Wichtig ist eins, und das hat Herr Borchert auch schon gesagt, sie müssen zeitnah greifen – das wurde gerade von Herrn Holter bemängelt, ich werde gleich noch darauf eingehen –, sie müssen zielgenau wirken und auch zeitlich befristet sein, das ist klar, wurde gesagt. Landes- und Bundesregierung sowie neuerdings die Europäische Union mit einem aufgelegten 200-Milliarden-Euro-Paket versuchen genau dies. Es ist in den Ausführungen meiner Vorredner bereits deutlich geworden, welches gewaltige Ausmaß die ergriffenen Maßnahmen insgesamt haben.
Die heutige Aktuelle Stunde steht unter dem Fokus, meine Damen und Herren, das Programm der Landesregierung. Wie bereits an unterschiedlichen Stellen bemerkt worden ist, handelt es sich bei den ergriffenen Maßnahmen um ein Bündel, das zielgerichtet für die
Wirtschaft und die Beschäftigten im Lande Effekte erzielen soll. Besonderes Augenmerk gilt dabei, das wurde hier bereits gesagt, den kommunalen Investitionen. Mein Kollege Herr Löttge wird nachher noch auf die finanziellen Anstrengungen des Landes eingehen.
Ich möchte an dieser Stelle auch nur kurz auf ein paar Punkte des Programms eingehen, die aus meiner Sicht zeigen, worauf es in der aktuellen Situation ankommt. Der Fokus muss auf Investitionen stehen, die nicht verpuffen, sondern auch nach Ende der aktuellen Krise helfen, die wirtschaftliche Entwicklung im Land weiter voranzutreiben.
So halte ich die ergriffenen Maßnahmen zu GA-Ergänzungsdarlehen für besonders zielführend. Damit leistet das Land einen wichtigen Beitrag, um zukunftsgerichtete Investitionen in Unternehmen nicht aufgrund der aktuellen Liquiditätslage zu gefährden.
Meine Damen und Herren, der zweite Punkt ist noch nicht gesagt worden, ist aber auch ein Punkt, der wichtig ist. Er betrifft die Breitbandversorgung im ländlichen Raum.
Mit zusätzlich rund 4,4 Millionen Euro wird die Breitbandversorgung im ländlichen Raum vorangetrieben. Und Gleiches gilt, der Ministerpräsident hat es gesagt, für die Begleitung der Hochbaumaßnahmen mit insgesamt einem Volumen von 35 Millionen Euro.
Meine Damen und Herren, ich bin natürlich auch nicht so naiv, zu glauben, dass damit die möglichen Auswirkungen bereits gelöst sind. Wir wissen auch, dass der Anstoß von Investitionsprogrammen einer Planungsphase, einer Ausschreibungsphase bedarf, die Zeit bis zum Einsetzen natürlich so gering wie möglich gehalten werden muss und genau dann einsetzt, wenn wir mit den Auftragsbeständen, die derzeit noch in den Unternehmen vorhanden sind, nahtlos anknüpfen können. Das ist die Aufgabe.
Wichtig ist aber auch, und davon haben wir heute noch nicht gesprochen, dass das Vertrauen der Banken untereinander endlich wieder, und das ist noch nicht hergestellt, hergestellt wird, und die Bereitschaft der Banken gegeben ist, für kleine und mittelständische Unternehmen auch Kredite zu vergeben. Auch die Senkung der Leitzinsen muss an den Markt weitergegeben werden.
Meine Damen und Herren, das eigentliche Problem ist jedoch der schwache private Konsum und insofern bin ich mir sicher, dass nach diesen wichtigen ersten Schritten, die in die richtige Richtung gehen, das Investitionsprogramm des Bundes begleitend mit dem 10-PunkteProgramm des Landes greifen wird, wir aber, ich denke mal, nachjustieren müssen beziehungsweise der Bund nachjustieren muss. Die Überlegungen der Einkommensteuerreform, Steuersenkungen, die in der Vergangenheit die größten wirtschaftspolitischen Wirkungen erzielt haben, vorzunehmen, halte ich für zielführend.
Die Forderungen nach mehr Netto bleiben wichtiger denn je. Andere Forderungen, die natürlich medial gut
verkauft werden können, beispielsweise Absenkung der Mehrwertsteuer, höhere Tarifabschlüsse und eine Vielzahl von unwirksamen Wünschen, müssen irgendwann wieder teuer bezahlt werden und führen zu weiterer Staatsverschuldung.
Die herrschende Gigantonomie an Hilfsprogrammen darf aus meiner Sicht nicht dazu führen, die landesweiten Anstrengungen gering zu schätzen. In Mecklenburg-Vorpommern mit insgesamt fast 60 Millionen Euro an zusätzlich bewegten Geldern bewegen wir uns für das Land in einer beachtlichen Größenordnung, denn eines darf auch in der momentanen Krise nicht völlig aus den Augen verloren werden: Ab 2019 muss unser Land finanzpolitisch auf eigenen Füßen stehen und bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Zum Schluss habe ich noch eine Anmerkung: Der Staat, die Politik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es in der Krise ermöglichen, zu unterstützen, sie zu überwinden. Ich will das vielleicht an einem Beispiel verdeutlichen. Gute Eltern erziehen ihr Kind zur Eigenständigkeit und erfüllen ihm nicht jeden Wunsch. Und somit komme ich nun einmal zurück zum Anfang meiner Ausführungen. Der Auslöser der Finanzkrise war menschliches Versagen.
Und es geht mir jetzt nicht darum, Eigenschaften der Menschen an den Pranger zu stellen. Es geht auch nicht darum, Gewinnstreben zu verhindern. Das wird jetzt gern gemacht und der Ruf nach Kontrolle und mehr Staat ist laut. Aber wer glaubt, dass durch strengere Kontrollen untugendhaftes Verhalten, menschliche Fehler oder sogar die nächste Krise verhindert werden können, der täuscht sich.
Das würde ja voraussetzen, dass man heute schon die Gründe für die nächste Krise kennen würde. Nein, ich denke, vielmehr gehört die Neugier, das Gewinnstreben ebenso zum kapitalistischen Wirtschaftssystem wie Erfolg und Scheitern.
Eine Abkehr dieser Grundsätze würde die Marktwirtschaft infrage stellen. Das wäre aus meiner Sicht ein großer Fehler, denn es gibt kein anderes System, das bei der Suche nach klugen Lösungen der komplexen Probleme auch nur annähernd so erfolgreich ist wie die Marktwirtschaft.
Meine Damen und Herren, ich wünsche uns allen viel Erfolg bei der Bewältigung der Finanzkrise. Ich wünsche uns eine große Geschlossenheit der demokratischen Parteien, die notwendige Besonnenheit im Umgang mit dem Schüren von Zukunftsängsten und Abgeben von Prognosen. Alle Pakete werden natürlich nicht ihre Wirkung erzielen, wenn wir nicht das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen. Ich bin überzeugt davon, dass mit dem Investitionsprogramm die richtigen Weichen gestellt werden.
Und zur Kurzfristigkeit: Herr Holter, die Erhöhung des Bürgschaftsrahmens wird 2010 gehen. Das Ergänzungsdarlehen tritt ab 1. Januar in Kraft, Kleindarlehen ab 1. Januar, Unternehmensnachfolgen am 16. Januar und die Aufstockung der Gemeinschaftsaufgabe am 1. Januar. So viel zur Kurzfristigkeit und Wirksamkeit. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, genauso ist es.)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir soeben hier vom Ministerpräsidenten Herrn Sellering gehört haben, das ist geeignet, um es unter der Rubrik „Märchenstunde“ abzubuchen, Herr Ministerpräsident.
Heute Morgen hören wir, fünf Landkreise in Mecklenburg-Vorpommern zählen zu den schwächsten in ganz Deutschland. Und die Situation, in der wir uns befinden, will ich einmal am Beispiel der Werften sehr prägnant darstellen: Die Werften haben in der Vergangenheit nicht weniger als 1,5 Milliarden Euro Gelder aus Steuertöpfen erhalten, ungefähr eine halbe Milliarde Euro vom Bund, eine halbe Milliarde aus der EU und fast eine halbe Milliarde Euro aus Landesmitteln.
Nun, nach diesen massiven Unterstützungen dieser Schlüsselindustrie, stellen wir fest, dass dieser gesamte Komplex für 250 Millionen Euro vor wenigen Monaten von einem russischen Konsortium übernommen worden ist. Dieses Konsortium war in der Lage, 250 Millionen Euro hinzulegen für einen Betrieb, der allein 1,5 Milliarden Euro Steuergelder vorher geschluckt hatte. Und die gleiche Firma geht her und eröffnet, dass sie dringend 60 Millionen Euro benötige, um die nächsten Monate überleben zu können.
Herr Sellering, ist das die Grundlage einer soliden Volkswirtschaft im Lande Mecklenburg-Vorpommern, dass Investoren kommen mit Kleingeld,
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Können Sie auch ein bisschen leiser sein? Wir hören gut. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
sich Schlüsselindustrien einkaufen und anschließend wieder zum Staat kommen und sagen, wir können die nächsten drei Monate nicht überleben, wir brauchen zusätzlich 60 Millionen Euro?
Sie haben gesagt, dass Sie 24 Millionen Euro zusätzlich aus dem Haushalt investieren, um die Konjunktur zu stützen. Sie sagen aber nicht, dass diese 24 Millionen Euro da fehlen, wo sie auch benötigt werden, nämlich um die Schulden zurückzufahren. Sie verschweigen, dass wir nicht nur die 60 Millionen Euro Steuermindereinnahmen haben im nächsten Jahr aufgrund der zusammenbrechenden Konjunktur und dass daher auch eine Riesenlücke entsteht plus der geschätzten 70 Millionen Euro, die aus der Rückzahlung der Pendlerpauschale herrühren.
Meine Damen und Herren der Regierung, wir haben es nicht nur im Bund, sondern auch im Land mit einem Gebräu aus Finanzbetrügereien, Subventionsbetrug, hochgradiger Verschuldung mittelständischer Unternehmen, die circa bei 16 Prozent Eigenkapital liegen, zu tun und wir haben es mit einer totalen Unfähigkeit des Wirtschaftsministeriums zu tun, Ihrer Regierung.
Was der Herr Sellering hier vorgetragen hat, gleicht einem Absingen von Phrasen. Das 10-Punkte-Programm ist ein Verlegenheitspapier. Sie haben gar keinen Spielraum mehr. Sie hatten ihn nie. Was Ihnen zur Gestaltung der wirtschaftlichen Entwicklung noch zur Verfügung steht, ist die fade Hoffnung, dass ein Wunder geschieht, sich die Auftragsbücher von allein füllen und sich die Schulden des Landes in Luft auflösen. Sie müssen nämlich im System bleiben und das wollen Sie ja auch, das haben wir gerade gehört, im kapitalistischen System bleiben.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sagen Sie uns doch mal, was die NPD denn gemacht hätte! Was sind Ihre Vorschläge, Herr Pastörs?)
Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat, wie Sie immer betonen. Und in diesem System haben Sie explizit ganz klar auch schon öfters zum Ausdruck gebracht, Sie haben keine Macht. Die Macht liegt bei denen, die hier die Wirtschaft und das Geld regieren und deregieren, und Sie sind nicht mehr als Dekoration bei diesem Spiel. Sie können nichts bestimmen, Sie spielen gegen gutes Geld mit.
Herr Ministerpräsident, Sie sind in diesem Fall ein Schauspieler. Ihre Regierung ist ein Rad im globalen Getriebe des wirtschaftlichen Irrsinns, der zurzeit abläuft.
Wir haben es nicht mit einer Wirtschaftskrise zu tun, sondern wir haben es mit einer Systemkrise zu tun, mit einer Krise des Systems, das Sie noch wenige Tage, bevor es eventuell zusammenbrechen könnte, hochleben lassen werden, so, wie das die LINKEN von der PDS und heutigen LINKEN noch wenige Tage vor dem Zusammenbruch der DDR getan haben.