Ich will deshalb, weil über die monetären Auswirkungen der Handlungen ja noch zu diskutieren sein wird, an dieser Stelle noch einmal auf den Bericht von Nicolas Stern hinweisen, der im Auftrag der britischen Regierung einen Klimafolgenbericht oder einen Bericht über die Folgen des Klimawandels auf die Weltwirtschaft gegeben hat, dessen Ergebnisse im Großen und Ganzen vom DIW für die Bundesrepublik Deutschland bestätigt worden sind. Ohne aktive Klimaschutzpolitik gerät die Weltwirtschaft in absehbarer Zeit in eine katastrophale Lage. So nüchtern, aber auch so brisant ist seine Kernaussage.
Aktive Politik in Sachen Klimaschutz ist mit einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes bezogen auf Investitionen in vorsorgenden Klimaschutz möglich und nötig. Das sind zum Beispiel für unser Bundesland 300 Millionen Euro jährlich, bezogen auf private und öffentliche Investitionen. Das ist eine große Herausforderung, die für das gesamte Bundesgebiet bei bereits 32 Milliarden Euro jährlich liegt. Jedoch ist ein „Weiter so!“ nach Auskunft aller, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, ungleich teurer und schlechthin unkalkulierbar in seinen Auswirkungen. Oder anders gesagt, die technologischen Voraussetzungen für aktiven Klimaschutz liegen vor. Jetzt geht es um eine unumkehrbare politische und ökonomische Weichenstellung.
(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Dann schauen wir mal auf die Koalitionsfraktionen, Herr Timm, wie die sich verhalten.)
Dabei wird wohl niemand den Umfang dieser Herausforderung verniedlichen, Frau Kollegin. Sie möglicherweise, aber das glaube ich auch nicht.
Der vorliegende Bericht kommt zu dem Ergebnis, meine Damen und Herren, dass Teile von Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit mit am stärksten von der sommerlichen Trockenheit betroffen sein könnten, und zwar konkret Vorpommern deutlich mehr als Mecklenburg. Dieses wird hier im Land gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, auf die Trinkwasserversorgung und auf die Befahrbarkeit einiger Wasserstraßen haben.
Der Anstieg des Meeresspiegels, der für unsere Küstenlandschaft auf 20 bis 30 Zentimeter bis zum Ende des Jahrhunderts angegeben wird, hat deutliche Auswirkungen auf den Küstenschutz, besonders bei Hochwasser und Sturmflutlagen, wobei der tatsächliche Anstieg möglicherweise noch höher ausfällt als die Prognose. Das Gefälle der Peene zwischen Kummerower See und Peenemündung beträgt beispielsweise weniger als 30 Zentimeter. Deswegen ist der Hinweis im Bericht richtig, dass diese Entwicklungen für die Ansiedlung beziehungsweise für Bauprojekte im Küstenbereich zu berücksichtigen sind. Mein Namenskollege aus der CDU hat schon darauf hingewiesen. Der ist jetzt leider nicht unter uns.
Weiterhin weist der Bericht auf die Auswirkungen für die Forstwirtschaft, auf die Moorschutzprogramme, auf die Gesundheitsvorsorge und so weiter hin. Dazu wird, wie gesagt, demnächst ein Handlungskonzept mit seinen monetären Auswirkungen vorgelegt, welches abzuwarten bleibt. Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung in diesem Konzept auch Handlungsmöglichkeiten, Herr Minister Backhaus, für die Kommunen unseres Landes aufzeigt, denn ich glaube, dass das 40-ProzentZiel der Bundesregierung, Herr Nieszery, nur in den Ländern und Kommunen umgesetzt werden kann, übrigens auch in Güstrow.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Na, dann machen wir das mal! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Deshalb brauchen wir ein Steinkohlekraftwerk. – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)
Ich will zum Abschluss nicht versäumen, hier auf einen Bereich hinzuweisen, der im Wesentlichen außerhalb der Politik liegt. Wir hatten am Montagabend eine sehr tiefgehende Diskussion im Willy-Brandt-Forum, die sozusagen moderiert oder initiiert wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär des BMU Herrn Müller.
Der ist in Ordnung. Er hat gesagt, es geht auch, und zwar ganz wesentlich, um einen Bewusstseinswandel. Was macht ein glückliches Leben aus? Wenn diese Frage rein quantitativ beantwortet bleibt, wird es keine großen Veränderungen geben. Was ist Lebensqualität? Hierzu Anstöße zu bekommen vonseiten der Werteträger unserer Gesellschaft, ist, glaube ich, nicht unvermessen bei diesem Thema, wenn wir alle gemeinsam unseren Kindern und Kindeskindern gesunde und sichere Lebensmöglichkeiten vererben wollen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass die vorgelegte Studie durchaus Fortschritte in der Erkenntnis und Bewertung des Klimawandels und seiner Folgen in Mecklenburg-Vorpommern ausweist. Das betrifft auch die vorgeschlagenen Anpassungsmaßnahmen und die Handlungsempfehlungen. Natürlich wird damit nicht zum ersten Mal eine solche Studie vorgelegt und es werden nicht zum ersten Mal Empfehlungen abgeleitet. Durch eine Vielzahl von Wissenschaftlern, von Kompetenzträgern aus unserem Lande, aus beiden Universitäten, aus Privatinstituten und Ingenieurbüros, aus der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei und aus Landesbehörden werden viele Erkenntnisse zusammengetragen und Methoden und Ansätze zusammengeführt, um Bewertungen vorzunehmen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die mit einbezogen worden sind in diese Studie, sind alle kompetent auf ihren Fachgebieten, ob es in der Wasserwirtschaft ist, ob es in der Geologie ist, ob es in der Medizin ist oder auf anderen Gebieten. Es sind sehr klangvolle Namen, die letztendlich der Landesregierung als Berater dienen.
Forschritte, wenngleich nur geringe, gibt es bei der Fortschreibung der Klimaprojektion auf der Basis der fortgeschriebenen Szenarien und Modelle. Es ist aber eine Aktualisierung vorgenommen worden auf der Basis der Aktualisierungen durch die Gremien, die sich bisher mit dem Klimawandel befasst haben. Ausgangspunkt waren Empfehlungen der Ad-hoc-Gruppe des Wissenschaftlichen Beirates des Umweltministeriums von 2006. Diese wurden aktualisiert, indem der neuste Bericht des Weltklimarates IPCC – der Minister hat dieses zum Ausdruck gebracht – von 2007 mit seinen neuen Emissionsszenarien ausgewertet wurde. Auf der Basis von zwei Modellen nach dem dynamischen Remo-Modell des Max-PlanckInstituts für Metrologie in Hamburg und des statistischen Modells Wettreck der Firma CC aus Potsdam wurden solche Klimaprojektionen erneut vorgenommen. Außerdem wurden die neusten Prognosen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung berücksichtigt sowie die Prognosen des Umweltbundesamtes. Damit wurden im Wesentlichen die Projektionen aus dem Jahr 2005 bestätigt. Aber es ist natürlich gut, wenn man noch genauer weiß, wie sich das Klima mit großer Wahrscheinlichkeit entwickeln wird.
Für die Wasserwirtschaft wurde mit dem Modell MINERVA die Entwicklung des Wasserhaushaltes prognostiziert, was natürlich besonders wichtig ist für die verschiedensten Bereiche, und zwar insbesondere für die Landwirtschaft. Sechs Arbeitsgruppen haben dann Empfehlungen für das Handeln vorgelegt, Handeln im Bereich der Politik, in der Wirtschaft, in Kommunen und so weiter. Aus meiner Sicht sind diese Empfehlungen durchaus folgerichtig, wenngleich von unterschiedlicher Tiefe und Qualität. Die Empfehlungen für den Tourismus, auch darauf hat der Minister hingewiesen, sollen später vorgelegt werden, auch auf der Basis dessen, was jetzt an Erkenntnissen in den anderen Bereichen vorliegt.
Die meisten Empfehlungen, wenn Sie sich diese anschauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wären auch ohne differenzierte Modellierung möglich gewesen. Sie werden zum Teil schon lange in der Landes- und Bundespolitik diskutiert, wie zum Beispiel die Retentionsflächen für Überschwemmungsgebiete und so weiter. Das gehört natürlich auch dazu. Es sind dort viele Empfehlungen enthalten, die durchaus bekannt waren, andere sind hinzugekommen. Insofern ist es eine gute Grundlage für die Landespolitik, dort zu handeln. Das Problem besteht darin, dass im Leben oftmals das Gegenteil von dem getan wird, was tatsächlich empfohlen wird. Und dieses war schon vor Hunderten von Jahren so, auch in unserem Lande.
Die größte Qualität haben aus meiner Sicht die Empfehlungen für die Wasserwirtschaft, für die Ostsee, für die Küste, für die Biodiversität, für den Naturschutz, für die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft. Ich denke, dass die Erkenntnisse und Prognosen zur Gesundheit sich erst im Anfangsstadium befinden. Das bringen die Autoren auch zum Ausdruck, denn da ist die Datenlage nicht ausreichend. Für mich ist das, was im Bereich Energie/Verkehr analysiert und empfohlen wird, überaus enttäuschend.
Das größte Defizit dieser Studie liegt meines Erachtens darin, dass es keine Empfehlungen zum konsequenten Handeln gegen den Klimawandel gibt,
sondern es sind Empfehlungen für das Handeln, weil es den Klimawandel gibt. Und das muss auf jeden Fall kommen, ich glaube, dass das noch Gegenstand dieser Studie sein könnte. Der Minister hat auch davon gesprochen, denn sie heißt „Klimaschutz und Folgen des Klimawandels“. Bisher sind Ausführungen zum Klimawandel und seinen Folgen da, aber zum Klimaschutz nicht.
Der Titel dieser Studie kann erwarten lassen, dass es dazu noch kommen wird. Das muss unbedingt so sein. Was dort die Schwerpunkte sein werden, wird meine Kollegin Schwebs darstellen. Ich will auf jeden Fall sagen, ich habe mich damals zu dieser Studie kritisch geäußert. Handlungsempfehlungen wären oftmals auch vorher möglich gewesen. Andererseits hat diese Studie tatsächlich zu neuen Erkenntnissen geführt, die dann hoffentlich in der Politik umgesetzt werden können. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Skepsis ist die Mutter aller Wissenschaft. Das dachte sich wahrscheinlich ein Herr Christian Schwägerl, als er am 23. März des vergangenen Jahres in der FAZ einen Artikel mit einer sehr provokatorischen Überschrift veröffentlicht hat. Ich zitiere: „Ist der Klimawandel nichts als Schwindel?“. Der Artikel ist schon deshalb interessant, da er nicht den Klimawandel als solchen, aber den entscheidenden menschlichen Einfluss auf den Klimawandel infrage stellt. Die Kernaussage des Artikels in der „Frankfurter Allgemeinen“ ist, dass es noch zu früh sei, um schlüssige Aussagen über das Weltklima zu treffen. Verwiesen wird unter anderem auf die 70er Jahre, als man eine weltweite Abkühlung prophezeite. Weiter heißt es im Artikel der FAZ, ich zitiere: „Zu viele Faktoren, die das komplexe energetische Zusammenspiel von Sonnenstrahlung, Atmosphäre, Landfläche und Ozeanen bestimmen, sind“ schlicht und einfach „unbekannt. Computermodelle des Klimas liefern nur das, was man in sie hineingesteckt hat.“
Meine Damen und Herren, so weit der Artikel aus der FAZ. Nun teile ich nicht die Ansichten, die dort gesprochen wurden.
Was ich aber damit sagen möchte, Herr Dr. Methling, ist, dass ich mir in der aktuellen Diskussion über den Klimawandel oftmals eine sachlichere und ausgewogene Diskussion wünschen würde.
Mir ist die Debatte schlichtweg, in den Medien wohlgesagt, medial ein wenig zu reißerisch aufgemacht. Vor diesem Hintergrund haben die Koalitionäre – im März des vergangenen Jahres wurde darauf hingewiesen – den der vorgelegten Studie zugrunde liegenden Antrag formuliert. Die Landesregierung wurde damals beauftragt, eine wissenschaftlich fundierte Studie zu den Folgen des Klimawandels bezogen auf das Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern erstellen zu lassen.
Über das Ergebnis, wir sehen es, unterrichtet uns die Landesregierung heute auf der Drucksache. Auf 58 Seiten werden die Auswirkungen für die Entwicklung der Temperaturen, des Küstenverlaufs, des Grundwasserspiegels und der Gesundheitsvorsorge anhand aktueller Datenmodelle prognostiziert. Darüber hinaus wird ein Blick in die Zukunft gewagt, um beispielsweise die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft oder auch die Ostseeküste in Hinblick auf mögliche Szenarien des Klimawandels zu untersuchen. Chancen und Risiken werden dargestellt und Handlungsempfehlungen für die Landesregierung abgeleitet. Wie es bei solchen Studien, die sich mit Zukunftsfragen beschäftigen, nun einmal ist, wird ein Großteil der Annahmen als Kannannahmen formuliert und somit natürlich auch ein wenig relativiert.
Was mir an der Studie auffällt und mich vielleicht auch ein bisschen stört, ist die Vielzahl der neuen Studien, die selbstverständlich im Nachgang zur vorliegenden auch noch erstellt werden müssen. Auf Seite 56 des Berichts sind die entsprechenden Bedarfe aufgeführt. Darüber gilt es noch zu sprechen.
Meine Damen und Herren, unstrittig ist, dass sich die Erde erwärmt. Über diese Folgen haben wir für Menschen und Natur auf diesem Erdball zu befinden. Es ist auch unstrittig, richtig und wichtig, dass Anstrengungen unternommen werden und das Menschenmöglichste zu unternehmen ist, um den Klimawandel und seine Folgen möglichst abzumindern. Der Minister hat gerade vorgetragen, dass in der Kabinettsbefassung die Fachressorts beauftragt worden sind, Prioritäten aus dem Bericht für Mecklenburg-Vorpommern festzulegen und eine finanzielle Bewertung derer vorzunehmen. Das ist gut so, weil dadurch die Aktualität laufend gewahrt wird und wir in die Lage versetzt werden, eine energie- und klimapolitische Strategie umzusetzen, was die wichtigste Erkenntnis aus diesem Bericht wäre. Dazu müssen auch die Voraussetzungen auf höchster staatlicher Ebene geschaffen werden.
Im Dezember, wir haben es alle noch aus den Medien in Erinnerung, ist auf der Weltklimakonferenz auf Bali beschlossen worden, dass spätestens 2009 ein verbindliches Klimaschutzregime mit konkreten Zielvorgaben eingeführt wird.
Die Bundesregierung hat mit der Reduzierung der CO2Emission bis 2020 mindestens 37 Prozent gegenüber 1990 als ambitioniertes Ziel formuliert. Zumindest was Deutschland angeht, denke ich, sind wir auf einem guten Weg, auch wenn man beispielsweise in der Energiepolitik unterschiedlicher Auffassung sein kann.
Als Landtag Mecklenburg-Vorpommern haben wir mit der Inauftraggabe der Studie einen Baustein zur Klimafrage beigetragen, allein lösen werden wir die globale Klimafrage natürlich nicht.