Protocol of the Session on June 29, 2011

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie sind ja spitzfindig.)

Nein, nein, das ist überhaupt nicht spitzfindig, das ist ein feiner Unterschied.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Er hat gesagt, dass wir uns in Auswertung der Anhörung über diese Anhörung unterhalten werden. Und ob sich dann Änderungsanträge daraus ergeben, das bleibt uns überlassen. Und nichts anderes hat er gesagt.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Er hat gesagt, er kann sich das vorstellen. Das ist aber bei Ihnen auf Widerstand gestoßen.)

Ich sage mal, es ist in der Tat ein langer Prozess gewesen zwischen den Koalitionsfraktionen. Die Gründe sind bekannt.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Nun liegt dieses Gesetz hier vor. Ich will ganz kurz nur noch sagen, ich werde auf meinen Redebeitrag verzichten. Was uns wichtig war, Herr Seidel hat es gesagt, will ich ganz kurz wiederholen:

Die Regelung zum wirtschaftlichsten Angebot und nicht das billigste, hier ist eine Klarstellung erfolgt, das wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und es besteht Rechtssicherheit für die Vergabestellen, das ist auch gut so, genauso wie den Zuschlag zum unangemessen hohen oder tiefen Preis, der im Fall von Bürgschaften und Sicherheitsleistungen gerade für Kleinunternehmen, die viel beschriebene Tariftreue im ÖPNV, im SPNV zur Vermeidung von Dumpinglöhnen und natürlich, dass die Tarifautonomie gewahrt worden ist.

Vielleicht noch als Ergänzung dazu: Über das, was noch irgendwo Unsicherheit gab, was den Paragrafen 5 betraf, „vergabefremde Kriterien“, Herr Seidel hat es gesagt, es empfiehlt sich, das Gesetz zu lesen. Aber es empfiehlt sich, nicht nur das Gesetz zu lesen, sondern auch die Begründung dazu. Und da empfehle ich, die Begründung zu lesen, in der es heißt, dass es wort- und bedeutungsidentisch ist mit Paragraf 97 GWB. In diesem Sinne stimmen wir als CDU-Fraktion diesem Gesetz selbstverständlich zu.

(Irene Müller, DIE LINKE: Na klar, man hat sich ja auch kein Stück bewegt.)

Wir lehnen den Gesetzentwurf der LINKEN aus den genannten Gründen ab. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Regine Lück, DIE LINKE: Das war aber eben ein magerer Beifall. – Irene Müller, DIE LINKE: Das war aber dürftig.)

Danke schön, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Vergabegesetz und das Zustandekommen des Vergabegesetzes ist für mich ein Phänomen. Und ich sage mal, dieses Gesetz ist mein Lieblingsgesetz, weil es das schlechteste Gesetz ist, was dieser Landtag in meiner aktiven Zeit …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Geben Sie jetzt die Himbeere zurück, oder was?!)

Nee, er hat es ja nicht eingereicht. Sie haben es ja eingereicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

… hier gesehen hat. Dann können wir das auch gleich abarbeiten. Das, was die Kollegen der LINKEN eingebracht haben, ist aus unserer Sicht falsch, aber es ist konsequent richtig falsch. Das habe ich beim letzten Mal auch schon gesagt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja!)

Sie sind auf dem falschen Dampfer, ich lasse Sie da fahren. Aber das ist konsequent, das ist stringent, das passt, das ist in Ordnung. Das, was Sie machen, ist im Prinzip, ich sage mal, Dummenfang, auf gut Deutsch gesagt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh, oh! – Jochen Schulte, SPD: Ich hätte jetzt was sagen können.)

Bilder, denke ich mal, bringen uns den Inhalt dann auch ein Stückchen näher. Der Minister hat vorhin gesagt, er hat abzuwägen gehabt zwischen den unterschiedlichen Interessenlagen und hat dann auf die beiden Herren dahinten gezeigt. Er hat gesagt, wenn ich mich so anschaue und wenn ich das jetzt sinnbildlich richtig will, dann sitze ich eigentlich genau zwischen den beiden. Der eine will das nicht so richtig, der andere will das nicht so richtig, und zwar aus unterschiedlichen Gründen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Da sage ich Ihnen, Herr Minister: Warum setzen Sie sich überhaupt zwischen die Stühle? Das haben Sie gar nicht nötig, denn kein Mensch in Mecklenburg-Vorpommern braucht überhaupt ein Vergabegesetz, weil in der VOB und VOL alles schon geregelt ist. Und deshalb sage ich, Sie haben sich ohne jegliche Not zwischen die Stühle von Arbeitgebern, von Arbeitnehmern, von Kommunen, von allen gesetzt und haben allen damit einen Bärendienst erwiesen, weil nichts von dem erreicht ist, was Sie wirklich erreichen wollten.

Und dann lassen Sie uns doch anschauen, woran wir denn dieses Gesetz messen sollen. Bringt dieses Gesetz klarere Regelungen? Dazu sage ich: Nein, es bringt keine klareren Regelungen. Da gucken wir einfach in den viel zitierten Paragrafen 5 rein, und dann sind wir als Liberale so intelligent, dass wir begreifen,

(Jochen Schulte, SPD: Das sind aber zwei, die sich widersprechen.)

dass es nur für den Auftrag bezogen diese zusätzlichen Kriterien geben soll. Aber, lieber Herr Minister, dann frage ich Sie: Wie soll das funktionieren? Wie kann ich als Unternehmer nachweisen, dass ich innovativ bin?

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Wie kann ich Ihnen nachweisen, dass ich umweltbezogene Kriterien erfülle? Wie kann ich Ihnen das nachweisen als Unternehmer, dass ich soziale Kriterien erfülle? Das ist die erste Frage, die ich stelle. Wie mache ich das? Welches Dokument brauche ich dafür? Welchen Stempel brauche ich dafür? Kann mein Steuerberater das machen? Kann mein Wirtschaftsprüfer das machen? Kann mein Verband das machen? Kann mein Zertifikat das machen? Wie kann ich das machen? Das ist das erste Problem.

Und das zweite Problem – jetzt bin ich Kommune, jetzt bin ich der Ausschreibende, und das schickt Herr Roolf mir und sagt, er ist innovativ –: Wie kann ich das denn kontrollieren, dass der innovativ ist?

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das stimmt.)

Gehe ich jetzt hin und sage, du, zeige mir mal, wie innovativ du bist?

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Was für ein Unsinn, für einen Auftrag solche Kriterien aufzunehmen, die ad eins keiner nachweisen kann und die ad zwei keiner kontrollieren kann.

(Jochen Schulte, SPD: Kennen Sie die noch, oder ist das schon vergessen? Kennen Sie die noch, oder ist es schon vergessen?)

Das ist an Unsinn überhaupt nicht zu überbieten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und deshalb ist dieses Gesetz an der Stelle wirklich eine Idiotie. Wir erreichen nämlich mit dem, was wir in diesem Paragrafen 5 haben, ich habe es verstanden, auf den Auftrag bezogen, nämlich einfach nur, dass wir mehr Bürokratie aufbauen. Eigentlich wollen wir mit Gesetzen nicht mehr Bürokratie, sondern wir wollen Flexibilität. Wir wollen mehr erreichen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich gemeinsam auf Aufträge freuen, Aufträge annehmen, Aufträge akquirieren, Aufträge erledigen und sich nicht im bürokratischen Sumpf verstricken und auf der Grundlage schon gar nicht mehr die Chance haben, sich überhaupt zu beteiligen.

Und dann sagen Sie, es ist auch ein entscheidender Schritt getan worden, was den auskömmlichen Preis anbelangt. Dazu muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, da ist ein kleines Stückchen Konkretisierung drin, aber der auskömmliche Preis, was wirklich das wirtschaftlichste Angebot ist, das ist immer noch nicht klar definiert

(Udo Pastörs, NPD: Das kann man auch nicht endgültig klar definieren.)

und immer noch nicht so geregelt, dass wirklich diejenigen, die mit dem Gesetz dann arbeiten sollen, nämlich die Auftraggeber auf kommunaler Ebene, wirklich auch eine Entscheidungshilfe haben zum wirtschaftlichsten Preis.

Der wirtschaftlichste Preis und der auskömmlichste Preis für Unternehmen führen uns dann nämlich zu einer weiteren sehr spannenden Diskussion. Nur ein Unternehmen, was auskömmliche Preise erzielen kann, kann auch auskömmliche Löhne bezahlen.

(Udo Pastörs, NPD: Wenn Sie es dann mal täten.)

Wer keine auskömmlichen Preise erzielt, kann keine auskömmlichen Löhne bezahlen. Und da sind wir dann bei dieser Diskussion um den Paragrafen 5, ob das Thema Tarif und alle Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für Tarife dann zusätzlich zum SPNV und ÖPNV hier auch ihren Niederschlag finden.

Es ist mir im Ergebnis eigentlich relativ egal, ob der Kollege Schulte und die SPD und der Kollege Nieszery den Paragrafen 5 jetzt so interpretieren, dass der Auftraggeber auch Gehaltsforderungen mit aufnehmen kann oder nicht. Ich sage Ihnen an dieser Stelle, wenn dieses Gesetz diese Möglichkeit überhaupt erst eröffnet, dann macht dieses Gesetz eines, nämlich eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf Landesebene für Tarifverträge. Und das ist ein Verstoß gegen EU-Recht, tut mir herzlich leid. Lesen Sie das Rüffert-Urteil nach, da steht genau das drin. Wenn ein nicht für allgemein verbindlich erklärter Tarifvertrag durch ein Vergabegesetz verbindlich wird, ist das ein Verstoß gegen die EU-Rechtsprechung.

Lieber Herr Schulte, Sie können das ja jetzt abnicken, wenn wirklich eines Tages irgendjemand, und dazu kann man wirklich auch nur aufrufen, von einem Auftraggeber abverlangen sollte, auch nur einen Nachweis außerhalb des SPNV und des ÖPNV über tarifliche Dinge zu fordern, dann ist das in dem Augenblick ein Verstoß gegen EU-Recht. Und dagegen sollten wir uns auch ganz massiv einsetzen.

Und dann, meine Damen und Herren, wenn man in die Anhörung hineingeht, Kollege Holter hat es ja sehr intensiv hier dargestellt, war das eine Veranstaltung, denke ich mal, von einem großen Einvernehmen. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass man dieses Gesetz, was die Koalitionäre haben, nicht benötigt, IG Bau, der Vertreter.

(Helmut Holter, DIE LINKE: So ist es.)