Auch hier greift der Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Durch die Schließung von öffentlichen Schulen in der Fläche wird das Wahlrecht der Eltern jedoch zunehmend eingeschränkt.
Bei der Schließung von staatlichen Schulen kann man deshalb Eltern und Schulträger nur ermuntern, ihr Wahlrecht verfassungsrechtlich ausurteilen zu lassen, weil es diesbezüglich noch keine Verfassungsurteilsrechtsprechung gibt. Schulen in freier Trägerschaft sind nach dem Grundgesetz als Ergänzung zum öffentlichen Schulwesen gedacht.
Sie sollen das öffentliche Schulwesen nicht in seiner Breite und in seiner Funktion ersetzen. Bei Grundschulen könnte man nach dem Grundgesetz unter verfassungsrechtlichen Ausurteilungen die Zulassung auf Schulen in freier Trägerschaft beschränken, insbesondere auch dann, wenn das Wahlrecht nicht mehr gegeben ist. Man muss es nur wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Reinhard Dankert, SPD, Heike Polzin, SPD, und Torsten Koplin, DIE LINKE: Genau.)
An weiterführenden Schulen gibt es hingegen eine solche verfassungsrechtliche Ausnahme durch Urteile des Verfassungsgerichts nicht. Geht also die gegenwärtige Entwicklung so weiter, dann könnte am Ende ein Zweiklassenbildungssystem oder eine komplette Privatisierung des größten Teils des staatlichen Schulwesens stehen. Das wäre endgültig das Ende der Möglichkeit eines chancengleichen Zugangs für alle Kinder, unabhängig von der sozialen Lage der Schülerinnen und Schüler, zu einer bestmöglichen Bildung. In diesem Sinne ist die Entwicklung von Schulen in freier Trägerschaft in sich eine Gefahr für die sozial undifferenzierte Ermöglichung höchstmöglicher Bildungschancen, weil natürlich Schulen in freier Trägerschaft Elterngeld verlangen, trotz aller Sozialregelungen an den Einzelschulen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehe ich mir nun den Antrag der Koalitionsfraktionen an, so ist nicht klar, was mit dem Prüfauftrag eigentlich bewirkt werden soll. Von daher kann ich die Euphorie des Ministers, dass er den so gut fi ndet, nicht ganz teilen.
Aus meiner Sicht ist zumindest in dem Antrag mit dem Prüfauftrag ein falscher Weg, ein falscher Ansatz fi xiert, um das bestehende Problem zu lösen. Die zentralen Fragen sind doch wohl folgende, und so ein bisschen kam das in der Rede des Ministers auch zum Ausdruck:
Erstens. Wie sichert die Landesregierung unter diesen Bedingungen ein wohnortnahes Schulangebot an öffentlichen Schulen?
Zweitens. Wie stärkt die Landesregierung die staatlichen Schulen in diesem Wettbewerb mit den Schulen in freier Trägerschaft?
Es muss doch zuerst darum gehen, die Rahmenbedingungen der öffentlichen Schulen so zu verändern, dass sie diesen Wettbewerb gewinnen können. Das gilt sowohl für die Finanzierung,
aber auch für die entscheidenden Parameter einer Standorterhaltung und Standortsicherung öffentlicher Schulen. Das ist doch originäre Aufgabe der Landesregierung und von Staatspolitik, von Gesellschaftspolitik.
Natürlich könnte das Konzept der Selbstständigen Schule Abhilfe schaffen. Erstens ist aber der Nachteil, dass es bis 2010/2011 dauern wird, bis es komplett umgesetzt ist.
Zweiter Nachteil ist auch, dass heute noch nicht wirklich alle wissen, ob die diskutierten vorgesehenen Maßnahmen wirklich geeignet sind, die staatlichen Schulen in
diesem Wettbewerb tatsächlich auch besserzustellen. Vieles allerdings spricht gegenwärtig dafür, dass sich die vollmundigen Versprechungen nicht ansatzweise erfüllen werden, wie viele Stellungnahmen von Schulen auch zeigen.
Erste Schritte zur Deregulierung, auch darüber ist hier geredet worden, waren vom Bildungsminister schon zu den Winterferien 2007 angekündigt worden. Eben – angekündigt, aber bisher nicht ansatzweise umgesetzt.
Und hier zeigt sich genau das bildungspolitische Dilemma: Schulen in freier Trägerschaft können fl exibler und selbstbestimmter agieren und reagieren. Sie sind in diesem Wettbewerb nach wie vor eindeutig im Vorteil. Sie sind es auch deshalb, weil sie vom Land und von den kommunalen Schulträgern nicht unerhebliche Finanzmittel erhalten. Um konkret zu werden: Zahlte das Land für die Personalkosten im Jahr 2006 noch 36,8 Millionen Euro, so waren es 2007 schon 43,2 Millionen Euro und 2009 sind voraussichtlich 48 Millionen Euro geplant.
Das bedeutet eine Steigerung von über 22 Prozent seit 2006! Dieses Geld, meine Damen und Herren, steht dem staatlichen Schulwesen nicht mehr zur Verfügung.
Zusätzlich zum Land zahlen die Kommunen noch Schullastenausgleich. Auch diese Mittel stehen den Schülerinnen und Schülern öffentlicher Schulen in ihren kommunalen Gebietskörperschaften nicht mehr zur Verfügung. Dagegen kann nur etwas unternommen werden – und ich bin gespannt, der Minister hat zumindest in Bezug auf die schülerbezogene Stundenzuweisung etwas angedeutet –, wenn die gesetzlichen Finanzierungsvorschriften auch geändert werden.
Das ist aber mit dem Antrag von Ihnen nicht vorgesehen. Sie wollen lediglich eine Einbeziehung in die Schulentwicklungsplanung prüfen. Mit welchem Ziel? Glauben Sie ernsthaft, dass Sie die Genehmigungs- und Bestandsschutzregelungen des Grundgesetzes außer Kraft setzen können? Falls man das will, genügt ein Blick nach Brandenburg, wo der SPD-Bildungsminister versucht, gegen massenhafte Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft vorzugehen. Das ist zumindest ehrlicher und konsequenter als die Forderungen Ihres Antrages.
Im zweiten Punkt Ihres Antrages fordern Sie, dass Schritte zur Umsetzung von innerer und äußerer Evaluation für diese Schulen geprüft werden sollen. Nun, freiwillig mag es die eine oder andere freie Schule geben, die sich daran beteiligt. Aber glauben Sie wirklich, dass sich die Schulen in freier Trägerschaft vom Staat vorschreiben lassen wollen, was sie und wie sie schulintern zu evaluieren haben? Eine äußere Evaluierung allerdings wäre denkbar. Unklar ist, welches Ziel damit verfolgt wird. Es bleibt also die Frage, was dieser Antrag soll, wenn schon bei der Prüfung von Genehmigungen durch das Bildungsministerium oftmals keine Besuche vor Ort stattfi nden. Genehmigt wird nach Aktenlage, nicht immer nach persönlichem Augenschein. Was hält das Ministerium denn davon ab, vor Ort zu kontrollieren, ob die Genehmigungsvoraussetzungen noch eingehalten werden? Zumindest diese Option hat der Minister – und da möchte ich ihn nachdrücklich unterstützen – hier heute
angekündigt. Ich fi nde das gut, weil ich denke, einmal entschieden und nie wieder beguckt, das kann in dieser Frage von Schulentwicklung nur falsch sein.
Zweitens. Die Forderungen stärken keine einzige öffentliche Schule in ihrem Bestand und im Wettbewerb.
Drittens. Sie helfen keinem Planungsträger der Schulentwicklungsplanung bei der Sicherung seiner Standorte.
So ganz verstehe ich Ihre Aufgeregtheit nicht, Herr Bluhm. Sie sind doch immer für Chancengleichheit. Wir sind eher für Chancengerechtigkeit.
Ich kann keine Besserstellung der privaten Schulen in unserem Land gegenüber den öffentlichen Schulen konstatieren, wirklich nicht.
(Regine Lück, DIE LINKE: Na, dann machen Sie mal die Augen auf! – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)
Es ist bereits dreimal auf die Rechtsgrundlagen bezüglich der Genehmigungsvoraussetzungen beziehungsweise -versagungen hingewiesen worden, so, wie sie auch im Grundgesetz Artikel 7 Absatz 4 beschrieben worden sind. Das kann ich mir an dieser Stelle alles sparen.
Aber ich stelle fest, Herr Bluhm, das sind Zahlen, die bundesweit erhoben wurden. Es sind keine 7 von 100 Kindern, die auf Privatschulen lernen. Wenn es hier in Schwerin im Grundschulbereich dort so einen Aufwuchs gegeben hat auf 25 Prozent,