Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Bluhm, ich will es gleich vorwegsagen: Sie dürfen davon ausgehen, dass auch die Koalitionsfraktionen zum gültigen Schulgesetz stehen. Dieses beinhaltet eine Gleichbehandlung aller Schularten, sowohl in der Genehmigung von Schulentwicklungsplänen als auch in der Einzelfallprüfung von Ausnahmen. Darum haben wir es uns als Gesetzgeber – und einige von Ihnen erinnern sich in der Tat noch daran – mit der letzten Schulgesetznovelle wahrlich nicht leicht gemacht. Der Einfl uss des Parlamentes war ein erheblicher bei der Zweiten Lesung. Damit das Ganze besonders sicher wird, haben wir es noch mal doppelt genäht, damit es auch vor dem Verfassungsgericht standhält. Demzufolge darf man davon ausgehen, dass die damaligen Akteure auf ihrer biologischen Festplatte durchaus die Fakten noch parat haben und auch die Grundintention des Gesetzgebers.
Die hieß: Angesichts einer demografi schen Entwicklung, die dazu führt, dass nicht einmal mehr die Hälfte der Schüler vorhanden ist, die wir Anfang der 90er Jahre hatten, galt es, verantwortlich zu reagieren, um in diesem ländlichen Bereich wohnortnah ein fl ächendeckendes Netz an Schulstandorten vorzuhalten. Das Schulgesetz gibt für alle Schularten, weil wir immer eine Gleichbehandlung im Auge hatten, die Antworten. Die hießen bei den kleinen Grundschulen, und so ist es immer noch gültig: Bei Überforderung in Form von überlangen Schulwegen kann eine kleine Grundschule eingerichtet werden. Das ist nachzulesen im Schulgesetz, ganz fest geknüpft an bestimmte Bedingungen. Es gibt einige von diesen kleinen Grundschulen im Lande, die für die kleinen Füße kleine Wege haben und die natürlich auch mit einem jahrgangsübergreifenden Unterricht ein wohnortnahes, aber
pädagogisch nicht so einfach zu organisierendes Schulsystem darstellen. Das muss man auch ganz deutlich sagen.
Das Gleiche bildet sich in der Regionalen Schule ab. Wir haben eine Mindestschülerzahl von 36 Schülern – die Umsetzung der Schulentwicklungsplanung läuft seit zwei Jahren – und bei unzumutbar langen Schulwegen ist eine Ausnahmeregelung, die Einzügigkeit von Schulen, möglich. Dabei sind 22 Schüler die Grundvoraussetzung. Auch das spielt sich in diesem Lande ab, gemessen an den Flächenbedingungen. Und auch hier sage ich: Es ist für diese kleinen Regionalen Schulen, die einzügigen, teilweise sehr schwer, Unterricht ordentlich und vielfältig zu organisieren. Es ist einfach eine Frage von kritischer Masse, wie viel Lehrer habe ich vor Ort, um den Fachunterricht wirklich adäquat anbieten zu können, um eine Vertretung zu organisieren, wenn der Englischlehrer länger krank ist.
All diese Dinge setzen eigentlich pädagogisch sinnhaft eine Zweizügigkeit voraus. Das hat also nicht irgendwas mit fi skalischen Hintergründen zu tun, das ist pädagogisch sinnvoll.
Kommen wir zu den anderen Schularten. Das Schulgesetz hat auch hier vorausschauend Regularien geschaffen, um ländlich angemessen zu reagieren. Denn uns war klar, dass die demografi sche Entwicklung früher oder später auch die anderen Schularten erreicht.
Insofern – diese Bemerkung sei mir gestattet – bin ich teilweise richtig überrascht, wenn manche so tun, als wäre heute die Stunde null.
Ich will also sagen, wir haben schon im ländlichen Bereich eine Entwicklung und die heißt – man fi ndet es in Paragraf 12 des Schulgesetzes, Verbindung von Schulen –, dass Schulzentren gebildet werden können, und zwar immer dann, wenn die Schülerzahlen nicht ausreichen. Was sind diese Schulzentren? Eine Zusammenführung von verschiedenen Schularten.
Und das bedeutet, dass wir auch bei geringeren Schülerzahlen ein gymnasiales Angebot – ich betone, gymnasiales Angebot, nicht zwangsläufi g Gymnasium – in der Fläche vorhalten. Und es gibt hier tatsächlich umsichtige Kommunen, die rechtzeitig begriffen haben, dass sie umsteuern müssen.
Die haben schon längst umgebildet zu Kooperativen Gesamtschulen, zu verbundenen Gymnasien mit Regionalen Schulen. Ich nenne solche Orte wie Laage, wie Friedland, wie Stavenhagen, wie Dorf Mecklenburg. Und ich weiß, dass genau diese ländlichen Gymnasien, die schon seit Langem wissen, dass es knapp wird, in der Diskussion sind. Es gibt die Diskussion in Neukloster, es gibt die Diskussion in Malchin, es gibt sie in Röbel und in Bützow. Und insofern frage ich mich jetzt wirklich: Wo ist der neue Fakt, tatsächlich alles wieder infrage zu stellen?
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)
Lassen wir dieser Entwicklung doch ihren Lauf und sorgen wir dafür, dass hier Sachlichkeit einkehrt auf der Grundlage eines gültigen Schulgesetzes.
Und, meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle auch sagen, dass nicht für jeden Einzelstandort eine Antwort gefunden werden kann.
Dafür sind unsere Einzelregelungen für Ausnahmen da. Man wird sich angucken müssen, was mit dem DeutschPolnischen Gymnasium in Löcknitz passieren muss. Man wird sehen müssen, ob man bestimmte Ausnahmeregelungen einfach deshalb durchziehen muss mit völliger inhaltlicher Überzeugung, weil hier die überregionale Bedeutung einfach auch ein Fakt ist und es ein gleichartiges Angebot weit und breit nicht gibt.
Wir haben auch Antworten für den Berufsschulbereich und den Förderschulbereich. Da das heute aber nicht aktuell ist, erwähne ich es nur in einem Nebensatz.
Und nun frage ich mich: Woraus resultiert die aktuelle Aufregung? Die resultiert daraus, dass eine Erwartungshaltung geweckt wurde, die einfach so nicht umgesetzt werden kann.
Wir haben, denke ich, im Bildungsausschuss dazu Klartext gesprochen. Und insofern, Herr Bluhm, kann ich die Analyse der Situation und auch eine gewisse emotionale Beherztheit bei dem Thema sehr gut verstehen, denn ich gehörte immerhin auch zu den Überzeugungstätern, die sich zu diesem Schulgesetz bekannt haben. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass Sie mittels Ihres Antrages hier Gerechtigkeit überhaupt erst wieder einziehen lassen wollen. Ich sage, per Vollzug haben wir diese Gerechtigkeit, die Gleichbehandlung aller Schularten niemals aus dem Auge verloren,
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Jörg Heydorn, SPD: Gesetzeslage, das ist Gesetzeslage. – Zurufe von Michael Roolf, FDP, und Raimund Borrmann, NPD)
und Sie dürfen sich darauf verlassen, dass wir dabei auch bleiben, auch ganz energisch im Einzelfall. Verlassen Sie sich darauf!
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Alles paletti, alles paletti. – Zurufe von Jörg Heydorn, SPD, Irene Müller, DIE LINKE, Michael Roolf, FDP, und Michael Andrejewski, NPD – Glocke der Vizepräsidentin)
Ich will nur einfach noch mal sagen, vielleicht hilft es auch, die Aufgeregtheit ein bisschen herunterzufahren, wenn man in die amtliche Statistik der Schulentwicklung guckt und man dann feststellt, dass entgegen mancher Überschriften sich die gymnasialen Angebote – so fi nde ich es in der SVZ, Sie haben das sicherlich auch zur Kenntnis genommen – wie folgt entwickelt haben: 1992 hatten wir noch 94 Gymnasien, jetzt sind es 65. Im Gegenzug dazu gab es damals 18 Gesamtschulen, jetzt 32. Da ist also ganz deutlich, was schon passiert ist, nämlich die Umbildung von einigen Gymnasien in Richtung kooperative Systeme. Die sind uns nicht verloren gegangen, dadurch sind keine längeren Schulwege entstanden, sondern hier hat Vernunft Einzug gehalten, und das muss man mal zur Kenntnis nehmen.
In dem Zusammenhang haben wir zum heutigen Zeitpunkt über 90 gymnasiale Angebote im Land. Und dann sind natürlich 22, die im Moment irgendwo infrage stehen, in einem ganz anderen Verhältnis zu sehen, als das in einigen Überschriften so auftaucht. Das sind bei Weitem nicht 50 Prozent. Und selbst bei den 21 wird man zur Kenntnis nehmen müssen, dass gerade die Umsteuerung in Mehrfachstandorte in solchen Städten wie Güstrow oder Wismar natürlich nicht dazu führen wird, wenn man aus zwei Gymnasien eins macht, dass Schüler überdimensional lange Schulwege bekommen werden. Also auch hier bitte ich darum, dass wir wieder zu Realitäten zurückkommen. Ich hatte schon gesagt, wir werden den Antrag allein deshalb ablehnen, weil unserer Meinung nach der Bildungsausschuss deutliche Antworten gegeben hat,
und in dem Sinne muss ich zum FDP-Antrag eigentlich gar nichts mehr sagen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Rede entsprach nicht dem Beifall, den Sie gegeben haben. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)