dass diese nicht vermischt werden dürfen, wie dieses nach Borrmann Anbeter einer multikulturellen Gesellschaft heute täten.
Die Inanspruchnahme der Fichte-Schrift kam mir gleich verdächtig vor, denn ich hatte das kleine Büchlein in meiner Studienzeit bereits gelesen. Es ist die Wiedergabe von fünf Vorlesungen, die Fichte 1774 – 32 Jahre alt – in Jena hielt, ein Büchlein von 50 Seiten. Ich nahm es also wieder zur Hand und sah bald, dass meine Erinnerung mich nicht täuschte.
Gleich zum Anfang der erwähnten Landtagsrede zitiert Borrmann aus Fichtes Schrift zur Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Frage: „Wie definieren wir Nationaldemokraten Kultur?“ Es folgen ein paar Dutzend Zitate, in denen auch wirklich das Wort „Kultur“ vorkommt. Aber in allen Zitaten geht es Fichte nicht um Völkerkultur oder gar nicht um deren Vermischung,
sondern um die Beschreibung der menschlichen Individualität und Identität angesichts der Vielfalt der Welt. Von nationaler Kultur, von Völkerkultur ist in der ganzen Schrift überhaupt nicht die Rede,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Er hat das falsche Archiv. Das ist das Problem. – Udo Pastörs, NPD: Aber sie ist objektiv vorhanden, diese völkerunterschiedliche Kultur.)
schon gar nicht darum, dass Völkerkulturen sich nicht mischen sollen. In dieser Schrift geht es um die Aufgabe der gesellschaftlichen Stände und insbesondere um die Rolle des Gelehrten als Erzieher der Menschheit. Bezeichnenderweise finden sich alle Zitate Borrmanns auf den Seiten 6 bis 8 meiner dünnen Ausgabe,
und sollte er doch weiter gelesen haben, dann hat er den Inhalt nicht verstanden. Er fing einfach an zu fantasieren.
Er fing einfach an, etwas zu erfinden. Und so kennen wir ihn. Er legte Fichte Sätze in den Mund, die überhaupt nicht in der besagten Schrift stehen. Wie nennt man das eigentlich, wenn Menschen Dinge behaupten oder sehen, die nicht da sind?
Manche bezeichnen das als Wahn. Mit solchen Leuten wollen Sie Geschichte ausarbeiten? Herr Pastörs! Wen wollen Sie denn überhaupt in die Archive schicken? Borrmann?
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Zum Beispiel.)
Oder Lüssow, der übt sich ja hier an dieser Stelle manchmal im Lesen. Das Gesicht von Birger Lüssow hätten Sie sehen sollen, während Borrmann damals redete. Seinem Gesichtsausdruck konnte man entnehmen, dass er von Borrmanns Fichte-Rede nicht viel verstanden hat. Wie auch?
Es schien, als wenn er bei sich dachte, was redet der Borrmann da von minderwertigen Baumrassen, soll er sich gefälligst über deutsche Eichen auslassen.
Oder wollen Sie Müller in die Archive schicken? Der fährt immer ins HDJ-Lager, um kleine Mädchen und Jungen zu verführen.
(Stefan Köster, NPD: Ihnen ist wohl die Nase ins Gehirn gewachsen?! – Udo Pastörs, NPD: Was sind Sie für ein Primitivling! – Tino Müller, NPD: Arschloch! – Udo Pastörs, NPD: Jetzt ist Feierabend! – allgemeine Unruhe)
Herr Dr. Körner, ich muss Ihnen einen Ordnungsruf erteilen aufgrund Ihrer Einlassung, dass der Antrag, der uns hier vorliegt, Antrag eines minderbemittelten Gehirns sei. Der Antragsteller ist Herr Pastörs von der Fraktion der NPD. Also werte ich das als persönliche Beleidigung.
Ich erteile Ihnen, Herr Pastörs, einen Ordnungsruf wegen der Äußerung „Primitivling“. Auch das hat hier im Parlament nichts zu suchen. Ich habe die Äußerung von Herrn Körner akustisch nicht verstehen können.
Wir werden im Protokoll nachprüfen, ob die Äußerung, die offensichtlich zu dieser tumultartigen Szene geführt hat, entsprechend behandelt werden muss. Ich bitte Sie jetzt, Ruhe zu bewahren und den Redner hier fortfahren zu lassen.