Protocol of the Session on November 20, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 107. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Qualifizierte Sprachmittlung sicherstellen – Landesweiten Pool für Sprachmittlerinnen und Sprachmittler jetzt endlich einrichten, auf Drucksache 6/4658.

Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Qualifizierte Sprachmittlung sicherstellen – Landesweiten Pool für Sprachmittlerinnen und Sprachmittler jetzt endlich einrichten – Drucksache 6/4658 –

Und das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Silke Gajek …

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nee.)

Nicht?

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nee, Hikmat.)

(Martina Tegtmeier, SPD: Hikmat.)

Dann hat das Wort Dr. Hikmat Al-Sabty von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sprache verbindet. Sie bringt Menschen und Kulturen zusammen. Sie erlaubt es, uns auszutauschen, einander kennenzulernen und zu verstehen. Sprache kann aber eine Hürde sein. Wenn es an einer gemeinsamen Sprache fehlt, können wir einander nicht verstehen, und dort, wo Menschen sich nicht verstehen oder missverstehen, können Probleme auftauchen. Das bedeutet, ohne Kommunikation ist alles nichts. Voraussetzung ist, dass beide Seiten die gleiche Sprache sprechen, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Zuwanderer in unser Land kommen, können sie sich meistens noch nicht verständlich in der deutschen Sprache ausdrücken und alles verstehen. Eine Sprache zu erlernen, braucht Zeit und neben Förderung und Theorie auch die Sprachpraxis.

Sehr geehrte Damen und Herren, um eine funktionierende Kommunikation mit Behörden, Einrichtungen und Institutionen in Deutschland sicherzustellen, ist daher der Zugang zu Übersetzungs- beziehungsweise zu Dolmetscherleistungen für Zuwanderer sehr wichtig. Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete haben den gesetzlichen Anspruch auf Integration und Sprachkurse nicht. Sie sind auf freiwillige Angebote angewiesen oder bringen sich die Sprache teilweise sogar selbst bei, was eine enorme Leistung ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus einer mangelnden Verfügbarkeit von qualifizierten Sprachmittlerleistungen oder aus Unsicherheit darüber, wer die Leistung bezahlen soll, bleibt eine qualifizierte Sprachmittlung häufig aus. Dies führt in der Kommunikation oft zu grundlegenden Missverständnissen und hat mitunter gravierende Nachteile für die Betroffenen zur Folge.

Die demokratischen Fraktionen sind sich grundsätzlich der Notwendigkeit zur Regelung dieser Probleme bewusst. Das haben die gemeinsamen Gespräche gezeigt. Und an dieser Stelle bedanke ich mich bei meiner Kollegin Martina Tegtmeier und meiner Kollegin Silke Gajek, die sich auch beteiligt haben an Konferenzen und an diesen Gesprächen. Die CDU hat sich vehement geweigert, an diesen Konferenzen und an diesen Gesprächen teilzunehmen.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Genau.)

Darüber kann Kollege Silkeit nachher vielleicht reden.

(Zuruf von Michael Silkeit, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Sprachmittlerpool für Zuwanderer wäre eine sinnvolle Einrichtung, um Ressourcen und Informationen an einer Stelle zu bündeln und die Sprachmittlung für das Land zu koordinieren. Wichtig dabei ist, dass die Dienstleistungen nicht nur an zentralen Orten verfügbar sind, sondern auch in die Fläche hinein.

Eine bessere Verfügbarkeit von Sprachmittlerleistungen würde auch die Angehörigen entlasten, die häufig bei Ärzten oder Behörden übersetzen müssen, und das habe ich oft erlebt, Minderjährige stellen sich als Dolmetscher und Übersetzer für ihre Eltern beim Anwalt, beim Sozialamt oder beim Amtsgericht zur Verfügung. Das ist für minderjährige Übersetzerinnen und Übersetzer sehr bedenklich und problematisch, meine Damen und Herren.

Eine funktionierende und flächendeckende Sprachmittlung trägt erheblich dazu bei, die gleichberechtigte Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in unserem Land sowie interkulturelle Öffnung und die Stärkung der Willkommenskultur zu fördern. – Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Al-Sabty.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Und ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Birgit Hesse.

(Heiterkeit bei Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ohne Schiene? Ohne Schiene? Super!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, heute ohne

Schiene, ich freue mich auch, bin aber noch ein bisschen wacklig unterwegs.

Sie haben es wahrscheinlich der Presse und auch dem Sozialausschuss ja entnommen, bezogen auf den Antrag: Machen wir. Aber das ist vielleicht auch eine Art der Bestätigung, schließlich können Sie daraus ableiten, dass wir, die Landesregierung, inhaltlich auf der Linie sind mit den hier formulierten Ansinnen. Und gerade am Dienstag fand das Auftakttreffen der Projektgruppe Integration in meinem Haus statt, in der ich gemeinsam mit den Kommunen, der Bundesagentur für Arbeit und der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege am Tisch saß und nun regelmäßig auch sitzen werde. Diese Gruppe gibt es, weil Handeln in diesen Zeiten nur gemeinsames Handeln sein kann, denn die Integration so vieler neuer Menschen in unserem Bundesland ist eine Mammutaufgabe für alle Ebenen.

Wir müssen es deshalb hinbekommen, dass die eine Hand weiß, was die andere tut und was noch zu tun ist. Das gilt querbeet für alles, was Integration tangiert, vom Arbeitsmarkt über Ehrenamt, Kitas, Wohnraum oder eben Sprachkurse. Wir sehen seit Monaten, dass viele Tausend Flüchtlinge in unser Land kommen, und es ist klar, dass viele von ihnen auch, Gott sei Dank, hierbleiben werden. Einige von ihnen können Englisch, ganz viele andere, wir hörten es bereits, sprechen aber nur Arabisch, Persisch oder andere Sprachen. Da brauchen wir Unterstützung, um miteinander zu kommunizieren, denn um für die Flüchtlinge, für die Behörden, für die behandelnden Ärzte das Ankommen und das Bleiben der vielen einfacher zu machen, ist Verständigung – da stimme ich Ihnen vollumfänglich zu – einer der wichtigsten Schlüssel.

Vor dem Vermitteln der deutschen Sprache steht auch deshalb die Sprachmittlung als Brücke, um kurzfristig Kommunikationslücken zu schließen. Um dieser Nachfrage ein entsprechendes Angebot gegenüberzustellen, müssen wir zum einen Geld in die Hand nehmen, zum anderen ein solches Angebot auch organisieren.

Mehr Geld brauchen wir aber nicht nur für die Sprachmittlung, sondern für den gesamten Bereich Migration und Integration. Deshalb haben wir unter anderem für die soziale Betreuung und psychosoziale Versorgung, für den Aufbau einer Sprachmittlerzentrale und für Sprachförderung gegenüber dem ursprünglichen Haushalts- plan 2016/2017 deutlich aufgestockt. 120.000 Euro stehen dabei für einen landesweiten Pool von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern zur Verfügung.

Ein solcher Pool hat sein Vorbild in den regionalen Pools, wie es sie in Schwerin, Rostock und auch Greifswald bereits gibt. Und wie schon dort werden wir auch bei der Ausweitung auf das ganze Land auf einen erfahrenen und kompetenten Anbieter als Partner setzen. Das Geld, das dafür aus dem Landeshaushalt kommt, ist hauptsächlich dafür vorgesehen, Sprachmittlerangebote landesweit nutzbar zu machen. Es fließt also sozusagen in die Logistik. Die erbrachten Leistungen der Übersetzer werden diejenigen bezahlen, die sie in Auftrag gegeben haben. Das wird aber bisweilen nicht ohne die Unterstützung von Kommunen und öffentlichen Einrichtungen gehen. Die kann aber auch beispielsweise darin bestehen, ein Qualifikationsangebot zu schaffen.

Meine Damen und Herren, die Projektgruppe Integration steht für ein Miteinander der verschiedenen Ebenen und

ich stehe auch für dieses Miteinander. Ich denke und möchte es ganz deutlich betonen, dass wir uns ausdrücklich bei den Städten und Kreisen an dieser Stelle für die gute Arbeit, für den Einsatz und für ihre professionelle und unkomplizierte Art der Zusammenarbeit mal ganz herzlich bedanken.

Ich sagte es bereits, es geht nur zusammen. Wenn Integration gelingen soll, müssen wir alle mitmachen – die, die hier ihre alte Heimat haben, und die, die eine neue finden wollen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir ein deutliches Bekenntnis dafür geben, wie wir uns selbst sehen. Und ich möchte es für mich so definieren: Ich sehe uns als buntes und offenes Bundesland.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja.)

Uns ist allen klar, dass Sprachmittlung nur eine Übergangslösung bis zur Sprachvermittlung ist. Deshalb war es gerade das Ziel, Asylbewerber und Geduldete möglichst früh an die deutsche Sprache heranzuführen. Wichtig ist, dass diejenigen, die eine gute Bleibeperspektive haben, auch dann in der weiteren Abfolge die Integrationskurse bekommen, denn Integration hängt auch vom Zeitpunkt ab, zu dem sie ansetzen.

Ich möchte an dieser Stelle ganz kurz die Gelegenheit nutzen und von der ASMK in Erfurt von gestern und vorgestern berichten, weil wir dort sehr gute weitgehende Beschlüsse, die auch diese Fragen tangieren, getätigt haben. Da heißt es unter anderem, ich zitiere aus dem Beschlussvorschlag: „Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder sehen im Erwerb der deutschen Sprache eine grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche berufliche und soziale Integration von Asylsuchenden, Geduldeten mit guter Bleibeperspektive sowie anerkannten Flüchtlingen. Vor diesem Hintergrund begrüßen sie die zwischenzeitliche Öffnung der Integrationskurse des Bundes für Asylsuchende und Geduldete mit guter Bleibeperspektive und appellieren an die Bundesregierung, ausreichend Plätze zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist die Sprachförderung als Rechtsanspruch im SGB II und SGB III zu verankern und qualitativ und quantitativ durch eine entsprechende Aufstockung der Eingliederungsmittel an die Integrationserfordernisse anzupassen.“

Es gibt jetzt noch viele weitere wichtige Punkte. Ich denke, es wäre auch gut, dieses im Sozialausschuss mal zu erörtern.

Sie sehen also, wir haben den Antrag eigentlich schon umgesetzt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Silkeit für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Hikmat, ich glaube, es ist langsam so weit, der eine oder andere fängt wohl schon an, in den Wahl

kampfmodus zu schalten und bei der Gelegenheit auch das eine oder andere aus der Vergangenheit auszublenden. Ich habe natürlich Verständnis dafür. Du weißt, ich zeige immer Verständnis dafür,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Na ja!)

wenn der eine oder andere mal was vergisst. Und drei Jahre liegt diese Diskussion, der Schwerpunkt dieser Diskussion um den Dolmetscherpool, ja nun zurück. Ja, gut, da kann es schon mal passieren, da kann man sich auch hier hinstellen und sagen, die CDU hätte sich verweigert, die CDU wäre nicht beteiligt,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dabei ausklammern, dass es uns eben nicht gelungen ist, Einvernehmen über Finanzen für eine Podiumsdiskussion herzustellen. Aber da gehört es auch zur Ehrlichkeit zu erwähnen, dass es zum Beispiel von unserer Seite den Vorschlag gab, doch eine etwas kostengünstigere Version hier im Hause zu wählen, dass es aber andere gab – und das ist nun mal in einem Gremium so, das unterschiedliche Meinungen vertritt –, die da meinten, wir sollten das nach außerhalb verlagern, wenn dann die eine oder andere Fraktion bei diesen Kosten nicht mitspielt. Ich glaube, es war nicht nur die CDU, die gesagt hat, wir wollen diese Kosten nicht tragen. Das hast du jetzt bei der Gelegenheit vergessen zu erwähnen. Ja gut, dann ist es eure Auffassung.