Protocol of the Session on January 27, 2016

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Der sogenannte Rechtsstaatsmechanismus findet Anwendung, wenn in einem Mitgliedsstaat eindeutige Anzeichen für eine systembedingte Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit bestehen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist übrigens etwas, was man durchaus auf Ungarn auch anwenden könnte, wenn man es konsequent verfolgen würde.

Aber an der Stelle ist die interessante Frage: Wie geht es weiter? Sie wissen sicherlich alle, dass es weitere zwei Stufen gibt, in einem insgesamt dreistufigen Verfahren, mit denen das entsprechend betroffene Mitgliedsland, in dem Fall Polen, konfrontiert wird,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und dass am Ende dieses Verfahrens die Mechanismen nach Artikel 7 EUV eingeleitet werden. Da kann es zum Beispiel als eine der möglichen Sanktionsmaßnahmen zu einer Aussetzung des Stimmrechtes des Vertreters der Regierung dieses Mitgliedsstaates im Rat führen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist harter Tobak, das sind weitreichende Konsequenzen und Sanktionen. Wir bewegen uns im Augenblick in der ersten Stufe.

Ich halte es für richtig, ich habe das schon gesagt, dass dieses Verfahren eingeleitet worden ist. Ich tue das deshalb, weil die geänderten Regeln in Polen für das Verfassungsgericht die Gewaltenteilung in Polen bedrohen. Die Initiativen der polnischen Regierung bei der Besetzung der Medien – da geht es darum, dass Führungspositionen zukünftig durch die Regierung vorgeschlagen und besetzt werden –, aber insbesondere die geänderten Regelungen für das Verfassungsgericht, welches nur noch mit Zweidrittelmehrheit entscheiden kann, berühren elementare Grundauffassungen der Europäischen Union zur Frage von Demokratie und Recht.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Vor dem Hintergrund ist es richtig und wichtig, dass die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission ihre große Sorge zum Ausdruck bringen, dass die Maßnahmen der neuen Regierung in Warschau der Funktionsfähigkeit der Demokratie in Polen schaden können.

Sehr geehrte Damen und Herren, es geht dabei nicht nur – und das ist im Kern ein europäischer Gedanke – um die Zukunft Polens, seinen Einfluss und seine Stellung als wichtiges Mitglied der Europäischen Union, es geht auch um den europäischen Zusammenhalt durch gemeinsame Werte, einen Zusammenhalt, den die polnischen Bürgerinnen und Bürger nach wie vor deutlich bejahen. In dieser Auseinandersetzung der Intervention der Europäischen Union auf der einen Seite und der Akzeptanz nationalstaatlicher Interessen und Entscheidungen befinden wir uns im Augenblick in einem, wie ich finde, sehr interessanten, aber auch wichtigen Prozess, weil völlig unabhängig davon, ob es sich um die Flüchtlingsfrage, ob es sich um nationalstaatliche Entscheidungen handelt, die Grundwerte des europäischen Gedankens berühren, grundsätzlich eines gilt: Den grundsätz- lichen europäischen Gedanken, die grundsätzlichen europäischen Werte dürfen wir hier in Deutschland, darf niemand in keinem Nationalstaat je infrage stellen. Da ist es wichtig, miteinander intensiv zu reden. Da ist es wichtig, möglicherweise auch zu sanktionieren,

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

weil ansonsten würde man den europäischen Gedanken in der Tat grundsätzlich infrage stellen. – Herzlichen Dank.

(Vincent Kokert, CDU: Klatschen, GRÜNE-Fraktion, klatschen! – Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vincent Kokert, CDU: Ah, ja!)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein solidarisches Europa ist genauso eine infantile Fantasterei, wie es ein funktionierender Kommunismus war.

Als sie noch SED hieß, hat DIE LINKE alles ignoriert, was nicht in ihre Wunschträume passte. „Überholen ohne einzuholen“ verkündete sie, während die Infrastruktur zerfiel und die Läden immer leerer wurden. Der Kommunismus war Schwachsinn, aber das wollte sie nicht einsehen. Genauso offensichtlich wie das Scheitern der Planwirtschaft ist heute die Hohlheit der sogenannten europäischen Idee. Bis auf ein paar Spinner in Deutschland nimmt keiner diesen Unsinn ernst.

Am besten zeigt das, wie schon einige hier gesagt haben, ein Blick ins Nachbarland Polen. Die Begeisterung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit dürfte manchem etablierten Politiker heutzutage wohl im Halse stecken bleiben. Der BND-CDU-EU-Kommissar Oettinger will Polen sogar unter Aufsicht stellen. Das wäre die zweithärteste Maßnahme eines deutschen Politikers gegen Polen nach Hitlers Einmarsch 1939 und war vielleicht nicht so klug von ihm. Damit macht man Polen wohl auch kaum Angst.

Dabei macht Polen es genau richtig aus seiner Sicht. In Polen wäre eine NPD überflüssig, da könnte man die Regierungspartei wählen. Die polnischen Politiker nehmen ihren Amtseid ernst im Gegensatz zu den BRDMachthabern. Für die polnischen Politiker gibt es nur Polen, Polen und noch mal Polen, genauso wie es für deutsche Politiker nur Deutschland, Deutschland und noch mal Deutschland geben sollte.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

In der EU verfolgen die polnischen Politiker ausschließlich nationale polnische Interessen.

(Udo Pastörs, NPD: Und das zu Recht.)

Sie nehmen das Geld der EU und bauen damit ihr Land auf – wenn man durch Polen fährt, sieht man überall Schilder, hier wird gebaut, da wird gebaut mit EUGeldern –, aber sie lassen sich von Brüssel rein gar nichts sagen und von diesem lächerlichen Papiertiger auch nicht einschüchtern, selbst wenn so ein komisches Verfahren zehn Stufen haben sollte.

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

Sie denken gar nicht daran, irgendwelche Pseudoflüchtlinge aufzunehmen. Die BRD und Brüssel zetern, das sei unmenschlich und intolerant, dann müsse man humanitär intervenieren. Aber darauf pfeift Polen.

So machen es, wenn auch nicht ganz so offenkundig, alle anderen Staaten, bis auf die BRD. Selbst Schweden und Dänemark schließen ihre Grenzen. Die BRD, und das hat Frau Drese jetzt gerade vorgeführt, ist mittlerweile der verschmähte Möchtegernanführer der Europäischen Union.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Sie treten auf, als ob wir den Krieg gewonnen hätten,

(Udo Pastörs, NPD: Ja.)

ganz Europa schurigeln und sagen könnten: So geht es. Die BRD sagt, mir nach, wir steigen aus der Atomkraft aus. Das kümmert keinen. Alle anderen bauen Atomkraftwerke, wie sie wollen, auch und gerade Polen.

(Zuruf von Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die BRD sagt, öffnen wir die Grenzen, nehmen wir unbegrenzt Zuwanderer auf. Die anderen sagen, nein, danke, macht diesen Blödsinn alleine, und schließen ihre Grenzen, auch die harmlosen Skandinavier. In der Europäischen Zentralbank setzten die Südeuropäer unter der Führung Frankreichs eiskalt ihre Interessen durch, entschulden sich auf Kosten der deutschen Sparer und setzen sich gegen Deutschland durch – aus ihrer Sicht völlig richtig.

Es gibt kein solidarisches Europa, es hat nie eines gegeben.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Es gibt nur nationale Interessen, Politik der anderen Staaten und BRD-Politiker, die die nationalen Interessen ihres Landes dauerhaft verraten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Solange Deutschland bezahlt und sich ausnutzen lässt und solange die EZB Geld druckt, solange wird dieser Laden bestehen. Aber eines muss man mal grundsätzlich sagen: Eine Einheit, welcher Art auch immer, ob das eine Ehe ist, ob das eine Konzernverschmelzung ist oder ein

Staatenbund, kann nur funktionieren, wenn es genug Gemeinsamkeiten gibt, und die hat es noch nie gegeben. Das wurde bisher nur übertüncht dadurch, dass man gute Zeiten hatte und genug Geld da war. Aber bei der ersten Krise bricht der Laden zusammen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Um Herrn Brie ein bisschen abgewandelt zu zitieren: Ein Volk wendet sich von einer Idee ab, wenn es merkt, dass es eine Schnapsidee ist –

(Gelächter bei Udo Pastörs, NPD)

außer den Alkoholikern, die bleiben bei der Fahne. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Silkeit von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Ich rede heute stellvertretend für meinen Kollegen Burkhard Lenz, der erkrankt ist und dem ich von hier aus sicherlich auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen gute Genesung wünsche.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Burkhard Lenz hatte zunächst genau das gleiche Problem mit dem Thema wie ich. Wir vertraten die Auffassung, dass sich unter einer Aussprache „Für ein demokratisches und solidarisches Europa“ sehr viele aktuelle Entwicklungen in Europa zusammenfassen ließen. Hätte ich es so gemacht wie Helmut Holter und Timothy John Berners-Lee bemüht, dann wäre ich voll gegen die Wand gelaufen. Dann hätten wir heute über Griechenland geredet, dann hätten wir über die Rede der Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN im Deutschen Bundestag gesprochen oder über Alexander Ulrich, seinerzeit – 2012 – Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag und, und, und. Manchmal kann man sich auch mit diesen Themen verrennen, obwohl es wirklich nicht so selten ist, dass ihr beispielsweise die Kolleginnen und Kollegen anderer Länder bemüht.

Ich hätte mir aber, wenn wir über Solidarität, über europäische Solidarität reden, schon zu Beginn dieser Aussprache ein bisschen Kollegialität gewünscht. Ihr habt es im Ältestenrat nachgeholt, aber zwei Sätze zu dem Thema, als ihr diese Aussprache angeregt habt, wären schon förderlich gewesen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nicht im Ältestenrat, erzähl nicht solchen Quatsch!)