Protocol of the Session on September 24, 2015

(Heiterkeit und Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Größe und die wirtschaftlichen Möglichkeiten beziehungsweise die Wirtschaftskraft der jeweiligen Mitgliedsstaaten wären zu berücksichtigen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie heute die tatsächliche Lage betrachten, sehen Sie, dass das Dublin-System zurzeit auch gar nicht angewandt wird, weil es für eine solche Flüchtlingswelle, die wir jetzt erleben, nicht praktikabel ist. Die tatsächlichen Verhältnisse haben das Dublin-System überholt. Wir müssen die Rechtslage den tatsächlichen Verhältnissen anpassen.

(Udo Pastörs, NPD: Nein, die Verhältnisse der Rechtslage. Genau umgekehrt.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diese Krise als neuen Anfang, als neue Chance begreifen!

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, natürlich! Jaja.)

Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Silkeit von der Fraktion der CDU.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ach, Sie mit Ihren Bemerkungen, Herr Pastörs!

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das ist schön. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Macht nichts, machen Sie weiter! Ich habe zwar noch nicht mit der Glocke geläutet, aber wenn Sie mit Ihren Pawlow-Reflexen liebäugeln, dann machen Sie es ruhig.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD – Stefan Köster, NPD: Wo ist denn Ihre Glocke zu finden?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die GRÜNEN fordern in ihrem sehr weitreichenden Antrag eine umfangreiche Novelle zum Asylrecht.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Auwei, auwei!)

Vereinfacht geht es um eine europaweite Harmonisierung des Asylrechts einschließlich der freien Wahl des Wohnorts innerhalb der Europäischen Union. In der Theorie kann man durchaus über das eine oder andere dieses Antrages reden, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Zeitpunkt für diesen großen Wurf – den habe ich in Gänsefüßchen stehen auf meinem Zettel, und das nicht ohne Grund – ist wieder einmal denkbar ungünstig gewählt.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, wir hatten schon Ende 2013 den Antrag!)

Wir hatten das Thema...

Frau Gajek, nun bleiben Sie doch mal ruhig! Sie haben gerade teilweise recht bekommen. Nun seien Sie doch mal zufrieden damit! Das kommt doch nun nicht so oft vor.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, das stimmt allerdings.)

Bestenfalls,...

Herr Suhr, korrekt!

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Diese Großmütigkeit, mein Gott! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

… bestenfalls kann eine so weitreichende rechtliche Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union nur das Ende eines langen Weges sein.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Sei nicht zu nett, Micha, das rächt sich!)

Für meine Fraktion darf ich erklären, dass wir diesen Antrag ablehnen werden, Frau Gajek.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ach nö! – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ach nee?!)

Das war für Sie nun auch keine Überraschung,

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wundert mich.)

aber vielleicht hören Sie sich mal meine Begründung an.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na, da bin ich ja gespannt.)

Die Dublin-Verordnungen basieren auf einem festen System der Zuordnung unter Erarbeitung von Asylanträgen. Ziel ist es, eine Gleichbehandlung der europäischen Mitgliedsstaaten, aber auch vorhersehbare und nicht willkürliche Verfahren in jedem EU-Mitgliedsstaat für die Asylsuchenden zu gewähren.

(Udo Pastörs, NPD: Wollen Sie Ungleiches gleich behandeln?)

In Artikel 2 der Verordnung heißt es: „Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen.“

Schon an diesem Punkt stelle ich fest, dass das, was Dublin III will, sich von dem, was die GRÜNEN wollen, im Prinzip gar nicht so sehr unterscheidet. Aber leider ist es wie so oft in der Europäischen Union: Das, worauf man sich abstrakt einigt, und das, was konkret umgesetzt wird, unterscheidet sich mitunter erheblich. Das darf nicht zur Gleichgültigkeit oder gar zu Kleinmut führen, aber eben auch nicht dazu, dass man die Wirklichkeit ignoriert. Das Thema Wirklichkeit hatten wir gestern ja, und ich habe immer noch die leise Hoffnung, Frau Gajek, dass Sie sich den Artikel über Herrn Palmer mal durchgelesen haben, um wenigstens diese Wirklichkeitsdefizite etwas auszubügeln.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oooch! – Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da haben Sie aber mal einen gefunden!)

Richtig ist, dass das derzeitige Dubliner System angepasst beziehungsweise geändert werden muss. Auf den deutsch-österreichischen Staatsrechtler Georg Jellinek geht das Schlagwort von der „normativen Kraft des Faktischen“ zurück. Gemeint ist damit, dass durch die tatsächliche Entwicklung ein Zustand geschaffen wird, den die Rechtsordnung anerkennt, oder anders, mitunter entwickelt sich Recht fort, ohne dass dies gewünscht beziehungsweise intendiert war.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist aber weit hergeholt.)

In Artikel 17 der Dublin-III-Verordnung heißt es: „Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere aus humanitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen können, um Familienangehörige, Verwandte oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, und einen bei ihm oder einem anderen Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie für eine solche Prüfung nach den in dieser Verordnung festgelegten verbindlichen Zuständigkeitskriterien nicht zuständig sind.“ Ende des Zitats.

Deutschland macht von dieser Ausnahmeregelung inzwischen hunderttausendfach Gebrauch. Hier von der „normativen Kraft des Faktischen“ zu sprechen, ist meines Erachtens nicht vermessen. Wahr ist aber auch, dass der bestehende Migrationsdruck nicht dazu führen darf, dass Deutschland alle Asylsuchenden aufnimmt, damit auch in das deutsche Rechtssystem aufnimmt, und die anderen Mitgliedsländer sich nicht an der humanitären Hilfe beteiligen – auch wenn es hier rühmliche Ausnahmen wie beispielsweise Schweden, Österreich oder die Niederlande gibt.

Anders herum kann ich sehr gut nachvollziehen, dass Ungarn, Bulgarien, Serbien, Kroatien und Slowenien als kleine, wirtschaftlich relativ schwache EU-Staaten damit überfordert sind, für Sicherheit an den EU-Außengrenzen zu sorgen – das Thema war ja auch Gegenstand des Gipfeltreffens in der EU und die Kanzlerin hat heute dazu ein paar deutliche Wort gesagt –, ganz davon abgesehen, dass sie, auch das gehört zur Wahrheit, durch die derzeitigen Dublin-III-Regelungen strukturell benachteiligt sind. Aber ich denke, allein die Soforthilfe in Höhe von 1 Milliarde Euro kann zumindest ein Anschub in die richtige Richtung sein. Das Thema Hotspots hat der Minister vorhin ausgeführt.

Die Flüchtlingspolitik ist eine Aufgabe für die gesamte EU. Die Dublin-III-Verordnung gilt und ich halte sie so, wie sie gedacht oder erdacht wurde, auch für gut. Wir haben in den letzten Monaten erleben müssen, dass sie nur begrenzt funktioniert, und ich gehe davon aus, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft verändert wird, verändert werden muss.

Ich erwähnte es, der Antrag der Fraktion der GRÜNEN geht in vielen Punkten leider Gottes aber an der europäischen Wirklichkeit vorbei. Ganz davon abgesehen, wird insbesondere Deutschland sehr darauf achten, dass die Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union fair verteilt werden. Die freie Wahl des Zufluchtsstaates, wie von den GRÜNEN gewünscht, wird es mit der CDU nicht geben, und, wie bereits erwähnt, wir lehnen Ihren Antrag ab. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wundert mich jetzt aber auch nicht.)

Das Wort hat nun der Abgeordnete Herr Tino Müller von der Fraktion der NPD.

(Heinz Müller, SPD: Ach, den gibts auch noch?! – Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh, jetzt gehts wieder los!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eingangs möchte ich aus einem Leserbrief zitieren. Zitat: „Die … Polizei ist am Ende! Wir schaffen es nicht mehr. Alle Einsätze beschäftigen sich nur noch mit“ der Landesaufnahmebehörde für Asylbewerber. „Ladendiebstähle, Raubstraftaten, Körperverletzungen, etc. ohne Ende.“ Zitatende. Ja, es gibt noch mutige Polizisten im Land, aber Sie können sich wieder beruhigen,

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

der zitierte Leserbrief stammt nicht aus unserem Bundesland, sondern aus der „Braunschweiger Zeitung“.