Protocol of the Session on October 22, 2008

Meine Damen und Herren, Sie müssen dazu wissen, dass Herr Liskow das „Neue Deutschland“ erwähnte eben.

Sie machte mit folgendem Zitat aus dem „Kommunistischen Manifest“ von 1848 auf,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Im „Neuen Deutschland“ gibt es auch eine Karikatur, die hab ich auch gesehen. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ja.)

ich zitiere: „… die moderne bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, gleicht dem Hexenmeister, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor.“ Zitatende. – 1848!

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Die Finanzkrisen, Herr Liskow, und man könnte meinen, ein bisschen hat es sich bei Ihnen so angehört, sind kein neues Phänomen.

(Egbert Liskow, CDU: Sind sie ja auch nicht.)

Sie treffen immer die Kleinsparer, und wenn Sie auf die Realwirtschaft übergreifen, und das ist bereits eingetreten, treffen Sie uns alle.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

In einer modernen Wirtschaft ist das Finanzsystem ein zentrales Element. Wenn dieses System zusammenbricht, wird es quasi zu einer Bombe, und zwar für die ganze Ökonomie.

Wir erleben gegenwärtig eine der größten Finanzkrisen des Kapitalismus, sie überrollt uns mit gigantischen Verlusten. Ihr Ausmaß ist so groß, dass sie, nicht von mir, aber von der Politikökonomie, als die tiefste Krise des Kapitalismus seit 80 Jahren bezeichnet werden muss.

(Udo Pastörs, NPD: Schön.)

Und die LINKE wendet sich seit Jahren gegen die völlig verfehlte Liberalisierung der Finanzmärkte.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig. – Michael Roolf, FDP: Ja, ja.)

Auch in Deutschland wurden windige Finanzprodukte, Kreditverbriefungen, Hedgefonds und gefräßige Heuschrecken massiv gefördert. Absurde Steuerbefreiungen und neue Gesetze haben den Spekulantinnen und Spekulanten freie Fahrt gegeben. Die Bankenaufsicht wurde in den vergangenen Jahren nicht gestärkt, sondern geschwächt. Milliardenverluste deutscher Banken, von der IKB Bank bis zur Hypo, bis zur Landesbank in Bayern,

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

die soeben Herrn Huber den Kopf gekostet haben, alles dies ist ein Ergebnis falscher Politik. Und deshalb sind die Union und die SPD, sind die Grünen und die FDP mitverantwortlich für die Milliardenzeche, die wir jetzt alle bezahlen sollen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Welch Wunder! Mit unserer Forderung nach einem Ende dieses Casinokapitalismus stehen wir plötzlich nicht mehr allein.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Führende Politikerinnen und Politiker in den USA, in Europa und anderswo befürworten staatliche Beteiligungen,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

um der Krise entgegenzuwirken.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Sie haben erkannt, dass der Staat den Zugriff auf das Management und auf Informationen sichern muss.

(allgemeine Unruhe – Dr. Armin Jäger, CDU: Den hatten wir ja schon mal.)

Ganz aktuell hat Herr Sarkozy sogar erklärt, Schlüsselindustrien verstaatlichen zu wollen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja super.)

Und das alles, meine Damen und Herren, war vor ein paar Wochen noch undenkbar in der öffentlichen Debatte.

In Deutschland spielen sich Regierungsvertreter und Vertreterinnen und Vertreter von CDU/CSU und SPD also als Vorkämpfer für Moral und Reglementierung auf.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Sie erklären jetzt, dass sie schon immer für die Regulierung der Finanzmärkte waren, und das ist, gelinde gesagt, wenig glaubwürdig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Die gleichen politischen Akteure haben vor nicht allzu langer Zeit die Liberalisierung der Märkte mit stolzgeschwellter Brust gepriesen und verteidigt. Vorschläge der LINKEN zu staatlichen Beteiligungen oder Teilverstaat lichungen wurden als ein „Zurück zum Staatssozialismus“ diffamiert.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE: Ui, ui! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ein Ekel.)

Das können Sie in Protokollen dieses Landtages nachlesen. Was die Glaubwürdigkeit betrifft, möchte ich nur daran erinnern, dass im Jahr 2004 der damalige Finanzminister Eichel den Gesetzentwurf zur persönlichen Haftung von Managern, das sogenannte Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, auf Druck der Wirtschaft und der CDU zurückgezogen hat.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Schau mal einer an! – Peter Ritter, DIE LINKE: Ei, ei, ei!)

Wenig glaubwürdig und wenig professionell war auch das unkoordinierte Vorgehen der Bundesregierung insgesamt.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Es hat die Krise eher verschärft als nur daran gearbeitet, sie zu verhindern. Und viel zu spät wurde erkannt, dass ein international vernetztes System eben nicht mit nationalen Alleingängen zu reparieren ist.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es. – Vincent Kokert, CDU: Sie haben jetzt die Patentlösung, Frau Gramkow, die kommt jetzt.)

Meine Damen und Herren, was wir erleben, ist schon ein bisschen grotesk. Die Politik und die gesamte Gesellschaft werden von den Banken als Geisel genommen und erfolgreich erpresst. Und das ist Tatsache. Alle sind sich einig: Die Entscheidung für ein Rettungspaket war unumgänglich, um Schlimmeres zu verhindern.

(Vincent Kokert, CDU: Haben Sie dafürgestimmt im Deutschen Bundestag? – Peter Ritter, DIE LINKE: Frau Gramkow ist nicht im Bundestag.)

Aber ich habe es gehört, ich habe es vorhin gehört, in der Debatte um das kostenfreie Mittagessen: Es sind nur Bürgschaften, es sind ja nur Kredite. Nein, die Zustimmung unseres Landes bedeutet, wenn es schiefgeht, 130 Millionen Euro Cash,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das weiß Herr Roolf aber nicht. Der große Ökonom Roolf weiß das nicht. – Udo Pastörs, NPD: Das ist doch erst der Anfang.)

und zwar 2010. Und wer das in dieser Situation verheimlicht und sagt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wir mogeln nicht. – Egbert Liskow, CDU: Verheimlichen wir doch gar nicht. Das wurde alles gesagt. Das wurde alles in der Regierungserklärung gesagt.)

dass wir, …

In der Debatte vorhin haben die Vertreterrinnen und Vertreter, die diskutiert haben, dargestellt, es gehe gar nicht um das Geld. Fragen Sie bitte Ihren Kollegen, ich habe ihm zugerufen, dass er offensichtlich nicht weiß, worum es wirklich geht.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Aber Frau Gramkow!)

Alle sind sich einig, das ist notwendig gewesen.