Protocol of the Session on October 23, 2008

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 37: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Archive zur Geschichte des letzten Jahrhunderts öffentlich zugänglich machen, auf Drucksache 5/1872.

Antrag der Fraktion der NPD: Archive zur Geschichte des letzten Jahrhunderts öffentlich zugänglich machen – Drucksache 5/1872 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Bürgerin Präsidentin!

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist eine Unverschämtheit schon wieder.)

Bürger Abgeordnete! Bürger …

Herr Borrmann, wir haben Sie vonseiten des Präsidiums mehrfach darauf angesprochen, dass Sie hier bitte im Parlament die korrekte Anrede verwenden mögen. Sie haben das eben wiederholt nicht getan. Ich erteile Ihnen deshalb einen Ordnungsruf.

(Reinhard Dankert, SPD: Das macht er nur, weil Sie da oben sitzen, Frau Präsidentin.)

Vor einigen Monaten erhob Professor Methling in der Replik auf eine Einbringungsrede die Forderung: „Sie, ja Sie, in der geistigen Tradition des Nationalsozialismus, stehen unter verbrecherischen Repräsentanten dieser Zeit“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

„Sie, die Sie in dieser Tradition stehen, die sich in diesem Hause noch niemals... distanziert haben,“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

kurz gesagt, ich solle mich vom Nationalsozialismus distanzieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dann machen Sie mal! – Irene Müller, DIE LINKE: Richtig, los geht’s!)

Zum einen habe ich das nicht nötig, Herr Professor, denn

1. bin ich als Bürger der DDR, dem selbsternannten antifaschistischen Staat auf deutschem Boden, aufgewachsen, in dem zumindest kein Kapitalismus herrschte,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sozusagen ein eingeborener Antifaschist.)

nach Dimitroff die soziale Quelle des Nationalsozialismus,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben nicht das Parteibuch der NPD? Sind Sie nicht Mitglied der NPD?)

2. entstamme ich aus Sicht der LINKEN der Arbeiterklasse, denn mein Großvater war Holzfäller, die Großmutter Hilfsköchin, meine Mutter Kellnerin, mein Vater Musiker und ich selbst bin Koch von Beruf,

3. habe ich ein Hochschulstudium für marxistisch-leninistische Philosophie abgeschlossen und besitze eine Lehrbefähigung für marxistisch-leninistische Philosophie, habe diese aber nie ausgeübt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gott sei Dank! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Eine Distanzierung vom Nationalsozialismus ist deshalb nicht nötig.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich wollt, es sollte mehr solche Wirrköpfe geben.)

Im Gegenteil, eine Distanzierung vom Nationalsozialismus ist für mich gar nicht möglich,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nee.)

denn es ist schon von vornherein eine Distanz gegeben.

(Zurufe von Beate Schlupp, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Es ist schon von vornherein eine Distanz gegeben. Mein Problem ist: Wie soll ich mich von etwas distanzieren, zu dem ich gar keine persönliche Beziehung habe.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Distanzierung ohne persönliche Beziehung ist eine Distanzierung als Lippenbekenntnis,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

eine herzlose Distanzierung.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Gucken Sie mal in Ihr Parteiprogramm! – Angelika Peters, SPD: Thema! Thema!)

Es bliebe immerhin noch die Möglichkeit einer Distanzierung auf der Basis von Kenntnissen, ohne selbst Erfahrungen gesammelt zu haben, eine Distanzierung mit klarem Verstande. Das Problem ist aber, woher ich dann die Kenntnis habe.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das mit dem klaren Verstand, das ist ein Problem, Herr Borrmann, ja.)

Professor Methling fordert Distanz von offenkundigen Verbrechen des Nationalsozialismus.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

Doch wie ich schon in diesem Plenum dargelegt habe, ist der Terminus offenkundig ein problematischer Begriff.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so!)

Es besteht ein dialektischer Gegensatz zwischen offenkundig und offensichtlich.

(Beate Schlupp, CDU: Thema!)

Moment, ich muss ja wenigstens das Recht haben, mich zu äußern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Thema! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ich denke, Sie bringen Ihren Antrag ein.)

1973, anlässlich eines Besuches meiner Schulklasse in Berlin, wurde ich das erste Mal persönlich mit diesem Gegensatz konfrontiert. Dieser Besuch führte auch an das Brandenburger Tor mit seiner Berliner Mauer. Im Unterricht erzählten uns die Lehrer, dies sei ein antifaschistischer Schutzwall gegen das reaktionäre Westberlin.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

Doch es war klar zu sehen, die Grenzanlagen waren gegen uns aufgestellt. Eine weiträumige Absperrung und die Art der Staffelung der Absperrungsanlagen machte allen offen sichtbar,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und deshalb sind Sie Parteimitglied geworden, ja?)

sie sind gegen uns Bürger, gegen uns Besucher, gegen uns Bewohner der DDR ausgerichtet.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Der hat Philosophie studiert.)

Westberliner waren direkt hinter der Mauer zu sehen, sie konnten sich ihr ungehindert nähern. Es sah so aus, als sollten die Westberliner vor uns geschützt werden und