie es gehen könnte, sondern dass es nicht geht, und dann basta.

Das Schlimme ist, dass sie nicht nur bei den geplanten, gerade im Bau befindlichen und in jüngster Vergangenheit stattgefundenen Baumaßnahmen so verfährt beziehungsweise verfuhr, sondern für die Bewahrung von Kunst am Bau nicht einmal Absichtserklärungen formuliert. Kunstwerke wie die Plastiken von Jo Jastram in Rostock oder das von Michael Fischer-Art bemalte Hochhaus in Neubrandenburg benötigen Pflege und gegebenenfalls restauratorische Maßnahmen.

(Der Abgeordnete Jochen Schulte tritt an die Ministerbank heran.)

Auch darauf hatte ich eingangs …

Herr Schulte!

… in einem längeren Zitat …

Herr Koplin, einen kleinen Moment!

Hier ist ein Redner und da gab es jetzt Absprachen. Ich bitte, das anders zu klären.

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und NPD)

Herr Koplin, Sie können gerne weiterreden.

Danke schön, Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem wir das nun geklärt haben, würde ich ganz gerne auf die Zielgerade meines Redebeitrages kommen und Ihnen noch mitteilen, wie Kulturschutz …

(Vincent Kokert, CDU: Langsam entwickelt sich das hier zum „Kessel Buntes“, muss ich mal sagen.)

Müssen wir das noch mal klären jetzt? Nicht?

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Also, sehr geehrte Damen und Herren, wie Kulturschutz am Bau erfolgreich realisiert werden kann, beweisen solche Maßnahmen wie die Bewahrung eines alten Fliesenreliefs – oder zwei waren es – in einem ehemaligen Gemeindezentrum in Gägelow,

(Egbert Liskow, CDU: Aber das wollt ihr doch nicht.)

das im Ort eine neue Heimat gefunden hat,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

oder die Erhaltung des großen Fliesenwandbildes „Ikarus“ in der Neubrandenburger Oststadt. Letzteres wird dort von den Einwohnerinnen und Einwohnern sorgsam behandelt, wohl auch deshalb, weil dieses Wandbild aufs Engste mit der Entstehungsgeschichte des Stadtteils verbunden ist und quasi eine identitätsstiftende Wirkung hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch hier manifestiert sich kulturelles Erbe. Davon stand in der Unterrichtung aber kein einziges Wort – eine Unterlassung …

(allgemeine Unruhe)

Herr Koplin, einen kleinen Moment noch mal!

Hier ist so ein Geräuschpegel. Ich bitte um Ruhe, damit der Sprecher hier noch seine Rede in Ruhe zu Ende bringen kann.

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das gilt auch für Sie, Herr Ringguth.

Bitte, Herr Koplin.

Danke schön, Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss Ihnen also so deutlich sagen, die heutige Debatte über Kunst am Bau offenbart noch einmal deutlich, wie stiefmütterlich das Thema bei der SPD-und-CDU-Landesregierung behandelt wird und dass Kunstwerke im Zusammenhang mit Baumaßnahmen in diesem Land offenbar noch keine wirksame Lobby haben. In der Hoffnung, dass sich das ändert, danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Sehr gut.)

Jetzt hat das Wort der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs von der Fraktion der NPD.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Nicht mit einem Wort sind Sie, Frau Berger, eingegangen auf den Titel Ihrer Unterrichtung „Kunst am Bau“ als Ausdrucksmerkmal der Baukultur in Mecklenburg-Vorpommern. Vielmehr haben wir gehört, welche Möglichkeiten zur Finanzierung zur Verfügung stehen

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ohne Finanzierung keine Kunst am Bau, Herr Pastörs, so einfach.)

und in welchen Gremien Empfehlungen und Richtlinien eventuell hier Hilfestellung geben können. Kunst am Bau ist für uns von der NPD jedoch weit mehr als eine technokratische Sichtweise auf Gestaltung.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)