Protocol of the Session on September 19, 2007

Wir werden unsere Vorschläge einbringen und hoffen, dass wir dafür Mehrheiten fi nden. Wir freuen uns auf spannende Debatten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Methling.

Herr Abgeordneter Pastörs für Ihren Zwischenruf „Heuchler“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ist das schon der zweite heute?)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Am 10. Juli dieses Jahres hat die Landesregierung den Entwurf zum großen Haushaltsgesetz als auch zum Haushaltsbegleitgesetz für die Jahre 2008 und 2009 beschlossen und heute starten wir hier im Landtag die parlamentarischen Beratungen mit der Ersten Lesung. Geplant – und ich gehe davon aus, dass wir es schaffen werden – ist dann am 14. Dezember die Zweite Lesung, sodass zwischen heute und dem 14. Dezember sicherlich eine sehr arbeitsintensive Zeit vor uns liegt, wo wir sehr diszipliniert und fl eißig in den Ausschüssen arbeiten werden, sicherlich auch ab und an mit Sondersitzungen. Aber ich bin mir sicher, und ich freue mich auch auf diese Zeit, dass wir diese Aufgabe gemeinsam gut leisten werden.

Ich möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, deutlich sagen, dass wir mit dem Doppelhaushalt 2008/2009 natürlich ganz wichtige Weichen stellen für die weitere mittel- und langfristige fi nanzpolitische Entwicklung unseres Landes. Das haben nun mal Haushalts- und Finanzpolitik so an sich, dass sie wie ein schwerer Tanker sicherlich auch sehr langfristige Wirkungen entfalten und weniger die kurzfristigen Effekte erzielen. Wir müssen uns bei dieser Entwicklung bis 2020 darauf einstellen, dass wir dann circa 1,5 Milliarden weniger Einnahmen haben werden, und diese Erkenntnis, glaube ich, muss auch ganz entscheidend unser heutiges Handeln bereits mit Blick auf 2008 und 2009 natürlich beeinfl ussen. Das heißt für uns insbesondere, dass wir die Ausgabenseite langfristig bis 2020 auf etwa 5,5 Milliarden im Landeshaushalt anpassen müssen. Denn, und das dürfte eigentlich Konsens sein zwischen allen demokratischen Parteien, das erklärte Hauptziel, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten, auch ohne Solidarpaktmittel, auch ohne EU-Strukturfondsförderung auf eigenen Beinen zu stehen, aus eigener Kraft die Zukunft des Landes zu gestalten und auch zu entscheiden, ich glaube, dieses Hauptziel verbindet uns sicherlich alle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausgangslage ist natürlich mit einer Gesamtverschuldung von 10,894 Milliarden Euro und einer zu erwartenden Zinsbelastung von circa 480 Millionen Euro in 2007 außerordentlich schwierig. Aber die Rahmenbedingungen haben sich im Vergleich zu den Vorjahren etwas verbessert und das gibt auch sicherlich Grund für Optimismus. Dazu gehört natürlich vor allen Dingen, dass wir erstmals 2006 einen Haushalt ohne Schulden abschließen konnten, 10 Millionen Euro Überschuss, die Neuverschuldung damit gestoppt hatten. Und wir werden, auch wenn die Zahlen logischerweise heute noch nicht konkret benannt werden können, sicherlich das Jahr 2007 mit einem deutlichen Überschuss abschließen können.

Diese Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist natürlich in erster Linie eingeleitet worden durch die rot-rote Landesregierung seit 1998 mit dem Konsolidierungskurs,

(Egbert Liskow, CDU: Aber nur von der Opposition.)

der bis heute so entsprechend auch fortgesetzt wurde, und mit dem jetzigen Koalitionspartner, die Ministerin sagte es, CDU, auch nahtlos fortgesetzt wird.

Hilfreich sind hierbei – und Herr Roolf sollte sich nicht darüber beklagen, das sollte man hier mal positiv bewerten und freudig zur Kenntnis nehmen, aber auch nicht überbewerten – die aktuellen bundespolitischen und vielleicht auch darüber hinaus makroökonomischen Rahmenbedingungen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Einnahmeseite geführt haben. So werden die Einnahmen allein aus Steuern, Länderfi nanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen auf der Basis der Steuerschätzung gegenüber 2007 in den nächsten zwei Jahren auf 175 beziehungsweise 179 Millionen Euro steigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, beim vorliegenden Doppelhaushalt 2008/2009, das ist natürlich nicht überraschend, ist festzustellen, dass auch dieser Doppelhaushalt deutlich die Handschrift der SPD und ihrer Finanzministerin Sigrid Keler trägt.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ja, vor allen Dingen von der Finanzministerin. – Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und in der großen Koalition setzen SPD und CDU, ich sagte das bereits, gemeinsam kontinuierlich und, ich bin der Meinung, innovativ den eingeschlagenen Kurs der Haushaltskonsolidierung fort.

(Udo Pastörs, NPD: Weiter so!)

Die fi nanzpolitische Strategie der SPD und der CDU für die nächsten Jahre wurde mit dem Nachtragshaushalt 2007 eingeleitet und wird jetzt mit dem vorliegenden Entwurf zum Doppelhaushalt von den Koalitionsfraktionen fortgesetzt und noch deutlicher erkennbar. Worin besteht die fi nanzpolitische Strategie von SPD und CDU im Wesentlichen? Es sind aus meiner Sicht im Wesentlichen vier Eckpunkte.

Als Erstes: Ab 2007 und in allen Folgejahren müssen zwingend ausgeglichene Haushalte ohne Neuverschuldung aufgestellt werden. Dieses Ziel wurde mit dem Nachtragshaushalt 2007 und mit dem Entwurf zum vorliegenden Doppelhaushalt erfüllt und ein weiterer Schuldenaufbau muss unbedingt verhindert werden. Um Vorsorge zu treffen für schlechtere Zeiten und Steuermindereinnahmen kompensieren zu können, werden wir erstmals ab 2008 im Haushalt eine jährliche Rücklage von 50 Millionen Euro einstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich persönlich kann mich noch gut an die Steuereinbrüche von 2002 und 2003 erinnern – ich hoffe, dass ich das nicht noch mal so erleben muss – in der Höhe von über 400 Millionen Euro, und das während laufender Haushaltsverhandlungen. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, konjunkturelle Einbrüche wird es auch zukünftig geben. Der teure Euro, der steigende Ölpreis und die Immobilienkrise in den USA bedrohen schon jetzt die Konjunktur. Insofern sind natürlich Vorsorge und eine sehr verantwortungsvolle Finanzpolitik mittelfristig unbedingt wichtig.

Sehr geehrte Abgeordnete, zur Vorsorge gehört auch die Bildung eines Versorgungsfonds für die Altersversorgung der Beamten. Ich kann mich noch gut erinnern, Kollege Liskow, dass die Opposition das in der Vergangenheit immer schon mal angesprochen hat. Wir hatten nur in der Vergangenheit noch nicht die fi nanziellen Gestaltungs- oder Handlungsmöglichkeiten, das muss man deutlich so sagen. Jetzt sind sie vorhanden und von daher fi nde ich es absolut richtig und logisch zwingend, mit einer Anschubfi nanzierung von insgesamt 63 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren zu beginnen, diesen Fonds aufzubauen, und den dann in den folgenden Jahren kontinuierlich durch jährliche Zuführungen aus dem laufenden Haushalt auszustatten und in dieser Art und Weise Vorsorge zu treffen. Wir haben dann im Vergleich zu anderen Bundesländern, insbesondere zu den westdeutschen Bundesländern, ich glaube, eine bessere Ausgangsposition, sollten aber auch hier mit dem Blick auf Vorsorge jetzt bereits handeln.

Zu einem zweiten fi nanzpolitischen Eckpunkt: Die Gesamtverschuldung muss reduziert werden. Die Schuldenlast, so, wie wir sie jetzt haben, ist auf Dauer nicht tragbar, weil die Zinslast die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik immer weiter einschränken wird und die Interessen künftiger Generationen verletzt. Gegenwärtig beträgt die Verschuldung 6.430 Euro pro Einwohner. Bei einem Einwohnerverlust von circa 12.000 im Jahr müssen wir demzufolge rund 80 Millionen Euro tilgen, um den Schuldenstand pro Einwohner nicht weiter ansteigen zu lassen. Da haben wir noch keine Absenkung. Und SPD

und CDU wollen und müssen aber die Schuldenlast pro Einwohner nicht nur stoppen, sondern reduzieren, um Zinseinsparungen zu erzielen, um Vorsorge zu treffen für schlechtere Zeiten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Insofern ist die Gesamttilgung für 2008 und 2009 mit 100 beziehungsweise 150 Millionen Euro geplant, denn die Rückführung der Verschuldung ist wichtigste Zukunftsvorsorge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum dritten Eckpunkt: Wir müssen spätestens bis 2011 das strukturelle Defi zit im Landeshaushalt auf null bringen, damit wir zukünftig auch bei Wegfall der für Infrastrukturinvestitionen zugewiesen Einnahmen aus dem Solidarpakt keine Überschreitung der laufenden Ausgaben gegenüber den laufenden Einnahmen haben, was zur fi nanzpolitischen Handlungsunfähigkeit führen würde. Noch für 2008 und 2009 sind wir im strukturellen Defi zit bei 231 beziehungsweise 84 Millionen Euro geplant. Die Entwicklung ist also durchaus positiv, aber sie muss auch konsequent fortgesetzt werden und nach meiner Meinung 2010 weitgehend abgeschlossen sein. Dazu gehören wichtige Maßnahmen, um dieses zu erreichen, und ich möchte auf diese Maßnahmen eingehen.

Ich glaube, als Erstes brauchen wir vor allem natürlich auch zukünftig eine Politik der Ausgabenbegrenzung. Die deutlich verbesserte Einnahmesituation darf uns nicht dazu verleiten, den Kurs der Ausgabendisziplin zu verlassen. In Anbetracht der anstehenden Ausschussberatungen nutze ich die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass wir vor allem Ausgabenerhöhungen nicht nur gut begründen müssen, sondern auch in dem jeweiligen Einzelplan dann die entsprechenden Umschichtungen gegenfi nanzieren müssen. Insbesondere dürfen wir zusätzliche Haushaltsbelastungen mit fortdauernder Wirkung nach Möglichkeit überhaupt gar nicht zulassen.

Und der zweite wichtige Maßnahmenblock, das ist natürlich – die Ministerin sagte es, ich kann es nur unterstreichen – das wichtigste Instrument der Haushaltskonsolidierung momentan als aktives Instrument, das Personalkonzept 2004, was wir planmäßig und erfolgreich umsetzen werden und auch müssen. Die Reduzierung von 42.219 Stellen vom 01.01.2004 um circa 10.000 Stellen bis 2010 bedeutet immerhin eine Reduzierung des Stellenbestandes um 25 Prozent. Diese Maßnahmen werden zu einer Stellenausstattung führen von etwa 19,5 Stellen pro 1.000 Einwohner. Damit können wir uns dann auch mit westdeutschen Flächenländern entsprechend vergleichen, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass insgesamt auch dort Entwicklungen verlaufen, sodass es ansteht, ab 2010/2011 eine Überprüfung des Personalkonzepts mit dem Ziel der Fortsetzung vorzunehmen. Ich habe im Finanzausschuss mehrfach erleben können, gerade im letzten auch wieder, auf welche große Akzeptanz dieses Personalkonzept inzwischen stößt. Das ist sicherlich auch ein Verdienst des Finanzministeriums, insbesondere des zentralen Personalmanagements. Unter anderem die Darstellung der Datenbank im letzten Finanzausschuss war für alle Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend sicherlich nicht nur informativ, sondern durchaus auch überzeugend und beeindruckend.

Meine sehr geehrten Damen und Herrn, wir brauchen aber auch eine Senkung der sächlichen Verwaltungskosten. Auch hier kann ich mich daran erinnern, dass die

vormalige Oppositionsfraktion, jetzt Regierungsfraktion, das mehrfach angemahnt hat. Ich will mich da auch gar nicht drum herummogeln. Die sächlichen Verwaltungsausgaben sind mit circa 370 Millionen Euro ein erheblicher Ausgabenblock. Und sie sind sicherlich aufgrund von Sonderfaktoren auch noch weiter gestiegen, werden bei Wegfall der Sonderfaktoren schon etwas abgesenkt. Nichtsdestotrotz entscheidend ist, wir sind im Ländervergleich bei dem Thema nicht gut aufgestellt, haben deutlich überhöhte sächliche Verwaltungsausgaben und müssen, was ja auch in sich logisch wäre, bei zurückgehendem Personal natürlich auch diesen Ausgabenblock mittelfristig abschmelzen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ich betone, mittelfristig. Bei entsprechendem Benchmarking, entsprechender Überprüfung muss man dort ganz zielgenau herangehen und nicht mit der Brechstange.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen auch weiterhin eine Reform der Landesverwaltung. Die Reduzierung von neun auf acht Ministerien war ein guter Schritt,

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Der war zu klein, der Schritt. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

ein wichtiger Beitrag, ein kleiner Beitrag. Aber es reicht natürlich nicht. Weitere Schritte müssen folgen. Bürokratieabbau, Verwaltungsvereinfachung, eine weitere Optimierung der Struktur der Landesverwaltung, weniger Doppelzuständigkeiten, weniger Behörden und aus meiner Sicht eine stärkere Zentralisierung sind notwendige Konsequenzen aus demografi schen und fi nanzpolitischen Entwicklungen. Ich bin mir sicher, wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten auch über den Doppelhaushalt hinaus noch sehr intensiv miteinander diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir brauchen eine Stabilisierung der Einnahmen. Es wird ja oftmals ein bisschen übersehen, was auf der Einnahmeseite passiert. Insofern möchte ich darauf noch mal kurz eingehen. Bei der Föderalismusreform II, wir haben es hier diskutiert, gab es ja schon etliche Gefahren. Insofern können wir heute aktuell zumindest vermelden, der Solidarpakt II ist sicher, der Länderfi nanzausgleich wird nicht angetastet bis 2019, die Steuerautonomie, nach Aussagen von Herrn Oettinger, ist im Grundsatz vom Tisch. Ich hoffe, auch konsequent. Was noch geblieben ist, und das ist auch gut so, das ist die Frage der Schuldenbegrenzung

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

und der Instrumente, die wir brauchen, um Schulden zukünftig zu begrenzen. Aber auch da, fi nde ich richtig, ist das generelle Neuverschuldungsverbot vom Tisch. Es geht um intelligente, innovative Lösungen, um zukünftig Schulden zu begrenzen. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse der Föderalismuskommission.

Offene Fragen bleiben auf der Einnahmeseite. Die Einnahmeausfälle aus Unternehmenssteuerreformen – tja, das große Rätseln.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Nein. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Da gibt es interessante Zahlen. Ja, es wird mal in die eine Richtung, mal in die andere Richtung berechnet und

interpretiert. Ich beteilige mich nicht an diesen Spekulationen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das hat die Bundesregierung so aufgeschrieben.)

Ich weiß nur, das ist für uns im nächsten Jahr sicherlich ein schwieriges Thema. Mit „uns“ meine ich generell die öffentlichen Haushalte.

Ich möchte auch ansprechen die Erbschaftsteuerreform.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wenn das belastbar ist, was im Koalitionsausschuss vereinbart wurde in Berlin, nämlich mindestens die gleiche Höhe des Erbschaftssteueraufkommens wie in der Vergangenheit, wenn das belastbar ist und durchgesetzt wird, vor allen Dingen auch termingerecht, dann können wir sicherlich gut damit leben.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ist nicht ausreichend, für die Länderhaushalte nicht akzeptabel.)

Allerdings gibt es bisher noch keine konkreten Ergebnisse, also daher auch Sorge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Angelika Gramkow! Ich baue gleich wieder eine Brücke. Eins ist aber völlig klar und das sollte uns auch verbinden: Steuersenkungen können wir uns zurzeit überhaupt nicht leisten.

(Beifall Angelika Gramkow, DIE LINKE)