Protocol of the Session on June 28, 2011

Großes Erstaunen, nicht nur bei der LINKEN, sondern auch bei vielen Abgeordneten in den Koalitionsfraktionen, weiß ich aus eigenen Berichten, die mir gegeben wurden.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Zitat: „Eine Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern, ist aus Sicht der SPD-Fraktion durchaus sinnvoll.“ Zitatende.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist eben der Unterschied. Sie lernen dazu und die anderen nicht. – Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

So auch der Fraktionsvorsitzende der SPD. Peng!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und dazu stehe ich auch, Herr Holter. Dazu stehe ich auch.)

Das Bundesverfassungsgericht hat noch nicht mal entschieden. Das wollen Sie gar nicht abwarten. Vorauseilender Gehorsam ist hier tatsächlich fehl am Platze.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die sinnvolle und solide Finanzpolitik, Herr Holter.)

Den Mitgliedern der interfraktionellen Arbeitsgruppe wurde vor den Kopf gestoßen. So versteht der Ministerpräsident also die Einbeziehung des Landtages. Dabei agieren er und die SPD-Fraktion so glaubwürdig und überzeugend wie ein Versicherungsvertreter,

(Regine Lück, DIE LINKE: Beschneidung von Demokratierechten kann man das auch nennen.)

der seinen Kunden empfiehlt, das Kleingedruckte lieber nicht zu lesen,

(Angelika Peters, SPD: Was sagen Ihre Versicherungsvertreter? Das ist ja schlimm genug.)

da es ja schlecht für die Augen sei. Lesen wir also mal das Kleingedruckte! Vom Februar 2009 stammt dieses Zitat des Ministerpräsidenten: „Mecklenburg-Vorpommern hätte eine Schuldenbremse nicht gebraucht. Wir betreiben schon seit vielen Jahren eine sehr solide Haushaltspolitik. Es ist wichtig, dass wir diese Finanzpolitik fortsetzen.“ Ende des Zitats. Recht hat er, kann ich da nur sagen. Das ist auch unsere Position.

Heute kann ihm eben die Einführung der Schuldenbremse nicht schnell genug gehen. Er argumentiert, das sei eine ganz wichtige Symbolik. Ihm sei wichtig, dass diese Überschrift in der Verfassung auftaucht, damit dann Landesgesetze und andere Dinge das untersetzen.

Auch nicht schlecht ist, Herr Ministerpräsident, im Juni 2009, diesmal im Bundesrat, übrigens auch in der von mir erwähnten Klageschrift nachzulesen, dort heißt es, ich darf zitieren: „Es gibt bereits erhebliche Bedenken gegen die Festlegung einer Schuldengrenze für die Länder im Grundgesetz. Das beschneidet die Kompetenz der Landesparlamente und ist deshalb verfassungsrechtlich bedenklich.“

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Deswegen machen wir es jetzt selbst.)

„Noch wichtiger aber ist der Einwand: Es ist politisch sicherlich nicht die klügste Lösung; denn Konsolidierung gelingt nur aus eigener Einsicht und aus eigenem Antrieb, nicht als fremdbestimmter Eingriff.“

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und genau das machen wir doch jetzt. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Können Sie sich erinnern, Herr Ministerpräsident?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Und das ist jetzt Ihre Rede für die Schuldenbremse in der Verfassung? – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ich fürchte, nein. Ich fürchte, nein, denn heute haben Sie nichts Besseres zu tun, als den fremdbestimmten Eingriff so schnell wie nur möglich

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

in unsere Verfassung 1:1 hineinzuschreiben. Sie greifen dazu aus der Staatskanzlei heraus in die Rechte des Parlaments ein.

Meine Damen und Herren, auch die SPD-Fraktion hat eine sonderbare Wandlung vollzogen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja?)

Im Juni 2009 …

Im Juni 2009 gab sie durch ihren von mir sehr geschätzten finanzpolitischen Sprecher Rudolf Borchert eine Presseerklärung ab. Der vielsagende Titel lautete: „Grundprinzipien der föderalen Ordnung werden durch Schuldenbremse in Frage gestellt“.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Darin heißt es unter anderem, Zitat: „Ich begrüße es sehr, dass Ministerpräsident Sellering heute im Bundesrat der Schuldenbremse nicht zugestimmt hat.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Und weiter: „Es kann auch nicht angehen, dass durch eine Grundgesetzänderung das Budgetrecht des Landtages so massiv beschnitten wird, dass es für die Länder ab 2020 kaum noch politische Gestaltungsmöglichkeiten gibt. Jetzt gilt es, im Gespräch mit den demokratischen Fraktionen im Landtag... konstruktive Vorschläge zu entwickeln, wie das Budgetrecht des Parlaments gesichert, die geltenden Verschuldungsregelungen weiterentwickelt und die Basis für eine zukunftsorientierte Finanzpolitik gelegt werden kann.“ So weit der Abgeordnete Borchert von der SPD. Das war seine Aussage im Jahre 2009.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das war eine gute Pressemitteilung. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das war doch die Absicht, mit der Arbeitsgruppe diese Fragen zu beantworten und dann in einem demokratischen Konsens zu einem Ergebnis zu kommen und die Verfassung möglicherweise zu ändern. Heute heben Sie nicht die Köpfe, sondern Ihre Arme für die Schuldenbremse des Grundgesetzes und zugleich gehen einige Blicke beschämend zu Boden.

Meine Damen und Herren, wir haben ja schon von der „Goldenen Himbeere“ gesprochen. Das hat für die SPD nicht gereicht. Sie wissen, dass die „Goldene Himbeere“ im Zusammenhang mit dem „Oscar“ für die schlechteste schauspielerische Leistung verliehen wird. Ich meine, dieser Preis gebührt Ihnen, Herr Roolf.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir wollen Ihnen heute die „Goldene Himbeere“ verleihen.

(Beate Schlupp, CDU: Ich hätte auch noch eine Idee, was Ihnen verliehen werden kann.)

Ja, Sie haben ja noch Rederecht.

Warum hat Herr Roolf diesen Preis verdient? Die FDP wurde bei der Debatte um die Schuldenbremse plötzlich wichtig, und zwar richtig wichtig.

(Michael Andrejewski, NPD: Noch ein letztes Mal.)

Denn da meine Fraktion bei ihrer ablehnenden Haltung und damit glaubwürdig blieb, kam es auf die Stimmen der FDP an.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nie werde ich einer Schuldenbremse zustimmen.)

Auch die Liberalen wollten einmal standhaft und verlässlich sein. Als Beleg will ich hier wiederum eine nicht einmal zwei Monate alte Pressemitteilung anführen – Überschrift, Zitat: „FDP macht bei Schuldenbremsen-Show nicht mit“.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Alles erfüllt.)

Und weiter: „Wir bleiben bei unseren Forderungen nach einer umfassenden Buchführung, der Darstellung von Risiken, Schulden und Vermögen des Landes. Außer

dem hält die FDP-Fraktion einen regelmäßigen Beteiligungsbericht sowie ein Konzept zur Entschuldung der Kommunen für zwingend notwendig.“ Ende des Zitats.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es ist alles erfüllt.)

Ich habe Sie auf Ihrem Neujahrsempfang erlebt, da haben Sie diese Forderung ebenfalls aufgemacht.

Meine Damen und Herren, von den Forderungen selbst kann man ja halten, was man will, aber die Haltung der FDP war immerhin klar und deutlich, förmlich in Stein gemeißelt. Auf der Vollversammlung des Städte- und Gemeindetages in Güstrow setzte Herr Roolf sogar noch einen drauf und schwor vor über 400 Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, dass die FDP einer Schuldenbremse nur dann zustimmen werde, wenn in der Verfassung zugleich eine aufgabengerechte Finanzausstattung gewährleistet sei.